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Dungeons üben eine unheimliche Faszination aus. Geheimnisvolle Kavernen, gefährliche Höhlen und tiefe Grotten wollen erkundet werden. Die meisten von uns werden schon als Kinder den einen oder anderen Dungeon gezeichnet haben. How to Host a Dungeon von Tony Dowler beschäftigt sich mit dem Zeichnen von Dungeons auf spielerische Weise.

Was ist das für ein Spiel?

How to Host a Dungeon von Tony Dowler ist ein Solospiel, das sich mit der Erstellung und der Geschichte eines Fantasydungeons beschäftigt. Man startet mit einer mehr oder weniger ebenen Oberfläche in der grauen Vorzeit vor der Ankunft jedweder Zivilisation. Im Laufe des Zeichnens durchläuft dieser Platz mehrere Zeitalter, in welchen Völker ankommen und wieder verschwinden, Schätze und andere wertvolle Materialien über den Plan verteilt werden und langsam die Zeit voranschreitet.

Währenddessen halten die Zeichnenden auf einem Blatt Papier (oder einer beliebigen anderen Zeichenoberfläche) die Geschehnisse auf dem Plan fest. Im Laufe der Zeit und mit dem Ankommen und Verschwinden neuer Völker und Monster entsteht so nicht nur ein Dungeon, sondern sogar eine mehr oder weniger plausible Hintergrundgeschichte für diesen, welcher dann von einer wagemutigen Heldengruppe gestürmt werden kann. Oder man spielt How to Host a Dungeon lediglich zum Zeitvertreib, der sich selbst genügt.

Um sein Verlies zu bauen, benötigt man lediglich Papier, ein paar Stifte am besten in unterschiedlichen Farben und mehrere Würfel, die jede*r Rollenspieler*in sowieso vorrätig haben sollte.

The Primordial Age

Der Dungeon am Beginn seines Lebenszyklus.

Wir beginnen das Spiel mit dem Zeichnen der Grobkarte. In dieser Phase entstehen die ersten Höhlen, es tauchen Schätze und unterschiedliche Biome auf, welche dem Dungeon seine Charakteristika verleihen.

Die erste Karte zeigt den Dungeon am Ende des Primordial Age. Es wird für alle Schichten ein bestimmtes Merkmal erwürfelt, und zwar in diesem Falle für die Oberfläche ein weitläufiges, von Pilzen bewachsenes Biom. Ob diese Pilze nun baumhoch wie in Vvardenfell sind oder doch normal groß und nur der Dungeon und seine Bewohner winzig, wird sich im Lauf der nächsten Zeitalter zeigen.

Neben üblichen Untergrundbiomen wie den Magmagrotten und einer Kaverne hat sich in einer großen Höhle eine kleine Alien-Zivilisation eingenistet. Woher sie stammt und was ihre Absichten sind, ist nicht klar. Aber vielleicht entwickelt sich ihre Geschichte im Laufe des Geschehens ja noch weiter.

Wie man an dieser ersten Karte bereits erkennen kann, ist es absolut nicht notwendig, gut zeichnen zu können. Solange die beabsichtigte Umgebung erkennbar ist, erfüllt die Zeichnung ihren Zweck. Und gerade bei einem Kritzelspiel wie How to Host a Dungeon sollte man Freude daran haben, die eigene Zeichnung immer wieder an die neuen Umstände anzupassen und neu zu zeichnen.

Age of Civilization

Die Ankunft der Zwerge.

Sobald die graue Vorzeit vorüber ist, wird es Zeit für die ersten zivilisierten Völker. Während die Vollversion von How to Host a Dungeon eine Vielzahl an interessanten Optionen für untergrundbewohnende Zivilisationen bietet (unter anderem Aliens, Zauber*innen, Dämonen und Tiefelfen), bietet uns die Demoversion „nur“ die klassischen Zwerge als erste Zivilisation in unserem Dungeon. Dieses Volk wird auch in der Vollversion für einen ersten Spieldurchlauf empfohlen.

