Geschätzte Lesezeit: 11 Minuten

Kaum eine Publikation für Das Schwarze Auge hat in jüngerer Zeit derart hohe Wellen geschlagen wie Wege der Vereinigungen. Ist die Spielhilfe zur Sexualität in Aventurien ein gleichermaßen erotischer wie nützlicher Band für den Spieltisch? Oder blanker Sexismus? Lest mehr dazu in unserer Rezension.

Seinen Anfang nahm Wege der Vereinigungen als Aprilscherz. Wie jedes Jahr zum 1. April geisterten auch 2012 nicht ganz ernst gemeinte Meldungen durch die Welt – so auch rund um Das Schwarze Auge (DSA). Die Helden-Software zum Erstellen von Spielfiguren sollte bald auch über Konsolen verfügbar sein, beim DSA-Portal Nandurion kam es zu einem unblutigen Putsch in der Redaktion und Ulisses Spiele kündigte, nicht ganz ohne Selbstironie, einen Nachfolger zur Handels- und Wirtschaftsspielhilfe Handelsherr und Kiepenkerl an, einer aufgrund vermeintlicher Nutzlosigkeit wenig geschätzten Publikation der damaligen Zeit.

Ebenfalls bei Nandurion fand sich ein Interview mit Axel Spor, dem aus regelmäßigen falschen Anschreiben geborenen Alter Ego des DSA-Redakteurs Alex Spohr. In diesem Interview wurde mit Verweis auf die Website des Verlags ein Produkt namens Wege der Vereinigung erwähnt, eine Spielhilfe zur „aventurischen Sexualität und Erotik“, wie es in der Ankündigung hieß, die sich ebenso im Aventurischen Boten Nr. 152 finden ließ.

Der Ursprung von Wege der Vereinigungen

Eingebettet in die Meldung wurde auch das Rahja-Vademecum angekündigt, das im folgenden Sommer tatsächlich erschien und auf der RatCon in Unna mit passend gestalteten Kondomen verkauft wurde. Das Feedback war positiv, und der Verlag wird spätestens zu diesem Zeitpunkt gemerkt haben, dass etwas an dem Thema dran war. Immer wieder wurde nach Wege der Vereinigung gefragt und 2016 wurde als vorläufige Antwort schließlich mit dem mittelprächtigen Rahjasutra ein Ingame-Bande veröffentlicht.

Diese Ergänzung zum Rahja-Vademecum sollte die aventurische Version des irdischen Kamasutras sein, die man praktischerweise auch am Spieltisch verfügbar haben sollte. Der spielerische Mehrwert tendierte also gegen Null, denn wer braucht am Spieltisch schon auf die Schnelle eine Beschreibung verschiedener Sexstellungen? Viel eher diente der Band der kurzzeitigen allgemeinen Erheiterung und sorgte schon damals für ein Aufrechnen davon, wie viele Männer und wie viele Frauen nackt zu sehen waren.

Einer der Hauptkritikpunkte war jedoch der Fokus auf die Tulamidenlande und die damit verstrichene Gelegenheit, die Sexualität in allen aventurischen Kulturen unter die Lupe zu nehmen. „Wie viele spannende Konzepte hätten sich da geboten“, bemängelte Vibart damals bei Nandurion. „Von den geschlechtsunabhängigen Elfen über die sehr reduzierten Zwerge, […] von den Heckenlabyrinthen des Horasiats hinein in die Weidener Scheune“, ergänzte er bedauernd. Erfüllt Wege der Vereinigungen nun endlich die Erwartungen? Dazu müssen wir, nach überlanger Einleitung, einen Blick in den Band werfen.

Nur wenig widmet sich nicht-heterosexueller Liebe

Inhalt

Gemessen an dem, was 2012 im Scherz angekündigt wurde, ist alles Zugesagte enthalten: „Hier finden Sie sowohl Würfeltabellen als auch praktische Hinweise, wie Sie Liebe und Romantik am Spieltisch darstellen können“, hieß es damals in der Ankündigung. Tabellen finden sich vor allem am Ende des Bandes, die Tipps zur Ausgestaltung am Spieltisch finden sich am Anfang auf neun Seiten.

