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Welche Charaktere haben mehr Einfluss im Vampire Live: Die besonders alten oder die häufig gespielten? Tatsächlich sagt das Alter wenig über den Einfluss aus. Denn wer häufig spielt, hat mehr echte Beziehungen im Spiel. Aber hat man dann überhaupt eine Chance, wenn man nicht jedes Spiel mitmachen kann?

In der Welt der Dunkelheit ist eines ziemlich sicher, wenn es um Vampire geht: Je älter sie werden, desto einflussreicher werden sie in der Regel. Das ist logisch, denn wer Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte hatte, um Beziehungen aufzubauen und Geschäfte zu machen, kann mehr bewegen als jemand, der erst seit wenigen Jahren ein Vampir ist.

Einfluss im Vampire-Live wird am besten erspielt und steht nicht nur auf dem Charakterbogen. Depositphots |
Einfluss im Vampire-Live wird am besten erspielt und steht nicht nur auf dem Charakterbogen. Depositphots | Devon

Im Vampire Live kann dies allerdings durchaus anders aussehen. Denn die wirkungsvollsten Beziehungen, um im Spiel etwas zu bewegen oder zu verändern, stehen nicht bloß im Hintergrund auf dem Charakterbogen. Stattdessen entstehen sie im Spiel und sind mit Erinnerungen an wirklich ausgespielte Szenen unterfüttert. Und hier liegen Stärke und Schwäche des Spiels: Wer viel spielt, kann mehr und tiefere Beziehungen aufbauen als jemand, der selten spielt. So kann am Ende ein sehr junger Charakter einflussreicher werden als deutlich ältere Vampire.

Was den Darstellern junger Charaktere entgegenkommt, kann frustrierend für Darsteller sein, die aus verschiedenen Gründen nicht so häufig spielen können. Also sollte man das Spiel gleich bleiben lassen, wenn man nicht so häufig Zeit hat? Nein, absolut nicht. Spaß haben kann jeder im Spiel – wenn er seine Nische findet.

Das Problem mit der Zeit

Egal, wie sehr wir das Hobby LARP lieben: Irgendwann ist unsere Freizeit ausgereizt und wir können nicht so häufig spielen, wie wir wollen. Selbst, wenn keine Familie Ansprüche an unsere Wochenenden stellt und wir genug finanziellen Spielraum für unsere Hobbies zur Verfügung haben, fehlt uns früher oder später die Kraft neben Studium oder Beruf jedes Wochenende mit LARP zu verbringen.

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Teil einer Chronik oder Spielgruppe zu sein, die ein kontinuierliches Spiel über Monate und Jahre hinweg anbietet, kann kräftezehrend sein. Vieles entwickelt sich über längere Zeiträume hinweg und jeder Teilnehmer ist gefragt sich selbst dauerhaft aktiv einzubringen. Du ahnst es: Das kann, abhängig von deinen Zielen im Spiel, einen großen Zeitaufwand mit sich bringen. Wer sich diesen Aufwand nicht geben kann oder will, wird mitunter mit einem kontinuierlichen Spiel nicht wirklich glücklich werden. Ein endgültiges Ausschlusskriterium ist dies aber nicht, abhängig von der eigenen Zielsetzung kannst du in einem solchen Spiel auch Spaß haben, wenn du nur selten spielst.

Einmalige Events vs. kontinuierliche Plots

Man kann im LARP zwischen zwei verschiedenen Arten von Veranstaltungen unterscheiden: Das eine sind einmalige Events, die an einem Wochenende oder in einer Nacht eine in sich geschlossene Geschichte erzählen. Sie sind atmosphärisch sehr dicht und jeder Teilnehmer hat gleichviel Zeit zur Verfügung, um Einfluss auf die Geschehnisse zu nehmen.

