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Nach sieben Monaten im Early Access veröffentlicht Tactical Adventures die Vollversion seines strategisch anspruchsvollen D&D-Rollenspiels Solasta: Crown of the Magister. Nach unserem Vorabtest im Januar zeigen wir euch jetzt das fertige Produkt samt neuer Funktionen.

Im Januar haben wir euch Solasta im Early Access vorgestellt, damals war gerade das große Winter-Update herausgekommen. Jetzt hat das französische Studio Tactical Adventures nach nur 7 Monaten die Early Access-Phase beendet und die Vollversion ihres D&D-Rollenspiels auf den Markt gebracht. Konnten die Probleme von damals, wie das unreife Crafting-System, behoben werden? Und welche neuen Spielfunktionen wurden hinzugefügt? Wir prüfen die Version 1.0 für euch auf Herz und Nieren.

Setting

Die Geschichte der Welt Solasta hat sich mit der Vollversion nicht verändert. Eintausend Jahre sind seit dem Untergang des elfischen Imperiums Manacalon durch den „Kataklysmus“ vergangen. Die Menschen und ihre Götter, die durch den Kataklysmus von ihrer todgeweihten Heimat Tirmar nach Solasta kamen, haben sich mit den anderen Völkern – Elfen, Zwerge und Halblinge – verbündet. Die Ruinen von Manacalon sind jetzt die lebensfeindlichen Schreckenslande, die seit der Katastrophe kaum erforscht wurden. Auf einmal erhebt sich eine alte Bedrohung, die den Menschen nur zu gut bekannt ist.

Ebenfalls gleich geblieben ist das Schicksal der vier Abenteurer*innen, die sich zufällig in einer Taverne treffen, zu Abgesandten des Alten Rats ernannt werden und dann die Gefahr aus den Schreckenslanden erforschen müssen. Ein Charakter wird dabei zwangsläufig Träger*in der namensgebenden Krone, die nicht nur eine entscheidende Rolle in der Krise spielt, sondern auch einige sehr, sehr nützliche Fähigkeiten verleiht. Die Vollversion ergänzt das bisherige Lore um weitere Details. Zum Beispiel erklärt ein freundliches Ratsmitglied relativ zu Beginn die genauen Umstände des Kataklysmus. Zudem ergeben sich im Laufe der Kampagne nach und nach Hinweise auf die Absichten der feindlichen Mächte. Neben der Krone spielt etwa auch eine NSC-Reisegefährtin eine bedeutende Rolle bei der Aufarbeitung der antiken Katastrophe.

Oft erläutern NSC bestimmte Hintergründe in Cutscenes.

Dennoch bleibt die Handlung, wie im vorigen Artikel erwähnt, eher grundlegend Fantasy-typisch. Vornehme Elfen, grantelige Zwerge, brutale Orks, untergegangene Imperien, finstere Götter. Und die Gruppe mittendrin als Leute fürs Grobe, die die meiste Zeit dem nächsten Juwel für die Krone hinterherjagen. Das ist erst einmal nicht grundlegend schlecht, nur eben schon mal dagewesen. Das Designteam betonte in diversen Interviews, die Story sei nicht das Hauptaugenmerk des Spiels, was sich vor allem bei den Charakteren bemerkbar macht. Die meisten NSC bleiben recht farblos in der Handlung und dienen nur als Questgeber, um die Gruppe zum nächsten Ort zu schicken. Dialoge bestehen oft aus kurzen Sätzen, die recht banal gehalten werden – zitierfähige Weisheiten oder Comedykracher gibt es hier nicht. Auch die anderen „zivilisierten“ Nationen neben dem Fürstentum Masgarth werden nur am Rand erwähnt, mit den durchaus interessanten Fraktionen hat man abseits der Abgabe von Artefakten nur wenig Interaktion. Zwar gibt es ab den mittleren Levels eigene Charakterquests, die dem gewählten Hintergrund (Aristokrat, Söldner, Tempeldiener) entsprechen und spannende Herausforderungen darstellen, aber so richtig verknüpfen sie den Charakter nicht mit der Welt.

