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Seit Jahren wurde War of the Realms angekündigt. Nun ist es soweit! Malekith überfällt Midgard! Und natürlich startet seine Invasion mitten in New York. Und so ist nicht nur Thor, sondern die gesammelte Heldenschar des Marvel-Universums involviert. Wir bringen euch mit den ersten Veröffentlichungen direkt an die Tore von Walhalla.

Als Jason Aaron im Jahr 2012 die Thor-Reihe übernahm, baute er Malekith als große Bedrohung auf, der immer mehr Verbündete sammelt, um alle zehn Welten zu erobern. Wir erzählten euch letztes Jahr alles, was ihr über den Thor-Run wissen müsst. Seitdem hat Malekith den Bifröst zerstört und das Totenreich überfallen. Die letzte Welt, die er noch für seinen endgültigen Sieg erobern muss, ist Midgard – also die Erde. Selten war das alljährliche Sommerevent so langzeitig vorbereitet.

Im Vergleich zu den letzten Crossover-Events hat Panini etwas an seiner Veröffentlichungspolitik verändert: Das Hauptevent wird weiterhin zunächst in fünf Heften veröffentlicht (der Sammelband kommt später). Die Nebengeschichten kommen diesmal aber nicht gebündelt in einem Megaband, sondern in drei Extra-Bänden und einem Sonderband. Wir haben uns als Einstieg das erste Heft, den ersten Extra-Band und den Sonderband angeguckt und sagen euch, was sich davon lohnt.

War of the Realms #1 (von 5): Die letzte Bastion

Obwohl Thor schon seit Jahren wusste, was auf Midgard zukommt, trifft der Großangriff nicht nur ihn, sondern auch die Avengers sehr überraschend. Zunächst nimmt der Dunkelelf Odin und Thor aus dem Spiel. Doch bereits beim Angriff auf Freya kommt Spider-Man zur Hilfe. Wieder einmal werden große Teile von New York dem Erdboden gleichgemacht. Ist Thor der einzige, der diesem Wahnsinn Einhalt gebieten kann?

Das erste Heft beginnt sehr klassisch und macht wenig anders als andere große Events. Es gibt viele Beteiligte, die auf großen Splash-Seiten epische Posen einnehmen. Dazu kommen ein paar kleinere Überraschungen, und am Anfang sieht es natürlich so aus, als ob der Feind unmöglich gestoppt werden kann. Dass die Welt aber immer wieder von Gefahren von außen bedroht ist, wirkt inzwischen ziemlich ermüdend.

Die Besonderheiten bei diesem Event sind der mythologische Unterbau, der typisch für Thor-Comics ist, und die Zeichnungen von Russel Dauterman, der schon beim Lady Thor-Run mit Jason Aaron zusammengearbeitet hat. Dauterman hat ein unglaublich gutes Gespür für Perspektive. Wenn etwas groß wirken soll, dann erdrückt es den Leser förmlich. Wenn etwas dynamisch sein soll, dann weiß man gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll, kann aber trotzdem den Überblick behalten. Ich muss aber sagen, dass ihm Massenkampfszenen nicht so liegen. Die Bilder sind zwar immer noch absolute Oberklasse, doch er selbst hat das schon wesentlich besser hinbekommen.

Braucht man das nächste Crossover-Event?

Als Hauptfigur wird hier ganz klar Thor stilisiert. Er ist der einzige der Helden, der schon seit Jahren weiß, wie man mit Malekith umgehen muss. Dabei wirken er und seine Verbündeten aber genau wie der Dunkelelf auf der anderen Seite ziemlich flach. Wir haben hier einen Schurken, der aus purem Willen zur Macht die Welten erobern will und Helden, die sich ihm in den Weg stellen, weil man das einfach so macht. Der Geschichte fehlt jegliche Deutungstiefe. Es geht um die Rettung der Welt und Action soweit das Auge reicht.

Des Weiteren muss ich sagen, dass mir das Heft ein wenig dünn erscheint. Es passiert noch nicht sehr viel. Dazu gibt es sehr viele Seiten mit Werbung oder Covern. Es hätte der deutschen Ausgabe gut getan, wenn direkt das zweite US-Heft ebenfalls mit abgedruckt worden wäre. Damit wäre diese Ausgabe zwar wesentlich teurer geworden, doch wäre so ein größeres Interesse an dem Event erzeugt worden. Diese erste Ausgabe ist nicht viel mehr als ein Prolog: Die Schachfiguren werden in Stellung gebracht.

Wenn man nie genug von epischen Schlachten haben kann, dann ist War of the Realms vermutlich genau das Event, auf das man als Leser gewartet hat. Denn Epik kann dieses Heft aufbauen. Wirklich Spannung oder der Drang weiterzulesen, werden bei mir aber nicht erzeugt. Dazu ist das Rezept einfach zu altbekannt.