Dem gegenüber stehen kontinuierlich laufende Geschichten, die sich über Monate und Jahre hinwegziehen und aus einer großen Anzahl einzelner Spiele bestehen. Sie sind zeitlich entzerrt, wodurch einerseits Durststrecken auftreten können, was die Dramatik angeht, dafür aber deutlich mehr Zeit bleibt, alles auszukosten und zu erleben. Genau das ist der Vorteil: Du hast sehr viel mehr Zeit, um die Spielwelt zu erfahren und eigene Ideen umzusetzen. Allerdings macht sich hier der Zeitfaktor bemerkbar: Wer häufig spielt bekommt mehr mit und stößt meistens mehr an als jemand, der nur selten dabei ist.

Die Herausforderung des kontinuierlichen Spiels

Manchmal begegnest du einer etwas frustrierten Spielleitung einer Vampire-Live-Gruppe, die über den Nachwuchsmangel klagt. Je nach Maß der Frustration wird die Ursache bei „Spielern von heute“ gesucht (und gefunden): Heutzutage wollen sie doch nur noch konsumieren und per Druckbetankung möglichst viel große Emotionen erleben, schön komprimiert an einem Wochenende, ohne sich langfristig mit ihrem Charakter anstrengen zu wollen. Sie haben schlicht nicht das Durchhaltevermögen, sich über längere Zeit hinweg etwas zu erarbeiten. Früher, ja früher, da waren LARPer noch bereit, auch mal über ein paar Monate hinweg Mühe zu investieren, um großartige Spielmomente zu erzeugen. Aber heute… Du kannst dir sicher vorstellen, wie diese Tiraden klingen.

Das richtige Maß an Zeitaufwand zu fidnen kann eine Herausforderung sein. Depositphotos |
Das richtige Maß an Zeitaufwand zu finden, kann eine Herausforderung sein. Depositphotos | chaiyapruek

In meinen Augen liegt der Fokus hier auf der falschen Zielgruppe. Es gibt Spieler, die auf einmaligen Events aufgehen und es genießen, sich für wenige Tage ins Abenteuer zu stürzen. Wenn die Geschichte dann erzählt ist, legen sie den Charakter zu den Akten, kehren zurück in ihren Alltag und freuen sich auf die nächste Con. Diese Spieler haben in der Regel schlichtweg keinen Spaß an dem langfristigen Spiel, das sie in Spielgruppen und Chroniken finden.

Ebenso gibt es aber Spieler, die ihren Charakter wesentlich länger spielen und richtig ausreizen wollen. Sie setzen sich hohe Ziele, die nur mit viel Arbeit zu erreichen sind, und wollen so viel erleben und tun, dass es schlichtweg nicht in ein Wochenende passt.

Statt sich darüber zu ärgern, dass es Fans der einmaligen Events gibt, kommst du als Spielleitung wesentlich weiter und bleibst entspannter, wenn du gezielt nach Spielern suchst, die Freude an langfristigen Geschichten haben. Denn nur solche Spieler werden in deiner Gruppe glücklich sein.

Und als Spieler solltest du in dich hineinhorchen, auf welche Art Spiel zu eigentlich Lust hast. Sonst wirst du nur mühsam eine Gruppe oder die Cons finden, die dir das bieten, was du suchst.

Wie oft ist oft?

„Regelmäßig spielen“ ist ein Begriff, der erst einmal wenig über die tatsächliche Anzahl von Spielen aussagt, die ein Spieler besucht. Es kommt hier eher darauf an, wie viele Spiele generell stattfinden: In einer Gruppe, die sich einmal im Quartal trifft, sind drei Spiele pro Jahr, die du schaffst, viel. Trifft die Gruppe sich einmal im Monat, sind drei Spiele eher wenig.

Dazu kommt, dass nicht jedes Spiel dir gleich viel bieten kann. Es gibt Treffen, auf denen mehr geschieht, meist weil mehr Personen teilnehmen oder ein Plot weitergeführt wird. Andere Treffen sind kleiner und es fehlen deine primären Spielpartner. Abhängig davon, was du im Spiel erleben möchtest, gibt es also auch die „richtigen“ Spiele für dich und solche, die du getrost ausfallen lassen kannst, wenn du mit deiner Freizeit haushalten musst.

