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Vom Aprilscherz zur Veröffentlichung: Barkham Horror ist als Erweiterung zu Arkham Horror – Das Kartenspiel erschienen und lässt uns als Hunde gegen einen Katzenkult ermitteln. Ein Hundespaß, oder nur zum Jaulen? Wir haben die wohl merkwürdigste cthuloide Veröffentlichung des Jahres 2019 testgespielt.

Wie das so ist mit Aprilscherzen im Internet: Manchmal findet die Community sie so toll, dass sie nicht akzeptieren wollen, dass das angekündigte Produkt nie erscheinen soll. Das bekannteste Beispiel dürfte wohl Pokemon Go sein – unter Rollenspielenden dürfte aber auch Wege der Vereinigung für Das Schwarze Auge bekannt sein.

Fantasy Flight Games waren wohl überrascht von der Resonanz auf die Aprilscherz-Ankündigung – und haben den Fans ebenfalls nachgegeben und den Scherz Realität werden lassen: Tor auf für Barkham Horror – Die Verstrickungen des Miaulathotep, einer vollständig spielbaren Erweiterung für das Arkham Horror Living Card Game, mit neuen Ermittler*innen und einem vollständigen Einzelszenario.

Spielablauf

Grundsätzlich ändert die Erweiterung den Spielablauf nicht – wir erstellen Kartendecks für unsere Charaktere, besuchen diverse Orte, an denen wir ermitteln, treffen auf Gegner und rücken in Agenda und Szene voran. Die Unterschiede liegen im Detail:

Charaktere

Gespielt werden dürfen nur die fünf Hunde-Charaktere der Erweiterung, die wie üblich eine fixe „Schwäche“- Karte sowie eine nützliche mitbringen. Zudem gibt es für jede Klasse eine neue Karte in zweifacher Ausführung, die genau wie die Charaktere nur im Barkham-Abenteuer verwendet werden dürfen. Teils sind die neuen Charaktere dabei an jene aus dem Grundspiel angelehnt – insbesondere wird dies bei „Skids“ O’Töle deutlich, dessen Illustration ebenso eine Abwandlung von Grundspiel-Ermittler „Skids“ O’Toole ist.

Für den Deckbau dürfen generell Karten der jeweiligen Klasse sowie neutrale verwendet werden, jeweils von Stufe 0 bis 5. Da es sich um ein Einzelszenario handelt, dürfen höherstufige Karten bereits zu Beginn gewählt werden. In Kombination mit einer Grundbox lassen sich unter Verwendung aller Karten einer Klasse sowie aller neutralen Karten genau zwei Charakterdecks erstellen.

Kampagnenheft und die fünf Hunde
Kampagnenheft und die fünf Hunde

Jeder Hund hat zudem noch die Freiheit, einige andere Karten ins Deck zu nehmen, wobei diese Deckbauregeln bei den meisten bewusst schwammig gehalten sind. Beispielsweise kann Duke bis zu fünf andere Verbündete aufnehmen, sofern diese entweder Hunde sind oder „Menschen, die dich streicheln wollen“.

Generell wurde die Hunde-Thematik überraschend gut ins Spiel eingebunden. Nehmen wir als Beispiel Jacqueline Ja-Fein: Sie kann als Aktion Karten „vergraben“, womit sie verdeckt unter die Charakterkarte gelegt werden und sie eine neue Karte ziehen darf. Ebenfalls mit einer Aktion dürfen eine oder zwei Karten wieder „ausgegraben“ und auf die Hand genommen werden. Mit der charakterspezifischen Vorteilskarte „Kauball der Albträume“ dürfen vergrabene Karten sogar zu Fertigkeitsproben beigetragen werden, als befänden sie sich auf der Hand – stark!

Liebevolle Eigenheiten der Hunde - Duke beginnt beispielsweise mit einem Menschen im Spiel und kann Leckerlis erhalten
Liebevolle Eigenheiten der Hunde – Duke beginnt beispielsweise mit einem Menschen im Spiel und kann Leckerlis erhalten

Zweites Beispiel, Duke: Dieser beginnt mit der charakterspezifischen Vorteilskarte „Befreundeter Mensch“ im Spiel, die fünf Anwendungen (aka Leckerlis) besitzt. Nach jeder erfolgreichen Fertigkeitsprobe kann eine Anwendung ausgegeben werden, um entweder eine Ressource zu erhalten, eine Karte zu ziehen oder einen Schaden oder Horror zu heilen. Mit zwei Aktionen kann Duke als Charakteraktion um mehr Leckerlis betteln, wodurch wieder drei Anwendungen auf „Befreundeter Mensch“ platziert werden. Auch die charakterspezifische Schwächekarte nimmt hierauf Bezug: „Keine Leckerlis mehr“ macht genau das, was der Titel sagt: Alle Leckerlis/Anwendungen werden entfernt. Hundsgemein!

Szenario

Das eigentliche Abenteuer konfrontiert uns mit Katzen – vielen Katzen! Etwas Ungutes passiert in Barkham, und es liegt an uns, den Katzen-Kult aufzuhalten. Natürlich wollen wir nicht spoilern – daher nur so viel: Die Erzählung ist simpel, aber stimmig, und man merkt den humorigen Unterton sehr gut, während das Szenario dennoch ernsthaft zu spielen ist.

