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Bereits Ende 2019 erschien das neueste Album Lignum von Erdenstern. Als zuverlässiger Lieferant von vielschichtigen Rollenspiel-Klängen wäre ein Jahr ohne Album fast undenkbar. Mit Lignum entführt uns Erdenstern wieder in eine märchenhafte Welt und lädt zu einem Streifzug ein. Diese Einladung haben wir angenommen.

Nach dem düsteren Immortalis zum Dark-Fantasy Rollenspiel Seelenfänger und dem postapokalyptischem Science-Fiction-Album Silicium hat Erdenstern sich wieder phantastischen Pfaden gewidmet. Dabei erinnert Lignum merklich an Into the green, was einen deutlichen mythischen Naturbezug hatte. Freunde klassischer Fantasy-Systeme dürften sich also über ein neues passendes Album freuen.

Der Soundtrack

Wer Erdenstern kennt, weiß, dass sie sich gerne klassischer Elemente bedienen und einen Faible für so manchen großen Komponisten haben. Voller Anerkennung dieser Künstler lassen sie ganz eindeutige Einflüsse in ihren Alben zu. Lignum bildet hier keine Ausnahme. Das ganze Album wird durch Instrumente getragen, welche man aus großen orchestralen Inszenierungen kennt, allen voran Flöten und Geigen. Untermalt wird das ganze durch gelegentlich Choräle, auch ein beliebtes Mittel von Erdenstern, und dezent platzierte Soundeffekte oder eine akustische Gitarre. Musikalisch sind die meisten Stücke aber leider wenig eingängig, das kann man zwar bei Rollenspielmusik als Vorteil werten, aber es fördert nicht unbedingt eine gewünschte Stimmung. Im Vergleich zu anderen Alben fehlt außerdem ein klares Thema. Auch hier kann man den Vorteil natürlich sehen, allerdings werden einige Stücke zu unauffällig.

Dabei stechen einige Titel deutlich und sehr positiv hervor. Carvings, An Ancient Forest, Realm of the Witch und Misty Moors sind merklich düsterer als das restliche Album und scheinen durch verwunschene Wälder zu führen. Die Titel sind teils richtig getragen und schwer und bauen eine gute Atmosphäre auf.

Mit Campfire wurde vermutlich noch nie ein Lied-Titel so gut musikalisch getroffen. Es kommt quasi sofort Lagerfeuerambiente auf und man kann sich gut eine gesellige Runde am knisternden Feuer vorstellen. Fröhliche Lieder, deftiges Essen und die dringende Erholung nach Strapazen werden hier beinahe greifbar.

Toad King hingegen hat schon fast Anmutungen eines tragenden Stückes einer Operette und man kann sich bildlich märchenhafte Szenen an einem Königshof voller Pilze vorstellen.

Auch mögliche Kampfszenen bedenken Erdenstern in der Regel in ihren Alben. Mit The Battle of the Elves gibt es auch gleich ein Stück, das dieses Versprechen im Namen trägt. Allerdings scheint Webs and Spiders deutlich besser für Kampfszenen geeignet zu sein, da es viel eindringlicher ist. Auch ist dieses Stück wesentlich dynamischer und kann so gut einen spannenden Kampf untermalen.

Ein besonderes Augenmerk gilt noch den Stücken The Green Dragon und The Hidden Kingdom of the Glade. Beide lösen starke Star Wars-Vibes aus und hören sich als Hommage an John Williams. Für einen kurzen Moment weilt man in Endor oder folgt einem dramatischen Zusammentreffen von Sith und Jedi. Das mag zunächst unpassend klingen, wenn man aber bedenkt, dass Star Wars eher einem Märchen denn klassischem Science-Fiction entspricht, passt das wieder ganz gut, denn das ganze Album greift klare Märchenthemen auf.

Preis/Leistung

Gepresst in eine silberne Platte erhält man für 16,38 EUR solide bis gute 20 Titel mit einer Gesamtlaufzeit von fast 80 Minuten und das Ganze mit einem, wie immer, hochwertigen Booklet, das sich gut in jeder Sammlung macht. Reicht einem eine digitale Version, schlägt Lignum mit gerade mal 9,99 EUR zu Buche. Verglichen mit anderen Alben bekommt man hier eine ganze Menge Unterhaltung für sein Geld.

Die harten Fakten:

  • Komponist: Erdenstern
  • Erscheinungsjahr: 2019
  • Format: CD/MP3
  • Spieldauer: ca. 80 Minuten
  • ASIN: B07YTCVZ38
  • Preis: EUR 16,38/EUR 9,99 (Download)
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon

 

Fazit

Erdenstern sind Profis, und das merkt man in jeder Sekunde dieses Albums. Hier steckt handwerklich wieder eine ausgezeichnete Leistung, aber es fehlt etwas. Erdenstern sind keine Handwerker, es sind vor allem Künstler, und da konnten andere Alben der beliebten Formation mehr überzeugen. Man nehme nur das herausragende The Urban Files, das zwar an Hans Zimmer erinnert, aber dem bekannten Stil eine eigene und markante Note hinzufügt oder das nicht minder ausgezeichnete Immortalis, in dem Grim-Dark-Fantasy greifbar zu werden scheint. In diesen und vielen anderen Alben spürte man tiefe Inspiration, vielleicht auch, weil man ein gewisses Setting, eine auffällige Welt im Sinn hatte. Lignum bietet solide Fantasy-Kost – das ist nicht schlecht, aber auch nicht herausragend.

 

 

Artikelbild: Erdenstern, Bearbeitet von Verena Bach
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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