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Wir erwachen in der Finsternis. Wie und warum wir hier sind, ist ein Rätsel. Vieles liegt im Verborgenen und will erkundet werden. Ein Abenteuer erwartet uns, und dieser Anfang ist so gut wie jeder andere auch. Doch wie kommen wir aus der Höhle, um Andors Sonne wiederzusehen?

Das ist der Start dessen, was uns Autor Stefan Blanck in der Welt von Andor präsentiert. Eine Welt, die mit Andor StoryQuest wieder größer und vielseitiger geworden ist. Eine Welt, die nahezu jede*r bereits einmal betreten, zumindest aber von ihr gehört hat. Denn neben den Legenden von Andor, den Solo-Legenden, den Erweiterungen und Bonus-Legenden, den unzähligen Fan-Legenden und Andor Junior gibt es aus dieser Welt auch Romane für Jung und Alt. Da war es für den KOSMOS Verlag nur ein kleiner Schritt, ein Story-Abenteuer herauszubringen. Aber war das der richtige Schritt für die Andor-Gemeinde?

Spielablauf

Das Solospiel ist sehr schnell aufgebaut. Die doppelseitige Charakterkarte des wahlweise männlichen oder weiblichen Charakters wird mit einem Lebenspunktemarker und einem Stärkemarker versehen, die Gegnerkarte wird ebenso vorbereitet und die Würfel werden bereitgelegt. Und schon liest man in der Anleitung den Storyauftakt. Andor StoryQuest – Dunkle Pfade ordnet sich somit in die Sparte der Storygames ein, in denen vorrangig eine Geschichte erzählt werden soll.

Die Einleitung führt zur ersten Karte des Spiels, auf der bereits eine erste Entscheidung getroffen werden muss.

Kaum angefangen, geht es schon mit den Entscheidungen los. Wohin führt dein Weg?
Kaum angefangen, geht es schon mit den Entscheidungen los. Wohin führt dein Weg?

Je nachdem, für welchen Weg man sich hier entscheidet, verweist die Karte dann auf eine von mehreren weiteren Karten. So können sich Spielende etwa entscheiden, die Höhle zu erkunden oder erst einmal gemütlich etwas zu essen.

Jede der Entscheidungen hat eine Konsequenz für das Spiel. So kann man durch gute Entscheidungen etwa Stärke oder Lebenspunkte gewinnen, durch schlechte aber genauso schnell welche verlieren. Und wenn es ganz schlimm kommt, entscheidet man sich sogar ungewollt für ein vorzeitiges Ableben. Wobei gerade am Anfang des Spiels viele Andeutungen verstreut sind, welches weitere Vorgehen sinnvoll sein könnte.

Führt eine der getroffenen Entscheidungen zu einem Feindkontakt, so kommen der Charakterbogen und die Werte ins Spiel. Denn auf der Karte, die den Kampf in die Story einbettet, stehen auch die Werte für das Gegenüber.

Diese Werte werden entsprechend auf dem Gegnertableau markiert. Anschließend kommt es zum Kampf. Dieser verläuft immer gleich, unabhängig des Gegnertyps. Man würfelt jeweils einen oder zwei Würfel. Dies wird sowohl für Held*in als auch Gegenüber durch die Willensstärke (quasi Lebenspunkte) vorgegeben. Das höhere Würfelergebnis addiert man dann auf den Stärkewert der Partei und vergleicht anschließend Gegenüber und Held*in. Der höhere Wert verursacht Schaden bei der unterlegenen Partei. Die Höhe des Schadens ergibt sich aus der Differenz der beiden verglichenen Werte.

Darüber hinaus besitzen sowohl Held*in als auch Gegenüber im Kampf Sonderfertigkeiten. Als Held*in kann man etwa einen Würfel einmal neu werfen oder aber mit wenig Lebenspunkten einmalig zwei statt nur eines Würfels nutzen.

Alle Gegenüber verfügen ihrerseits über die Fähigkeit, einen Pasch addiert zu nutzen, was im Kampf schnell gefährlich werden kann.

Ein Kampf endet auf zwei Arten: Sieg oder Tod – sehr fatalistisch. Je nachdem wird man zur nächsten Karte oder zurück zum Beginn der Reise geleitet, um es noch einmal von vorn zu versuchen.

Das Spiel ist in zwei Teile untergliedert. Beide laufen nach dem gleichen Spielprinzip ab und hängen auch thematisch eng zusammen. Entscheidungen aus der ersten Spielhälfte wirken sich direkt auf die zweite aus. Durch die Zweiteilung ist eine Pause zur Hälfte der Spielzeit möglich. Es wird quasi „zwischengespeichert“. Selbst, wenn später in der Geschichte etwas passiert und man von vorn anfangen muss, ist ab der Hälfte des Spiels damit dieser Punkt gemeint.

Ausstattung

Das Material ist überschaubar und selbsterklärend.
Das Material ist überschaubar und selbsterklärend.

Andor StoryQuest – Dunkle Pfade kommt im bekannten Andor-Stil mit orangener Box und dem kalligraphierten „A“ von Andor. Auf dem Deckel abgebildet ist unser Abenteurer, wie er eine Fackel gegen die Dunkelheit emporstreckt und an einer Weggabelung steht. Ein Rabe begleitet ihn.