Die aggressiven Hauptbösewichte der Kampagne treten leider gar nicht in Kontakt mit der Gruppe – es wird über sie gesprochen statt mit ihnen. Einige andere Antagonisten lassen zwar mit sich verhandeln, verraten aber nicht viel über ihre Ambitionen, Ideale oder ihre Rolle in der Welt. Das Lore von Solasta ist definitiv ausbaufähig, selbst für ein Erstlingswerk. Aber im Mittelpunkt des Spiels stehen sowieso die anspruchsvollen Kämpfe.

Features

Feuerball oder nicht Feuerball, das ist hier die Frage – Kampfsystem

Dieser taktische Tiefgang ist die wahre Stärke des Spiels. Wer einfach voranstürmt und Schaden verursacht, wird nicht immer Erfolg haben. Die Gegenseite wägt ihre Schritte genau ab und nutzt Spezialfähigkeiten, um die Gruppe zu benachteiligen. Man ist also gut beraten, die eigenen Talente sinnvoll zu nutzen. Feuerbälle sind schön und gut, aber Zauber, die Feinde festhalten oder verbannen, geben der gesamten Gruppe Vorteil beim Angriff. Wenn eine Kreatur in einem bestimmten Schadenstyp stark ist, kann man die Rettungswürfe oder Widerstände der eigenen Charaktere verbessern. Völker ohne Dunkelsicht wie etwa Menschen sind in schwach beleuchteten Bereichen im Nachteil, daher ist eine strategische Platzierung von Lichtquellen essentiell – zumal es einige Gegner*innen gibt, die lichtempfindlich sind.

Das dreidimensionale Terrain muss in jedem Zug berücksichtigt werden.

Auch das Terrain will bedacht sein. Von höheren Positionen haben Fernkämpfer*innen die beste Sicht auf das Schlachtfeld, während Nahkämpfer*innen so positioniert werden müssen, dass sie möglichst wenig Zeit mit Laufen vergeuden. Schurk*innen wiederum müssen die Sichtlinien ihrer Gegner verlassen, um sich erfolgreich verstecken zu können, sonst wird es nichts mit dem hinterhältigen Angriff. Objekte wie Felsbrocken und Kronleuchter können auf ahnungslose Widersacher*innen gestürzt werden, Wände dienen als Deckung und Charaktere mit hoher Stärke können andere entweder zu Boden oder in Abgründe stoßen. Und wenn man mit Flächenangriffen konfrontiert ist, hilft nur eins: Verteilt stehen!

Fernkämpfer haben auf erhöhten Positionen mehr Überblick.

All diese Eigenheiten des D&D 5-Kampfsystems gibt Solasta originalgetreu wieder. Die Bugs des Early Access sind inzwischen ausgebügelt, vor allem die Probleme mit dem Fliegen. Zudem sind jetzt fünf Schwierigkeitsgrade eingeführt worden. Wer als D&D-Neuling von der Komplexität überfordert ist, kann den Storymodus auswählen, in dem Kämpfe stark vereinfacht werden. Hardcore-Strateg*innen, die Sun Tzu auswendig können, dürften mit dem Kataklysmus-Modus ihre Freude haben: Dieser wirft jegliche Gnade über Bord und verlangt hohe Leidensfähigkeit. Allerdings gibt es auch im mittleren „Authentischen Modus“ schwierige Auseinandersetzungen, denen man besser aus dem Weg geht. Die Bossgegnerin Aksha zum Beispiel hat eine Vielzahl mächtiger Fähigkeiten und ist für eine gut ausgerüstete Gruppe auf Level 5 kaum zu schaffen. Dieser Kampf ist nicht optimal ausbalanciert, zumal er sich nicht immer vermeiden lässt – eine Verhandlung hängt stark vom Würfelglück ab. Bei solchen Kämpfen lohnt es sich, verschiedene Strategien auszuprobieren – oder die Schwierigkeit runterzudrehen.

