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Das geistreiche Wortspiel des Spieletitels bietet direkt zwei Hinweise zum Thema und der Art des Spiels: Zum einen handelt das Spielethema von der Charaktererschaffung in einem Rollenspiel, wie beispielsweise Das Schwarze Auge oder Dungeons & Dragons und zum anderen werden die Charaktere komplett ausgewürfelt.

Alea iacta est – Die Würfel sind gefallen. Für ein schlichtes Würfelspiel wäre dieser Satz wohl zutreffender, aber in Roll Player gibt es viele Möglichkeiten, die Würfel zu seinen Gunsten oder zum Missfallen seiner Mitspieler zu manipulieren.

Sei es die Änderung von ausliegenden Würfeln oder die Würfel auf dem eigenen Charaktertableau – häufig geht es um das Erreichen von bestimmten Augenzahlen, damit am Ende Ruhm und Ansehen in Form von Punkten winken. Ein komplexes Puzzlespiel mit einem schönen Thema, an dessen Ende ein fertig erschaffener Rollenspielcharakter steht.

Ob der Spielspaß ebenfalls mitlevelt, könnt ihr hier erfahren.

Spielablauf

Vor Beginn des Spiels sucht sich jeder Spieler ein Charaktertableau seiner Wahl aus und entscheidet sich für die männliche oder weibliche Seite. Zur Auswahl stehen Zwerg, Elf, Drachengeborener, Ork, Halbling und Mensch. Als Promo gibt es zusätzlich den Froschgeborenen. Zudem soll sich 2019 noch der Minotaurus dazugesellen.

Allerdings besteht der Unterschied bei den Rassen lediglich darin, dass bei zwei der sechs Attributleisten jeweils ein Bonus und ein Malus in der Schlusswertung berücksichtigt werden müssen. So werden die Stärken und Schwächen der jeweiligen Rasse thematisiert. Aber besondere Fähigkeiten bringen sie leider nicht mit sich. Wie ich finde, eine verpasste Chance.

Danach zieht jeder einen zufälligen Würfel aus dem Beutel, nimmt die der Würfelfarbe entsprechende Klassenkarte und wählt eine der beiden Klassen. Hier warten bekannte Klassen, wie beispielweise Waldläufer, Druide, Schurke, Zauberer, Kleriker, usw. auf die Spieler.

Sollten die Spieler diese Art der zufälligen Auswahl nicht mögen, können die Klassen auch frei gewählt werden.

Die Klasse sollte zudem nicht nur anhand der besonderen Fähigkeit gewählt werden, da diese eng mit den Attributen verknüpft ist und sich mit der falschen Auswahl das Spiel merklich erschweren kann.

Zwei der spielbaren Rassen von Roll Player
Zwei der spielbaren Rassen von Roll Player

Pro Attributzeile können maximal drei sechsseitige Würfel eingesetzt werden, wodurch maximal 18 Punkte erreicht werden können. Wer nun beispielsweise eine Rasse mit einem -2 Malus bei Konstitution gewählt hat und daraufhin eine Klasse wählt, die 18 Punkte bei eben diesem Attribut benötigt, ist hier von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Nun bekommt jeder Spieler noch eine Vorgeschichte-Karte und eine Gesinnungskarte. Die Vorgeschichte gibt dem Charakter einen Hauch von Hintergrund, dient aber lediglich dazu, eine weitere Wertungskarte ins Spiel zu bringen. Hierdurch werden in der Schlusswertung dafür Punkte vergeben, dass die Würfel der entsprechenden Farbe an der richtigen Stelle in der Attributzeile liegen.

Die Gesinnungskarte zeigt auf einem 3×3-Koordinatenfeld an, für welche Gesinnung man am Ende Bonus- oder Malus-Punkte davonträgt. Ein Gauner würde beispielsweise drei Punkte erhalten, wenn am Ende der Gesinnungsmarker auf „Böse“ stünde, aber drei Punkte verlieren, wenn er auf „Gut“ läge. Des Weiteren dient diese Karte zur Aktivierung von Fertigkeiten, welche man sich im Laufe des Spiels kaufen kann.

Womit wir beim Markt angekommen wären. Alle Marktkarten werden hierbei zusammengemischt und entsprechend der Spieleranzahl, plus einer Karte mehr, offen ausgelegt.

Dann werden ebenso viele Initiativekarten in die Tischmitte gelegt sowie ein Gold auf alle Initiativekarten, außer der ersten und der letzten.

Jeder Spieler zieht dann noch Würfel, die der Spieleranzahl entsprechen und zuzüglich vier weiterer Würfel aus dem Beutel – also sechs, sieben oder acht Würfel – wirft sie und platziert diese auf seinem Charaktertableau. Die Attributaktionen werden hierbei nicht ausgelöst, aber die Spieler erhalten zwei Gold für jeden gezogenen goldenen Würfel.