Das Bild verrät bereits, wohin die Reise des Spiels geht. Die Verpackung ist kompakt gehalten, wodurch man das Spiel auch gut auf eine Reise mitnehmen kann.

Die Box enthält neben der kurzen Anleitung 104 Karten, welche man für das Vorankommen in der Welt und der Geschichte benötigt, einen Charakterbogen und einen Feindbogen sowie vier Holzmarker und vier Holzwürfel, je zwei in Rot und zwei in Orange.

Die Karten sind durchnummeriert und sollten erst nach Aufforderung durch das Spiel gelesen werden, sonst könnte man sich selbst spoilern. Die meisten der Karten enthalten lediglich Text, wenige sind illustriert. Die Karten wurden auf stabilem Karton gedruckt.

Die Holzelemente als Teil des Spielmaterials sorgen für Wertigkeit und Dreidimensionalität des Produkts. Ohne sie hätte man lediglich eine Kartensammlung erhalten. Für den angesetzten Preis wäre dies jedoch vollkommen in Ordnung und kein Grund für Kritik. Andere liefern deutlich weniger Material und Spielzeit für mehr Geld.

Die harten Fakten:

  • Verlag: KOSMOS Verlag
  • Autor: Stefan Blanck
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 90 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 1 2
  • Alter: 12+
  • Preis: ca. 10 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus

Die Welt von Andor ist groß, gar riesig. So kann man neben dem Abenteuer auch Bücher und etliche Spiel-Legenden nutzen, um in die Welt einzutauchen. Für Neugierige lohnt sich daher ein Blick auf Website des Spieleherstellers KOSMOS Verlag, die einen Eindruck der umfangreichen Welt gibt. Zudem gibt es auch eine spieleigene Website, die direkt zu den Legenden von Andor, Hintergründen, FAQs und vielem mehr rund um die lebendige Welt führt.

Fazit

Fans der Welt von Andor werden sich freuen, auf eine kleine Reise geführt zu werden, die in der beliebten Welt angesiedelt ist. Doch leider fragt man sich vor allem in der ersten Spielhälfte: Ist sie das wirklich? In einer dunklen Höhle aufwachen kann man auch in jedem anderen Hintergrund. Und sich dann dort hinauszukämpfen, war etwas langatmig.

Fans des Hintergrunds werden Andor StoryQuest – Dunkle Pfade im Regal sofort entdecken.
Fans des Hintergrunds werden Andor StoryQuest – Dunkle Pfade im Regal sofort entdecken.

Das Spiel ist als Soloabenteuer konzipiert, im Test haben wir das Spiel zu zweit gespielt. Einer kümmerte sich um das Würfeln für unseren Charakter, der andere um jene, die uns ans Leder wollten. Das hat gut funktioniert aber – brauchte es das? Manchmal kamen uns die Konsequenzen unserer Entscheidungen fragwürdig vor. Denn egal wie man sich entschied, es lief fast immer auf das Gleiche hinaus. Und weil wir etwas untersuchten und damit scheinbar zu lange an einem Ort verweilten, wurden wir in einen Kampf gegen eine Schabe verwickelt und dabei dank unseres Würfelpechs fast getötet.

In unseren Augen hätte es daher das Würfeln nicht unbedingt gebraucht. Dann hätte man das Spiel wie Abenteuerbücher aufziehen können, in denen man sich ohne zu würfeln frei entscheiden kann, welchen Weg man wählt und auf welcher Seite man weiterlesen will.

Wir nutzten Andor StoryQuest – Dunkle Pfade als Reisespiel.

Im Koffer nimmt Andor StoryQuest – Dunkle Pfade wenig Platz weg und kann so im Urlaub für Zerstreuung sorgen.
Im Koffer nimmt Andor StoryQuest – Dunkle Pfade wenig Platz weg und kann so im Urlaub für Zerstreuung sorgen.

Zu diesem Zweck war Dunkle Pfade gut geeignet. Wir haben kurzweilige Zerstreuung gefunden und konnten in eine andere Welt eintauchen. Doch leider war es das auch. Nach etwa 90 Minuten ist die Geschichte erzählt und das Spiel beendet. Denn einmal erzählt, ist es vorbei. Nochmal muss man die Geschichte nicht erleben. Klar könnte man eine Entscheidung anders treffen, und manche Entscheidungen haben gewisse Auswirkungen auf das Ende, den gleichen Reiz entwickelt das Spiel dabei jedoch nicht mehr. Setzt man die hohen Maßstäbe an, die Andor normalerweise mit seinen Legenden setzt, wird man hier leider enttäuscht. Was von Andor StoryQuest – Dunkle Pfade bleibt, ist ein einmaliger, kurzer Zeitvertreib, der allerdings nicht groß im Gedächtnis verbleiben will.

  • Schneller Einstieg
  • Kompakt
 

  • Flache Geschichte
  • Kein Wiederspielwert
  • Entscheidungen eher unbedeutend

 

Artikelbilder: © KOSMOS Verlag
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Simon Burandt
Fotografien: Thomas Mottl
Dieses Produkt wurde privat finanziert.

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