„Heute zeige ich euch, wie ihr eine DIY-Rüstung baut“ – Crafting

Das Crafting-System ist jetzt deutlich ausgebauter als zuvor und angenehm intuitiv. Handwerklich begabte Charaktere können jetzt Tränke, Schriftrollen, Gifte, magische Gegenstände und Munition herstellen. Rezepte finden sich in Dungeons oder können von den befreundeten Fraktionen gekauft werden. Materialien sind in der Regel nur in freier Wildbahn zu finden, lediglich sehr einfache Zutaten sind bei Händler*innen verfügbar. Die erforderlichen Arbeitsstunden hängen mit der Komplexität des Gegenstands zusammen, gearbeitet wird beim Reisen oder Rasten. Sobald eine bestimmte Anzahl an Fertigkeitswürfen erfolgreich war, ist der Gegenstand fertig.

Im Crafting-Menü sieht man, welche Zutaten benötigt werden und wie lange die Herstellung dauert.

Inzwischen werden auch die Eigenschaften des fertigen Items angezeigt, was im Early Access noch nicht der Fall war. Ein kleiner Wermutstropfen des ansonsten sehr gelungenen Craftings ist, dass viele Rezepte dieselben Materialien brauchen. So kann es passieren, dass Alchemist*innen und Artefaktschmied*innen um seltene Kräuter konkurrieren und man abwägen muss, ob man lieber den Heiltrank oder die Lederrüstung herstellen möchte. Zudem findet man von den selteneren Materialien meist nur wenige Stücke im gesamten Spiel, sodass diese nicht „gefarmt“ werden können. Nichtsdestotrotz ist die Item-Herstellung eines der Highlights von Solasta, gerade weil man einige besonders mächtige Stücke nicht anderweitig finden kann. 

Taking the Railroad to Solasta – Gameplay

Neben der taktischen Action und dem gemütlichen Crafting ist das übrige Gameplay recht linear. Bis zu den mittleren Leveln 5-6 gibt es keine Möglichkeit, irgendetwas abseits der Hauptquestlinie zu tun. Noch mal schnell in die Hauptstadt, um Kram zu verkaufen und Reagenzien zu besorgen? Nein, die begleitende NSC muss ihrem Schicksal folgen, daher gibt es nur ein Reiseziel. Wäre Solasta ein D&D-Modul, könnte man ihm Railroading vorwerfen. Das merkt man auch daran, dass Entscheidungen sich eher selten auf den Verlauf der Story auswirken – wenn es überhaupt welche gibt. So kann man in einer Situation bestimmen, welchem von mehreren Personen ein großes Erbe zusteht, oder dieses Erbe selbst behalten. So oder so endet die Begegnung in einem Kampf.

In der ersten Hälfte des Spiels ist man gezwungen, der Handlung zu folgen.

Zudem lohnt es sich nicht immer, Kämpfe auszulassen: Einige Auseinandersetzungen kann man durch Dialoge vermeiden, was zwar auch mit Erfahrung belohnt wird, aber nicht mit Beute, die die Gruppe potentiell stärker machen kann. Und selbst die in D&D berühmt-berüchtigten Zufallsbegegnungen sind kaum vermeidbar. Zwar kann man vor Antritt einer Reise eine langsame Reisegeschwindigkeit wählen, die laut Beschreibung die Gruppe wachsamer macht und Überfälle verhindert. Dennoch wird man auch in diesem Modus häufig im Schlaf überrascht, sodass die Geschwindigkeit keine Auswirkungen auf Zufallskämpfe hat (man findet allerdings bei langsamem Tempo mehr Nahrung und Reagenzien). Ob das ein Bug oder Absicht ist, lässt sich noch nicht sagen.

Auf längeren Strecken wird man unangenehm oft im Schlaf überfallen.

Durch diese strikte Linearität ist der Wiederspielwert leider nicht allzu hoch. Natürlich kann man verschiedene Völker, Klassen und Hintergründe ausprobieren. Aber da diese recht überschaubar sind, hat man sehr schnell alles ausprobiert, irgendwann kennt man alle Monster, Fallen und Schatztruhen auswendig. Nervig ist auch, dass bei jedem Neustart alle vier Tutorials erneut durchgespielt werden müssen. Was Neulingen den Einstieg in D&D-Regeln erleichtert, ist beim zweiten Durchspielen meist nicht mehr nötig und eher ein lästiges Hindernis vor dem Einstieg in die Kampagne.

