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Scott Almes hat schon mehrfach bewiesen, dass er Spiele mit wenig Material, aber viel Tiefe gestalten kann. Der Autor der Tiny EpicReihe hat sich mit Beer & Bread in einen historischen Kontext gewagt und ein Zwei-Personen-Duell-Spiel entwickelt. Wie gut das Spiel mit den benachbarten Dörfern funktioniert, haben wir getestet.

Zwei Dörfer, nachbarschaftlich vereint auf den Ländereien eines ehemaligen Klosters. Beide setzen die Tradition des Bierbrauens und Brotbackens fort. In einem freundschaftlichen Wettstreit soll nun ermittelt werden, wer über sechs Jahre hinweg seine Hausaufgaben besser erledigt und das süffigste Bier und schmackhafteste Brot herstellt. Doch nur, wer das Gleichgewicht zwischen den Köstlichkeiten zu wahren weiß, kann am Ende in diesem Zwei-Personen-Spiel den Sieg davontragen.

Spielablauf

Eine der besten Eigenschaften von Beer & Bread ist, wie schnell es aufgebaut ist: Spielplan in die Mitte, Karten gemischt, Ressourcen parat gestellt. In unter einer Minute ist das Spiel also bereit, was es auch für einen kurzen Absacker nach einem Arbeitstag qualifiziert.

Grundsätzlich wird eine Partie über sechs Runden (Jahre) gespielt. Diese teilen sich abwechselnd in fruchtbare (Runden 1, 3 und 5) und trockene Jahre (Runden 2, 4 und 6) auf. Beide bestehen aus den gleichen vier Phasen, die sich durch Nuancen unterscheiden.

Zunächst startet jede Runde mit der Saatphase. Die Äcker auf dem Spielfeld werden mit der jeweiligen Ressource befüllt, und zwar mit exakt so vielen wie auf dem Plan abgebildet. Dadurch sind in den trockenen Jahren weniger Ressource in der Auslage. Zudem wird in allen Runden der Fluss mit allen im Vorrat verfügbaren Wassermarkern befüllt. In trockenen Jahren wird zudem mit drei Karten aus dem Nachziehstapel ein allgemeiner Tauschmarkt gebildet.

Aufbau des ersten fruchtbaren Jahres

In der zweiten Phase, der Kartenphase, werden die Hände auf fünf Karten aufgefüllt. In fruchtbaren Jahren sind es fünf Karten vom Nachziehstapel, in den trockenen Jahren werden die zuvor gespielten Erntekarten wieder auf die Hand genommen, und es wird auf fünf Karten nachgezogen.

Die geschäftigste Zeit im Spiel ist die Aktionsphase. In ihr werden die Handkarten ausgespielt. Mit einer gespielten Karte sind nun drei Aktionen möglich, die durch die Dreiteilung der Karte auch klar abgegrenzt werden. Im oberen Bereich der Karte findet sich die Ernte. Dort ist abgebildet, welche Ressourcen beim Ausspielen genommen werden dürfen. Hat man in dieser Runde schon Erntekarten gespielt, darf man sich so viele der neu ausgelegten Ressourcen nehmen, wie insgesamt in der Auslage liegen. Legt man also eine Karte mit dem Wassersymbol, und es liegen in der Auslage schon zwei, darf man sich drei Stück nehmen. Sollte man über die Kapazität des Lagers geraten, darf man entscheiden, welche Ressourcen weggeworfen werden (sie gehen nicht in den Vorrat der Runde zurück). Anfänglich ist das Lager auf neun Plätze limitiert, sehr ansehnlich illustriert mit Segmenten auf einem Schuppendach.

