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Magie und Gottheiten sind immer ein Teil von Marvels Comic-Universum gewesen. Doctor Strange und Thor existieren seit den 1960er-Jahren. Mit Valkyrie ist Jane Foster zu einer neuen Heldin geworden. Doch auch bei den alten Reihen stehen Änderungen an: Thor ist nun der Allvater und Doctor Strange heilt seine Hände.

Es wird Herbst und somit kommt eine gute Zeit, um neue magische Marvel-Comics auf den Lesetisch zu holen. Während die Reihe Valkyrie: Jane Foster bereits mit dem zweiten Band eingestellt wird, kommt mit Thor: König von Asgard ein vielversprechender Neustart in die lokalen Comicläden. In beiden Bänden müssen sich die Held*innen einem großen Nichts stellen, das die Welt einzunehmen scheint.

Zum Glück unterstützen sich die mystischen Charaktere gegenseitig, so dass Jane Foster beispielsweise eine ganze Elite an magischen Ärzt*innen zusammenstellt. Darunter ist natürlich auch Doctor Strange, der in seiner eigenen Comicreihe eine ganz besondere Halloweenfeier mit den Magier*innen des Marvel-Universums feiert. Wurde aus dem Arzt einst ein Magier, da er seine Hände irreparabel verwundete, so hat er nur noch eine Chance ein kleines Mädchen zu retten: Er muss eben diese Hände heilen und sei es durch die Anrufung finsterer Magie.

Haupthandlung/Metaplot

Nach dem War of the Realms veränderte sich einiges: Thor wurde der neue Allvater und löste Odin vom Thron Asgards ab. In dem Krieg starben auch sämtliche Walküren, so dass mit Jane Foster eine neue Walküre antrat, ihr Erbe zu bewahren. Sie erlangte die Allwaffe Undrjarn, die sich in jede beliebige Form bringen lässt. Als Valkyrie zieht sie nun umher, um Sterbende in Reich der Toten zu bringen oder diejenigen zu retten, deren Zeit noch nicht gekommen ist.

Doctor Strange #4: Die Entscheidung

Der neuste Doctor Strange-Band ist ein Sammelsurium aus kleinen Geschichten. So ist eine Halloween-Story enthalten, bei der Zelma in ein Ritual tritt, das Doctor Strange mit seinen Kolleg*innen Scarlet Witch, Doctor Voodoo, Talisman und Agatha Harkness durchführt. Außerdem gibt es eine Episode, in der Stephen Strange das Haus einer amerikanischen Familie in einem magischen Kampf verwüstet. Auch die Außerirdische Kanna trifft wieder auf den obersten Magier. Am interessantesten dürfte eine einfache Geschichte sein, bei der Doctor Strange ein Mädchen retten will, das kurz davor ist, bei einem Autounfall zu sterben. Er erinnert sich an seinen hippokratischen Eid und muss entscheiden, wie weit er geht, um ein Leben zu retten. Wird aus ihm wieder ein echter Doktor?

Doctor Strange-Comics fühlen sich immer ein wenig stärker losgelöst vom Rest des Marvel-Universums als andere Reihen an. Das ist ihre größte Stärke, aber manchmal auch eine Schwäche. Dann nämlich, wenn auch innerhalb des Comics wenig miteinander verwoben ist. So sind die meisten Episoden zwar sehr unterhaltsam zu lesen, gleichzeitig aber auch etwas belanglos. Hier passiert endlich wieder etwas, das sich langfristig auf die Reihe auswirken wird. Das führt dazu, dass die Leserschaft gespannt auf den nächsten Band wartet.

Ein großer Vorteil der episodenhaften Erzählweise ist, dass nicht viel Vorwissen gebraucht wird, um beim Comic einzusteigen. Dazu ist der skurril verrückten Spaß einfach genießbar, ohne viel investieren zu müssen. Wer an großen verwobenen Geschichten interessiert ist, dürfte aber enttäuscht sein.

Die bunte Welt der Geister und Dämonen

Der Stil des Comics hängt stark vom jeweiligen Zeichner ab. Jesus Saiz hat einen sehr plastischen Stil, der viel Wert auf realistische Darstellungen legt. Die magischen Wesen, Zauber und Dämonen fügen sich wunderbar ein und bleiben dabei dennoch mystisch. Bei Andy MacDonald, der für die Halloween-Episode verantwortlich ist, sieht es schon anders aus: Hier wirkt alles sehr viel wilder und chaotischer, wodurch die Grenzen zwischen Realität und Zauberwelt verschwimmen. Doch was wäre besser für Halloween geeignet als das? Zuletzt haben wir noch Javier Pina, der das erneute Zusammentreffen mit Kanna zeichnet. Seine Zeichnungen sind wieder realistischer. Hier werden Schraffuren zusätzlich zur Kolorierung genutzt, um Tiefe darzustellen.

