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Tapfere Recken, alte Rivalitäten und Geheimnisse der Elfen. Die Phileasson-Saga ist mittlerweile nicht nur als DSA-Abenteuer, sondern auch als Romanreihe erschienen. Mit Totenmeer ist der bereits sechste Band veröffentlicht worden. Begeistern Hennen und Corvus wieder mit ihrer Erzählung oder sollte dieser Band lieber zum Namenlosen geschickt werden?

Die Phileasson-Saga gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Kampagnen der Welt von Das Schwarze Auge. Das Abenteuer im Stile von Reise um die Erde in 80 Tagen begleitet zwei Kapitäne und ihre Mitstreiter auf eine epische Wettfahrt um den Kontinent Aventurien und begeistert besonders mit abwechslungsreichen Szenarien. Für die Umsetzung der Abenteuer in Romanform sind der ursprüngliche Autor der Abenteuer Bernhard Hennen und Robert Corvus verantwortlich.

Dabei können sich die beim Heyne Verlag erschienenen Bücher offensichtlich wachsender Beliebtheit erfreuen. Laut Angabe von Robert Corvus steigen die Verkaufszahlen von Band zu Band. Dem zuletzt erschienenen Buch Totenmeer gelang in der Erscheinungswoche vom 12. November 2018 der Einstieg auf Platz 11 der Belletristik-Paperback-Charts.

Wir haben uns den sechsten Band der Phileasson-Saga, ebenso wie seine Vorgänger, genauer angesehen. Doch kann uns der Ausflug der beiden Kapitäne in ein stinkendes Tangfeld ebenso begeistern wie die ersten fünf Bände der Phileasson-Saga?

Story

Nach dem Kampf gegen die Seeschlange in Schlangengrab führt die Wettfahrt Asleif „Foggwulf“ Phileasson und seinen Rivalen Beorn „den Blender“ in das Sargassomeer. Hier sollen sie ein kostbares Artefakt der Elfen bergen. Doch die Aufgabe gestaltet sich nicht so einfach. Denn das Sargassomeer ist ein tückisches Gebiet voller Tangfelder, giftiger Ausdünstungen und Schiffswracks. Außerdem müssen die beiden Kontrahenten bald feststellen, dass nicht nur sie auf der Suche nach dem elfischen Artefakt sind. Unbewusst geraten die beiden Männer in einen gefährlichen und seit Jahren anhaltenden Machtkampf.

Wie jeder Band der Phileasson-Saga verfügt auch Totenmeer über einen von der Haupthandlung losgelösten Prolog. In diesem werden die für den weiteren Verlauf relevanten Charaktere Vermis und Vespertilio eingeführt. Wenngleich spannend geschrieben, wirkt dieser erste Teil des Bandes stellenweise langatmig. Erst später wird die Bedeutung des etwa 100 Seiten langen Abschnitts deutlich. Zu Beginn wird man als Leser jedoch ungeduldig, da man mehr am weiteren Verlauf der Wettfahrt interessiert ist.

Beorn Asgrimmson – seit er im Kampf gegen eine der schwarzen Galeeren sein rechtes Auge verloren hat, kennt er keine Gnade mehr, wenn ihm Sklavenjäger oder Soldaten der Stadt in die Hand fallen – daher sein Beiname ›der Blender‹.

Generell hat man den Eindruck, dass die Story sich langsam, beinahe träge, entfaltet. Zunächst begleitet man Beorn und seine Mannschaft bei ihrer Ankunft im Sargassomeer. Phileasson und seine Crew spielen überraschend lange keine große Rolle. Tatsächlich hat man über den gesamten Band hinweg das Gefühl, mehr von den Handlungen des Blenders zu erfahren als von denen des titelgebenden Helden.

Dadurch wird aber eine unterhaltsame Dynamik geschaffen. Sobald der zähe Einstieg vorüber und der Wettstreit in vollem Gange ist, zieht auch der Spannungsbogen an. Der Einsatz beider Sichtweisen bringt den Leser damit in eine interessante Situation. Durch die Kenntnis der Pläne und Handlungen beider Kapitäne sind die Reaktionen dieser aufeinander stets spannend zu beobachten.