Eineinhalb Seiten davon widmen sich dem Thema „Gleichberechtigung in Aventurien“. Ja, in Aventurien herrscht – bis auf wenige Ausnahmen – die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Die Autoren regen deswegen an, bewusst mit Klischees zu brechen und weisen anhand anschaulicher Beispiele darauf hin, dass Aventurien, was die Gleichberechtigung der Geschlechter angeht, im Gegensatz zur Realität „eine Utopie“ sei.

Auch ansonsten sind die textlichen Inhalte weit davon entfernt, sexistisch zu sein. Auf gut 60 Seiten widmen sich die Autoren der aventurischen Sexualität in allen Kulturkreisen und damit auch ihren Schattenseiten, wie sexuellem Missbrauch, Ausbeutung von Prostituierten und Menschenhandel. Dass Al’Anfaner ihre Sklaven nicht nur zum Baumwollpflücken erwerben und nicht jeder Lustknabe mit seinen Kunden die beste Zeit seines Lebens hat, dürfte klar sein. Dass auch diese Aspekte in Wege der Vereinigungen beschrieben werden müssen, liegt in der Natur des Rollenspiels. Denn Befreiung von Unterdrückten ist wahrscheinlich einer der stärksten Abenteueraufhänger – wird aber erschreckend selten im Buch vorgeschlagen.

Aventurien – eine sexuelle Utopie

DSA-typisch wird alles in Werte und Regeln gestanzt

Kurzum: Wer sich eine kompakte Übersicht der Sexualität in Aventurien wirklich aufrichtig gewünscht hat, wird in Wege der Vereinigungen fündig und – um dem Fazit in diesem Punkt vorzugreifen – kann sich diesen Teil des Bandes ohne Probleme zu Gemüte führen. Einige Abstriche muss er dafür aber in Kauf nehmen. Welche das sind? Naja, der ganze Rest des Buches.

Wege der Vereinigungen hätte wunderbar als Band mit reinen Hintergrundinformationen funktioniert, wird aber durch die Regelerweiterungen der Lächerlichkeit preisgegeben. Jedwede Ernsthaftigkeit, die im ersten Kapitel durchaus zu finden war, wird zum Beispiel durch die Präsentation eines neuen Stabzaubers beiseite gefegt, mit dem ein Magier seinen Zauberstab in einen Vibrator verwandeln kann. Ebenso sind Passagen zur regeltechnischen Abhandlung von „Samenspielen“ oder „Mammalverkehr“ enthalten, die jegliche erotische Stimmung in einem Paragrafenwirrwarr ersticken und dadurch nur lächerlich wirken.

Solche Regeln und auch Zufallstabellen, in denen man die Größe der Geschlechtsteile seiner Spielfigur und die Üppigkeit ihrer Schambehaarung auswürfeln kann, bringen dem Band zu Recht den Vorwurf ein, ein schnell ausgenudelter Altherrenwitz zu sein – wobei es in Aventurien natürlich auch, wie weiter oben beschrieben, Altfrauenwitz heißen könnte. Hier jetzt alle Beispiele aufzuzählen würde den Rahmen sprengen.

Wege der Vereinigungen kann sich auch nicht unter dem Deckmantel der Satire verstecken und dadurch Narrenfreiheit beanspruchen. Satire ist es, wenn zum Beispiel in der Sendung Switch Reloaded anhand exemplarischer und zugespitzter Dialoge eine TV-Sendung veralbert wird. Satire wäre es nicht, wenn man jene TV-Sendung bierernst und bis ins letzte Detail nachdreht.

Berechtigte Kritik?

Bei dieser Gelegenheit möchte ich einen kleinen Exkurs zur bisherigen Diskussion um Wege der Vereinigungen wagen. Dem Band war im Vorfeld vorgeworfen worden, unterschwellig Rassismus und Sexismus zu goutieren, beziehungsweise nicht zu erkennen. Zumindest für den Textteil kann dies nicht in dieser drastischen Zuspitzung geschlussfolgert werden.