Obwohl dies bereits der vierte Band aus der Feder von Mark Waid ist, handelt es sich hier um einen guten Comic zum Einstieg in die Welt von Doctor Strange. Der Hauptcharakter wird vor eine schwere Entscheidung geführt und kann auch abseits davon glänzen. Die Nebencharaktere bleiben weiterhin sehr schwach und auch der Rest der Erzählung erlangt niemals eine wirkliche Tiefe. Wer sich einfach einmal in die Welt der Magie entführen lassen will, ist hier gut beraten. Jede Episode ist unterhaltsam, wenn auch etwas seicht. Dennoch werden Doctor Strange-Fans wohl nicht enttäuscht. Und gerade ich freue mich auf den nächsten Band, in dem er in einem Krankenhaus mitarbeiten wird.

Die harten Fakten

  • Autoren: Mark Waid, Pornsak Pichetshote
  • Zeichner: Andy MacDonald, Jesus Saiz, Javier Pina
  • Seitenanzahl: 108
  • Preis: 14 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon, idealo

 

Valkyrie: Jane Foster #2 – Kampf um Asgard

Die Geschichte beginnt in der Pathologie, in der Jane Foster seit kurzem arbeitet. Doch hier schreckt plötzlich eine Leiche auf und berichtet ihr, dass der Tod selbst im Sterben liegt. Sogleich stellt sie eine Truppe aus medizinisch begabten Charakteren zusammen, zu denen unter anderem Doctor Strange, die Night Nurse und Cardiac gehören. Zusammen versuchen sie Lady Death vor dem Tod zu bewahren.

In der zweiten Geschichte taucht eine seltsame Krankheit auf, welche die ganze Welt bedroht. Hier haben viele großen Held*innen des Marvel-Universums einen Gastauftritt, doch Valkyrie ist die einzige, die sich dem Røkkva stellen kann und erkennt, dass es sich um einen Angriff auf Asgards Thron handelt. Dabei darf auch nicht auf einen Kampf gegen Thor selbst verzichtet werden.

Auch wenn die zweite Geschichte epischer anmutet, funktioniert die erste Hälfte des Bandes einfach besser. Hier gibt es einen besseren Aufbau und die Nebenfiguren werden sorgsamer behandelt. Der titelgebende Kampf um Asgard läuft ab wie auf Schienen und lässt den Leser*innen keine Zeit zum Durchatmen. Problematisch war vermutlich, dass die Reihe coronabedingt eingestellt wurde und noch ein passendes Ende geschrieben werden sollte, doch hier hätte ein etwas weniger auf Pathos ausgelegtes Finale besser funktioniert.

Schade, dass es schon vorbei ist

Der erste Band fing sehr vielversprechend an. Und auch hier beginnt es weiterhin sehr unterhaltsam und spannend. Leider flacht die Handlung mit dem Erscheinen des Røkkva merklich ab. Hier bleibt der Antagonist schwach, Figuren wie Thor und Loki verkommen zu einfachen Randbemerkungen und es will sich einfach nicht die Epik einstellen, die für so eine Handlung nötig gewesen wäre.

Dennoch ist es schade, dass die Reihe nicht fortgesetzt wird, denn Potenzial ist einiges vorhanden. Wie schon bei seiner Mighty Thor-Reihe, schafft es Jason Aaron, der Hauptfigur Jane Foster Charakter zu verleihen. Ihre Superheldenpersona wirkt fast schon von ihr abgespalten und bewegt sich auf ganz anderen Sphären als das typische Superheldenallerlei. Doch offensichtlich verkaufen sich ihre Comics nicht gut, wenn sie nicht unter dem Namen Thor agiert.

Die Bilder sind größtenteils in einem sehr zeichentrickartigen Stil gehalten. Hier kommen die Emotionen der Figuren besonders gut zum Tragen. Trotzdem sind die Konturen sehr realistisch und auch in Aktionsequenzen kann man gut der Handlung folgen. Eine kleine Besonderheit findet sich in der Mitte des Comics, als Cafu, wie schon im ersten Paperback, die Zeichnungen übernimmt. Er hat einen außergewöhnlichen Stil, der,  im Gegensatz zu den anderen Illustrationen des Bandes, aus der Masse der Marvel-Zeichner herausragt. Durch eine sehr plastische Kolorierung wirkt bei ihm alles wie aus einem Guss. Davon möchte ich gerne mehr sehen.

Insgesamt kann man mit dem Comic zufrieden sein. Es gibt leichte Schwächen im Pacing, wodurch die zweite Geschichte seine innewohnende Epik nicht entfalten kann. Zeichnerisch wäre es schöner gewesen, wenn Cafu den ganzen Band übernommen hätte, doch die Kollegen machen auch einen guten Job. So bleibt nur zu sagen, dass alle, die mit mystischen Marvel-Figuren etwas anfangen können, die Möglichkeit haben, eine komplette Reihe in nur zwei Bänden durchzulesen. Ich habe es nicht bereut und finde es eher ein wenig schade, dass kein dritter Band folgen wird.

