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Deutsche Fans mussten sich eine Weile gedulden, doch nun haben die Titans aus dem Hause DC Entertainment bei Netflix eine neue Heimat gefunden. Doch die Serie spaltet unsere Comic-Redaktion. Während einige Mitglieder der Redaktion Titans als eine der besten Comic-Serien feiern, schalten andere ab. Hier erfahrt ihr, warum!

Bereits in den 1960er Jahren erblickte ein sehr buntes Superhelden-Team das Licht der Welt. Es war das Silver Age of Comic Books. Es war eine Zeit, in der die Comics einen leichtherzigen, fast absurden Ton anschlugen. Denn sie mussten die Auflagen des Comic Code erfüllen, der Comics als gefährdend für Jugendliche einstufte. In dieser Zeit wurden Reihen wie die Superfreunde, Superboy und andere, junge Titel geboren. Darunter war auch eine Serie, die sich mit den jugendlichen Sidekicks der etablierten Helden beschäftigen sollte. Die Teen Titans erblickten das Licht der Welt.

Erst in den 1980er-Jahren gelang dem Team jedoch der große Durchbruch. Damals bestand die Gruppe aus Dick Grayson alias Nightwing, der zuvor als Robin an Batmans Seite gedient hatte, der düsteren Halbdämonin Raven, dem Gestaltwandler Beast Boy, der attraktiven Sternenprinzessin Starfire und natürlich dem Kid Flash Wally West. Auch Wonder Girl und Cyborg waren mit von der Partie.

Zuvor hatten Helden wie Hawk und Dove, Bat Teen, Lilith und Harlequin (nicht zu verwechseln mit der heute beliebten Harley Quinn) die Reihen gefüllt, und die Besetzung war einem ständigen Wechsel unterworfen. Die Serie lebte von ihrer Spritzigkeit und ihren Soap-Opera-Elementen, die eine junge Leserschaft fesseln sollten. Die Hochzeit von Nightwing und Starfire schrieb Comic-Geschichte.

Der erfolgreichste Run der Reihe fand unter Meisterautor Marv Wolfman statt und ist im Sammelband Der Judas-Auftrag nachzulesen. Diese Story wurde kürzlich auch als Animationsfilm recht gut umgesetzt. Hier trifft das junge Team auf Deathstroke, eine Schöpfung Wolfmans und mittlerweile einer der beliebtesten Schurken des DC-Universums.

Als Ende vergangenen Jahres in den USA der eigene Bezahlsender von DC startete, sollte Titans das Flaggschiff werden. Doch erst seit Januar können auch deutsche Zuschauer die Serie auf Netflix anschauen. Wir haben dies getan. Die Redaktion ist gespalten.

© Netflix
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Warum Titans eine hervorragende Serie ist
(Meinung von Leander Linnhoff)

Seit Monaten starre ich schon immer wieder gebannt auf das Inhaltsverzeichnis von Netflix. Die Titans kommen, die Helden meiner Kindertage, die ich noch unter dem Namen Die Jungen Giganten kennenlernte. Nun ist es endlich soweit. Ich tauche ein …

Und finde mich in einer Fernsehwelt wieder, die mehr DC nicht in sich tragen könnte. Alle Elemente, die für diesen Verlag sprechen, finde ich vor. Die Serie reißt mich vom ersten Moment mit. Denn ich finde eine düster inszenierte Welt wieder, deren Lebensfeindlichkeit man spüren kann. Verbrechen und Gewalt sind an der Tagesordnung, sie scheinen den Alltag zu dominieren. Mitten in diese Düsternis wird eine kleine Schar von Figuren geworfen, die sich vom ersten Moment an entwickeln. Sie sind keine Helden, aber sie könnten es werden. Sie sind glaubwürdig, liebenswert und es fällt leicht, sich emotional an sie zu binden. Sie ringen mit ihren Schwächen und suchen nach Halt – in ihrem neuen Team und in sich selbst. Beladene Seelen, die den Widrigkeiten trotzen, sind mir viel lieber als übermenschliche Hochglanzhelden. Das mochte ich immer an Batman und Robin, das mag ich an den Titans. Die Drehbuchautoren lassen sich Zeit, hetzen den Zuschauer nicht und lassen wahre Nähe zu.