Mike Krzywik-Groß fand in diesem Zusammenhang besonders den Bonus auf die Länge des Geschlechtsteils entlarvend, den Waldmenschen, also Charaktere mit dunkler Hautfarbe, erhalten. Ebenso wurde in einem Artikel auf Tor Online darauf hingewiesen, dass ausgerechnet die Sexualität der Waldmenschen unter der Überschrift „Paarungsriten“ präsentiert wird. Ein berechtigter Kritikpunkt, da die Überschrift an ethnologische Schriften der vergangenen beiden Jahrhunderte erinnert. Allerdings ist der Text zu den Waldmenschen durchaus bemüht, Klischees zu brechen und inneraventurische Vorurteile zu widerlegen.

An gleicher Stelle wurde kritisiert, dass bei der Illustration einer Orgie ausgerechnet eine dunkelhäutige Frau im Bastrock die Getränke serviert. Dies als unterschwelligen Rassismus zu identifizieren, hakt leider daran, dass in Aventurien ja tatsächlich ein vordergründiger Rassismus existiert. Dunkelhäutige Sklaven sind in Al’Anfa und anderen südaventurischen Orten schlicht vorhanden.

Natürlich ist es ein gerechtfertigter Kritikpunkt, wenn Krzywik-Groß – der danach seine Zusammenarbeit mit Ulisses Spiele beendete – bemängelt, dass der oben genannte Bonus, trotz seines Hinweises, nicht entfernt wurde. Dies muss aber nicht auf rassistisches Gedankengut verweisen. Die Stellungnahme von Ulisses Spiele zu diesem Vorwurf offenbart nämlich keine sexistische oder gar rassistische Grundhaltung, sondern in erster Linie einen mangelhaften Umgang mit Kritik – der sich in der Stellungnahme selbst fortsetzt, wie Michael Masberg in seinem Beitrag zu diesem Thema herausgearbeitet hat.

Erotisches Artwork findet sich vielfach – zumeist mit Frauen

Ich bin kein Sexist, aber …

Kommen wir wieder zurück zur Rezension. Zusammenfassend lässt sich im Textteil kein eindeutiger Sexismus oder gar Rassismus erkennen. Ganz im Gegenteil haben sich die Autoren sichtbar bemüht, mit gängigen Klischees zu brechen und noch einmal deutlich die umfassende Gleichberechtigung der Geschlechter zu betonen. Dass zum Beispiel Homophobie als Nachteil wählbar ist, kann eigentlich nicht als sexistische Taktlosigkeit aufgefasst werden, wenn auch alle anderen Abgründe des menschlichen Charakters als Nachteile wählbar sind.

Der Großteil der Kritik am Band machte den Sexismus in Wege der Vereinigungen dementsprechend auch nicht anhand des Textes fest, sondern sah ihn vor allem in den Illustrationen, die im Folgenden behandelt werden sollen.

Erscheinungsbild

Bereits im Rahjasutra zählte Vibart für seine Rezension bei Nandurion die Anzahl dargestellter Männer und Frauen im Band. Für Wege der Vereinigungen machten sich Judith Vogt und Henning Mützlitz bei Tor Online sogar die Mühe, die Anzahl sichtbarer männlicher und weiblicher Nippel gegeneinander aufzurechnen. Knapp gesagt: Es gibt mehr nackte Frauen als nackte Männer zu sehen. Mehr homosexuelle Frauenpaare als homosexuelle Männerpaare. Deutlich mehr weibliche Brüste als männliche Geschlechtsorgane – und ja, das ist durchaus ein Problem.

