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Heute noch nichts vor? Geht zum nächsten Comicladen und holt euch einen Marvel-Comic! Denn heute ist Marvel-Tag. Zur Feier des Tages bringen wir euch ein neues Marvel Monthly, bei der wir die neusten Comics des beliebtesten Marvel-Helden präsentieren: Spider-Man. Und wir sehen ihn altern.

Als 1962 Spider-Man zum ersten Mal in einem Comic erschien, war Peter Parker 15 Jahre alt. Seitdem wurden kontinuierlich immer neue Abenteuer des Helden veröffentlicht. Wäre Peter normal gealtert, müsste er heute 72 Jahre alt sein – doch Marvel Comics funktionieren anders. So war Peter maximal 20, als 1973 seine erste Freundin Gwen Stacy starb, und im Jahr 1978 erst schloss er das College ab. Im Jahr 1984 erschien der Comic, in dem er zum ersten Mal sein neues schwarzes Kostüm trug, dass sich später als Klyntar herausstellte. 1987 heiratete er Mary Jane Watson; beide waren da noch in ihren 20ern. In den 90ern wurde etabliert, dass Ben Reilly der wahre Spider-Man war und Peter Parker nur sein Klon, doch diese Entscheidung wurde rückgängig gemacht. Im Jahr 2001 wurde Peter, nun Ende 20, High-School-Lehrer. Im Civil War deckte er seine Geheimidentität auf. 2007 ging er dann einen Deal mit Mephisto ein, um seine Tante May zu retten und wieder eine verdeckte Identität zu haben – dafür musste er aber seine Ehe opfern. Inzwischen dürfte er Anfang 30 sein, aber so ganz genau wurde das nie geklärt, denn immerhin lebt er wieder in einer WG und ist finanziell am Boden.

Die drei Comics, die wir hier präsentieren, spielen zu unterschiedlichen Zeiten seines Lebens. Symbiote Spider-Man spielt zu der Zeit, in der Peter das schwarze Kostüm trägt. Dein freundlicher Nachbar Spider-Man spielt zur aktuellen Zeit und beschäftigt sich mit den Leuten in seiner Nachbarschaft. Die Geschichte eines Lebens macht dagegen etwas ganz Besonderes: Es wird eine alternative Geschichtsschreibung beschrieben, bei der Peter Parker genauso altert, wie er es in der Jetztzeit getan hätte. Hier sehen wir die wichtigsten Ereignisse seines Lebens erneut, aber alles ein klein wenig anders, als wir es kennen. Ob diese Idee funktioniert, lest ihr in unserer Rezension.

Symbiote Spider-Man #1 – Das Alien-Kostüm

Peter Parker befindet sich in einer Beziehung mit Felicia Hardy, Black Cat. Bei ihr beginnen sich Zweifel breit zu machen, ob sein neues schwarzes Kostüm wirklich so ungefährlich ist oder ob es nicht gar lebt. Peter will davon nichts hören und verprügelt ein paar Schurken. Mysterio bekommt mit, wie sich das Kostüm selbstständig verwandelt und beginnt mit seinen Nachforschungen. Er will eine Probe des Stoffes und sucht sich dazu neue Verbündete. Auf welcher Seite stehen der Kingpin und Black Cat?

©Panini-Comics

Wer bei dem Titel erwartet, dass das Kostüm hier im Mittelpunkt steht, hat sich getäuscht. Es dient hauptsächlich als MacGuffin, damit Mysterio einen Grund hat, sich an Peters Spur zu hängen. Wer seine Erwartungen entsprechend anpassen kann, bekommt hier eine ganz unterhaltsame Geschichte mit dem klassischen Konflikt zwischen Mysterio und Spider-Man geliefert – nur dass Peter Parker etwas von seiner lockeren Art eingebüßt hat und stattdessen ein wenig gereizt wirkt. Mysterio ist nah an der Depression. Dazu haben wir eine sehr sympathische Felicia, die in diesem Band die interessanteste Geschichte erlebt. Und als Nebenfigur versucht Tante May noch weiterhin ein Teil im Leben ihres Neffen zu bleiben.

Wenig Neues, aber unterhaltsam erzählt

Im Grunde hat dieser Comic wenig Neues zu erzählen: Alles, was passiert, hat man so oder so ähnlich schon einmal irgendwo gesehen. Doch der Band zieht einige Vorteile daraus, dass er völlig frei aus der Kontinuität erzählt wird. Die Handlung ist in sich geschlossen und nimmt sich dennoch einige Freiheiten heraus, die zu spannenden Wendungen führen.

