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Die Begeisterung für Pen&Paper-Cons hat seit den 90ern abgenommen. In ganz Deutschland dünnt sich die Convention-Landschaft stetig aus. In ganz Deutschland? Nein. Die kleine Stadt Syke beherbergte inzwischen zum 27. Mal die Namenlosen Tage, und das mit steigenden Besucherzahlen. Zeit, einen Selbstversuch zu wagen und dieses Treffen einmal zu besuchen.

Die Stadt Syke liegt in Niedersachsen, knapp 20 km südlich von Bremen. Zugegeben, als ich zum ersten Mal von den Namenlosen Tagen erfuhr, dachte ich an ein beschauliches kleines Treffen im örtlichen Pfarrsaal. Ein größeres Treffen hätte ich eher in Bremen erwartet.

Dem entspricht dann auch tatsächlich der erste Eindruck vor Ort: Ein gemütlicher Saal in einem mittelgroßen Kulturzentrum, mit neun Spieltischen ausgestattet. Nur gibt es hier deutlich mehr als ein paar Dutzend Spieler. Und einen kompletten Kindergarten als zusätzliche Spielfläche. Mit dieser Größe hätte ich nicht gerechnet, aber so lasse ich mich gerne überraschen.

Die Rahmenbedingungen

Die Organisatoren der Namenlosen Tage haben für ihr Treffen hervorragende Rahmenbedingungen geschaffen. Das Jugend- und Kulturzentrum selbst bietet einen mittelgroßen Saal mit mehreren Zugängen und ein kleines Café sowie eine Außenterrasse. Der größere Teil der Spielrunden findet allerdings in der direkt angrenzenden Kindertagesstätte statt, deren Gruppenräume selbst größere Tabletop-Tische problemlos aufnehmen können. Insgesamt kommen die Namenlosen Tage so auf knapp 50 Tische für Spielrunden aller Art.

Ebenfalls direkt angrenzend befindet sich ein ausreichend großer Parkplatz, der gebührenfrei genutzt werden kann. Hinter dem Parkplatz befindet sich eine weitere Kindertagesstätte, welche genutzt wird, um den Besuchern eine Schlafmöglichkeit zu bieten. Wer mehr Privatsphäre bevorzugt, kann auch auf dem Gelände zelten. Abgerundet wird dieses Paket durch die Möglichkeit, vor Ort zu duschen.

Für Bahnfahrer sei erwähnt, dass sich das Jugend- und Kulturzentrum Syke zu Fuß ca. 30 Minuten vom Bahnhof Syke entfernt befindet. Am Freitag und am Sonntag bieten die Organisatoren jeweils für mehrere Stunden einen Shuttle-Service zum Bahnhof an.

Verpflegung und Komfort

Nachmittags wurde gegrillt - auf Wunsch auch vegan - NT-Orga
Nachmittags wurde gegrillt – auf Wunsch auch vegan – NT-Orga

Im kleinen Café werden Getränke und Snacks für zwischendurch angeboten, sowie zu festgelegten Zeiten auch einfache Pizzen. Die Preise für Getränke sind nicht überzogen.

Dazu gibt es feste Essenszeiten, die auch im Programm vermerkt sind: Morgens gibt es belegte Brötchen, nachmittags wird gegrillt und nachts gibt es Chili. Löblich: Bei den warmen Mahlzeiten werden jeweils auch vegane Versionen angeboten.

Apropos Getränke: Kaffee, Tee und fair gehandelte Trinkschokolade werden zu 50 Cent je Tasse angeboten, letztere leider nur tagsüber. Es gibt auch die Möglichkeit, für 10 Euro direkt eine Flatrate-Tasse zu erwerben – oder diese am Con-Ende gegen Erstattung von 5 Euro wieder zurückzugeben.

Die Eckdaten

  • Zweimal im Jahr
  • Jugend- und Kulturzentrum Am Lindhof, Syke, Niedersachsen
  • 48 Stunden nonstop
  • Eintritt für die komplette Laufzeit: 5 Euro (Freitag und Samstag), 1 EUR (ab Sonntag)
  • Kostenloses Parken
  • Bahnhofsshuttle Freitag und Sonntag
  • Kostenlose Übernachtung
  • circa 50 Spieltische
  • Verkaufsstand von Highlander Games Bremen
  • Umfangreiches Rahmenprogramm
  • http://www.namenlosetage.de

Das Rahmenprogramm

Die Namenlosen Tage bieten neben Spielrunden auch ein gut abgerundetes Rahmenprogramm an.

Dieses Mal gab es ein Event-Highlight: eine Lesung von Bernhard Hennen und Robert Corvus. Die Lesungen der beiden sind durch das lockere Format immer wieder unterhaltsam. Diesmal haben sie nicht nur aus dem neusten Phileasson-Band gelesen, sondern auch aus ihrem Werk „Rosentempel“. Darüber hinaus hat jeder von ihnen auch noch das neuste eigene Werk kurz präsentiert. Danach standen die beiden noch für Fragen und Autogramme zur Verfügung.