Nach der Vorbereitung nimmt der Startspieler den Beutel mit den Würfeln und zieht so viele wie Initiativekarten ausliegen. Er wirft die Würfel und legt diese in aufsteigender Reihenfolge auf die Karten. Bei gleicher Augenzahl entscheidet der aktive Spieler über die Reihenfolge.

Initiative

Die Rückseite der Spielbox
Die Rückseite der Spielbox

In normaler Zugreihenfolge wählt nun jeder eine Initiativekarte und platziert den zugehörigen Würfel in ein leeres, am weitesten links liegendes Feld einer Attributreihe seines Charakterbogens. Spieler, welche eine mittlere Initiativekarte gewählt haben, erhalten zusätzlich noch das darauf liegende Gold. Zudem erhält jeder zwei Gold für jeden platzierten goldenen Würfel. Sollte eine Attributleiste einmal mit drei Würfeln gefüllt sein, bekommt man ebenfalls ein Gold.

Im Anschluss kann jeder, der möchte, die Attributaktion ausführen, in die er seinen Würfel gelegt hat. Hierbei gibt es sechs verschiedene Aktionen:

  • Stärke: Die Augenzahl eines Würfels darf auf die gegenüberliegende Seite gedreht werden.
  • Geschicklichkeit: Der Platz von zwei Würfeln darf getauscht werden, ohne die Augenzahl zu ändern.
  • Konstitution: Die Augenzahl eines Würfels darf um eins erhöht oder eins gesenkt werden.
  • Intelligenz: Ein Würfel darf neu geworfen werden. Es darf danach gewählt werden, ob der alte oder der neue Augenwert beibehalten wird.
  • Weisheit: Der Gesinnungsmarker darf um ein Feld orthogonal in jede Richtung bewegt werden.
  • Charisma: Man erhält einen Charismamarker. Dieser reduziert die Einkaufskosten in der laufenden Runde bei einer Marktkarte um eins.

Einkaufen

Nachdem jeder seine gewünschten Aktionen ausgeführt hat, beginnt nun die Einkaufsphase.

Jeder hat hier die Möglichkeit, eine Karte vom Markt zu kaufen. Die Spielerreihenfolge ergibt sich nun aber durch die zuvor gewählten Initiativekarten. Derjenige mit der niedrigsten Initiativekarte darf beginnen, und dann geht es weiter in aufsteigender Kartenreihenfolge.

Der Spieler wählt eine Karte, die er kaufen möchte. Dann begleicht er die Kosten, welche in der rechten oberen Ecke angegeben werden, und legt die Karte offen in den passenden Bereich seines Charaktertableaus. Während der Einkaufsphase werden keine neuen Karten aufgedeckt.

Es gibt zudem kein Limit für die Anzahl an Rüstungs-, Fertigkeiten- und Merkmalkarten, die ein Spieler während des Spiels kaufen darf. Lediglich bei den Waffenkarten muss beachtet werden, dass der Charakter nicht mehr Waffen haben darf, als er in Summe mit zwei Händen nutzen kann. Außer man ist der Barbar; dann hat man vier Hände.

Wird eine Merkmalkarte gekauft, muss der Gesinnungsmarker entsprechend dem Pfeil auf der Karte versetzt werden. Liegt der Marker bereits am Rand und kann nicht weiter verschoben werden, wird diese Regel ignoriert. Markmalkarten bieten eine weitere Möglichkeit, am Ende Siegpunkte zu erhalten. Allerdings müssen auch hierzu deren Vorgaben erfüllt werden.

Inhalt des Spieles
Inhalt des Spieles

Die Fertigkeitskarten können nach dem Kauf sofort genutzt werden und dienen dazu, sich im Spiel Vorteile zu verschaffen oder die Würfel zu beeinflussen. Am Ende zählen sie in der Regel keine Siegpunkte. Vorteile können zum Beispiel sein, dass Karten auch vom Ablagestapel des Marktes gekauft oder die eigenen Würfel manipuliert werden dürfen.

Allerdings muss zur Aktivierung einer Fertigkeit auch hier der Gesinnungsmarker entsprechend dem Pfeil auf der Fertigkeitskarte verschoben werden. Ist ein Verschieben nicht möglich, so kann die Fertigkeit auch nicht aktiviert werden. Eine Fertigkeit zu aktivieren kann aber auch nur dazu genutzt werden, um den Gesinnungsmarker zu bewegen. Das Ausführen der Fertigkeit ist rein optional. Zudem können auch mehrere Fertigkeiten zugleich aktiviert werden.

Sobald eine Fertigkeit genutzt wurde, wird diese um 90 Grad gedreht und kann erst wieder aktiviert werden, wenn sie aufgefrischt wurde. Das passiert meist in der Aufräumphase, worauf ich später noch eingehe.