Zeichnerisch haben wir hier Illustrationen von Greg Land, der immer relativ realistische Bilder präsentiert, sich aber auch immer wieder den Vorwurf gefallen lassen muss, dass er Posen direkt aus Modezeitschriften übernimmt. Das stört aber keinesfalls. Einzig die Kolorierung wirkt ein wenig uninspiriert und eintönig. In seiner Gesamtheit ist die optische Aufmachung zufriedenstellend, ohne besonders herauszuragen.

Ich hatte meinen Spaß beim Lesen dieses Comics. Die Wendungen sind gut gesetzt und es bleibt von der ersten bis zur letzten Seite spannend. Die Charaktere erfüllen ihren Zweck und man kann den Band ohne Vorkenntnisse lesen. Insgesamt ist der Band aber auch nicht besonders originell und man hat nicht das Gefühl, dass diese Geschichte unbedingt noch erzählt werden musste. Wer aber mehr Geschichten aus der Zeit mit dem schwarzen Kostüm lesen möchte, macht hier auch nichts falsch. Ein solides Produkt, das sicher seine Leser finden wird.

Die harten Fakten

  • Autor: Peter David
  • Zeichner: Greg Land
  • Seitenanzahl: 124
  • Preis: 14,99 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon

Dein freundlicher Nachbar Spider-Man #1 – Die Strassen von New York

Das, was Spider-Man auszeichnet, ist seine freundliche Art und dass er eigene Unsicherheiten immer mit einem flotten Spruch überspielt. Dieser Band fokussiert sich nun darauf, dass er ein guter Nachbar ist. In seiner Nachbarschaft leben einige Leute, die kleinere oder größere Probleme haben und Peter kann selten Nein sagen und versucht sein Bestes zu tun, um allen zu helfen. Dabei gerät er plötzlich an ein paar Kinder mit orangener Haut, die von einem entfernteren Ort zu stammen scheinen. Zusätzlich will er MJ ein guter Freund sein und Tante May ein guter Neffe. Doch letztere hat ihre eigenen Probleme, denn die Ärzte fanden bei ihr einen Knoten und sie ringt mit sich, ob sie Peter davon erzählen soll.

Dieser Comic verströmt das Gefühl einer eher klassischen Geschichte. Es geht hier um die kleinen Probleme und nicht um die Rettung der Welt. Leider ist der Band dadurch aber auch ein wenig beliebig: Er erzählt von keiner großen Charakterentwicklung und wirkt insgesamt ziemlich episodenhaft. Es wäre auch konsequenter gewesen, wenn die gesamte Handlung in der Nachbarschaft spielen würde und nicht plötzlich die Wesen aus der anderen Welt aufgetaucht wären. Auch hätte ich mir mehr zur Geschichte von Tante May gewünscht.

Eine klassische Erzählung im modernen Gewand

©Panini-Comics

Dennoch wirkt die ganze Erzählweise ziemlich klassisch. Die meisten Geschichten hätten auch in einem Spider-Man-Comic von vor 40 oder 50 Jahren vorkommen können. Doch die Bilder sind moderner: Das teilweise klassische Panel-Layout wird immer wieder durchbrochen und es sind ein paar Seiten dabei, die wirklich Spaß machen („Thwip Thwip Thwip“). Nur die Farbgestaltung wirkt sehr kontrastarm und dadurch langweilig.

Das, was diesen Comic über den Durchschnitt hebt, ist seine Warmherzigkeit. Die Charaktere sind liebenswert und die Freundlichkeit ist ansteckend. Wer bei einem Anflug von Güte schon Ausschlag bekommt, sollte einen großen Bogen um diesen Band machen. Wer aber gerne in einer niedlichen Geste einen zufriedenen Seufzer ausstoßen möchte, findet hier den richtigen Comic. Man muss sich auch nicht fürchten, von der Handlung überfordert zu werden, denn hier kommen nahezu keine Elemente vor, die irgendwo anders vorweggenommen wurden. Dadurch wirkt der Band im Grunde aber auch recht anspruchslos.