Einem Konflikt der letzten Bände kommt in Totenmeer eine besondere Bedeutung zu. Die Beziehung zwischen den Charakteren Tjorne, Tylstyr und Zidaine erhält einen emotionalen Höhepunkt, der auf mich starke Wirkung hinterließ. Über das gesamte Buch hinweg gehörten die Szenen dieses Handlungsbogens für mich zu den stärksten.

Schreibstil

Auf Tjorne Warulfsons Leben liegt ein Schatten aus seiner Jugend.

Wie die vorherigen Romane der Phileasson-Saga ist auch Totenmeer aus der Perspektive eines personalen Erzählers geschrieben. Im Hinblick auf die wechselnde Sichtweisen eine gute Entscheidung, die für das Verständnis der Motivationen und Gedankengänge hilfreich ist. Besonders der im letzten Abschnitt angesprochene Handlungsbogen macht sich dies zunutze. Hennen und Corvus erzeugen durch Einblicke in die Gefühls- und Gedankenwelt von Zidaine, Tjore und Tylstyr stellenweise sehr emotionale Momentaufnahmen. Besonders eine der späteren Interaktionen zwischen Zidaine und Tjorne wird dadurch zu einem sehr intensiven Leseerlebnis.

Während es in den Randgebieten des Sargassomeers noch freie Wasserflächen gibt, ist in den Verdichtungsgebieten kaum noch ein Vorankommen möglich.

Im Gegenzug zu den vorherigen Bänden haben die beiden Autoren jedoch nicht so viel Spielraum bei der Ausarbeitung der Landschaftsbeschreibungen. Das Sargassomeer gibt hier leider nicht viele Möglichkeiten zur Finesse, da es sich um einen riesigen und düsteren Tangteppich handelt. Schnell wird klar, worauf sich die Wahrnehmung limitiert. Das Meer stinkt, ist heiß, stickig und raubt den Kämpfern den Mut. Diese Stimmung wird zwar gut eingefangen, kann aber nicht mit den faszinierenden Schauplätzen einiger Vorgänger, allen voran Himmelsturm, mithalten.

Auch Passagen zum besseren Verständnis der Charaktere sind in Totenmeer rar. Wahrscheinlich liegt das daran, dass viele der Akteure bereits in den vorausgegangenen fünf Bänden behandelt wurden. Am besten gelingt dies noch bei der Elfe Lailath und den Protagonisten des Prologs, Vermis und Vespertilio. Diese fallen aber nicht so schwer ins Gewicht wie beispielsweise Beorn und hinterlassen damit weniger Eindruck.

Die Autoren

Hennen und Corvus sind als Team nun bereits für sechs Phileasson-Saga-Bände verantwortlich und in der Vergangenheit beide als Autoren für Abenteuer oder Romane in der Welt von Das Schwarze Auge tätig gewesen. Beispiele sind die Jahr-des-Greifen-Trilogie von Hennen oder die Isenborn-Reihe von Corvus. Hervorzuheben ist natürlich auch, dass die ursprüngliche Fassung der DSA-Abenteuer der Phileasson-Saga (1990 unter dem Namen Drachenhals-Tetralogie begonnen) und die Neuauflagen aus den Jahren 1999 und 2009 allesamt aus der Feder von Hennen stammen. Dieser ist damit bestens mit der Geschichte und deren Feinheiten vertraut.

Außerhalb der Welt des Pen&Paper erlangte Hennen besonders mit seinen Romanen aus dem Elfenzyklus Aufmerksamkeit. Die 2004 mit Die Elfen begonnene Reihe umfasst inzwischen 14 Bücher, die das mysteriöse Volk über mehrere Epochen und Ereignisse begleiten. Corvus, der eigentlich Bernd Otto Robker heißt und auch unter dem Pseudonym Bernard Craw veröffentlicht hat, ist unter anderem für die Bücher der Schwertfeuer-Saga und Die-Schattenherren-Reihe bekannt.