Die Zwerge beginnen ihre Reise in diesem Dungeon, indem sie von der Seite der Karte kommen und ihre ersten vier Kammern graben. In diese Kammern darf der*die Zeichnende nun insgesamt zwei Symbole für Bevölkerung und Schätze setzen. Jede Runde wird nun ein Punkt Bevölkerung und Reichtum addiert. Mit jedem Punkt Bevölkerung kann der*die Zeichnende neue und interessante Räume an die existierenden Räume setzen. Auf diese Art und Weise wächst der Dungeon der Zwerge langsam, aber stetig und organisch. Mit den Zwergen hat man sogar die Auswahl, in welche Richtung man sich entwickeln möchte. Sollen die Zwerge eine gewaltige Thronhalle ausheben? Sollen sie Kraftwerke und nahezu unmögliche Maschinen bauen? Oder sollen sie zu tief graben? Je nachdem, welchen der drei angebotenen Entwicklungspfade man wählt, ändert sich auch das Schicksal unserer kleinen Zwergengemeinde.

Die Demoversion bietet uns „nur“ die klassischen Zwerge als erste Zivilisation in unserem Dungeon an.

Manche Optionen auf der Bauleiste verändern die Umgebung des Dungeons radikal. In unserem Beispiel entschied ich mich für die unterirdischen Verbindungswege, ein die gesamte Breite des Plans umspannendes Schienennetz – soll noch jemand sagen, so etwas gäbe es nur in der Warhammerwelt. Da es auf der passenden Höhe lag, entschied ich, dass die Zwerge die wertvollen Edelsteine in der Mitte der Karte entdeckt und abgebaut haben sollten. Das hinterließ natürlich eine gewaltige Höhle, welche es notwendig machte, dass die Zwerge ihr Schienennetz mit einer enormen unterirdischen Brücke verbanden. Aus diesen Faktoren ergab sich ganz natürlich eine interessante Konstruktion, auf welche die Charaktere im Laufe eines Abenteuers treffen könnten.

Sobald die Bevölkerung die Zahl 10 überschreitet, bricht die Zivilisation zusammen. Dieses Schicksal teilen die Zwerge mit allen anderen ersten Zivilisationen bei How to Host a Dungeon. Je nach den gewählten Bauten kann man bei den Zwergen zwischen „Sie haben zu tief gegraben“, „Bürgerkrieg“ und „industrieller Unfall“ wählen – jedes Ereignis für sich ist eine hochinteressante Geschichte, die in einem für die Spieler*innen zu erkundenden Dungeon Spaß machen sollte.

Das Zwergenreich am Ende seines Lebenszyklus.

Sobald das Zeitalter der Zivilisation zu seinem Ende kommt, weil die Bevölkerung genug gewachsen ist, werden die entsprechenden Änderungen auf dem Plan vermerkt. Das können in unserem Fall beispielsweise ein Schlachtfeld aus dem Bürgerkrieg oder Verwüstungen aufgrund einer industriellen Katastrophe sein. Sollten die Zwerge zu tief gegraben haben, würde man einen Schacht bis tief hinunter zum Rand des Plans zeichnen. Da sich unter Bar Emmon, unserer Festung, aber bereits die Magmakavernen befanden, zog ich den zwergischen Bürgerkrieg als Untergangsszenario vor.

Age of Monsters

Die Monster kommen!

Nach der Zivilisation folgen die Monster. In dieser Phase dringen Ungeheuer aller Art in den Dungeon ein, machen ihn zu ihrer Heimat und kämpfen möglicherweise gegeneinander.

Zu Beginn dieses Zeitalters werden aus einem Deck drei Monster gezogen. Dies sind die Neuankömmlinge. Die Auswahl bei diesen Unholden reicht über Skelette, Vampire, Rattenmenschen, Zwerge, Nomaden, Oger und viele andere Arten von unschönen Herausforderungen. Diese Neuankömmlinge werden zufällig über den Plan verteilt, wobei es bei manchen Monstern spezielle Platzierungsregeln gibt.