Dieser Comic ist ein Wohlfühlband. Man bekommt eine beschauliche einfache Geschichte in einem harmlosen Szenario ohne wirklich störende Elemente. Der Humor ist wohl dosiert, die Action ist sehenswert und wenn es dramatisch werden soll, dann erreicht der Comic das Herz des Lesers. In seiner wohlwollenden Warmherzigkeit grenzt der Comic aber dafür auch an der Grenze zur Langeweile. Der Band schließt ab mit einer kurzen Geschichte über einen Sidekick namens Spider-Bite. Diese Kurzgeschichte hat mein Herz dann doch so erwärmt, dass der Band knapp den Sprung über den Durchschnitt schafft.

Die harten Fakten

  • Autor: Tom Taylor
  • Zeichner: Juan Cabal, Yildiray Cinar
  • Seitenanzahl: 148
  • Preis: 16,99 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon

Spider-Man: Die Geschichte eines Lebens

Die Geschichte dieses Spider-Mans beginnt im Jahr 1962, wie auch in der Realität. In mehreren kleinen Episoden, beginnend mit dem Jahr 1966, wird erzählt, wie dieses Leben verläuft. Die letzte Episode spielt im Jahr 2019; Peter Parker ist hier 72 Jahre alt. Dementsprechend verläuft die ganze Handlung ein wenig anders, als wir es gewohnt sind. Doch schon gleich die erste Geschichte weicht etwas von der Vorlage ab: Der Vietnamkrieg ist hier wesentlich präsenter, als es in den Originalcomics der Fall war. Flash Thompson will sich freiwillig verpflichten, aber auch Captain America folgt dem Ruf der Pflicht. Wird sich Peter Parker entscheiden, mit seinen Fähigkeiten ebenfalls einzugreifen?

In späteren Episoden sehen wir, wie Peter heiratet, Kinder bekommt und älter wird. Dabei werden immer besondere Comics aus der Zeit zitiert. So hat er in den 80ern sein schwarzes Kostüm, während Kraven Jagd auf ihn macht. In den 2000ern kommt es zum Civil War, während Morlun Peters Familie angreift. Es ist nicht notwendig, diese Geschichten zu kennen, doch es erhöht den Lesespaß ungemein. Die Art, wie dieser Comic hier geschrieben ist, macht aber sogar so viel Laune, dass man danach Lust hat, Comics wie Kravens letzte Jagd oder Heimkehr zu lesen.

Im Zentrum steht dabei ein natürlich alternder Peter Parker, der stets als die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft zu erkennen ist, aber eine logische Entwicklung über die Jahre mitmacht. Ereignisse vorheriger Kapitel wirken sich auf die nächsten Episoden aus. Die nicht erzählten Lücken füllen sich durch geschickte Dialoge oder visuell eingefügte Informationen ganz von selbst.

Nostalgie, wie sie sein sollte

©Panini-Comics

Auch zeichnerisch weiß dieser Comic zu überzeugen. Auch wenn die Erzählweise recht schnell ist, werden in den Bildern alle notwendigen Informationen transportiert. Die Gesichter sind ausdrucksstark und auch ruhigen Momenten wird ausreichend Platz eingeräumt. Die Kolorierung ist nicht sehr kontrastreich und stärker in Naturtönen gehalten. Hier wäre mehr möglich gewesen, wenn man sich abschließend entweder für einen komplett naturalistischen Stil oder einen bunten Comicstil entschieden hätte. Da Mark Bagley auch bei vielen als einer der besten Spider-Man-Zeichner gilt, findet man sich hier direkt ein. Seine Zeichnungen passen zum Netzschwinger und man kann froh sein, dass er hierfür wurde.

Man merkt: An diesem Band gibt es nur wenig auszusetzen. Der Comic ist gleichzeitig nostalgisch und auch modern. Als Leser ist man gespannt, wie es weitergeht, und allein die Idee ist originell genug, dass es mein Interesse geweckt hat. Bedenken, dass zu viel erzählt wird und dadurch die Charakterentwicklung auf der Strecke bleibt, verfliegen direkt beim Lesen. Ähnlich wie im Film Boyhood reichen einzelne Episoden, um ein Gefühl für das Leben dieser Figur zu bekommen. Das ist mitreißend und spannend zugleich. Ich habe dieser Rezension nichts mehr hinzuzufügen außer: Wenn ihr nur ansatzweise etwas mit Spider-Man anfangen könnt, holt euch diesen Comic!

Die harten Fakten

  • Autor: Chip Zdarsky
  • Zeichner: Mark Bagley
  • Seitenanzahl: 196
  • Preis: 19,99 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon

Artikelbild: Panini Comics
Diese Produkte wurden teilweise kostenlos zur Verfügung gestellt.

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