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Ein Wissenschaftler, der seiner Zeit weit voraus ist, von den Kollegen verlacht. Ein exzentrischer Milliardär der seinen Reichtum vergrößern will. Ein riesiger Goldschatz am Grund des Meeres. Dazu eine Prise Jules Verne, etwas Steampunk und eine unerwartete Naturkatastrophe. Daraus entsteht eine spannende Geschichte. Kann sie sich vom Rest des Genres abgrenzen?

Band 1 der fortlaufenden Abenteuergeschichte stellt die Protagonisten vor und nimmt den Leser mit auf den ersten Abschnitt einer fantastischen Reise. Diese Reise ist eine Mischung aus bekannten Versatzstücken des Abenteuer-/Pulp-Genres, die hier in einer liebevollen Hommage miteinander verwoben werden.

Handlung

© Splitter
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Dem Wissenschaftler Claudin ist ein unglaublicher Durchbruch gelungen. Er hat im Jahre 1907 eine nahezu unerschöpfliche Energiequelle entdeckt und ist mit ihr dazu in der Lage, Maschinen zu erbauen, von denen niemand bisher zu träumen wagte. Doch existiert all dies bisher nur auf dem Papier. Seine Universität sowie die Industrie lachen ihn und seine Hirngespinste aus. Deprimiert zieht er sich zurück und hadert mit seinem Schicksal.

Doch da tritt ein wohlwollender Mäzen in Gestalt des Amerikaners Joe Kens auf den Plan. Der Industrielle ist einer der reichsten Menschen der Welt und plant mit Hilfe der Technologie des Professors, noch reicher zu werden. Kens weiß nämlich um die genaue Position eines Schiffswracks voller Gold, welches unlängst in einem Sturm samt Leuten und Ladung unterging. Dank der finanziellen Hilfe des Milliardärs gelingt es dem Wissenschaftler tatsächlich, ein U-Boot zu bauen, das nicht nur dem enormen Druck der Tiefsee standhalten kann, sondern auch durch seine, nach ihm benannte Energiequelle angetrieben wird: „Radio Fulgurit“.

Nach langer und eingehender Planung macht man sich auf den Weg zum stillen Grab des Schatzschiffes in den Tiefen des Ozeans. Doch auch die beste Planung kann Mutter Natur nicht standhalten, wenn sie mit aller Grausamkeit zuschlägt. Ein plötzlicher Vulkanausbruch, einhergehend mit Seebeben, trennt die Verbindung zum Mutterschiff und die Fulgur stürzt hinab in die Tiefen des Ozeans, viel tiefer als erhofft und befürchtet. Dort unten, in den lichtlosen Tiefen, beginnt erst das eigentliche Abenteuer. Der Goldschatz wird zur Nebensache, als es ums nackte Überleben geht und die verbleibende Crew sich gegen die Bewohner der Tiefsee wehren muss. Denn was sie in der Tiefe entdecken, straft ihre kühnsten Träume (und Albträume) Lügen.

Charaktere

Das etwas arrogante Genie, dem es in der Hauptsache um die Wissenschaft und die Genugtuung geht. Der exzentrische, blasierte Milliardär, der nicht alle seine Motive preisgibt. Der mutige, kernige Ex-Soldat, der für die Sicherheit sorgen soll und dabei etwas zu weit geht. Der clevere Maschinist, der immer eine Lösung parat hat. Leider sind diese Charaktere recht eindimensional geraten. Sie entsprechen dem, was man schon in jenen Geschichten las, die hier Pate standen. Das mag dem Genre angemessen sein und durchaus auch den Erwartungen entsprechen, doch hätte ich mir etwas mehr charakterliche Tiefe gewünscht, wenn die Fulgur schon in ungeahnte Tiefen der See hinabsteigt. Ich hoffe, dass in späteren Bänden mehr auf die Menschen im Boot eingegangen wird als nur auf die Schrecken der Tiefsee. Denn so reagieren mir alle oft zu unbeeindruckt von dem was sie dort erblicken.

Zeichenstil

Die Zeichnungen von Dejan Nenadov und Farben von Tanja Cinna sind grandios. Realismus in der Darstellung von Menschen und der Gesellschaft der vorigen Jahrhundertwende, gepaart mit verspielten Steampunk-Elementen im U-Boot, und großartige Bilder der Tiefsee-Fauna, real sowie fantastisch. Die Monster sind glaubhaft und den gruseligen Träumen eines Kryptozoologen entsprungen. Die Mimik und Körpersprache der Protagonisten verrät viel über sie und ihre innere Haltung. Hierauf fußt meine Hoffnung, in späteren Bänden noch zu sehen, wie der Stress des Überlebenskampfes die dunklen Seiten der Menschen an Bord der Fulgur an die Oberfläche bringt.

Erscheinungsbild

Der Hardcover-Band kommt im tiefen Blau der See daher. Das namensgebende U-Boot droht von gewaltigen Tentakeln umschlossen zu werden, die sich aus dem Dunkel schlängeln. Die Qualität von Einband sowie Papier ist hervorragend, wie von Splitter gewohnt.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Splitter
  • Autor: Christophe Bec
  • Zeichner: Dejan Nenadov, Tanja Cinna
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Comic-Album
  • Seitenanzahl: 64
  • Preis: 15,80 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Fazit

Der Auftakt zu einer fantastischen Reise hinab ins Erdinnere, die Tiefsee und eine neue, fremde Welt. Viele Geschichten von Jules Verne und anderen Größen des Pulp-/Abenteuer-Genres standen eindeutig Pate für die Idee hinter Fulgur. Hier trifft 20.000 Meilen unter dem Meer, auf Die vergessene Welt, und zwar im Mittelpunkt der Erde. Ein genialer Wissenschaftler, dem niemand Glauben schenkt, ein Milliardär, der es dennoch tut, ein Ex-Militär, der eher mit der Pistole denn mit dem Kopf denkt, ein Goldschatz, auf den alle scharf sind und eine unerwartete, grausame Wendung, die die Protagonisten in eine fremde, unwirtliche Welt wirft, in der sie gemeinsam ums Überleben kämpfen müssen.

Die Charaktere sind recht eindimensional und richtige Sympathie mag sich für keinen von ihnen einstellen. Doch kann sich dies in den Folgebänden noch ändern, da die hervorragenden Zeichnungen subtil andeuten, dass die Masken angesichts der Schrecken, die die Crew beobachtet, langsam zerbröckeln. Auch, wenn man sich nach Außen hin zuversichtlich und mutig entschlossen gibt.

Ich denke, schon bald wird die Welt außerhalb der Fulgur nicht mehr das einzige Problem der Mannschaft sein und bin gespannt auf den nächsten Band.

mit Tendenz nach oben

Artikelbild: © Splitter, Bearbeitet von Verena Bach
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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