Erscheinungsbild

Totenmeer weist eine Seitenlänge von 672 Seiten auf und zählt damit zu den längeren Bänden der Reihe. Der Softcover-Einband zeigt im Einklang mit den bisherigen Büchern den Namen der Autoren und den Schriftzug Phileasson-Saga. Das Titelbild des Bandes stellt mit mehreren Schiffswracks die Opfer des Sargassomeers dar und vermittelt passend die Grundstimmung des Bandes. Die Qualität des verwendeten Papiers ist hochwertig und zeigt nach selbst intensiverer Nutzung wenig Gebrauchsspuren.

Die Kombination von Roman und DSA-Abenteuer

Ein wichtiger Punkt der Sammelrezension war die Frage: Können Romane und DSA-Abenteuer sinnvoll kombiniert werden? Die klare Antwort dazu lautet ja: Die Bände unterstützen Spielleiter bei der Ausgestaltung der Atmosphäre sowie der Darstellung der Nichtspieler-Charaktere (NSC).

Totenmeer bildet dabei keine Ausnahme, wenngleich mit Abstrichen. Aufgrund der wenigen Neuheiten im Bezug auf die Charaktere ist der Band nur bedingt hilfreich bei der Darstellung von NSC. Nützlicher ist er zweifellos bei der Vermittlung der trübseligen Atmosphäre der Umgebung. Auch bei der Beschreibung von Begegnungen mit Feinden können einzelne Passagen hilfreich sein.

Natürlich sollte niemand die Romane lesen, der die DSA-Kampagne als Spieler erlebt oder dies tun möchte. Neben klaren Hinweisen zum spezifischen Abenteuer enthält Totenmeer auch Informationen, die Spielern im gesamten Verlauf der Kampagne nicht bekannt sein sollten.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Heyne Verlag
  • Autoren: Bernhard Hennen, Robert Corvus
  • Erscheinungsdatum: 12. November 2018
  • Seitenzahl: 672 Seiten
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Softcover
  • Preis: 14,99 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Totenmeer enthält eine Karte von Aventurien, die unter anderem die bisherigen Reisestationen der beiden Kapitäne umfasst. Zusätzlich findet sich am Anfang eine weitere Karte mit dem Aufbau des Sargassomeers. Zuletzt gibt es am Ende ein Glossar mit Informationen zu Orten und Charakteren. Dieser Zusatz ist sehr hilfreich, um gerade bei der Vielzahl an Figuren und Begrifflichkeiten den Überblick zu behalten.

Zudem haben die Autoren unter http://phileasson.de/ eine Webseite ins Leben gerufen, die weitere Informationen zu den Romanen, aber auch zum Schaffensprozess dieser beinhaltet. Interessierte Leser können hier mehr Hintergrundwissen zu Figuren, Schauplätzen, den Autoren und auch kommenden Terminen und Veröffentlichungen erhalten. Aktuell finden sich auf der Webseite beispielsweise auch Besprechungen zu Totenmeer.

Fazit

Totenmeer behält viele der Tugenden seiner Vorgänger bei, wenngleich der Einstieg etwas langwierig erscheint. Die Tangfelder des Sargassomeers sind als Schauplatz leider nicht so faszinierend wie beispielsweise der Himmelsturm. Das wird jedoch durch die Dynamik des Wettkampfes zwischen Phileasson und Beorn schnell ausgeglichen. Hennen und Corvus gelingt in diesem Band außerdem ein emotionaler Höhepunkt der gesamten Saga, den man auch nicht direkt kommen sehen konnte.

Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist positiv zu beurteilen, da man neben der Geschichte ein ausführliches Glossar und hochwertiges Kartenmaterial erhält. Die stabile Verarbeitung der Softcover-Ausgabe rundet das gute Gesamtbild ab. Totenmeer, wie die gesamte Saga, ist für jeden Liebhaber von guter Phantastik zu empfehlen und keineswegs nur auf DSA-Fans beschränkt.

Die Geschichte um die beiden Kapitäne wird im März 2019 in Rosentempel fortgesetzt. Wenn man den Informationen auf der offiziellen Webseite glauben darf, steht auch bereits der Titel für den achten Band fest. Er lautet Elfenkrieg.

 

Artikelbilder: © Heyne Verlag, © Ulisses Medien und Spiel Distribution GmbH, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur
Dieses Produkt wurde auf eigene Kosten gekauft.

 

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