War bei dem letzten Event Secret Empire immerhin noch der Antagonist (Hydra Captain America) ein interessanter Charakter, verkommt Malekith hier zu einem verdammt langweiligen Mastermind. Für mich persönlich erweckt diese Ausgabe wenig Lust, mich weiter mit dem Krieg der Welten auseinanderzusetzen. Dazu bin ich die immer sehr ähnlich laufenden Sommerevents inzwischen leid.

Die harten Fakten

  • Autor: Jason Aaron
  • Zeichner: Russell Dauterman
  • Seitenanzahl: 52
  • Preis: 4,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics

 

War of the Realms Extra #1 (von 3): Kriegsgeschichten

Diese Anthologie beginnt mit einigen sehr kurzen losen Geschichten, die alle nach der zweiten US-Ausgabe spielen: Daredevil hat Heimdalls Schwert erhalten und muss trotz seines katholischen Glaubens mit göttlicher Macht klarkommen, die tapferen Drei Fandral, Hogun und – Überraschung – Hildegard (Volstagg wird direkt ausgeknockt) versuchen Unschuldige zu retten und Howard the Duck sucht einen verschwundenen Hund in Central Park.

Danach beginnt der erste Teil einer Geschichte über die Erben von Hank Pym. Ant-Man (Scott Lang), Giant-Man (Raz Malhotra), Goliath (Tom Foster) und der ehemalige Thunderbolt Atlas (Erik Josten) werden von Freya beauftragt Ymir zu vernichten. Mit Hilfe ihrer Größenmanipulation wollen sie sich als Frostriesen ausgeben. Die letzte Geschichte ist die längste und in sich abgeschlossen: Der Punisher eskortiert ein zerstörtes Krankenhaus samt Patienten nach New Jersey und holt sich dabei eine Truppe Schwerverbrecher zur Hilfe, deren Gefangenentransport ebenfalls der Invasion zum Opfer gefallen ist.

Das wilde Potpourri bleibt größtenteils auf einem niedrigen Niveau, ist dabei aber ziemlich kurzweilig. Die Geschichte der Giant-Men verspricht eine ganz spannende Gruppendynamik, hört aber genau in dem Augenblick auf, als es spannend wird. Das ist natürlich ein Reiz, den nächsten Extra-Band zu kaufen. Ich lese Geschichten aber am liebsten am Stück. Eventuell wäre eine etwas andere Einteilung hier passender gewesen.

Über die Veröffentlichung als Extra-Band

Der Einband macht keinen sehr wertigen Eindruck. Anders als die typischen Paperbacks hat sich Panini hier für eine Papierdicke entschieden, die eher an die Heftausgaben erinnert. So wurde vermutlich am Preis geschraubt und der ganze Comic kann günstiger angeboten werden. Ich finde das Format an sich ansprechend und kann mit der Qualität leben.

Dass von diesem Kaliber insgesamt drei Bände herauskommen statt einem Megaband, ist fragwürdig. So will Panini vermutlich auch testen, ob die Leser eher bereit sind, sich mehrere Bände für 12,99 € oder einen Gesamt-Band für 35 € zu kaufen. Für viele ist ein Preis von 35 € für ein Printmedium ein Hindernis, das nicht überschritten wird. Ich muss auch zugeben, dass es einfacher ist einen 100-Seiten-Comic zu lesen als einen mit über 300 Seiten.

Dabei finde ich es aber störend, wenn Geschichten mittendrin unterbrochen werden und man auf später vertröstet wird. Dies ist hier mit der Giant-Men-Handlung der Fall. Vermutlich war keine bessere Einteilung auf die drei Bände möglich, doch es wäre schön gewesen, wenn man diese Unterbrechung im Lesefluss vermieden hätte – vor allem, wenn danach noch eine andere Geschichte beginnt. So wirkt dieser Band eher wie eine lose Geschichtensammlung.

Wer den anthologieartigen Charakter dieser Publikation mag, wird hier sicher ein paar interessante Erzählungen finden. Besonders mitreißend sind diese Begebenheiten aber nicht. Wie schon bei den Megabänden findet man im Extra-Band viele Nebengeschichten, die parallel zur Haupthandlung spielen.

Da die Eroberung der Erde durch Riesen, Trolle und Dunkelelfen aber auch kein sonderlich originelles Szenario ist, war schon fast zu erwarten, dass die Nebenhandlungen nicht viel zu erzählen haben. Als Zusatzpublikation kann sich der Comic schon sehen lassen, etwas Besonderes ist er aber leider nicht.

  • Die harten Fakten
  • Autoren: Gerry Duggan, Jason Aaron, Leah Williams
  • Zeichner: Andrea Sorrentino, Marcelo Ferreira, Marco Castiello
  • Seitenanzahl: 124
  • Preis: 12,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics, Amazon

 

War of the Realms Avengers Strikeforce: Helden und Krieger

Dieser Sonderband vertieft die Haupthandlung der Reihe. In den drei enthaltenden Geschichten wird mehr über Motivationen der Charaktere und Begegnungen mit Nebenfiguren berichtet, als es im eigentlichen Event möglich wäre. Zunächst verfolgen wir die Truppe um Captain America, der zusammen mit Spider-Man, Luke Cage, Iron Fist und dem zurückgekehrten Wolverine auf die Suche nach Thor geht.