Immerhin hat man nach 10-12 Stunden Spielzeit die Möglichkeit, Sidequests und Hintergrundquests anzugehen. Diese sind recht kurz und führen oft in bereits besuchte Gegenden, die dann aber teilweise per Teleport erreichbar sind. Große Herausforderungen bieten sie nicht, dafür aber etwas Ablenkung vom Hauptplot und die Möglichkeit, Erfahrung und Items zu sammeln.

Das schwarze Brett im Marktviertel hat eine kleine Auswahl an Sidequests.
Das schwarze Brett im Marktviertel hat eine kleine Auswahl an Sidequests.

Sollte das Spiel angesichts mächtiger Rüstungen und Zauber zu einfach wirken, kann man jeden Härtegrad individuell anpassen. Wem missfällt, dass Gegner*innen auf höheren Niveaus auch sterbende Charaktere angreifen, kann diese Funktion einfach abstellen. Das ist eine tolle Anpassbarkeit, die es Spieler*innen erlaubt, das Gameplay nach eigenen Vorlieben zu gestalten. Dafür muss man nicht einmal das Spiel neu starten, selbst mitten im Kampf kann man die Schwierigkeit abändern und sieht die Ergebnisse direkt: Lebenspunkte werden angepasst, Sonderfähigkeiten seltener oder häufiger verwendet. Auch außerhalb des Kampfes kann man Einstellungen vornehmen, zum Beispiel, dass kein Proviant mehr benötigt wird.

Die Schwierigkeit und andere Spielfaktoren kann man detailliert anpassen.

Solasta ist auf Level 10 begrenzt, sodass die mächtigsten Fähigkeiten und oberen Zaubergrade nicht verfügbar sind. Das ist aber bei manch anderen D&D-Rollenspielen (etwa Baldur’s Gate 1) nicht anders gewesen. Eine epische Kampagne von 1-20 mit entsprechend ansteigenden Herausforderungen wäre deutlich länger als die versprochenen 40 Spielstunden, auch vom Aufwand für ein kleines Indiestudio. Es ist vorstellbar, dass Tactical Adventures ein Addon mit höheren Charakterstufen nachliefert.

Kommt ein Abenteurer in die Taverne und der Wirt sagt „Warum so ein langes Gesicht“? – Charaktererstellung

Der Charaktergenerator ist leicht zu bedienen und übersichtlich. An der Auswahl wurde nichts verändert: Verfügbare Völker sind Elfen, Zwerge und Halblinge mit je zwei Unterarten, sowie Menschen und Halbelfen ohne Varianten. Bei den Klassen kann man Kämpfer, Paladine, Waldläufer, Schurken, Magier und Kleriker auswählen. Die Hintergründe sind Adeliger, Philosoph, Spion, Tempeldiener, Söldner und Akademiker. Aus diesen Kombinationen lassen sich vielfältige Charaktere bauen. Dabei sind auch einige überraschende Optionen möglich. Söldner können zum Beispiel mittelschwere Rüstung tragen, unabhängig von der Klasse, sodass auch ein*e Magier*in im Kettenhemd herumlaufen darf.

Die Charaktermodelle wurden aber leider verschlimmbessert gegenüber den Beta-Patches. Viele Figuren sind einfach nur hässlich – aufgedunsene Gesichter mit starren Augen, unabhängig vom Altersregler sehen sie oft alt und müde aus. So stellt man sich Held*innen nicht vor. Elfen sind indes kaum von Menschen unterscheidbar, gerade wenn ihre Ohren verdeckt sind – sie sind lediglich etwas kleiner gebaut, was aber nur in Gruppenszenen auffällt. Dafür wurden zum Release zahlreiche neue Frisuren sowie Haut- und Augenfarben hinzugefügt. Nicht alle sehen gut aus, einige Stile wirken etwas albern, zudem sehen Haare und Bärte wie lose Perücken aus. Das sollte eigentlich durch einen Patch behoben werden, kommt aber teilweise immer noch vor. Ein weiteres kleines Manko: Charaktere können nach der Erstellung nicht mehr bearbeitet, nur gelöscht werden. Wer also eine Entscheidung bereut, muss denselben Charakter noch einmal bauen.

Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt – Dungeon Maker

Recht spät im Early Access kam der Dungeon Maker hinzu, mit dem man eigene Karten bauen kann. Einer der spannendsten Aspekte des Spiels, der vor allem Neverwinter Nights-Veteran*innen gefallen wird. Das Tool gibt vier Dungeonarten zur Auswahl: Nekropolis, Festung, Elfenpalast und Lavahöhlen. Zudem lassen sich die Größe, Levelanforderungen und Hintergrundmusik einstellen. Die Karte lässt sich dann mit anpassbaren Räumen und Gängen befüllen, die ihrerseits mit Monstern, Fallen und Schätzen versehen werden. Zudem kann man Lore-Informationen als Text darstellen lassen, darunter als Dialogoption für die Charaktere (natürlich ohne Synchronstimmen). NSC kann man leider nicht direkt sprechen lassen, sodass eine typische Bösewicht-Ansprache höchstens als Text-Popup beim Betreten des Raums möglich ist. Bei Monstern ist man auf die Kreaturen beschränkt, die es auch in der Hauptkampagne gibt, sodass man nicht einmal das ganze Monsterhandbuch rauf und runter einbauen kann. So gibt es etwa Feuer- und Luftelementare, aber keine Wasserelementare.

Halbfertige Karten kann man jederzeit testen, wobei es für den Testmodus auch Cheats wie Unverwundbarkeit gibt, die den Durchlauf erleichtern. Den Spieler*innen stehen die Cheats natürlich nicht zur Verfügung. Wenn das Ergebnis zufriedenstellt, kann man fertige Karten mit anderen Solasta-Spieler*innen teilen – auf Steam gibt es bereits eine Vielzahl an Fan-Dungeons zum Herunterladen. Trotz der eingeschränkten Möglichkeiten ist der Dungeon Maker ein nützliches und angenehm einfaches Tool. In den kommenden Monaten können wir also mit zahlreichen kreativen Karten aus der Fanszene rechnen, zumal die Entwickler*innen sicher weitere Funktionen nachliefern werden.

Technisches

Neben den Problemen des Charaktereditors wirkt die Grafik insgesamt auch nicht brandneu. Zwar können ältere Grafikkarten an ihr Limit gebracht werden, aber den technischen Möglichkeiten von 2021 entsprechen die 3D-Modelle nicht gerade. Das heißt nicht, dass nichts fürs Auge geboten wird – Flüsse sind schön animiert, Bäume wiegen im Wind, Vögel kreisen über die weitläufigen Karten. Aber oft wirken bewegte Objekte ruckelig, die zuvor erwähnten Charaktermodelle sind zu statisch in ihren Gesten und Mimiken.

Oft wirken Charaktere sehr statisch.

Beim Soundtrack hat sich Komponist Maxime Hervé nicht lumpen lassen und ein umfangreiches Album mit epischen Fantasytracks aufgenommen. Hervé verdiente sich seine Sporen bereits mit dem Soundtrack zu Space Hulk: Tactics. Seine Arbeit an Solasta zeichnet sich vor allem durch das bombastische Titelstück und die abwechslungsreiche Kampfmusik aus.

Die Synchronstimmen sind leider nicht so gelungen. Einige der NSC klingen wie von B-Movie-Darstellern vertont, viele Stimmen sind unpassend, wenn etwa ein knorriger alter Zwerg eine junge, hohe Stimme hat. Zudem weist das Spiel eine wilde Mischung aus britischen und amerikanischen Akzenten auf, die schlicht verwirrend ist. Eine junge Adelige in einem Hintergrundquest klingt wie ein klischeehaftes kalifornisches Valley Girl, was zu einem Highschool-Film passt, aber nicht zu einer Fantasywelt. Sollte es ein Update mit deutscher Sprachausgabe geben, ist nur zu hoffen, dass eine bessere Synchronregie geführt wird.

Die technische Performance ist auch auf mittleren PCs recht gut. Wie erwähnt könnten alte Grafikkarten das Spiel verlangsamen, hier kann man aber wie üblich bei Bedarf die Videoeinstellungen modifizieren und etwa Schatten oder Reflexionen ausschalten.

Was bringt die Zukunft?