Kontinuierliches Spiel: Wer viel spielt, gewinnt?

„Gewinnen“ ist ein dehnbarer Begriff und das Ziel im Vampire Live ist nicht, das Spiel zu gewinnen. Das ist schlichtweg nicht möglich. Man kann die Ziele des Charakters erreichen, aber das hat immer einen Preis, der selten angenehm ist. Einen Sieg auf ganzer Linie gibt es also nicht. „Gewinnen“ ist in diesem Kontext also eher als „alle Ziele des Charakters erreichen“ zu verstehen.

Wie eingangs bereits aufgeführt, lebt das fortlaufende Spiel von Vampire-Live-Gruppen und Chroniken von den im Spiel entstandenen Beziehungen. Über Monate und Jahre hinweg können sich Feindschaften, Liebschaften und Bündnisse bilden, die immer tiefgründiger werden, da immer mehr gemeinsame Erlebnisse hinzukommen.

Dies ist ein großer Vorteil für alle, die regelmäßig die Spiele ihrer Gruppe oder Chronik besuchen. Denn unabhängig vom Alter ihres Charakters können sie sich mit anderen Charakteren austauschen und so versuchen, die vampirische Gesellschaft in ihrem Sinne zu beeinflussen. Junge Charaktere, die sich viel in der vampirischen Gesellschaft bewegen und Beziehungen pflegen, können sich so einflussreiche Positionen aufbauen: Sie kriegen mehr mit, haben Kontakte zu einer Vielzahl verschiedener Personen und kennen den richtigen Ansprechpartner für krumme Deals, die man abschließen will. Spielen sie ihre Karten richtig aus, werden sie bald unverzichtbar für ältere Charaktere, die nicht so häufig gespielt werden.

Wer öfter spielt kann Besser Verbindungen und Beziehungen schaffen. Depositphotos |
Wer öfter spielt kann besser Verbindungen und Beziehungen schaffen. Depositphotos | alphaspirit

Wer selten da ist, wird seltener eingebunden

Ein weiterer Vorteil davon, häufig(er) zu spielen: Du wirst fast automatisch mehr eingebunden. Wenn andere Charaktere wissen, dass du häufiger dabei bist, werden sie dich eher in ihre Pläne einbinden und sich mit dir austauschen, als wenn du nur selten erscheinst.

Auch Charaktere, die sich weniger mit Politik beschäftigen, werden im Spiel eher Verbindungen mit Personen eingehen, die häufiger da sind. Auch das ist logisch: Wer emotionales Spiel sucht und sich persönlich ausprobieren will, sucht andere Charaktere, mit denen er das erleben kann. Charaktere, die häufig anwesend sind, werden auch dafür eher angespielt als solche, die seltener erscheinen.

Das heißt nicht, dass du dazu verdammt bist einsam in der Ecke zu sitzen, wenn du es nur selten zu den Spielen deiner Gruppe schaffst. Aber du erleichterst die Einbindung ins Spiel, wenn du nicht allzu häufig fehlst.

Wer viel spielt, gewinnt nicht automatisch

Viel spielen alleine ist natürlich kein Garant dafür, im Spiel alles zu erreichen, was man sich erhofft. Zum einen wirst du immer andere Charaktere haben, die dir im Weg stehen oder dich aktiv angehen, da ihnen deine Pläne nicht gefallen. Zum anderen kommt es auch darauf an, was du während der Spiele tust. Wer jedes Treffen seiner Spielgruppe besucht, aber nur schweigend in der Ecke sitzt, wird weniger Einfluss auf das Spielgeschehen nehmen oder intensive Spielmomente haben als jemand, der nur jedes dritte Treffen besucht, aber sich aktiv einbringt und Beziehungen knüpft.

Wie häufig musst du denn jetzt spielen?