© Netflix
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Auffällig ist das hohe Maß an Gewalt, das in der Serie zum Einsatz kommt. Gewaltpornographie: Dieser Begriff geistert bereits durch Kommentarspalten der Social-Media-Plattformen. Aber das ist es nicht. Die Gewalt ist hart. Und das spüren die Figuren, setzen sich mit ihr auseinander, hadern mit ihr und mit sich selbst. Action ist hart präsentiert, aber kein Selbstzweck. Sie ist erzählerisches Mittel, das wirkungsvoll zum Einsatz kommt. Das passt nicht unbedingt zum ursprünglichen Konzept der Titans. Aber es passt zur düsteren Welt des DC Universe, und Titans wird noch eine Reihe Nachfolgeserien nach sich ziehen.

Die Macher der Serie kennen das Universum des Verlages gut, konfrontieren uns immer wieder mit bekannten Figuren und interpretieren sie auf interessante und einfühlsame Weise neu. Wer DC liebt, wird sich hier zu Hause fühlen.

Warum Titans nicht für jeden ist
(Meinung von Kai Frederic Engelmann)

Man merkt der Serie an, dass es eine moderne Produktion ist. Nach den ersten Folgen sind die Titans immer noch hauptsächlich allein unterwegs, und es dauert, bis sie zu einem Team werden. Die Figuren verarbeiten ihre Origin-Stories und werden als gebrochene Figuren dargestellt.

Dabei gefällt mir die düstere Grundstimmung und der Spannungsaufbau. Die Charakterzeichnung funktioniert einwandfrei und das Innenleben der Figuren wird erlebbar. Leider neigt die Serie auch zum Schwafeln, und ihr fehlt, wie vielen modernen Serien, der Fokus. In einzelnen Folgen werden dabei viele Plotfäden weitergesponnen, ohne dass es an dieser Stelle nötig ist.

Der größte Kritikpunkt bleibt aber die Gnadenlosigkeit, mit der Gewalt in der Serie präsentiert wird. Robin wird als kaltblütiger Rächer präsentiert, der seine Gegner fast schon leidenschaftlich massakriert. Das würde zu Jason Todd passen, aber Dick Grayson wurde in anderen Medien als besonnener dargestellt. Und auch Kori (Starfire) tötet Feinde, ohne mit der Wimper zu zucken. Diese Selbstverständlichkeit, mit der hier Gewalt präsentiert wird, schockiert. Klar gibt es im Verlauf der Staffel eine Charakterentwicklung, und die Gewalt soll innere Zerrissenheit oder Orientierungslosigkeit widerspiegeln, doch in diesem Ausmaß ist sie weder nötig, noch sinnvoll eingesetzt.

Jeder sollte sich fragen, ob ihm dieses Ausmaß an Brutalität recht ist und ob der gelungene Spannungsaufbau dieses Manko wettmacht. Auch sollte niemand die Serie schauen, der zu sehr an früheren Interpretationen der Figuren hängt.

© Netflix
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Warum ich von Titans nicht einmal eine Folge vollständig angesehen habe
(Meinung von Holger Christiansen)

Meine erste, und bis dato auch einzige, Berührung mit den Teen Titans war die gleichnamige Zeichentrickserie, die von 2003 bis 2006 produziert wurde. Dort fand ich die Charaktere interessant, die Storys meist gut geschrieben. Und als die Serie zu Ende ging, endete eine Weile auch mein Interesse an dem Team. Bis dann irgendwann mit Young Justice eine weitere Serie kam, die ein ähnliches Team zeigte, mit ähnlich gut geschriebenen Figuren und Plots. Auch diese Serie habe ich geliebt und warte nun sehnsüchtig auf die neue Staffel, die ja dann doch endlich kommen soll.

