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Cthulhu wurde aus der nördlichen Hemisphäre vertrieben, nun ruht er in Australien. Die Spieler müssen am anderen Ende der Welt Schienen bauen und Große Alte bekämpfen, bis er erwacht. Dann heißt es: gemeinsam kämpfen, um die Welt vor der Vernichtung zu retten.

Der thematische Vorgänger basiert auf der gleichnamigen Kurzgeschichte A Study in Emerald von Neil Gaiman. In seiner Version des späten 19. Jahrhunderts regieren die Großen Alten bereits die Welt. Im bekannten H. P. Lovecraft-Hintergrund ist niemand Geringeres als Arthur Conan Doyles Sherlock Holmes einer der Protagonisten.

Hier in der vergriffenen ersten Edition, die zweite Edition wurde (leider) stark vereinfacht.

Neben ihm schließen sich die Spieler im Vorgängerspiel zufällig einem von zwei Geheimbünden an. Entweder den Loyalisten, die den Status quo erhalten wollen, oder den Restorationisten, die die alte Weltordnung wiederherstellen und die Großen Alten vernichten wollen.

AuZtralia geht davon aus, dass die Restorationisten diesen Krieg gewonnen haben, die Großen Alten jedoch nicht vernichtet, sondern lediglich nach Australien vertrieben wurden. Dort drohen sie nun in den 30er-Jahren des folgenden Jahrhunderts bei der Erschließung des Kontinents wieder zu erwachen. Dies werden die Spieler gemeinsam versuchen zu verhindern.

Spielablauf

Gemeinsam ist dabei nicht ganz korrekt: In AuZtralia wird semi-kooperativ gespielt. Gewonnen hat mal wieder – Überraschung – der Spieler mit den meisten Punkten nach der Endwertung. Ungewöhnlicher ist, dass alle Spieler verlieren, wenn sie nicht genug zusammenarbeiten und die Großen Alten die meisten Punkte erhalten.

Überblick über das Spielbrett
Überblick über das Spielbrett

Gespielt wird auf einer Karte Ost-Australiens mit Sechseckraster. Die Spieler starten mit einem Hafen in den Küstenfeldern der Karte und dringen von dort durch die Hügel ins Outback vor. In seinem Zug kann ein Spieler aus acht Aktionen wählen, die unterschiedlich viel Zeit und Ressourcen verbrauchen.

Dabei wird nicht wie gewohnt reihum im Uhrzeigersinn gespielt, sondern es kommt immer der Spieler zum Zug, der bislang am wenigsten Zeit verbraucht hat.

Über die verstrichene Zeit, die am Spielbrettrand für alle Spieler abgetragen wird, kommt auch das Spielende näher. Bevor das Spiel endet, wenn alle Spieler mindestens 53 Zeiteinheiten (ZE) verbraucht haben, kommen nach 22 Zeiteinheiten die Großen Alten ins Spiel und nehmen ab dann aktiv am Spielgeschehen teil.

Die Zeitleiste – Sie läuft ähnlich einer vielverwendeten Siegpunkteleiste außen um das Spielbrett.
Die Zeitleiste – Sie läuft ähnlich einer vielverwendeten Siegpunkteleiste außen um das Spielbrett.

Um in einem Zug eine Aktion zu wählen, setzt ein Spieler einen seiner 20 Aktionssteine auf eine der acht wählbaren Aktionen. Eine Aktion ein weiteres Mal zu nutzen, kostet für jeden bereits auf der Aktion liegenden Stein ein zusätzliches Gold.

Gold ist eine von vier Ressourcen im Spiel, das zum Kaufen von Helfern, Militäreinheiten und Aktionen benötigt wird. Kohle und Eisen werden hauptsächlich zum Bauen verwendet. Phosphat ist am Ende je drei Siegpunkte wert.