Kurz gesagt: So häufig, wie du kannst und willst.

Es gibt keine fixe Zahl von Spielen, die man mitmachen muss. Zumindest sollte es sie nicht geben. Denn die Häufigkeit, mit der ein Darsteller Spiele besucht, sagt nichts über den Spaß aus, den er dabei hat und den andere durch ihn haben. Du kannst so häufig oder so selten spielen, wie du willst. Denn solange du keine Schlüsselfigur in einem Plot spielst oder andere Spieler von deiner Anwesenheit abhängig sind, betrifft die Anzahl der besuchten Spiele insbesondere nur dich selbst.

Was willst du und was kannst du?

Du merkst es schon: Die Beispiele oben sind sehr politiklastig. Politik ist aber längst nicht die einzige Ebene im Vampire Live, die du bespielen kannst. Und selbst in der Politik kannst du verschiedene Aspekte herauspicken, die ganz unterschiedliche Ansätze verfolgen: Die lokale Politik in deiner Heimatdomäne stellt dich zum Beispiel vor ganz andere Herausforderungen als die überregionale Politik verschiedener Domänen in einem Chronikverbund.

Der Spielspaß hängt oft mit der Zielsetzung des Charakterkonzeptes zusammen. Depositphots |
Der Spielspaß hängt oft mit der Zielsetzung des Charakterkonzeptes zusammen. Depositphots | Fotofabrika

Damit du Spaß am Spiel haben kannst ist es wichtig, dass du für dich in Einklang bringst, was du erreichen willst und wie viel Zeit und Energie du investieren kannst und willst. Wenn diese beiden Punkte nicht zusammenpassen, wirst du am Ende frustriert sein. Ein Beispiel: Wenn du in der Heimatdomäne deines Charakters ein politisches Amt anstrebst, aber nur jedes dritte oder vierte Spiel wahrnehmen kannst, wirst du dich schwerlich gegen Charaktere durchsetzen, die häufiger dabei sind. Das heißt nicht, dass du auch gleich alle Versuche unterlassen kannst, in der vampirischen Politik mitzumischen. Aber versuche, deine Ziele mit dem abzugleichen, was du tatsächlich umsetzen kannst.

Es gibt noch so viel neben der Politik

Sehr viele Charaktere sind nicht oder nur kaum politisch interessiert. Das macht Vampire Live so vielseitig und facettenreich: Du kannst dich sehr frei ausprobieren und auf ganz unterschiedliche Aspekte des Spiels stürzen. Du suchst den emotionalen Kick und großes Drama? Oder du bist auf Konfrontationen aus, egal ob sie physisch oder verbal sind? Oder möchtest du dich lieber intellektuell mit anderen Charakteren messen?

Die meisten Möglichkeiten des Spiels kannst du unabhängig davon auskosten, wie häufig zu spielst. Es ist natürlich leichter eingebunden zu werden und in den Charakter zu finden, wenn du nicht allzu häufig fehlst. Intensive Beziehungen aufzubauen ist nicht unmöglich, aber schwieriger, wenn man sich nur selten begegnet.

Fazit: Wer selten spielt, verpasst viel Spaß

Nicht jeder hat gleich viel Zeit zur Verfügung, um dem Hobby Vampire Live nachzugehen. Abhalten sollte das aber niemanden, der grundlegend Spaß an diesem Rollenspiel hat: Wer nur wenige Spiele besucht, wird sich in der vampirischen Politik zwar schwerer tun als jemand, der sehr aktiv dabei ist. Denn es sind die Beziehungen zwischen den Charakteren, mit denen du Einfluss auf etwas nehmen kannst. Wer häufiger spielt, kann mehr und tiefere Beziehungen aufbauen.

Aber wenn du deine eigenen Ansprüche an das anpasst, was du leisten kannst, steht deinem Spielspaß nichts im Wege.

 

Artikelbild: Depositphotos | Kuzmafoto, Bearbeitet von Verena Bach

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