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Mindclash Games sind bekannt für komplexe Eurogames, die gerne als Hirnzwirbler dienen. Ob Trickerion, Anachrony oder das ebenfalls noch kommende Voidfall: Sie alle haben einen sehr hohen Komplexitätswert auf Boardgamegeek. Mit Septima wollte man nun einen etwas zugänglicheren Vertreter des Genres auf den Markt bringen. Wir haben den Prototypen getestet.

Die Prämisse ist eindeutig. Wir sind die Oberhäupter mächtiger Hexenzirkel und wollen die Nachfolge der großen Septima antreten. Dafür müssen wir unsere Weisheit mehren, indem wir Tränke brauen, Kranke heilen und uns nicht von Hexenjägern erwischen lassen und möglicherweise den Hexenprozess gemacht bekommen.

Das Crowdfunding des Spiels von Robin Hegedüs ist bereits vorbei, aber eine Late-Pledge-Option über Gamefound ist noch bis Ende Dezember 2023 möglich. Daher haben wir uns für euch den Prototypen angeguckt und sagen euch, für wen es sich lohnen könnte, doch noch einzusteigen.

Das Spiel, welches uns zur Verfügung gestellt wurde, ist ein Prototyp. Es ist daher im Rahmen des Möglichen, dass beim Spielablauf und vor allem beim Material noch Änderungen vorgenommen werden. Wir berichten über den Inhalt, der vorliegt. Zudem war der Prototyp in englischer Sprache. Die Spielbegriffe, die verwendet werden, sind freie Übersetzungen. Die offiziellen deutschen Begriffe der fertigen Version können abweichen.

Spielablauf

Bei Septima geht es darum, am Ende der Partie die meiste Weisheit (Siegpunkte) angehäuft zu haben und die Nachfolge der namensgebenden Ober-Hexe antreten zu dürfen. Die Spielenden verkörpern Hexenzirkel, die zu Beginn aus zwei Hexen (Hexen wird in Septima synonym für männlich und weiblich benutzt) bestehen. Die Hexen werden zu Beginn zufällig verteilt und somit sind die Zirkel jede Partie anders, und auch die Fähigkeitskombinationen, die sie bieten, sind hoch asymmetrisch.

Der wunderschöne Spielplan.

Eine Partie wird über vier Jahreszeiten á fünf Mondphasen gespielt. In jeder dieser Mondphasen gelten durch die wandernden Septima-Marker andere Bedingungen für den eigenen Zug. Das Symbol, welches der dann aktuelle Marker anzeigt, ist für die nächsten Schritte von elementarer Bedeutung. Alle Spielenden wählen eine ihrer verfügbaren Handkarten aus. Diese Handkarten zeigen die möglichen Aktionen der Zirkel an. Sie haben zwei Aktionen abgedruckt. Die obere Standardaktion der Karte wird auf jeden Fall ausgeführt, die andere nur, wenn entweder ein anderer Zirkel die Karte ebenfalls wählt oder die Aktion mit dem Symbol des Septima-Markers übereinstimmt.

Die Aktionskarten.

Insgesamt gibt es acht verschiedene Standardaktionen (zehn, wenn mit den optionalen Modulen gespielt wird).

  • Die Aktion Bewegen erlaubt es, sich bis zu vier Felder weit zu bewegen.

  • Beim Sammeln dürfen die in der aktuellen Mondphase verfügbaren Trankzutaten der angrenzenden Felder gesammelt werden.

  • Bis zu drei Tränke dürfen mit Brauen zubereitet werden. Die Tränke gibt es in zwei Kategorien. Die eine Kategorie Tränke gibt den Zirkeln sofort Weisheit und einen Einmaleffekt, der zu einem beliebigen Zeitpunkt eingesetzt werden kann.

  • Die anderen Tränke sind für die Aktion Heilen wichtig. Hierbei dürfen bis zu zwei angrenzende Patient*innen mit dem passenden Trank für ihr Leiden geheilt werden.

Die Tränke.
  • Mit einer Rekrutierung dürfen zwei loyale Bürger*innen in den Pool der Prozessmeute gelegt werden.

  • Sollten dort schon Bürger*innen-Meeple liegen, könnte man auch mit einem Plädoyer einen davon in eine Prozesskammer stecken. In diesen Kammern finden am Ende einer Jahreszeit die Hexenprozesse statt, auf die wir später noch im Detail eingehen.

  • Um nicht zu verdächtig zu werden und den Hexenjägern (deren Meeple mit ihren Bärten schon sehr grimmig aussehen) aufzufallen, kann man sein Verdachtslevel durch Musizieren senken.

  • Die letzte Möglichkeit außerhalb der optionalen Module ist das Erinnern. Hierdurch darf eine bereits in dieser Runde gespielte Karte erneut ausgeführt werden. Ansonsten muss man bis zum Ende der Jahreszeit warten, um eine Aktion erneut spielen zu dürfen.

  • Bei den Modul-Aktionen handelt es sich um die Verwandlung und das Ritual. Bei der Verwandlung ändert der Zirkel seinen Meeple in den entsprechenden Tier-Meeple. Ab sofort erregt man weniger Aufmerksamkeit, hat aber auch veränderte Aktionsmöglichkeiten je nach Tier. Beim Ritual darf man auf der Ritualleiste vorschreiten, um Sofortboni zu erhalten.

Das optionale Ritualboard.