Dabei reiten sie auf geflügelten Pferden und Spider-Man scheint der einzige zu sein, der eine gewisse Beziehung zu den Tieren aufbaut. Trotz des etwas albernen Szenarios funktioniert diese Episode. Danach stellt Freya eine Truppe zusammen, die den schwarzen Bifröst von Malekith zerstören soll. Die einzelnen Mitglieder werden dabei aber erst einmal überredet und geprüft. Die Protagonisten hier sind der Punisher, Ghost Rider, She-Hulk und Blade. In der letzten Geschichte stolpert Deadpool über die War Avengers von Captain Marvel, die Malekith selbst töten will. Weder bei der Truppe, noch bei der Handlung ist in diesem Kapitel ein roter Faden erkennbar. Es lässt sich am ehesten als „Deadpool kommentiert die Handlung des Events“ beschreiben.

Während die erste Geschichte vor allem durch den feinfühligen Spider-Man als Hauptprotagonist funktioniert, gibt die zweite Geschichte der Einsatztruppe des Punishers mehr Raum, um sich zu entfalten. Einzig der letzte Teil ist nur für hartgesottene Deadpool-Fans zu empfehlen. Wie es bei den großen Events üblich ist, sind diese Nebengeschichten nicht notwendig, um die Haupthandlung zu verstehen. Sie versuchen dieser aber ein wenig Tiefe hinzuzufügen. Das ist zumindest bei den ersten beiden Geschichten gelungen. Das Deadpool/Captain Marvel-Team-Up war mir dagegen zu wirr.

Was ist jetzt der Unterschied zwischen dem Sonderband und dem Extra-Band?

Die Aufteilung in einen Sonderband und drei Extra-Bände geschah vermutlich eher zufällig. Im Gegensatz zum Extra-Band finden sich hier keine absoluten Nebenhandlungen, sondern Neuerzählungen der Haupthandlung mit einem etwas anderen Fokus. Hier kommen also dieselben Hauptfiguren vor, doch ihre Abenteuer werden stärker ausgeschmückt. Allein deshalb ist dieser Sonderband eine etwas sinnvollere Ergänzung der Haupthandlung.

Dazu hat man hier einen Band, der in der momentan üblichen Qualität von Marvel-Publikationen produziert wurde. Der Einband ist stabil und liegt gut in der Hand. Die Seiten sind dicker und die Farben sind kräftig. Verglichen mit dem Extra-Band gibt es für denselben Preis aber dennoch eine geringere Seitenanzahl. Das ist wohl der Aufpreis für das bessere Erscheinungsbild.

Auch wenn mich das War of the Realms-Event bisher nicht begeistern konnte, kann ich am ehesten noch das Erscheinen dieses Strikeforce-Bandes verstehen. Die Erzählungen von Spider-Man und Punisher geben der Handlung die nötige persönliche Note, die mir im Hauptevent bisher gefehlt hat. Obendrauf gibt es noch eine Deadpool-Geschichte für Leute, die immer noch nicht genug von ihm bekommen können.

Der Band an sich hat für mich die Qualität, für die ich gerne mein Geld ausgebe. Man sieht hier gut, dass Comics einen gewissen Preis haben, um lukrativ zu sein. Wer also von dem Event vollends begeistert ist, sollte auch einen Blick in diesen Sonderband wagen.

Die harten Fakten

  • Autoren: Bryan Hill, Dennis Hallum, Tom Taylor
  • Zeichner: Jorge Molina, Kim Jacinto, Leinil Francis Yu
  • Seitenanzahl: 108
  • Preis: 12,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics, Amazon

 

Fazit

Ich muss leider sagen, dass mich das Event bisher noch nicht mitgenommen hat. Zu ähnlich ist es zur bereits hundertfach wiederholten Formel: Das Böse will die Welt erobern und die mutigen Helden kommen zusammen, um es zu verprügeln. Mir fehlt leider der Grund, mich weiter mit dieser Geschichte zu beschäftigen. Am Ende wird sich mit Sicherheit einiges für ein paar Charaktere geändert haben. Doch reicht es mir hier nicht auch, wenn ich später eine Zusammenfassung lese?

Wer Spaß an den großen Crossover-Events hat, sollte zumindest die Heftreihe verfolgen oder bis zum Erscheinen des Paperbacks warten. Das Extra-Format finde ich grundsätzlich überzeugend, auch wenn die hier präsentierten Geschichten zu wenig Substanz haben. Das wäre bei einem Megaband aber auch der Fall gewesen und so kann ich mir die folgenden Extra-Bände sparen. Den Sonderband fand ich dagegen unterhaltsam. Wenn man zusätzliche Tiefe haben will, ist dieser Band die richtige Wahl. Das Event als Ganzes ist solide gestartet, wird aber Leser, die genug von andauernden Crossovern haben, auch nicht überzeugen können.

Artikelbild: Panini Comics, Bearbeitet von Verena Bach
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

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