© Netflix
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Bei Teen Titans Go! hat mich der Zeichentrick so sehr erschrocken, dass ich keine Veranlassung sah, diese offensichtliche Comedy-Serie eines weiteren Blickes zu würdigen. Umso mehr freute ich mich, als eine Realserie angekündigt wurde, die sich mit den Titans beschäftigen würde. Aber schon die Trailer machten mich Stutzig. „F*ck Batman?“ Muss das sein?

Dennoch gab ich der Serie eine Chance und habe die erste Folge angemacht, als diese endlich über Netflix in Deutschland zu bekommen war. Doch was ich dort sah, erstickte schnell jegliches Interesse daran, die Serie weiter zu schauen. Gewaltporno. Genau das, was man schon seit Langem über die Serie hörte, zeigte sich in der ersten Folge nur allzu deutlich. Übertrieben – zumindest für eine Serie – heftig dargestellte Gewalt in jeder Kampfszene. Und die Dialoge dazu noch so hölzern, dass auch diese kein Grund waren, die Serie weiter zu beachten. Also brach ich die Folge etwa in der Mitte ab. Das sind nicht die Titans, die ich sehen wollte, und das ist auch keine Art der Gewaltdarstellung, an der ich Interesse habe.

Dann schon lieber Serien wie Flash oder Supergirl vom gleichen Produzenten. Die Dialoge sind kaum besser, aber dafür machen die Serien deutlich mehr Spaß!

Fazit

Jeder Zuschauer wird selbst entscheiden müssen, ob er der Serie eine Chance einräumt. Einen Blick hinein sollte man jedoch werfen, wenn man sich an einer ernsthaften Diskussion beteiligen möchte. Manch einen werden die Titans in ihren düsteren Bann ziehen. Andere werden die Serie vielleicht hin und wieder einschalten. Wieder andere Zuschauer werden sich von der Gewalt abgestoßen fühlen oder mit den Charakteren nicht warm werden. Für DCs hauseigenen Streaming-Dienst ist die Serie ein erfolgreicher Auftakt, der das Potenzial hat, die Zuschauerschaft zu spalten.

Artikelbilder: © Netflix, Bearbeitet von Verena Bach

36 Kommentare

  1. Flash und supergirl als Maßstab zu nehmen und dann Titans schlecht finden? Supergirl ist völlig banales irgendwas Mixzeug aus Superhelden und Greys anatomy. Es gab Ausschnitte die fand ich gelinde gesagt lächerlich. Flash fand ich 2 Staffeln gut (Dialoge mal abgesehen), die 3. Ok und die 4. Hat mich überzeugt das DC Serien doch nur… nicht gutes Zeug sind.

  2. Titans ist unterhaltsam. Man verpasst kein Meisterwerk wenn man sich die Staffel nicht gibt, aber fürs dahin vegetieren ist die Serie gut. Ich mag die knallharte Starfire und den etwas desillusionierten Dick.

  3. Ich finds super.
    Dachte erst: Och nö. DC. Teenies … Wird bestimmt bunt, modern hip und blutarm.
    Ist aber komplett das Gegenteil. Endlich einmal wieder was erwachseneres von DC. Und auch mit guter Härte.

  4. Alle dc Serien waren bisher GANZ GANZ schlimm. Arrow, flash, und diese dingensheroes of tomorrow. Ach ja und der total gut maskierte blitzschuldirektor. Schlechte Plots, schlechte Darsteller Und insgesamt „Beverly Hills 90210“ als Superhelden.

    Dem gegenüber waren die meisten Marvel Serien deutlich überlegen.

    Sollte ich dennoch diese dc Serie probieren?

  5. War fangans sehr skeptisch nach dem was man an Trailer und Bildmaterial hatte, habe es dann aber doch eine Chance gegeben und muss sagen… Verdammt nochmal ist das GUT. Ich bin jetzt schon stark auf die nächste Staffel gespannt.