In der Einleitung dieses Artikels wurde bereits ein Ausflug in die Vergangenheit unternommen. Im Jahr 2012, kurz nach dem ersten Aprilscherz zu Wege der Vereinigung, erschien Wege des Entdeckers, eine Spielhilfe für Abenteuer und Expeditionen in der Wildnis. Im Zentrum des Titelbildes stand eine Frau, deren Oberweite nicht mehr nur als üppig zu bezeichnen war, sondern sämtlichen Regeln der Physik widersprach. Bereits damals kam es in der Folge zu einer Diskussion über die klischeehafte Darstellung von Frauen in Das Schwarze Auge. Der Verlag gelobte Besserung, ebenso als ein Jahr später der Roman Schwarze Segel erschien, der eine barbusige Frau auf dem Titelbild hatte. Wieder kam es zur Diskussion und wieder versprach Ulisses Spiele, so etwas in Zukunft sorgfältiger zu handhaben.

Machen wir es kurz: Bei Wege der Vereinigungen ist dies nicht gelungen. Hier jetzt ein speziell für Das Schwarze Auge geltendes Problem festzustellen, würde den Sexismus in unserer Gesellschaft aber herunterspielen. Egal, in welcher zeitgenössischen Produktion Sexualität eine größere Rolle spielt, sind stets mehr nackte Frauen als nackte Männer zu sehen. Wege der Vereinigungen bringt sich paradoxerweise gerade dadurch in die Bredouille, dass es in den Illustrationen seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht wird.

Liebe kann vielerlei Formen annehmen

Erotik und Romantik – geht das nur mit nackter Haut?

Die im Buch erwähnte stattliche Rittersfrau, die um einen schöngeistigen Höfling buhlt, indem sie für ihn ein Turnier bestreitet, wäre in diesem Zusammenhang ein weitaus aussagekräftigeres Motiv gewesen als nackte Haut und turtelnde Pärchen. Dass irgendwo im Band einmal exemplarisch eine Elfe, eine menschliche Frau und eine Zwergin – ganz im Biologiebuch-Stil – nackt dargestellt werden, eine entsprechende männliche Gruppe aber fehlt, macht schon deutlich, dass bei den Illustrationen ein Ungleichgewicht herrscht. Ob die IllustratorInnen Anweisungen der Autoren folgten oder selbst für diese Auswahl sorgten, sei dahingestellt. Wer letztlich der Verlockung erlegen ist, möglichst viele nackte Frauen und ein paar nackte Männer – alle übrigens stets gut gebaut – abzubilden, ist letztlich egal. In ihrer Gesamtheit bilden die Illustrationen somit völlig zurecht die offene Flanke von Wege der Vereinigungen, an der sich die Kritiker ausgiebig abarbeiten können.

Hardcore-Pornographie wird man in Wege der Vereinigungen übrigens nicht finden. Mal abgesehen von der geschlechtlichen Gewichtung sind die Illustrationen weitestgehend gut gelungen und geschmackvoll. Dass sie, wie in Teilen der Kritik suggeriert, begehrte Masturbationsvorlagen für ewig-pubertäre Rollenspiel-Nerds sein sollen, ist zu bezweifeln. Das Internet bietet in dieser Hinsicht genug erregendere Alternativen – auch mit Elfenohren.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Ulisses Spiele
  • Autoren: Nathan Fürstenberg, Nikos Petridis, Alex Spohr et al.
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Sprache: Deutsch
  • Format: PDF / Hardcover
  • Seitenanzahl: 242
  • ISBN: –
  • Preis: 20,31 EUR (PDF) / 39,95 EUR (Hardcover)
  • Bezugsquelle: Ulisses eBooks

 

Fazit

Wer bis hierhin alles gelesen hat, wird schon bemerkt haben, dass dies keine gewöhnliche Rezension ist. Die Kritik an Wege der Vereinigungen hat aber ein derartiges Ausmaß angenommen, dass es notwendig geworden ist, sich bei der Besprechung dieses Bandes zu den Sexismus- und Rassismusvorwürfen zu äußern. Da sie, zumindest in Teilen, durchaus berechtigt sind, würde eine Rezension, die sie nicht näher untersucht, dem Thema letztlich nicht gerecht werden und sich selbst dem Vorwurf aussetzen, diese Kritikpunkte auszublenden.