Ein Platz ist noch frei im Lager

Der mittlere Teil der Karten zeigt die Produktionsmöglichkeit. Auf einer Tafel stehen die Zutaten, die für das Bier oder das Brot verwendet werden können, und die Siegpunkte, die sie am Ende einbringen können. Auch durch die Rückseiten der Karten sind beide Sorten wegen ihrer Farbigkeit unterscheidbar, selbst wenn sie in einen Stapel gemischt werden. Wurden die Kosten bezahlt, legt man die Karte entsprechend auf seine Bäckerei oder Brauerei.

Diese werden erst dort entfernt, wenn man die nächste Möglichkeit, den Ausbau und Reinigung, auswählt. Hierfür verwendet man das untere Drittel der Karten. Hierbei spielt man die Karte auf seiner Seite des Spielplans unter den Bereich, der mit dem Symbol auf der Karte korrespondiert. Diese Aufwertungen können für zusätzliche Lagerplätze sorgen, beim Einsammeln von Zutaten, bei der Reinigung oder beim Produzieren helfen, in bestimmten Jahren Vorteile bieten oder am Ende des Spiels zusätzliche Siegpunkte bringen. Wurde der Ausbau platziert, führt man noch eine Reinigung durch. Hierbei werden alle Karten auf den Produktionsstätten auf den Marktplatzbereich des Spiels gelegt und zählen am Ende des Spiels als verkaufte Güter, die Siegpunkte bringen.

Das Kartendesign ist übersichtlich und klasse für das Spielprinzip

Die Aktionsphase läuft in den unterschiedlichen Jahren ähnlich ab, mit einem Kniff, um reines Kartenziehglück einzudämmen. In den fruchtbaren Jahren spielen beide Personen jeweils nacheinander eine Karte und tauschen dann die verbliebenen Handkarten bis alle Karten gespielt wurden. Ein Drafting-Mechanismus wie bei berühmten Vertretern wie 7 Wonders. In den trockenen Jahren behält man seine Kartenhand, darf aber statt einer Karte von der Hand eine der drei Tauschkarten aus der allgemeinen Auslage spielen. Dafür muss man eine Handkarte in selbige Auslage legen. Die genommene Karte muss sofort gespielt werden.

BU: Die Rückseiten unterscheiden sich, um vor der Schlusswertung einfacher sortieren zu können

Beendet wird ein Jahr durch die Mühlenphase. Die Person mit weniger gelagerten Ressourcen erhält die Windmühle und darf in der nächsten Runde starten. Der Jahresmarker wandert auf der Rundenanzeige ein Feld weiter. Nach einem trockenen Jahr werden die Tauschkarten und alle Erntekarten in den Auslagen der Spielenden abgeworfen. In den fruchtbaren Jahren werden die Erntekarten zurück auf die eigene Hand genommen.

Nach dem sechsten Jahr endet eine Partie, und es folgt die Schlusswertung. Beide Spielenden zählen nun für Bier und Brot separat ihre verkauften Waren und mögliche Zusatzpunkte für Aufwertungen zusammen. Nun vergleichen sie ihren jeweils niedrigeren Gesamtwert, der höhere von beiden gewinnt. Ein guter Wertungsmechanismus, um ein ausgeglichenes Spielen zu forcieren.

Ausstattung

Person A hat zwar weniger Gesamtpunkte als B, aber den höheren Wert in der „schlechteren“ Ware und gewinnt

Für das Artwork hat sich Scott Almes mit einem großen Namen in der deutschen Spielelandschaft zusammengetan. Der Erfinder der Legenden von Andor, Michael Menzel, hat die wunderschönen Illustrationen zum Spiel beigetragen. Das Spielfeld ist übersichtlich, und alles hat seinen Platz. Das kleine Gimmick mit den Segmenten auf dem Schuppendach, um die Lagerkapazität anzuzeigen, ist eines dieser gelungenen kleinen Details, die Beer & Bread sehr liebenswert machen.

