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Der amerikanische Horrorautor Christopher Buehlmann wagt sich mit diesem Roman in die High Fantasy und erzählt die Geschichte eines Diebes. Dieser wird gemeinsam mit einer Rabenritterin auf eine gefahrvolle Queste gehen. Doch schafft es der Autor, neuartige High Fantasy zu erschaffen oder bedient er nur altbekannte Muster?

Der Dieb Kinch Na Shannack schuldet seiner Gilde eine horrende Summe Geld für seine Ausbildung. An Aufträgen kann er nicht wählerisch sein, sodass er die Rabenritterin Galva begleiten und beschützen muss. Die Magierin Norrigal, die ihre ganz eigenen Geheimnisse mitbringt, komplettiert die Gruppe. Auf ihrer Reise zu einem zunächst unbekannten Ziel stolpern die drei von einem Ereignis zum nächsten und begegnen Gegner*innen, die nicht nur gefährlich im Kampf sind, sondern auch politische Ränke schmieden.

Story

Getragen wird die Geschichte vom Protagonisten Kinch Na Shannack, einem jungen Mann aus Galtia, einem Land, dessen Bewohner*innen einer Legende nach von Elfen abstammen und daher einen feinen Körperbau und leicht spitz zulaufende Ohren aufweisen. Auch seine charakteristische schwarze Zunge verdankt Kinch seiner Herkunft, die ihm jede*r an der Zungenspitze ansehen kann. Der Protagonist spricht fließend Sarkasmus und Ironie. Seine Gespräche sind geprägt von Flüchen und sarkastischen Witzen, auch in den unpassendsten Momenten.

Im Auftrag der Diebesgilde, der er ob seiner Ausbildung zum Dieb jede Menge Geld schuldet, soll Kinch die Rabenritterin Galva begleiten, um sie mit seinen besonderen Fähigkeiten zu unterstützen. Das Ziel seiner Reise wird ihm von dieser zu Beginn nicht mitgeteilt, doch ist er nicht in der Position, Forderungen zu stellen. Im Laufe der Reise treffen die beiden auf die Magierin Norrigal, die sich ihnen aus vordergründig selbstlosen Motiven anschließt. Das Highlight der Gruppe ist jedoch ein blinder Kater, dem Kinch das Leben rettet und der ihn fortan begleitet.

Das Dreiergespann erlebt im Laufe der gut 500 Seiten starken Geschichte diverse Herausforderungen auf dem Weg zu ihrem Ziel. Die Handlung ist dabei geprägt von unerwarteten und interessanten Wendungen. Die Gruppe ist das Ziel einer lang geplanten politischen Intrige, muss aber genauso gegen physische Gegner*innen kämpfen, wie eine Assassinen-Adeptin, die es auf ihre Köpfe abgesehen hat. Die Erlebnisse lesen sich spannend, ab dem ersten Fünftel baut sich eine Spannungskurve auf, die auf den letzten Seiten des Romans in einem fulminanten Finale ihren Höhepunkt findet.

Während sich der Autor auf Spannung und interessante Handlungen versteht, fehlt es dem Buch ein wenig an nachvollziehbaren Charakteren. Die drei Protagonist*innen wirken wie austauschbar. Kinch charakterisiert sich einzig durch seinen mitunter übertrieben geäußerten Sarkasmus sowie dem reinen Reagieren auf das, was ihm begegnet und passiert. Auch die Rabenritterin Galtia und Magierin Norrigal wirken zweidimensional; anstatt Galtia hätte ein beliebiger kampferprobter Charakter in die Geschichte eingefügt werden können. Norrigal wird als magisch begabte Frau dargestellt. Ihr einziger Charakterzug scheint ihr romantisches Interesse an Kinch zu sein, an weiteren Gefühlsregungen oder Eigenschaften mangelt es dieser Rolle. Bei ihr handelt es sich leider um den klassischen weiblichen Sidekick.

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Die Beschreibung der Protagonist*innen und Abwesenheit glaubhafter dreidimensionaler Held*innen wirkt sich negativ auf die Spannungskurve des Romans aus. Fehlt es Lesenden an der Möglichkeit, sich mit Charakteren zu identifizieren, sinkt das Interesse, der Handlung selbst folgen zu wollen. So weist der Roman trotz der Finesse des Autors für eine spannende Handlung seine Längen auf.

Mit dem Weltenbau von Der schwarzzüngige Dieb hat sich Buehlman sehr viel Mühe gegeben. So finden sich auf der im Buch befindlichen Weltkarte 17 verschiedene Länder und vier Weltmeere. Der Autor erdachte sich eigens neue Namen für Wochentage und Monate im Jahr, wobei sich ein Monat mit 36 Tagen an die Mondphasen anlehnt und abgesehen eines neuen Namens kaum von dem uns bekannten abweicht. Die Länder werden von Menschen bevölkert, die in einem typischen an das Mittelalter angelehnte Setting ohne Schwarzpulver oder Maschinen leben. Als Besonderheit sticht hierbei heraus, dass sich die Herkunft nicht an typischen und oft wiederholten Merkmalen wie Hautfarbe oder Körpergröße ablesen lässt, sondern mit veränderter Zungenfarbe – wie bei unserem Protagonisten – oder angespitzten Ohren gearbeitet wird. Das Magiesystem wiederum greift in Form einer weichen Definition auf Altbewerters zurück; Magier*innen können scheinbar ohne feste Grenzen die Welt verändern und erschöpfen an einem durch den Autor bestimmten Zeitpunkt.