Der Hintergrundteil ist tatsächlich eine solide Spielhilfe zur aventurischen Sexualität geworden. Wer so etwas seit sechs Jahren gefordert hat, wird also durchaus fündig werden, muss sich dafür aber mit den beschriebenen Mängeln herumschlagen. Denn der zotige Humor, der vor allem im Regelteil stattfindet, neutralisiert jegliche Ambitionen des Bandes, langfristige Spielbarkeit und ernsthafte Hintergrundinformationen zu liefern, wenngleich er seine Zielgruppe sicher erheitern wird.

Unterm Strich macht es sich Wege der Vereinigungen selbst zu schwer, was aber vermutlich auch den Entstehungsumständen des Bandes zu verschulden ist. Eine kleine Spielhilfe zum Sexualleben in Aventurien und dazu ein paar stimmige Illustrationen – es hätte genügt. Doch wenn sich nach sechs Jahren schwelenden Hypes abzeichnet, dass manche Spieler mehr wollen und dafür auch tief in die Tasche greifen werden, dann will ein Verlag natürlich auch liefern. Dass darunter dann wahrscheinlich der restliche Verlagsplan leidet, ist ein ganz eigenes Thema, das leider den Rahmen dieser Rezension sprengen würde.

Ein Projekt dieser Größe, das sich selber aber nicht ganz ernst nimmt, wenngleich es ein ernstes Thema behandelt, kann nur scheitern und in Fettnäpfchen treten. Es darf sich niemand wundern, wenn am Ende tatsächlich nur jene mit der Spielhilfe zufrieden sind, die sich über die schlüpfrigen Inhalte aufrichtig freuen und Spaß daran haben, ihren nächsten Ingame-Geschlechtsakt anhand ausführlicher Regelpassagen detailliert nachspielen zu können.

Wer Spaß daran hat, einen Engasaler Sexualmagier zu spielen, der mit seinem Vibro-Zauberstab kichernde Elfen durchs Unterholz jagt, wer seine Heldengruppe schon einmal von einem Tentakeldämon ordentlich durchnehmen lassen wollte, wer einmal auf einer Orgie, unterstützt und begleitet durch ein Dutzend Sonderregeln, Durchhaltevermögen beweisen wollte – der wird mit Wege der Vereinigungen den Spaß seines Lebens haben. Wer aber lediglich eine Spielhilfe zur aventurischen Sexualität haben wollte, wird vielleicht einmal kurz lachen, dann aber verwundert den Kopf schütteln und sich fragen, ob es das wirklich gebraucht hätte.

Artikelbilder: Ulisses Spiele
Dieses Produkt wurde digital kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

22 Kommentare

  1. Was ist denn Sexismus? „von der Vorstellung, dass ein Geschlecht dem anderen von Natur aus überlegen sei, getragene Diskriminierung, besonders von Frauen durch Männer.“ Ich halte da immer an der ursprünglichen Definition fest, wie es auch im Duden steht. Ich kann mir aber nicht vorstellen daß in „Wege der Vereinigungen“ behauptet wird, ein Geschlecht sei dem anderen überlegen.

    • Roland Pfuff Dir ist schon klar, dass Wörterbücher nur der Versuch sind, möglichst häufige Verwendungsmöglichkeiten zu umreißen, ohne dabei Anspruch auf Ausschließlichkeit oder Vollständigkeit zu erheben? Sprache lässt sich nicht so sauber und trennscharf abgrenzen wie eine physikalische Kraft. Aber selbst mit der gegebenen Definition lässt sich leicht ein Kontext definieren, der hier zutreffen *könnte*: nämlich eine Darstellung, bei der Männer in erster Linie begehrende Subjekte und Frauen begehrte Objekte sind.

    • Wege der Vereinigung ist ein Fun Produkt mehr nicht. Aus einem Aprilscherz wurde es dann gemacht weil es sich viele Leute gewünscht haben. Wenn man es genau nimmt ist es ein Produkt das man sammelt und es ins Regal stellt.

      Die Kunst des schwarzen Auges ist auch nicht dazu gedacht das man es bei DSA einsetzt und sicher ein tolles Produkt mit schönen Artworks.

      Ulisses hat mit Sicherheit mehr als genug Ideen ob gut oder schlecht lasse ich jetzt mal dahingestellt.