Die Aktionen

Auf dem Spielerbrett werden die Aktionen ausgewählt, sowie Aktionssteine, Ressourcen und Militäreinheiten gelagert
Auf dem Spielerbrett werden die Aktionen ausgewählt, sowie Aktionssteine, Ressourcen und Militäreinheiten gelagert
  1. Schienen bauen (2/3 ZE)

Ausgehend vom eigenen Hafen wird ein Schienennetz ins Inland gebaut. Für ein Kohle und ein Eisen können zwei Schienen gebaut werden. Eine Schiene verbindet immer zwei benachbarte Sechseckfelder. Wird Hügelland bebaut, kostet die Aktion drei statt zwei ZE.

  1. Ressourcen abbauen (1 ZE)

Alle Ressourcen eines Typs können von einem per Schienennetz angeschlossenen Feld genommen werden. Beim Phosphatabbau wird auch ein Gold genommen.

  1. Hilfe rekrutieren (1 ZE)
Die Helferkarten
Die Helferkarten

Aus den fünf ausliegenden Helfern kann einer ausgewählt werden. Helfer haben jeweils einen individuellen Kartentext, der entweder einmalig (pro Kampf), dauerhaft oder für die Endwertung eingesetzt werden kann.

  1. Militäreinheiten kaufen (1 ZE)

Pro Aktion kann eine Militäreinheit gekauft und in den eigenen Baracken platziert werden (zwei bei Infanterie). AuZtralia kennt die fünf Truppentypen Infanterie, Gepanzerte Fahrzeuge, Zug, Artillerie und Luftschiff. Alle Einheiten haben unterschiedliche Kosten, Reichweite, Trefferpunkte und Stärke gegen die sechs Gegnertypen Tempel, Loyalist, Zombie, Mi-go, Schogote und Cthulhu.

  1. Handel (1 ZE)

Es stehen zwei Handelsaktionen zur Verfügung, mit denen jeweils entweder Kohle oder Eisen genommen oder eine der beiden Ressourcen für ein Gold verkauft werden kann.

  1. Farmen bauen (1-3 ZE)

Mit dieser Aktion kann maximal je eine der drei Farmtypen (Mais, Schafe, Rinder) auf entsprechend markierten und mit Schienen verbundenen Feldern platziert werden. Die Aktion kostet so viele ZE, wie Farmen gebaut wurden, und bringt für jede ein Gold ein. Am Ende des Spiels sind Farmen zwei Siegpunkte wert, locken allerdings auch Feinde an und können zerstört werden, was den Großen Alten Punkte bringt.

  1. Angreifen (1-3 ZE)

Aus den Einheiten in der eigenen Baracke wird eine Einsatztruppe nach Bedarf geformt und ein Gegner innerhalb der kleinsten Reichweite der Einsatztruppe angegriffen. Auf die Kampfabwicklung wird weiter unten eingegangen.

  1. Aktionssteine zurücknehmen (1 ZE)

Es werden alle Aktionssteine zurück in den Vorrat genommen. Diese Aktion kann auch genutzt werden, wenn alle 20 Steine verbraucht sind, kostet dann jedoch zwei ZE.

Die Großen Alten

Wenn alle Spieler Feld 22 der Zeitleiste passiert haben, erwachen die Großen Alten und es ist vorbei mit gemütlicher Expansion in Australien. Immer, wenn die lila Scheibe der Großen Alten ab jetzt auf der Zeitleiste hinten liegt, werden sie aktiv. Die Scheibe wird ein Feld vorgesetzt und auf jeder ungeraden Zahl der Leiste wird eine Enthüllungskarte ausgeführt, die unterschiedliche Spieleffekte haben kann, meist jedoch leider neue Gegner in Australien auftauchen lässt.

Enthüllungskarten bringen manchmal auch positive Nebeneffekte für die Spieler.
Enthüllungskarten bringen manchmal auch positive Nebeneffekte für die Spieler.

Sollten dann noch aufgedeckte Gegner ausliegen, bewegen sich diese bis zu zweimal. Hierfür wird eine Große-Alten-Karte gezogen.

Alle auf der Karte mit einem Kreis markierten Gegner bewegen sich auf der kürzesten Route zum nächsten Gebäude – Farm oder Hafen.