  • Die harten Fakten
  • Autoren: Al Ewing, Jason Aaron, Torunn Grønbekk
  • Zeichner: Cafu, Pere Pérez, Ramon Rosanas
  • Seitenanzahl: 116
  • Preis: 14 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon, idealo

 

Thor: König von Asgard #1 – Herr der Zerstörung

Thor ist nun der König von Asgard. Seine letzte Reihe wurde mit einem Blick in die weite Zukunft beendet. Dort ist er schon lange der Allvater und erscheint resigniert und altersweise. Davon ist hier gar nichts mehr zu spüren. Zwar ist er nicht mehr der Jungspund, der seine Würdigkeit beweisen will, doch ist er voller Tatendrang und scheint mehr auf Abenteuer aus zu sein, als über sein Königreich zu herrschen.

Wie passend, dass gleich zu Beginn Galactus in Asgard eintrifft. Doch es stellt sich heraus, dass dieser die Welt nicht verschlingen will, sondern Thors Unterstützung ersucht, da dieselbe Macht, die einst seine Welt zerstörte, nun davor ist, auch diese Welt zum Sterben zu bringen. Thor ruft daraufhin eine Versammlung aller Herolde von Galactus ein. Der inzwischen schwarz gewordene Silver Surfer weiß dabei von fünf besonderen Planeten, die er Galactus einst vorenthielt. Nun muss sich Thor der Frage stellen, ob sie Galactus füttern, um das Ende der Welt aufzuhalten.

Jedes einzelne Kapitel der Erzählung bringt dabei die Handlung voran und sorgt mit einem Twist am Ende dafür, dass Leser*innen dabei bleiben. Die Handlung erzeugt dadurch einen Sog, dem sich nur schwer zu widersetzen ist und bei dem Spannung durch die Unsicherheit, was als nächstes passieren wird, aufgebaut wird. Dabei bleibt die Handlung in sich geschlossen und logisch. Hier wird einfach nichts falsch gemacht.

Der beste Neustart seit langem

Der Autorenwechsel hat dem Band gut getan. Donny Cates, der bereits Venom zu neuen Höhen verhalf, ist genau die richtige Wahl. Er schafft eine verwobene Erzählung, die neue Elemente aus dem klassischen Helden herauskitzelt und ihn an seine Grenzen führt. Dabei greift er auf bekannte Nebenfiguren wie Beta Ray Bill oder eben Galactus zurück, die stets sinnvoll in die Handlung eingebunden sind und nicht nur auftauchen, um ihren Namen einmal vorkommen zu lassen.

Ihm zur Seite steht der Deutsche Nic Klein, der mit seinen außerordentlichen Zeichnungen viel zur Handlung beiträgt. Er hat bereits Anfang letzten Jahres die neue Deadpool-Reihe visualisiert. Doch im Gegensatz zum großmäuligen Söldner passt sein klassizistischer Stil hier perfekt. Seine Bilder haben Dynamik, Emotion und die notwendige Größe, um zu einer nordischen Saga zu passen. Dazu umweht jedes Bild ein kleiner Funke Magie.

Ich bin sehr zufrieden mit dem Gesamtwerk und will unbedingt wissen, wohin die Reise geht. Thor hat ein neues Dreamteam gefunden, das für den Fortlauf der Geschichte verantwortlich ist. Das ganze ist ein wunderbarer Neustart, der auch Neuleser*innen sofort mitnimmt. Die Leserschaft wird in alle Elemente perfekt eingeführt, so dass keinerlei Vorwissen nötig ist. Wer sich gerne in die Marvelwelten fallen lässt, sollte in diese neue Reihe auf jeden Fall hineinschauen, denn sie verspricht, ähnlich wie Jason Aarons Neustart vor sechs Jahren, der Beginn einer großen Saga zu werden.

  • Die harten Fakten
  • Autor: Donny Cates
  • Zeichner: Nic Klein
  • Seitenanzahl: 156
  • Preis: 18 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon, idealo

 

Fazit des Monats

Wie schade sind Monate, in denen es einfach kein wirkliches Highlight gibt. Diesmal möchte ich aber Thor: König von Asgard #1 allen Marvel-Leser*innen ans Herz legen. Ich erwarte Großes von der Reihe. Mit Valkyrie: Jane Foster #2 geht eine andere schöne Reihe zu Ende, die erzählerisch zwar hinter dem Thor-Neustart liegt, dafür aber wunderbar sympathisch und unterhaltsam erscheint. Doctor Strange #4 ist als kleiner Snack zwischendurch ebenfalls noch drin. Als Marvel-Fan kann man trotz aller Krisen und Verschiebungen zufrieden sein.

Artikelbilder: © Panini Comics
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Jessica Albert
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

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