Eintrittskarten zur Lesung konnten im Vorverkauf erworben werden und garantierten einen der Sitzplätze im Saal. Die Eintrittskarten zur Lesung waren nicht teurer als die normalen Eintrittskarten der Namenlosen Tage und berechtigten ebenfalls zum Besuch des Treffens bis Sonntagabend. Dadurch fanden sich an einigen Spieltischen auch Besucher, die hauptsächlich für die Lesung gekommen waren und jetzt, wo sie schonmal da waren, auch mal dieses „Rollenspiel“ ausprobieren wollten.

Passend zur Lesung hat die lokale Buchhandlung Schüttert einen Büchertisch bereitgestellt, an dem die Werke dann bei Interesse sofort ergattert werden konnten – leider nur am Freitagabend, nach der Lesung wurde der Tisch abgebaut.

Für rollenspielerischen Bedarf gab es einen gut sortierten Verkaufsstand von Highlander Games Bremen, der auf Anfrage auch Wunschartikel mitbrachte. Durch die räumliche Nähe zu Bremen ist dies, wenn man nett fragt, sogar vor Ort für den nächsten Contag möglich.

Zeichnerin Sabine Weiß war ebenfalls wieder auf den Namenlosen Tagen und bot einen Einblick in ihr Wirken sowie direkt vor Ort ausgeführte Zeichnungen an.

Nach der Lesung gab es am Freitagabend ein Prerelease der neuen Reihe Throne of Eldraine für Magic – The Gathering. Hier konnten 16 Teilnehmer gegen ein Zusatz-Entgelt teilnehmen.

Am Samstag gab es ab 22 Uhr ein Keyforge-Turnier, ebenfalls limitiert auf 16 Teilnehmer. Hier konnten sowohl frisch gekaufte als auch mitgebrachte Decks eingesetzt werden.

Es gibt was zu gewinnen

Am Samstagabend gibt es traditionell eine Tombola. Hier werden unter allen Eintrittskarten-Nummern Sachpreise verlost.

Zusätzlich wurde noch eine losbasierte Lotterie angeboten, die ebenfalls mit einer Vielzahl von Preisen (und einer Gewinnchance von 1:15) aufwarten konnte.

Die glücklichen Gewinner der Tombola - NT-Orga
Die glücklichen Gewinner der Tombola – NT-Orga

Wo Licht ist, ist auch Schatten

Bei allem Lob sind mir auch einige wenige Kritikpunkte aufgefallen.

Spielrunden werden durch die üblichen Aushänge beworben, auf denen die Spieler sich eintragen können. Hier werden Tag und Uhrzeit angegeben, aber leider nicht der Tisch. Einen Tisch bekommt man erst zugewiesen, wenn man Spieler auf dem Rundenzettel hat und dann damit zur Kasse geht … und noch ein Tisch frei ist. Das bietet den Spielleitern leider wenig Planungssicherheit, wann die Runde tatsächlich starten kann, und man kann auch nicht schonmal sein mitgebrachtes Material in der Nähe des zukünftigen Tisches parken.

Das System ist verständlich, wenn man das Verhältnis zwischen anwesenden Spielern und verfügbaren Tischen betrachtet. Trotzdem ist es als Spielleiter ziemlich frustrierend, mit der versammelten Spielrunde an der Kasse zu stehen und auf einen freien Tisch zu warten.

Zweiter Kritikpunkt ist die Bestuhlung in der Kindertagesstätte. Ich weiß nicht, ob dies Material der Kita ist, oder ob die Stühle durch die Organisatoren besorgt wurden. Geboten werden einfache Plastik-Gartenstühle, die ungepolstert nicht zu langem Sitzen animieren. Dazu kommt, dass einige dieser Stühle die Namenlosen Tage nicht überstanden haben.

Ein Fazit

Die Orga der Namenlosen Tage
Die Orga der Namenlosen Tage

Trotz kleinerer Mankos: Die Veranstaltung ist einen Besuch wert. Viel Platz und hohe Besucherzahlen sorgen dafür, dass man auch für Nischensysteme Mitspieler findet. Wer gerade keine Lust auf Rollenspiel hat, findet auch eine große Anzahl an Brettspiel- oder Trading-Card-Runden.

Interessant ist das familiäre Flair, welches trotz der Größe noch aufrechterhalten wird. Die Spieltische in der Kindertagesstätte und der mit 9 designierten Spieltischen eher kleine Hauptsaal tragen sicher zu dem Eindruck bei. Doch es sind die meist freundlichen und hilfsbereiten Organisatoren, die den Gästen das Gefühl vermitteln, hier wirklich willkommen zu sein.

Wer also aus der Gegend kommt oder die Anreise nicht scheut, kann auf den Namenlosen Tagen ein gelungenes Hobby-Wochenende verbringen.

 

Artikelbild: NT-Orga, Fotos: NT-Orga und Henning Lechner, Bearbeitet von Verena Bach
Die Eintrittskarte wurde privat finanziert.

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