Thematisch passend sind Zombies weniger häufig als schnelle Mi-gos unter den Bewegungsaktivierungen zu finden.

Große-Alten-Karten – Diese Karten werden für alle Bewegungen oder Kämpfe mit Großen Alten genutzt.
Große-Alten-Karten – Diese Karten werden für alle Bewegungen oder Kämpfe mit Großen Alten genutzt.

Wird eine Farm erreicht, ist diese zerstört. In einem Hafen wird ein Kampf begonnen. Ist die lila Scheibe nach der Bewegung noch immer hinten auf der Zeitleiste, werden die Großen Alten erneut aktiv.

Kampf

Wählt ein Spieler die Aktion „Angreifen“, oder zieht ein Gegner in den Hafen eines Spielers, findet ein Kampf statt. Der Kampf gegen die Großen Alten ist nicht gut für die geistige Gesundheit: Der Spieler bekommt zu Beginn eines Kampfes drei Sanity-Marker. Sollte er diese verlieren und einen weiteren abgeben müssen, ist der Kampf verloren. In jeder Kampfrunde wird eine Große-Alten-Karte gezogen und über die Zeile aller beteiligten Gegner das Kampfresultat bestimmt.

Auf dem Spielbrett sind die stärksten Gegner zur Orientierung aufgedruckt – Cthulhu ist natürlich auch dabei.
Auf dem Spielbrett sind die stärksten Gegner zur Orientierung aufgedruckt – Cthulhu ist natürlich auch dabei.

Zur Rechten des Gegnertyps ist der Schaden aufgelistet, die der Spieler seinen Einheiten oder der geistigen Gesundheit zuweisen muss. Zur Linken sind die Einheiten aufgelistet, die er in seiner Einsatztruppe (siehe oben unter Angreifen) haben muss, um dem Gegner Schaden zuzufügen.

Siegpunktmarker, Sanity Marker und Spielmaterial für die Großen Alten
Siegpunktmarker, Sanity Marker und Spielmaterial für die Großen Alten

Nach dem Abhandeln der Karte kann der Spieler entscheiden, sich zurückzuziehen (außer er verteidigt seinen Hafen). Ansonsten wird weiter gekämpft, bis der Schaden auf dem Gegner seinem Verteidigungswert entspricht oder der Spieler dadurch eliminiert ist, dass seine Sanity-Marker oder seine Truppen ausgegangen sind.

Sobald der Gegner besiegt ist, wird er entfernt. Hat nur ein Spieler ihm Schaden zugefügt, bekommt er das Gegnerplättchen und dadurch die aufgedruckten Punkte für die Endwertung.

Haben weitere Spieler ihm Schaden zugefügt, werden die Punkte möglichst gleichmäßig mit Siegpunktmarkern verteilt. Überzählige Punkte gehen an den Spieler, der den meisten Schaden gemacht hat.

Wer gewinnt?

Vorbei ist das Spiel, sobald entweder alle Spieler (inkl. der Großen Alten) 53 Zeiteinheiten verbraucht haben oder ein Hafen der Spieler zerstört wurde.

Zu den erspielten Siegpunktmarkern zählt jeder Spieler zwei Punkte pro intakter Farm, drei je Phosphat, Boni von Helfern und Punkte von besiegten Gegnern hinzu.

Noch ausliegende Gegner bringen den Großen Alten Punkte, nicht aufgedeckte Gegner werden sogar doppelt gezählt. Hinzu kommt noch ein Punkt je zerstörte Farm.

Gewonnen hat der Spieler mit den meisten Punkten – oder eben die Großen Alten, womit alle Spieler verloren haben.

Ausstattung

Hochwertig produziert ist AuZtralia durch und durch, das Artwork von James Colmer ist stimmig, das Material haptisch und optisch schön. Im Zuge der „Vorbesteller“-Kickstarter-Kampagne Anfang 2018 wurden unter anderem die Ressourcen von Pappe auf realistische Marker aus Holz und Kunststoff aufgewertet. Die in dem Projekt dazugegebene Cthulhu-Metallfigur ist in der normalen Edition nicht enthalten – sie ist aber auch ohne Spieleffekt.