Die Zauber*in (Sorcerer), die versprochene 7. Klasse, die zum Release als DLC verfügbar gemacht werden sollte, ist noch nicht erhältlich. Warum die Wahl gerade auf eine weitere arkane Zauberklasse ohne Rüstung und mit W6 Trefferpunkten fiel, ist unklar, viele Fans hätten lieber Bard*innen oder Hexenmeister*innen (Warlocks) gesehen. So oder so ist wohl noch etwas Geduld gefragt. Weitere Klassen und Völker stehen erst einmal nicht zur Debatte. Dabei gibt es in der Welt Solasta durchaus andere intelligente Wesen, die noch nicht spielbar sind, wie etwa Orks.

Große Nachfrage im Spielforum gab es auch nach einem Multiplayer-Modus. Gerade für den Dungeon Maker wäre dies eine tolle Option, um für eine ganze Gruppe von Freund*innen eigene Karten zu bauen. Hier hält sich das Designteam bedeckt – es sei ein enormer Aufwand, einen Mehrspielermodus zu bauen und auszubalancieren, so die Entwickler*innen. Spannend fänden sie die Idee allemal, doch hier zeigen sich wieder die Grenzen eines kleinen Indie-Teams.

Vermutlich wird sich Tactical Adventures in den kommenden Monaten auf Bugfixes und die neue Klasse fokussieren. Aber das Potential für neue Quests, neue Gegenden, einen größeren Dungeon Maker ist da. Auch Solasta 2 wäre angesichts der überwiegend guten Kritiken und der großen D&D-Fanbase denkbar.

Die harten Fakten:

  • Entwicklerstudio: Tactical Adventures
  • Publisher: Tactical Adventures
  • Plattform: PC
  • Sprache: Englisch (Audio, Interface, Untertitel), Französisch, Deutsch, Chinesisch (Interface, Untertitel)
  • Mindestanforderungen: Betriebssystem: Windows 7, Prozessor: AMD FX 4300 / Intel Core i5-3570K, RAM: 8 GB, Grafikkarte: Radeon R9 285 / GeForce GTX 950, Direct X 11, Festplattenspeicher: 30 GB
  • Genre: Rollenspiel, Strategie
  • Releasedatum: 27.05.2021
  • Spielstunden: 40 Stunden
  • Spieler*innen-Anzahl: 1
  • Altersfreigabe:
  • Preis: 39,99 EUR
  • Bezugsquelle: Steam, GOG

Fazit

Solasta: Crown of the Magister ist ein solides Erstlingswerk mit einigen Längen in der Story, das aber dennoch großen Spielspaß bietet. Anders als die namhaften Kolleg*innen von Larian Studios, die eine begehrte Lizenz von Wizards of the Coast für ihr Forgotten Realms-Setting bekamen, musste das Team von Mathieu Girard mangels Reputation und Geld erst einmal auf das lizenzfreie Systems Reference Document ausweichen und viel Homebrew-Content kreieren.

Aber den direkten Vergleich mit anderen D&D-Videospielen muss Solasta nicht scheuen. Immerhin verkörpern die 2021 erscheinenden Titel unterschiedliche Aspekte des Pen & Paper-Klassikers. Wer eine originelle, vielschichtige Story mit interessanten Charakteren in einer der beliebtesten D&D-Welten mag, spielt Baldur’s Gate 3. Wer taktisch anspruchsvolle Kämpfe und viel Anpassbarkeit sucht, findet mit Solasta eine treue Umsetzung der Tabletop-Regeln. Und wer einfach nur draufhauen will, spielt Dark Alliance 3. Insofern können D&D-Fans froh sein, dass mittlerweile eine solche Bandbreite im digitalen Bereich angeboten wird.

  • Hoher taktischer Anspruch, spannende Kämpfe
  • Abwechslungsreiche Schwierigkeitsgrade
  • Karteneditor für eigene Dungeons
 

  • Dünnes Lore, eindimensionale NSC
  • Sehr lineares Gameplay, Entscheidungen haben selten Konsequenzen für den weiteren Verlauf
  • Unansehnliche Charaktere

 

Artikelbilder: © Tactical Adventures
Screenshots: Johannes Weyrauch
Lektorat, Layout und Satz: Nina Horbelt

Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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