Sollte einmal ein Spieler keine Karte vom Markt kaufen wollen oder hat nicht genügend Gold, so wählt er eine der ausliegenden Karten und wirft sie auf den Ablagestapel. Dafür bekommt er zwei Gold.

Aufräumen

In der letzten Phase einer Runde, nachdem jeder auf dem Markt eingekauft oder eine Karte abgeworfen hat, werden alle ungenutzten Charismamarker in den Vorrat zurückgelegt.

Dann darf jeder eine verwendete Fertigkeitskarte reaktivieren, indem er sie aufrecht dreht.

Der übrige Würfel von der nicht gewählten Initiativekarte wird zurück in den Beutel geworfen und die letzte offene Marktkarte auf den Ablagestapel gelegt. Nun werden wieder neue Marktkarten in die Mitte platziert. Als letztes werden die mittleren Initiativekarten wieder mit einem Goldstück ausgestattet, und der bisherige Startspieler gibt den Würfelbeutel an den Spieler zu seiner Linken weiter, da dieser nun Startspieler wird.

In diesem Ablauf wird weitergespielt, bis alle 18 Attributfelder mit Würfeln gefüllt sind.

Das löst die Schlusswertung aus. Wer am Ende die meisten Punkte, beziehungsweise Ansehen, erzielt hat, gewinnt die Partie.

Ausstattung

Dem Thema entsprechend verfügt Roll Player über sehr viele große und schöne Würfel – 73, um ganz genau zu sein. Der beiliegende Beutel ist zudem ausreichend groß, damit alle Würfel gut hineinpassen und auch Menschen mit großen Händen diese gut herausholen können.

Die Charaktertableaus bestehen aus fester dicker Pappe und besitzen Ausstanzungen, um die Würfel vor einem möglichen Verrutschen zu schützen. Jedes Tableau zeigt an, wo später hinzukommende Karten ihren Platz haben, und auch die Symbole sowie die Schrift sind gut zu erkennen und leicht verständlich.

Die Karten haben eine Leinenveredlung und wirken ebenfalls sehr wertig. Zudem weiß auch das Artwork auf den Karten zu gefallen. Alles in allem bietet das Spiel eine sehr gute Qualität im Bereich der Spielkomponenten.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Autor(en): Keith Matejka
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Spieldauer: 60 – 90
  • Spieleranzahl: 1 2 3 4
  • Alter: 10+
  • Preis: 35,00 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus / Downloadcontent

Wer sich selbst ein genaueres Bild über die Regeln machen möchte, findet auf der Seite von Pegasus Spiele die deutschen Regeln.

Fazit

Wer in seinem Leben einmal Pen&Paper gespielt hat, weiß, was für ein Spaß das Erstellen des eigenen Charakters macht. Stundenlang wird darüber gebrütet, welche Fähigkeiten der Charakter bekommen soll, in was er besonders gut ist und wo er seine Schwächen hat. Schließlich sollte einen dieser Charakter bei hoffentlich viele Abenteuer begleiten.

Genau bei diesem Thema, der Charaktererstellung, setzt Roll Player an.

Der Spaß am Auswürfeln von Charakterwerten und dem Auswählen von Fertigkeiten, welcher der Charaktererstellung innewohnt, wird hier heruntergebrochen auf ein Würfeleinsetzspiel, an dessen Ende fertige Charaktere, aber keine Abenteuer auf die Spieler warten. Das ist ein zweischneidiges Schwert.

Das Spiel als solches funktioniert tadellos. Es ist wie ein großes Puzzle, bei dem man versucht, seine Würfel in die richtige Position zu bringen. Hierfür stehen dem Spieler viele Möglichkeiten durch die Attributaktionen oder Fertigkeitskarten zur Verfügung. Genau diese Vielfalt sollte Vielspielern genug Knobelstoff bieten, um diverse Taktiken und Strategien auszuprobieren.

Aber von Seiten des Themas her gibt es leichte Risse im Lack. Hier fehlt es schlicht an Emotionalität. Am Ende des Spiels besitze ich einen fertigen Charakter und soll meinen erworbenen Ruhm zählen? Für was? Ich habe noch nichts geleistet. Kein Dorf von Untoten befreit, keinen Drachen bekämpft oder Intrigen aufgedeckt.

Zudem hatte ich das Gefühl, dass während dem Spiel wenig Kommunikation stattfindet. Es ist eher denklastig, und wer einen Grübler am Tisch hat, sollte sich auf längere Runden einstellen.

Mir bietet Roll Player zu wenig Spaß am Spiel, gemessen an der Spieldauer, aber Freunde von komplexeren Puzzeln werden ihre Freude haben.

mit Tendenz nach oben,
wenn man denklastige Würfeleinsetzspiele mag

 

Artikelbild: Pegasus Spiele, Bearbeitet von Verena Bach
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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