Abhängig von ersten Entscheidungen starten wir auf einem von vier möglichen Orten
Abhängig von ersten Entscheidungen starten wir auf einem von vier möglichen Orten

Wie auch bei den Charakteren merkt man den Orten die Liebe zum Detail an: Passende Orte wie Knochenhof, Tierklinik, Sabberviertel oder Hundehütte treffen aus Neuinterpretationen bekannter Arkham-Orte wie die Mopskatonic Universität – toll. Alle zehn Orte besitzen mindestens eine Orts-Aktion, sechs davon geben etwas Besonderes, wie zum Beispiel ein Garnknäuel, Wissen über Katzenphysiologie oder leckeres Futter. Dies sind jedoch keine Karten, sondern etwas, was man sich merkt – es kann wichtig werden.

Unter sechs Orte kommt zu Spielbeginn verdeckt eine der sieben „Tatzen“– besonders starke Elite-Feinde. Da es hiervon sieben gibt, bleibt eine „Tatze“ immer außerhalb des Spiels, was es abwechslungsreicher gestaltet. Bis auf eine können alle hiervon statt mit Kampf auch mit Verhandlung besiegt werden – vorausgesetzt, man erfüllt die Voraussetzungen, wie zum Beispiel Wissen über Katzenphysiologie – genau jene Sachen, die man per Aktion auf einigen Orten erlangen kann. Orte mit verdecktem „Tatzen“-Gegner gelten zudem als „voller Katzen“, worauf sich Spieleffekte beziehen können.

Neu ist auch „Alarmiert“, ein Schlüsselwort bei Feinden – diese können angreifen, wenn der aktiven Figur eine Entkommen-Probe misslingt. Spezifischer für Barkham ist „schnüffeln“, eine Fähigkeit von Kare Winselrop. Einmal „erschnüffelte“ Orte bleiben es, und erleichtern jede ihrer Fertigkeitsproben an diesem Ort. Insgesamt bleibt die Komplexität jedoch auf dem Niveau des Grundspiels.

Barkham besteht im Szenario aus 10 Orten
Barkham besteht im Szenario aus 10 Orten

Ausstattung

Wie schon erwähnt wurde die spezielle Thematik sehr gut integriert, und dies merkt man auch. Allein die Illustrationen – wunderbar. Sie stehen jenen der regulären Reihe nicht nach, sind hochwertig und fangen die Atmosphäre gut ein, egal, ob es sich um neue Bilder oder überarbeitete Klassiker handelt. Von der Stabilität und allgemeinen Qualität gibt es eh nichts zu meckern.

Der Umfang ist solide – 5 Charaktere mit je drei Karten, sechs neue Karten in doppelter Ausfertigung und viele Szenariokarten: 10 Orte, 7 Tatzen, einen Endgegner, 5 Karten zur Übersicht und Szenariofortschritt und ein komplettes Begegnungsdeck aus 28 Karten. Hinzu kommt das kleine Regel-/Kampagnenheft (kleiner als A6), welches auf 12 Seiten auch einige Seiten Kampagnenerzählung bietet.

Beispielhafte Orte, Gegner- und Verratskarten
Beispielhafte Orte, Gegner- und Verratskarten

Auf der anderen Seite muss man jedoch erwähnen, dass nicht eine einzige Karte der Erweiterung abseits dieser genutzt werden kann – da hat man von regulären Erweiterungen mittelfristig mehr, auch wenn das Barkham-Szenario durchaus mehrmals gespielt werden will. Hat man erstmal alles gesehen, besteht kein weiterer Nutzen des Materials – was andererseits jenen, die nur die ernsthafte Hauptserie sammeln, den Kauf erspart.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Asmodee
  • Autor*in(nen): Matthew Newman u.a.
  • Erscheinungsjahr: 2019
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 60 – 120 min
  • Spieler*innenanzahl: 1 2 3 4
  • Alter: 14+
  • Preis: ca. 20 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon , idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Bei Asmodee gibt es die Anleitung/Kampagnenleitfaden als PDF.

Fazit

Schon der Strichcode außen zeigt die Liebe zum Detail
Schon der Strichcode außen zeigt die Liebe zum Detail

Barkham Horror – Die Verstrickungen des Miaulathotep ist ein real gewordener Aprilscherz, und es ist einer der guten. Mit viel Mühe und Liebe zum Detail hat man Barkham zum Leben erweckt, stimmige spezifische Elemente eingebaut und ein tolles Spielerlebnis beschert.

Abseits des neuen Szenarios ist jedoch keine der Karten nutzbar, sodass das Preis-/Leistungsverhältnis hier nicht so gut ausfällt. Auf der anderen Seite dürfte die Erweiterung sich aber eh mehr als Sammlerobjekt verstehen, und die spezielle Thematik könnte vielleicht auch jene zum Mitspielen bewegen, die mit Arkham Horror sonst nicht viel anfangen können.

Letztlich setzt die spezielle Erweiterung das, was sie sein will, hervorragend um: Ein mehrfach spielbares Einzelszenario, Hundecharaktere und einfach etwas Besonderes. Dafür voller Daumen nach oben.

 

Artikelbilder: ©Asmodee
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Rick Davids
Fotografien: Michael Fuchs
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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