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Mit Highfire veröffentlicht Eoin Colfer einen phantastischen Roman für Erwachsene, der im heutigen Louisiana spielt. Die Hauptdarsteller: ein Drache in einem Flashdance-T-Shirt, ein Junge mit neun Fingern und einem Hang zum Illegalen und ein zwielichtiger Constable, der es auf die Mutter des Jungen abgesehen hat. Was soll da schon schiefgehen?

Eoin Colfer, den die meisten aus ihren Kindheits- oder Jugendtagen als Autor der Artemis Fowl-Reihe kennen dürften, wagt sich mit Highfire aus seiner Welt der Kinder- und Jugendliteratur heraus, ohne das Phantastische aus den Augen zu verlieren. Sein neuester Roman spielt in Louisiana, und sagen wir einfach, dass in einem Sumpf die verrücktesten Dinge geschehen können.

Story

Vern (kurz für “Wyvern, Lord Highfire, of the Highfire Eyrie”) trägt T-Shirts mit Flashdance-Aufdruck, trinkt am liebsten Vodka und hat eine Schwäche für Kabelfernsehen. Außerdem ist er ein zwei Meter großer, feuerspuckender Drache. Der letzte Drache. In einer Zeit, in der jeder mit einem Smartphone in der Hand umherläuft und Drachen die großen Stars der Phantastik sind, kann er sich die T-Shirts und den Vodka nicht wie jeder andere im nächstbesten Laden besorgen.

Das erledigt stattdessen Waxman für ihn. Waxmans Name ist auf sein Aussehen zurückzuführen und rührt daher, dass er ein Mogwai ist: Ein Elternteil war ein Mensch, der andere ein Drache. Damit kann er sich besser als Vern unter Menschen wagen, zieht aber die Einsamkeit des Sumpfes vor. Auftritt des menschlichen Jungen Squib, den nur seine Mutter bei seinem Geburtsnamen Everett ruft und der sich durch kleine Lieferaufträge etwas dazuverdient. Dazu gehört unter anderem, Vodka zu Waxmans Hütte zu bringen. Was zunächst machbar klingt, geht vor die Hunde, als Squib sich mit Willard Carnahan treffen soll, um Lieferungen mit ihm zu vereinbaren. Dabei wird Squib nicht nur Zeuge, wie Constable Hooke Carnahan umbringt, sondern filmt den Mord auch noch. Das führt zu einer Verfolgungsjagd, und Squib landet in Verns Hütte, der definitiv nicht mit Besuch gerechnet hat.

Wer nun Angst hat, dass der gesamte Plot gespoilert wurde, sei unbesorgt, denn das war gerade einmal der Anfang. Die Story um Vern, Squib und Hooke ist wahnsinnig spannend und voller unerwarteter Wendungen. Gerade, wenn man denkt, Colfer hat nun den Höhepunkt erreicht, legt er noch einmal nach. Die Spannung steigt bis zum Ende, bevor sie sich in einem äußerst befriedigenden Ende auflöst. Es sind zum Teil absurde Situationen, die den Leser*innen den Atem stocken lassen.

Schreibstil

Dennoch sind es oft genau diese Situationen, die deutlich machen, dass es sich bei Highfire keinesfalls um ein Kinderbuch handelt. Gewalt ist im Übermaß vorhanden und wer über Peniswitze lachen muss, kommt möglicherweise aus einem Lachanfall nicht mehr heraus. Aus der Menge an Popkultur-Referenzen könnte man sicher ein eigenes Trinkspiel machen; Drache, Junge und Constable sind sehr bewandert und es vergeht kaum ein Gedanke oder ausgesprochener Satz, der nicht irgendeinen Hinweis enthält. Deadpool wäre stolz auf den Autor und gleichzeitig enttäuscht, dass Wolverine genannt wird, er selbst aber nicht.