Schreibstil

Christopher Buehlmans Schreibstil ist geprägt von bildgewaltigen und ausführlichen Beschreibungen der von ihm erdachten High Fantasy-Welt. Actionszenen kommt dieser Schreibstil zugute und es ist eine Freude, sich die beschriebenen Handlungen vorzustellen. Ergeht sich der Autor in langen Andeutungen und Benennungen weiterer Kulturen, Völker und Namen, sorgt er jedoch für das Gegenteil und der Text wirkt ausufernd. Gerade die ersten einhundert Seiten des Romans erschwerten es aus diesem Grund, in die Geschichte hineinzufinden, sodass eine gemeinsame Leserunde mit Freund*innen vielleicht angeraten wäre.

Bei Der schwarzzüngige Dieb handelt es sich um eine Geschichte, bei der das Motto „weniger ist mehr“ zutreffend ist. Kürzungen an der ein oder anderen Stelle hätten dem Roman gutgetan. Möglicherweise ist diese Problematik Buehlmans Exkurs aus dem Horror Genre in die High Fantasy geschuldet. Da der Roman als Auftakt einer Reihe veröffentlicht wurde, besteht für den Autoren die Chance, hier nachzubessern oder auf bereits Beschriebenes aufzubauen.

Der Autor

Christopher Buehlmann veröffentlichte als amerikanischer Autor diverse Romane im Bereich des Horrorgenres. Mit The Blacktongue Thief veröffentlichte er 2021 im Tor-Verlag erstmals ein Buch im Bereich der High Fantasy.

Den in St. Petersburg in Florida lebenden Autoren begleitete die Kunst sein Leben lang. Nach seinem Studium des Französischen und der Geschichte an der Florida State Universität tourte er 25 Jahre lang mit einer mittelalterlich geprägten Show „Christoph the Insultor“ über Mittelaltermärkte und trat in Tavernen und auf Festivals auf. Er frönte der Kunst ebenso in dem Erschaffen von Theaterstücken und Gedichten.

Eine offizielle Autorenhomepage für Kontakte und Informationen über seine Bücher ist vorhanden, Informationen sind jedoch eher auf seinem aktiv geführten Twitterprofil @Buehlmeister zu erwarten.

Erscheinungsbild

Das Cover der deutschen Veröffentlichung wurde durch die deutsche Grafikdesignerin Birgit Gitschier unter Verwendung eines Bildes des italienischen Künstlers Frederico Musetti erstellt. Es verwendet einen ähnlichen Bildausschnitt zum originalen Cover der amerikanischen Ausgabe. Während dieses ein schwarz-weißes Bildnis mit gelbem Hintergrund und Blockschrift auftritt, weiß das deutsche Cover mit verschnörkelter goldgeprägter Schrift und einem eindeutig dem fantastischen Genre zuzuordnenden Bildnis aufzuwarten. Auch der blinde Kater, der wichtiger Bestandteil der Handlung des Buches ist, schaffte es auf das neue Cover. Mit der Beauftragung Birgit Gitschiers für ein neues Aussehen des Romans hat der Verlag eine gute Entscheidung getroffen, die dem Buch ein wunderschönes Aussehen schenkte.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Hobbit Presse Klett-Cotta
  • Autor*in(nen): Christopher Buehlman
  • Erscheinungsdatum: 20. August 2022
  • Sprache: Deutsch (Aus dem Amerikanischen übersetzt von Urban Hofstetter und Michael Pfingstl)
  • Format: Hardcover
  • Seitenanzahl: 528
  • ISBN: 978-3608986419
  • Preis: 26 EUR (Print) + 20,99 EUR (E-Book) + 22,99 EUR (Hörbuch)
  • Bezugsquelle Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Auf den letzten Seiten des Buches finden sich zusätzliche Grafiken, die das Lesen erleichtern können. Auf einer Doppelseite wurde die Karte der Welt mit all ihren zahlreichen Ländern abgedruckt. So können Leser*innen der Reiseroute der Gefährten auch auf einer Karte visualisiert folgen. Darauffolgend stellen zwei Bildnisse die zehn Monate des Jahres sowie die Wochentage eines Monats vor. Ob des Umfangs der erdachten Welt hätte dem Buch ein Glossar sowie eine Kurzvorstellung aller wichtigen Charaktere gutgetan.

Fazit

Mit Der schwarzzüngige Dieb veröffentlichte der im Horror-Genre ansässige Autor Christopher Buehlman den Auftaktroman einer High Fantasy-Reihe, die im August 2022 erstmals den deutschen Markt erblickte. Auf gut 500 Seiten begleiten die Lesenden den sarkastischen Dieb Kinch Na Shannack mit seinen beiden Begleiterinnen Galva und Norrigal auf seinem Abenteuer quer durch die Lande, verwickelt in politische Ränke wie auch physisch herausfordernde Gegner*innen.

Buehlman führt bildgewaltig und ausführlich in die durch ihn erdachte Welt ein. Mit teilweise ausufernden Beschreibungen kann er Lesende mitunter abhängen. Dies macht er durch seinen spannenden Schreibstil, wenn es um Action-Szenen geht, wett. Wer einmal in die Geschichte eintauchen konnte, wird mit einem fulminanten Finale belohnt. Einzig die Dreidimensionalität der Charaktere lässt zu wünschen übrig.

Mit einem wunderschönen Cover verpasste der Verlag Hobbit Presse dem Buch das passende Aussehen eines High Fantasy Romans. Das Cover verspricht eine interessante Geschichte, die der Autor Buehlman halten kann.

  • Hohe Spannungskurve
  • Bildgewaltige Actionszenen
  • Wunderschönes Cover
 

  • Zweidimensionale Charaktere
  • Ausufernde Beschreibungen

 

Artikelbilder: depositphotos | © grandfailure
Layout und Satz: Annika Lewin
Lektorat: Nina Horbelt
Dieses Produkt wurde privat finanziert.

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