    • Hubert Pfeffer ich wollte damit zum Ausdruck bringen das sich die Leute bei Ulisses aufs Kerngeschäft konzentrieren sollten, oder wie man halt so schön sagt, „Schuster bleib bei Deinen Leisten“. Plüschtiere und Badehandtücher sind ja ganz nett, aber nicht wirklich das, was ich als Spieler mir so wünsche.

    • Würde es dafür keine Käufer geben, würden sie sowas sicher nicht machen. Und gerade WdV wurde ja lange Zeit immer wieder gewünscht. Und ein Artbook… ja, braucht man nicht. Aber angesichts der vielen guten Bilder der diversen Illustratoren finde ich das völlig okay, so etwas auch mal separat zu würdigen, zumal Bücher der Art bei vielen wohl gut ankommen. Die redaktionelle Arbeit für ein Artbook dürfte auch um einiges geringer sein als bei einem stimmigen Hintergrund- oder Regelband.

  2. Ja, das hatte ich in etwa als Rezension erwartet. Ich teile die Ansicht des Verfassers in dem Fall keineswegs. WdV hatte nie die Ambition, als ernsthafte Spielhilfe zu taugen und daher ist eine Bewertung, die diese Intention als Maßstab nimmt, natürlich irreführend.

    • Wege der Vereinigung war am Anfang ein Scherz, und hätte das auch bleiben können. Durch das Crowdfunding und den damit verbundenen Produktwildwuchs wurden aber viele weitere Felder eröffnet. Was als als kleine Zote anfing, sollte auch normale Spielhilfe mit gewissem Anspruch werden.

    • Nein. Sollte es nie. Das Crowdfunding wurde ja überhaupt erst gestartet, weil so viele Spieler nachgefragt haben. Als es dann auch noch megaerfolgreich wurde, wurde immer mehr Content nachgelegt. Angebot und Nachfrage. Aber ein ernsthaftes DSA Produkt sollte das nie werden.

    • Das Problem ist mMn dass das Werk nicht weiß, was es sein will. Für ein Fun-Projekt passte s nicht, dass es sich so ernsthaft mit Hintergrund beschäftigt, spielbar sein will und das Thema ernst behandelt. Für eine seriöse Spielhilfe beinhaltet es zuviel absurd-unsinniges. Da sitzt WdV zwischen den Stühlen.

  3. Disclaimer: Wall of Text & Ein Kommentar zu allen kritischen /negativen Rezensionen zu WdV, eben hier, weil meine Antwort gerade nach dem Lesen dieser Rezi verfasst wurde.

    ____

    Mir ist diese (und auch andere Rezensionen/Meinungsbilder) zu WdV ebenfalls deutlich zu negativ. Woran liegt das?

    Es werden mMn Aspekte z.T. richtig hart kritisiert, die sonst in keinem anderen Vergnügungsmedium unter eine solche Mikro-Lupe gestellt werden.

    Stichwort: Zahl der Abbildungen nach Geschlecht und wie explizit jene sind. Ich unterstelle jetzt einmal, dass sehr viele Mainstream-Unterhaltungsprodukte (Fernsehen, Serien,…) ein weit schlechteres Verhältnis haben als WdV, wenn es um die Darstellung von erotischen Szenen geht.
    Die Autoren/Illustratoren da nun an einem höheren Ideal messen zu wollen als man so ziemlich jedes andere Vergügungsmedium misst, ist mMn übertrieben, evtl. ist besonders harsche Kritik (nicht hier in der Rezension vorhanden) sogar in Richtung „verlogen“ einzuordnen.

    Vorwiegend „norm-schöne“ Personen sind abgebildet: Ja. So wie… überall in praktisch allen Unterhaltungsprodukten. Selber Punkt wie oben.

    Dass die Regeln zum Sex so negativ gesehen werden… keine Ahnung. Ist die DSA-Community so verspannt, dass sie das nicht einfach überfliegen kann, schmunzeln kann und sich denkt: „Damn, das ist ja komplizierter als DSA4.1 Kämpfe… und irgendwie ist das doch auch lustig, auf eine… seltsame, aber irgendwie spaßige Art“.