Dadurch, dass die Geschichte in der dritten Person aus der Sicht von Vern, Squib und Hooke erzählt wird, bekommt man auf manche Situationen mehrere Blickwinkel. Die drei Protagonisten wirken glaubhaft und lebendig, was nicht zuletzt daran liegt, dass man in Highfire Standardenglisch vergebens sucht. Gerade für Nicht-Muttersprachler*innen macht der Gebrauch von Dialekt das Verständnis nicht immer einfach, dennoch hatte ich nicht das Bedürfnis, Wörter nachzuschlagen. Aus dem Zusammenhang ergibt es sich oft genug, was gemeint ist.

Abgesehen davon fließt der Text sehr schön und man möchte gar nicht mehr mit dem Lesen aufhören. Der Sumpf im Nirgendwo von Louisiana wirkt geradezu greifbar und auch die Nebencharaktere haben ihre Macken und Liebenswürdigkeiten, sodass sie nicht bloß Beiwerk für die Protagonisten sind.

Zudem erklärt Colfer hin und wieder in Nebensätzen, wie genau das Feuerspucken funktioniert und warum Vern stellenweise kugelsicher ist. Diese kleine Entmystifizierung (als würde das Flashdance-T-Shirt das nicht schon allein erledigen) war nicht aufdringlich und ließ Vern nicht wie einen Eindringling im 21. Jahrhundert erscheinen.

Der Autor

Eoin Colfer wurde 1965 in Irland geboren, wo er noch heute mit seiner Frau und zwei Kindern lebt. Nach seinem Lehramtsstudium arbeitete er zunächst an einer Grundschule und schrieb nachts Geschichten. Nach seiner Heirat unterrichtete er mehrere Jahre im Ausland. Sein erster Roman, Benny und Omar, erschien 1998. Nach der Veröffentlichung von Artemis Fowl in 2001 gab er das Lehrerleben auf, um sich ganz auf das Schreiben zu konzentrieren.

Erscheinungsbild

Das Cover zeigt ein leicht zerknittertes Blatt Papier, das vertikal in drei Teile geteilt ist. Im oberen Drittel findet sich der Titel Highfire mit dem kleinen Vermerk „a novel“. Beides wirkt, als wäre es mit einem schwarzen Filzstift geschrieben worden. Drei schräge Risse in der Mitte des Blattes, wie von Klauen verursacht, geben den Blick auf eine Sumpflandschaft im Hintergrund frei. Darunter steht schließlich Eoin Colfers Name, mit einem Hinweis darauf, dass er ebenfalls der Autor der Buchreihe um Artemis Fowl ist.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Harper Perennial
  • Autor: Eoin Colfer
  • Erscheinungsdatum: 28. Januar 2020
  • Sprache: Englisch
  • Format: Hardcover
  • Seitenanzahl: 384 Seiten
  • ISBN: 978-0-06-293855-8
  • Preis: 13,99 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon

 

Fazit

Vor zehn Jahren war ich großer Fan von Artemis Fowl und habe mich deshalb sehr auf Highfire gefreut. Eine solche Geschichte hätte ich allerdings nicht erwarten können. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt und die Charaktere (insbesondere Vern und Squib) sind mir sehr ans Herz gewachsen. Was Blut, Verletzungen und Gewalt angeht, dachte ich, ich wäre einigermaßen abgehärtet, aber teilweise habe ich Stellen einfach überflogen. Drachenfeuer ist kein Spaß. Während Hooke am Anfang noch wie ein Arschloch wirkt, überdreht er im Verlauf der Geschichte, bis er vielmehr zur Karikatur eines Antagonisten wird und man ihn schlichtweg nicht mehr ernstnehmen kann.

Wem die Gewalt nichts ausmacht und wer auf Sarkasmus steht, dem kann ich Highfire uneingeschränkt empfehlen. Wer zumindest über das erste hinwegsehen kann, sollte dem Roman zumindest eine Chance geben. Allein Vern und Squib sind es wert, sich mit Hooke herumzuschlagen. Trotz Flashdance und jugendlichem Leichtsinn.

 

 

Artikelbild: Harper Perennial, Bearbeitet von Verena Bach
Dieses Artikel wurde privat finanziert.

 

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