Haben alle Zirkel ihre Karte gewählt, werden diese aufgedeckt. Alle Zirkel (dargestellt durch den Hexen-Meeple) dürfen sich nun ein Feld bewegen und die Aktion ihrer Karte ausführen. Haben mehrere Spielende die gleiche Aktion gewählt oder die des Septima-Markers, steigern sie ihr Verdachtslevel. Alle Personen, die in einem Gebiet mit einem Hexenjäger stehen, müssen nun seinen Wachsamkeitswürfel werfen. Das Würfelergebnis und das aktuelle Verdachtslevel addiert gibt an, wie viele Felder der Hexenjäger auf die Jagd gehen kann. Ist der Meeple des Zirkels erreichbar, wird die aktuell anführende Hexe des Zirkels gefangen genommen und in die Zelle für die Prozesskammer gesperrt. Sind noch Mondphasen in der aktuellen Jahreszeit zu spielen, geht es wieder beim Vorrücken der Septima-Marker los. War es die letzte Mondphase der Jahreszeit, geht es weiter mit den Hexenprozessen. Die loyalen Bürger*innen der Zirkel werden mit neutralen und „bösen“ Meeplen in einen Beutel gegeben. Der Prozess wird nun den ausliegenden Hexen in den beiden Kammern gemacht. Nacheinander werden die Meeple aus dem Beutel gezogen. Je nach Mehrheit erwarten die Hexen nun unterschiedliche Schicksale. Hat eine der loyalen Fraktionen die Mehrheit, schließt sich die Hexe dem jeweiligen Zirkel an. Haben die „Bösen“ die Oberhand, wird die Hexe aus der Stadt verbannt und aus dem Spiel entfernt.

Die verfügbaren Hexen.

Am Spielende gibt es noch zusätzliche Weisheitspunkte zu denen, die man bereits während der Partie durch beispielsweise Tränke brauen erhalten hat. Hierbei haben am Spielbeginn alle eine Karte mit geheimen Zielen erhalten. Auf diesen Karten sind vier Bedingungen, die erfüllt werden müssen, um 5, 10, 15 oder 20 Punkte zu erhalten. Diese Bedingungen könnten sein, dass man noch vier Tränke besitzen muss, einen Verdachtswert von Minimum sieben haben muss, man mindestens drei Blinde geheilt haben muss oder ähnliches. Man darf so viele Ziele erfüllen, wie man Hexen in seinem Zirkel zum Ende des Spiels hat.

Mögliche Siegpunktkarten.

Ausstattung

Für einen Prototypen war das Spielmaterial beeindruckend. Die bereits vorhandenen Ressourcen-Token, die Meeple und Karten hätte man auch so in einem „fertigen“ Spiel erwarten können und hätte sich nicht beschwert. Erst beim Betrachten der Schachtel, des Spielplans und des Würfels (und des Fehlens einer gedruckten Anleitung) wurde wieder klar, dass dies die Vorab-Version ist. Die Anleitung war für eine Vorabversion schon sehr gut strukturiert und verständlich.

Das Artwork des Spiels ist super stimmig und fängt das sehr mystische Flair hervorragend ein. Die Illustrationen der Hexen sind wunderschön und sehr divers.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Mindclash Games
  • Autor*in(nen): Robin Hegedüs
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Englisch (später auch auf Deutsch)
  • Spieldauer: 50 bis 100 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 1 2 3 4
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Preis: 80 EUR
  • Bezugsquelle: Late Pledge auf Gamefound (noch bis Ende Dezember 2022)

 

Bonus/Downloadcontent

Es gibt die vorläufige englische Anleitung über die Dropbox von Mindclash Games.

Erster Eindruck

Mindclash Games liefert definitiv wieder ab. Für das bisherige Portfolio des Verlags ist Septima auch definitiv ein „Leichtgewicht“. Aber das Spiel ist immer noch ein Euro-Klotz. Die tatsächliche Anzahl an Möglichkeiten in einem eigenen Zug ist übersichtlich, aber es erfordert eine Menge Vorausplanung, um seine Züge gut nutzen zu können. Optimier-Enthusiast*innen können sich trotzdem häufig in der Analyse-Paralyse verlieren. Die einzelnen Mechaniken wirken anders als bei vielen anderen Eurogames nicht stumpf aufgesetzt, sondern sehr stimmig und hervorragend in das Thema eingebettet. Insbesondere die Hexenprozesse und die Verfügbarkeit von Zutaten nur zu bestimmten Mondphasen spielen sich sehr natürlich. Doch wie bei Euros nicht selten der Fall, gibt es durch die vielen ineinandergreifenden Mechaniken auch einen hohen Aufwand an Verwaltung. Das kann einige Partien in die Länge ziehen. Innerhalb jeder Jahreszeit passiert oft „das Gleiche“. Das ist leider einer der Kritikpunkte, die ich Septima ankreiden muss. Eine Partie spielt sich manchmal zu lang.

Sollte man Spaß an Eurogames haben, die nicht zwingend unendlich viele Möglichkeiten bieten müssen, ist Septima eine klare Late-Pledge-Empfehlung. Alleine das Material ist eine Augenweide, die jeden Tisch bereichert. Unser Zirkel macht sich schon bereit für die erste Partie mit dem fertigen Spiel.

 

Artikelbilder: © Mindclash Games
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Saskia Harendt
Fotografien: Tim Billen
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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