  6. Ich hab mich nur gefragt was bei den CGI Effekten kaputt war. Raven und Starfire waren gut gemacht im Gegensatz zu einigen anderen Effekten in der Serie, z.b.Beast Boys Tigerform. Ich hatte das Gefühl, dass das nur halbherzig hingeklatscht wurde. Da hätte ich von WB mehr erwartet :/

  7. Nachdem ich jetzt die komplette Staffel gesehen habe, bleibt mein Fazit ein entschiedenes: „Meh.“ Es gibt immer wieder ganz nette Ansätze, die komplexere Charakterisierung oder intelligente Plots zumindest in Aussicht stellen, aber dann stolpern die Figuren doch wieder nur aufgrund von Skriptnotwendigkeit von einer dummen Entscheidung zur nächsten. Die Produktion wirkt angesichts des darin versenkten Budgets immer wieder erstaunlich billig (ich denke hier besonders an die Locations), und erinnert trotz passablen CGIs oft eher an TV-Produktionen der 1990er.
    Im Vergleich zu den glorifizierten WB-Soaps (Arrow, etc.) mag „Titans“ noch ganz passabel wirken, aber in direktem Kontrast mit den besten Serien aus dem Hause Marvel muss man sagen: netter Versuch, aber nein. Die Figuren bleiben flach, der Plot vorhersehbar, und alles ist viel zu grimdark angesichts der teilweise doch sehr un-ernsten Figuren (Doom Patrol, Koriandr im 70er-Asphaltschwalbenlook mit funky Auto).

    Trostpflaster: „Hank and Dawn“ war eine richtig gute Folge, in welcher der angepeilte „harte“ Realismus tatsächlich funktionierte und die Serie kurzfristig fast wie Alan Moore’s „Watchmen“ wirken ließ. (Sprich: was wäre realistisch zu erwarten, wenn sich tatsächlich verkleidete Selbstjustizler als „Superhelden“ gerieren würden?)
    Die Hauptdarsteller sind durch die Bank gut besetzt und auch darstellerisch kompetent genug, um ihren Part gut herüberzubringen. Wenn jetzt das Skript noch besser wäre…

    Fazit: für mich ist die beste Darstellung der „Titans“ nach wie vor bei DC Animated zu finden. Selbst eine Zeichentrickserie wie Young Justice vermag „Titans“ locker den Rang abzuknöpfen.

  8. Nachtrag: die Serie ist auch „snyderesk“ im schlechtestmöglichen Sinne: derselbe Mangel an Charakterisierung, Spannungsaufbau und stringenten Plots, dieselbe „grimdark/edgy“-Grundhaltung inklusive exzessiver Gewalt, und das alles leider auch noch ohne die Spektakel-Ästhetik, die man den meisten Snyder-Filmen immerhin zugestehen kann.

  9. Mal eine kleine Zwischenbemerkung für die Fanboys (so auch den positiv gestimmten Autor der verlinkten Rezension):
    grimdark-„Realismus“ ist NICHT das, was DC Comics auszeichnet. Selbst der „Batfamilie“ wird man mit diesem Ansatz nicht gerecht, aber jenseits dieser kleinen Ecke hört es dann ganz auf – weshalb Snyders Versuch, irgendwie an Nolans (exzellente) Umsetzung anzuknüpfen, so ein Fiasko war.

  10. Nachdem ich jetzt ein paar mehr Folgen gesehen habe werde ich langsam warm mit der Serie.
    Die ersten folgen fand ich ein bisschen zu sehr auf Dark&Gritty gestyled. Mit brutalen Kampfszenen kann ich leben aber die Helden speziell Robin und Starfire kamen wie komplette Psychopathen rüber, die ihre Gegner brutal umbringen.
    Das fand ich zugegebenermaßen recht unpassend aber das bessert sich nach ein paar Folgen finde ich und die Charaktere werden deutlich sympathischer. Das einzige was mich zugegebenermaßen immer noch ein wenig stört ist Starfires Outfit. bzw die Tatsache, daß alle ihre Klamotten aus Lila Glitzerstoff zu bestehen scheinen.

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