Sowohl die hochwertigen Karten als auch die gut gestalteten Spielerboards verdienen Lob. Das umfangreiche Material hat aber seinen Preis: 60 EUR ist nicht wenig für dieses Spiel. Lokalisiert erschienen ist AuZtralien in Deutschland beim Schwerkraft-Verlag.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Stronghold Games
  • Autor(en): Martin Wallace
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Spieldauer: 60 – 150 Minuten
  • Spieleranzahl: 1 2 3 4
  • Preis: 60 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon (deutsch), Amazon (englisch)

Varianten

Einige Seiten der Regeln bieten noch Möglichkeiten, den Schwierigkeitsgrad von AuZtralia den eigenen Bedürfnissen anzupassen sowie Varianten zu testen. Das Spielbrett ist beidseitig bedruckt, auf der Rückseite findet sich West-Australien, das sich in der Topografie sehr vom Osten unterscheidet. Da diese Karte deutlich ressourcenärmer ist und sich um Siegpunktfelder nördlich des Outback gestritten wird, sollte sie erst nach einigen Partien verwendet werden.

Friedlicher ist die Variante, das Spiel vollkooperativ zu spielen. Hierfür werden nur einige wenige Regeln angepasst. So kann das Schienennetz zum Beispiel gemeinsam genutzt werden, dafür steht aber insgesamt auch weniger Zeit zur Verfügung.

Schwieriger kann Auztralia gestaltet werden, indem die Gegnerplättchen ohne Effekt oder die besseren Aufbauplättchen mit rotem Clip entfernt werden. Darüber hinaus können Tempel noch verstärkt werden, indem sie bei Entdeckung direkt drei Zombies oder Mi-gos beschwören.

Solo kann das Spiel auch gespielt werden, was wir allerdings nicht getestet haben.

Für das Spiel zu zweit sind Variantenkarten enthalten, von denen eine oder zwei pro Spiel genutzt werden können.

Fazit

Oft sind die Bedenken bei der Kategorie semi-kooperatives Spiel schon im Vorfeld groß. Das Problem, dass hinten liegende Spieler die Kooperation einstellen und eher für die Niederlage der Gruppe spielen, umschifft Auztralia gut, da auch ein zerstörter Hafen lediglich zu einer vorgezogenen Endwertung, nicht aber direkt zur Niederlage führt.

Ebenso gut gefallen hat uns die Zeitleiste, die es in bestimmten Konstellationen ermöglicht, dass Spieler auch mehrere Züge nacheinander machen dürfen. Die Regeln sind verständlich geschrieben und die Komplexität des Spiels überschaubar.

Es gibt verschiedene Strategien zu verfolgen, ob jemand nun über Farmen oder doch eher über Kämpfe Punkte machen will. Der Zeitpunkt, zu dem Kämpfe ausgetragen werden, ist wichtig, da Gegner und damit wertvolle Punkte schnell weggeschnappt werden, wenn zu lange aufgerüstet wird. Leider wirkt das Kampfsystem sehr zufällig, was es aber spannend hält.

Empfehlen würden wir das Spiel vor allem zu dritt, da es zu viert deutlich länger und zudem enger auf der Karte wird. Unser Eindruck war, dass schnell zu den gesteigerten Schwierigkeiten gegriffen werden kann, da es sonst auch zu Runden mit wenig Gegnern kommen kann, was deutlich weniger spannend ist. Zu zweit bietet es durch einige zusätzliche Varianten Abwechslung.

In Summe ist AuZtralia ein solides Spiel, das gerade Cthulhu-Fans sicher gefallen wird. Um den hohen Preis von 60 EUR zu rechtfertigen, ist es uns aber zu wenig ausgefallen. Gerade im Bereich der Aktionsselektionsspiele ist die Konkurrenz an starken Titeln hoch, daher geben wir:

Mit Tendenz nach Oben

Artikelbild: Stronghold Games
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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