In unserem Beispiel siedelten sich ein großer Wurm, ein Stamm Troglodyten und eine Gemeinschaft Ritter*innen an. Während sich die Ritter*innen nur an der Oberfläche ansiedeln dürfen, wäre es im Nachhinein vielleicht stimmiger gewesen, wenn der große Wurm und die aquatischen Troglodyten ihre Plätze getauscht hätten – während der große Wurm überall im Dungeon auftauchen kann, wären die Troglodyten an einem großen See wahrscheinlich wesentlich besser aufgehoben. Andererseits sorgt dieser Umstand wieder für großes Konfliktpotential zwischen den beiden Fraktionen und muss daher per se nichts Schlechtes sein.

Jedes dieser Monster durchlebt nun einen eigenen Lebenszyklus, ganz ähnlich der ersten Zivilisation in unserem Dungeon. Ob diese Monster nur eine kurze Lebensspanne haben oder sie über weite Strecken des Spiels den Dungeon dominieren, bleibt den Würfeln und den Entscheidungen der Spielenden überlassen. Im Laufe ihres Lebenszyklus werden sie stärker oder schwächer. Sobald ein Monster eine gewisse Stärke überschreitet, hat es den Dungeon unter seine Kontrolle gebracht und wird nun zum Antagonisten im Age of Villainy.

Age of Villainy

Das Monster beziehungsweise die Fraktion, die in diesem Zeitalter die Kontrolle über den Dungeon gewonnen hat, wird nun entweder zur Horde oder zu einem Imperium, je nach Monster und Ausgang der Würfel. Als Horde oder Imperium folgt nun ein letzter Lebenszyklus, welcher die weiteren Geschehnisse in der Endphase des Spiels beschreibt. Je nachdem, zu was das stärkste Monster geworden ist, werden im Dungeon noch Konstruktionen gebaut, Expansion betrieben und der Aufstieg an die Oberfläche zur Unterwerfung der Welt (was denn sonst?) vorbereitet.

Und das war schon How to Host a Dungeon in seiner Kurzfassung.

Was finde ich in der Vollversion?

Im Gegensatz zur Demoversion umfasst die Vollversion mehr Artwork, mehr Monsterkarten und mehr Zivilisationen, die den Dungeon besiedeln können. Dazu gibt es noch weitere Regeln zu Landschaften und dem Bau des Dungeons.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Eigenverlag Tony Dowler
  • Autor(en): Tony Dowler
  • Erscheinungsjahr: 2008
  • Sprache: Englisch
  • Format: A4
  • Seitenanzahl: 20 Seiten
  • Preis: 5,00 USD (Vollversion)
  • Bezugsquelle: Drivethru

 

Fazit

Dungeons üben seit den Urzeiten des Hobbies Rollenspiel eine enorme Faszination auf die meisten Rollenspieler*innen aus – nicht umsonst beschäftigt sich mit Dwarf Fortress wohl eines der komplexesten Computerspiele überhaupt mit dem Schicksal einer Zwergengemeinschaft in ihrer Wehrstadt. Die Freude, einen Dungeon zu Papier zu bringen, ist in diesem kleinen Solospiel sehr schön auf den Punkt gebracht. Man darf keinesfalls erwarten, hier so etwas wie einen Generator für Zufallsdungeons vor sich zu haben. Auch werden sich die so erschaffenen Dungeons relativ bald wiederholen. Überdies ist die Seitenansicht des Spiels hinderlich, wenn man detailliertere Ansichten eines bestimmten Ortes anfertigen möchte, da How to Host a Dungeon lediglich grobe Übersichtskarten vorsieht.

Trotz aller erwähnten negativen Punkte kann man aber sehr wohl feststellen, dass dieses kleine Solospiel einen Schatz an Kreativität und Möglichkeiten bietet. Es wird keinen fertigen Dungeon auf die Karte zeichnen, aber es bietet eine Fülle an Ideen und Hinweisen für jede*n kreativen Dungeonbauer*in. Heraus kommt also kein fertiges Produkt, sondern eine Halde an Inspiration.

Und was könnte man mehr erwarten?

 

Artikelbilder: © Syda_Productions |depositphotos.com, Johannes Haslhofer
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Alexa Kasparek

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