Das Spiel kommt mit sehr wenig Material aus. Es gibt 60 Karten, die durch ihre Aufteilung für alle Ausspielmöglichkeiten funktionieren, die Zutatenmarker, Rundenanzeiger und Startspieler*innenmarker, Spielplan und Wertungsblock. Und mehr braucht es nicht, damit Pegasus Spiele berechtigterweise ihre Kenner-Identifizierung auf die Packung drucken kann. Die Holzmarker sind in ihrer Haptik sehr wertig und haben klar unterscheidbare, ausdrucksstarke Farben.

Mehr Insert braucht es manchmal nicht

Die Anleitung ist mit guten Beispielen gefüttert und dadurch sehr schnell verinnerlicht. Die kurzen Rundenübersichten helfen bei der sehr einfachen Verwaltung des Spiels.

Das Insert ist zweckmäßig, bei einem Spiel mit dieser Materialmenge aber auch zweitrangig. Die Karten haben einen dezidierten Platz und können nicht verrutschen. Sleeven ist jedoch aufgrund der sehr genauen Passform nicht möglich. Sollte man dennoch gewillt sein, die Ressourcen besser als über den beiliegenden Zip-Beutel zu verstauen, empfehle ich die Vorlage von coolerthanmilk auf Thingiverse für den 3D-Drucker.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Pegasus Spiele / Deep Print Games
  • Autor*in(nen): Scott Almes
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 30 bis 45 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 2
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Preis: ca. 30 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, idealo

Bonus/Downloadcontent

Screenshot der Wertungsapp

Auf der Seite von Pegasus Spiele ist die Anleitung in deutscher Sprache erhältlich.

Im Google Play Store und bei iTunes gibt es die Wertungsapp von Deep Print Games, die auch hervorragend für Beer & Bread funktioniert.

Fazit

Beer and Bread ist ein hervorragendes Zwei-Personen-Spiel, vor allem für diejenigen, die auch unter der Woche nach einem langen Arbeitstag mit einem Lieblingsmenschen abends lieber etwas spielen, als Netflix zu schauen oder zu lesen. Es ist schnell aufgebaut, schnell erklärt, spielt sich sehr flüssig. Nach ein, zwei Runden hat man auch die nuancierten Unterschiede zwischen den fruchtbaren und trockenen Jahren heraus ohne noch einmal nachschauen zu müssen. Der Wertungsmechanismus zwingt förmlich dazu, die Prioritäten gleichmäßig zu verteilen, macht dies aber auf eine sehr natürlich wirkende Weise, die sich nicht nach forcierten Spielzügen anfühlt. Auch der Versuch, durch das Tauschen der Handkarten in den fruchtbaren Jahren, beziehungsweise den Tauschmarkt in den trockenen Jahren, das Glückselement klein zu halten, gelingt größtenteils. Um ein Strategieschwergewicht zu sein ist das Glück aber immer noch etwas zu groß. Fraglich ist auch, ob das Spiel für jede Zielgruppe einen Wiederspielwert hat. Für diejenigen, die Spaß daran haben, in einem planbaren Spiel immer besser zu werden, ist er auf jeden Fall gegeben. Für diejenigen, die eher daran interessiert sind, einzelne Aspekte eines Spiels einmal erlebt zu haben, ist der Reiz wahrscheinlich schnell verflogen.

Ich gehöre definitiv in die erste Kategorie für Beer & Bread. Das Werk von Scott Almes hat es auf Anhieb in meine Top 5 der Spiele für einen kurzen Spieleabend unter der Woche geschafft.

Daher erbaue ich fünf von fünf Windmühlen.

  • Schnell aufgebaut
  • Einfache Regeln, aber schöner Strategieanteil
  • Cleverer Wertungsmechanismus

  • Trotz guter Ansätze es zu verhindern kann es glückslastig werden
  • Nicht für alle mit Wiederspielwert

 

 

Artikelbilder: © Pegasus Spiele, depositphotos © NewAfrica
Layout und Satz: Annika Lewin
Lektorat: Rick Davids
Fotografien und Screenshot: Tim Billen
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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