    Rezensionen, die das Produkt WdV so in den Details zerlegen und es auf „Nützlichkeit“ und auch „Sexismus“ und auf was weiß ich prüfen, müssen schon fast scheitern, denn das Produkt selbst verstand sich nie als „und du spielst das nun so, denn das sind Regeln!“

    Etwas ernst zu nehmen und es ernst und hart zu rezensieren, teils mit vollkommen überzogenen Ansprüchen (siehe Kritikpunkt oben), was sich selbst so klar markiert nicht ernst nimmt – das kann natürlich nur scheitern.

    Danke für die Rezension!
    Ich hab das Buch, ich finde es lustig, ich werde die Regeln wohl nie hernehmen, aber es ist auf keinen Fall aus meiner Sicht ein schlechtes Buch.

    • Andreas Reif Ist das Problem dann nicht eher, dass andere Unterhaltungsmedien weniger konsequent kritisiert werden? Ich für meinen Teil würde es vorziehen, konsequent auf solche überkommenen Sexismen zu verzichten.

    • Andreas Reif Unsere Zeit hat sich im Vergleich zu den frühen 1980ern durchaus weiterentwickelt, und bietet auch schon Alternativen. Eben deshalb ist ein „ist halt so“ für mich keine angemessene Reaktion auf alltäglichen Sexismus.

    • Jan-Erik Ella Aber es geht hier um Rezensionen von WdV. Nicht um eine Abhandlung über die Entwicklung von Alltagssexismus. :)

      Ich bin ganz bei dir, dass man alltäglichen Sexismus nicht gutheißen kann, dass man langfristig Verbesserungen anstreben soll, dass Veränderungen geschafft wurden, etc.

      Das harmlose Werk WdV aber z.B. wegen der ungleichen „Darstellung der Geschlechtsteile“-Quote zu verreißen ist mMn lächerlich, wenn die Quote überall anders genauso oder schlechter ist.

    • Michael Fuchs Stimmt. Deswegen auch mein Disclaimer im 1. Posting: es nimmt Bezug auf „alle negativen Rezensionen / Kritiken“, die es in den letzten Wochen gab.

      Die Teilzeithelden-Kritik fällt relativ milde aus.

    • Ich glaube, ich wäre in Bezug auf WdV um einiges milder, wenn sich nicht immer noch so ein großer Batzen des kolonialrassistischen Erbes in der Darstellung und Illustrierung der „Mohas“ finden würde. Die ersten Editionen von DSA haben da einen ganz furchtbaren Status Quo kreiert, von dem sich das Setting leider bis heute nicht wirklich emanzipiert hat.

  4. Was ich hier im Artikel lese, klingt danach, als wäre Ulysses eins der besten Bücher gelungen, die sich bisher an das Thema gewagt haben.

    Was die anscheinend seltsame Formulierung der Regeln angeht, würde ich hoffen, dass in hoffentlich folgenden Neuauflagen für spätere Editionen die Brüche aufgelöst werden. Aber das ist ehrlich gesagt ausreichend schwierig, richtig hinzubekommen, dass ich wenig Probleme damit sehe.

    Und die Aussage, dass der Überhang an nackten Frauen aus dem Ästhetik-Empfinden der Künstler kommt, ist auch plausibel. Vielleicht lässt sich auch das in den folgenden Jahren noch ändern, da es dann mehr und mehr nutzbares Material mit Männern geben dürfte. Auch dank der Kritik an dem Buch — und dem Wagnis, nackte Männer überhaupt aufzunehmen. Und ja, das ist auch heute noch ein Wagnis.

    Alles in allem wundert mich daher v.a. die Bewertung als Daumen-etwas-nach-unten. Es klingt nach einem Schritt vorwärts; einer deutlichen Verbesserung des Status Quo. In Anbetracht des Themas (und dem Vergleich mit einigen anderen Versuchen dazu) klingt die Rezension nach einer klaren Kaufempfehlung.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein