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Nach den letzten Veröffentlichen für die PC-Version sah sich Paradox Interactive, der Produzent von Stellaris, teilweise lautstarker Kritik ausgesetzt. Bei dem Add-on Stellaris: Federations wollte das schwedische Spielestudio auf diese Kritik reagieren. Zugleich soll Federations bislang fehlende Komplexität im Bereich Diplomatie ins Spiel bringen.

Der Diplomatieteil von Stellaris wirkte schon seit Veröffentlichung des Spiels Anfang 2016 etwas spärlich. Nach zahlreichen Erweiterungen und Überarbeitungen der Bereiche Kriegsführung, Erkundung , Roboter, Megastrukturen und Massenvernichtung nahm sich Entwickler und Produzent Paradox Interactive diesmal die interstellaren Beziehungen vor. Nachdem es bei den letzten Erweiterungen aufgrund von zahlreichen Bugs und Performanceeinbrüchen massive Kritik von Seiten der Nutzer gab, überarbeitete Paradox diesmal seine Entwicklungsstrategie. Die interne Testphase wurde verlängert und die Veröffentlichung von Federations nach hinten verschoben. Das Add-on soll demnach nicht nur Stellaris verbessern, sondern auch zeigen, dass sich das Produktionsstudio die Rückmeldungen der Spieler zu Herzen nimmt. Den Kern von Federations bilden dazu eine Erweiterung der bisherigen Föderationsmechanik, die Einführung einer Galaktischen Gemeinschaft, Ursprünge für Reiche und neue Megabauwerke.

Erweiterte Föderationen

Die bisherige Standardföderation bei Stellaris war vor allem ein Militärbündnis, das eine gemeinsame Außenpolitik verfolgte und eine gemeinsame Kriegsflotte hatte. Ob die Föderation aus Unternehmen, kriegerischen Stämmen oder überzeugten Pazifisten bestand, spielte dabei keine Rolle. Dies ist jetzt nicht mehr der Fall: Das Add-on überarbeitet das Konzept von Föderationen grundlegend. Insgesamt gibt es nun fünf mögliche Varianten mit unterschiedlichen Boni und inneren Verfassungen. Handelsföderationen sichern Handelsfreiheit und stärken den Fluss von Handelsgütern; kriegerische Allianzen stärken sich gegenseitig ihre Flotten und Armeen während eine Technologieunion allen Mitgliedern Boni auf Forschung gibt. Eine Standardföderation wiederum ermöglicht eine bessere innere Zusammenarbeit ohne große Konflikte zwischen den Mitgliedern, wohingegen eine Hegemonie wenig mehr als die nett verpackte Herrschaft des Anführers über die Föderationsmitglieder als Vasallen sein kann.

Auch in ihrer inneren Verfassung sind Föderationen nun nicht mehr statische, immer gleiche Bündnisse. Sie wachsen nun in unterschiedlichsten Formen dynamisch und abhängig von ihren Mitgliedern und deren Interesse am Voranschreiten der gemeinsamen Zusammenarbeit. Eine Föderation zu entwickeln kostet die Mitglieder Aufmerksamkeit und Anstrengung, bietet aber zahlreiche lohnende Gewinnmöglichkeiten. Je stärker der gemeinsame Zusammenhalt ist, desto mehr Boni bringt sie ihren Mitgliedern. Welche Boni das genau sind, hängt dabei von der Art der Föderation ab. So wird das gegenseitige Band der Mitglieder im Lauf der Zeit immer fester und gewinnbringender.

Zugleich ermöglicht eine zunehmende Zentralisierung der Föderation den Erlass von Regeln und Richtlinien, die aus einer losen Vereinigung von Staaten einen gut organisierten Staatenbund machen. Ab einem gewissen Zeitpunkt stärken die inneren Reformen zudem den Föderationsanführer, zulasten der übrigen Mitglieder. Das Innenleben einer Föderation wird daher immer ein Abwägen zwischen Zusammenarbeit und Konflikt untereinander sein – genauso, wie jedes Mitglied für sich entscheiden muss, wie wichtig ihm die Föderation ist, denn um diese weiterzuentwickeln, werden vor allem die im Patch 2.6 neu eingeführten Gesandten verwendet. Gesandte sind auch an anderen Stellen sehr wertvoll, allerdings ist ihre Anzahl stark begrenzt. Wer sich zu sehr auf die eigene Föderation konzentriert, kann sich daher etwa auf der Bühne des Galaktischen Senats plötzlich von seinen Konkurrenten ausmanövriert sehen. Insgesamt macht diese neue Art der Föderation daher nicht nur Spaß, sie bringt auch mehr Abwechslung ins Spiel, sorgt damit für ein lebendigeres Stellaris-Universum und stellt den Spieler vor neue Herausforderungen.

Galaktische Gemeinschaft

Ein vollkommen neues Spielelement ist die Galaktische Gemeinschaft, repräsentiert durch den Galaktischen Senat. Sobald genug Reiche miteinander in Kontakt getreten sind, startet eine Ereigniskette, die mit der Gründung des Galaktischen Senats endet. Hier können alle Reiche Mitglieder sein, solange ihnen Diplomatie nicht vollkommen fremd ist. Jedes Senatsmitglied verfügt dabei über eine bestimmte Menge an politischem Einfluss auf dem Senatsparkett. Dieser ergibt sich aus der Flottenstärke, der Bevölkerungszahl und -zufriedenheit, der Wirtschaftsleistung und dem Technologiestand. Wie stark welcher dieser Werte zu Buch schlägt, hängt auch von den geltenden Resolutionen des Senats ab. Diese sind Regeln und Richtlinien aus den Bereichen Wirtschaft, Militär, Gesellschaft und Wissenschaft. Jedes Senatsmitglied kann Resolutionen einbringen. Die Resolution, die die meiste Unterstützung erhält, wird daraufhin dem Senat zur Abstimmung vorgelegt. Findet sie hier eine Mehrheit, dann tritt sie in Kraft.

Reiche, die gegen Resolutionen verstoßen, können durch den Senat sanktioniert werden.

Um sich die Unterstützung für eine Resolution zu sichern, kann man als Spieler Gesandte zum Senat schicken, die den eigenen Einfluss dort steigern. Außerdem kann man bei anderen Reichen Gefallen einfordern, um sich deren Stimmgewicht zunutze zu machen. Um Gefallen bei anderen Reichen zu bekommen, kann man diesen entweder eigene Gefallen anbieten oder man besticht sie.

Ähnlich wie eine Föderation startet die Galaktische Gemeinschaft daher als loser Bund, der kaum Einfluss hat. Doch mit jeder verabschiedeten Resolution wird dieser Bund enger und enger. Mit genug Geduld und der nötigen Skrupellosigkeit kann daraus ein mächtiges Band werden, das die eigenen politischen Gegner fesselt und erstickt. Besonders spätere Resolution greifen teilweise tief in die innere Ordnung aller Senatsmitglieder ein. Außerdem besteht die Möglichkeit, die Aufmerksamkeit aller Völker auf bestehende Bedrohungen für die Galaxis zu richten.

Wer sich seiner politischen Macht besonders sicher ist, kann sogar anstreben, diese in Stein zu meißeln, indem er den Galaktischen Rat ins Leben rufen lässt. Dieser Rat, der anfangs aus den drei einflussreichsten Reichen besteht, hat weitgehende Vetorechte und kann eigenständig festlegen, über welche Resolutionen abgestimmt werden soll. Die Anzahl an Ratsmitgliedern, die diese Macht haben, kann sowohl erweitert als auch verringert werden, bis gegebenenfalls am Ende nur noch einer entscheidet, was der Senat zu machen hat. So kann das Chaos streitender Reiche langsam zu einer florierenden und einvernehmlichen Gemeinschaft der Völker führen. Oder es findet sich ein einflussreicher, machtbewusster und zielstrebiger Senator, der die Galaktische Gemeinschaft nach seinem Willen formt …

Mit der Galaktischen Gemeinschaft schafft es Stellaris, die diplomatische Interaktion der einzelnen Reiche auf ein neues Niveau zu heben. Bislang war eine Föderation das Maß aller Dinge, aber nun ist es endlich möglich, mit allen anderen Reichen gleichzeitig diplomatisch zu agieren. Gerade die Resolutionen des Senats bieten hierbei die Möglichkeit, politische Konkurrenten anders als durch pure Waffengewalt loszuwerden. Besonders für pazifistische Spielstile bietet dieses Element daher eine großartige Aufwertung des Spiels. Doch auch für alle anderen eröffnet es ganz neue Möglichkeiten.

Ursprünge

Ursprünge geben, wie der Name schon sagt, Auskunft über die Herkunft des jeweiligen Reichs.

Und so, wie die Vergangenheit die Zukunft beeinflusst, bieten auch die Ursprünge entsprechende Vorteile, Nachteile und Besonderheiten. Neben einem Standard stehen den Spielern zahlreiche spezielle Ursprünge zur Verfügung: Schwarmbewusstseine können sich symbiotisch mit einem Lebensbaum verbinden, der ihnen massive Boni auf Planeten bringt, auf denen er oder einer seiner Samen lebt. Auf Planeten ohne diesen Baum hat das Schwarmbewusstsein dafür entsprechend große Nachteile. Der Ursprung „Sprössling“ hingegen lässt den Spieler als Vasall eines gefallenen Reiches starten. Dies schränkt die diplomatische Handlungsfähigkeit ein, beschert einem dafür aber einen patronenhaften Onkel, der alles besser weiß, dafür seinen Lieblingsneffen allerdings auch vor dem Schlimmsten beschützt und ihm ab und zu tolle Spielsachen schenkt. „Auf den Schultern von Riesen“ lässt Spieler direkt bei Spielbeginn gewisse Ungereimtheiten in der eigenen Geschichte entdecken, denen man archäologisch auf den Grund gehen kann. Bei anderen Ursprüngen startet man auf einer halbzerstörten Ringwelt, mit einem Sternentor im Heimatsystem oder auf mehreren Habitaten über der zerstörten Heimatwelt. Selbige explodiert beim Ursprung „Doomsday“ wenige Jahre nach Spielbeginn, weshalb man schleunigst andere bewohnbare Planeten finden und die Bevölkerung evakuieren muss, wenn das Spiel nicht schnell wieder vorbei sein soll. Zwei Ursprünge bieten einen Start in einer bestehenden Föderation und einer macht das Reich zur verlorenen und vergessenen Kolonie eines anderen Reiches, wobei ein Wiedersehen nicht unbedingt freundlich und harmonisch ablaufen muss. Die bisherigen Staatselemente „Mechaniker“ und „Überlebender“ sind nun ebenfalls Ursprünge.

Insgesamt sind die Ursprünge ein interessanter Ansatz, um die Reiche individueller zu gestalten und gleichzeitig neue und abwechslungsreichere Spieldurchläufe zu ermöglichen. Bisher war hier eine Variation lediglich durch die gewählten Ethiken und das individuelle Handeln des Spielers möglich. Die Ursprünge erweitern diese Möglichkeiten und bieten auch aus Rollenspielperspektive die Möglichkeit, eine einzigartige Geschichte voller Epik und Dramatik zu erzählen.

Neue Megakonstruktionen

Bereits dank früherer Erweiterungen ist es in Stellaris möglich, etwa Sonnen mit Dyson-Sphären zu ummanteln, Mineralien aus schwarzen Löchern zu extrahieren, Sternentore zu bauen oder NSA zu spielen und mittels einer gewaltigen Sensorphalanx die komplette Galaxis zu überwachen. Zu diesen und anderen Megabauwerken kommen nun noch zwei weitere hinzu: Zum einen ist nun der Bau einer Megaschiffswerft möglich. Hier können ganze Flotten zeitgleich und in ungeahnter Geschwindigkeit gebaut werden. Zum anderen führt Federations einen neuen gigantomanischen Schiffstyp ein: den Juggernaut. Dieses riesige Monstrum, das mit seiner Größe sogar noch die Titanen in den Schatten stellt, ist Schlachtschiff und Schiffswerft in einem. Sie ermöglicht es dem Spieler, auch bei Offensiven tief im gegnerischen Territorium jederzeit neue Schiffe zu bauen oder beschädigte zu reparieren. Nicht nur durch seine pure Masse, sondern auch durch seine Unterstützung der restlichen Flotte macht der Juggernaut so aus einer gewöhnlichen Streitmacht eine schier unaufhaltsame Armada.

Nachdem die bisherigen Megabauwerke überwiegend der Ressourcenproduktion, der Forschung, der Aufklärung und der Kolonisation dienten, ergänzt Paradox Interactive die Riege nun um offensive und defensive Flottenmegastrukturen. Diese fügen sich harmonisch in die bisherigen ein und bieten sinnvolle Erweiterungen, die den Spielern zusätzliche Optionen eröffnen. Gerade vor dem Hintergrund großer Föderationen stellen Juggernaut und Megaschiffswerft ein notwendiges Gegengewicht dar, das einzelnen Reichen helfen kann, sich gegen eine feindselige Galaktische Gemeinschaft zu behaupten. Problematisch ist hier in der aktuellen Spielversion lediglich, dass die Megaschiffswerft wie alle anderen Megakonstruktionen bis zum Abschluss eines Friedensvertrages unter der Kontrolle des Eigentümers bleibt. Erobert man also ein System mit Megaschiffswerft, kann der Gegner bis zum eigentlichen Friedensschluss weiter hinter der eigenen Front Schiffe in Masse vom Fließband laufen lassen. Hier müsste diese Megakonstruktion wie jede normale Sternenbasis behandelt werden, die bei feindlicher Besetzung nur noch vom Besatzer genutzt werden kann.

Die harten Fakten:

  • Entwicklerstudio: Paradox Interactive
  • Publisher: Paradox Interactive
  • Plattform: PC
  • Mindestanforderungen:
  • Betriebssystem: Betriebssystem: Windows® 7 SP1 64 Bit
  • Prozessor: Intel® iCore™ i3-530 oder AMD® FX-6350 oder besser
  • Arbeitsspeicher: 4 GB RAM
  • Grafik:Nvidia® GeForce™ GTX 460, AMD® ATI Radeon™ HD 5870 (1GB VRAM), AMD® Radeon™ RX Vega 11 oder Intel® HD Graphics 4600
  • Soundkarte: Direct X 9.0c- compatible sound card
  • Speicherplatz: 10 GB verfügbarer Speicherplatz
  • Netzwerk: Breitband-Internetverbindung
  • Genre: Strategie
  • Releasedatum: 17.3.2020
  • Spieleranzahl: Singleplayer und Multiplayer
  • Altersfreigabe: 7+
  • Preis: 19,99 EUR
  • Bezugsquelle: Steam, Paradox-Store

 

Fazit

Abschließend kann man daher festhalten, dass Federations inhaltlich als voller Erfolg gewertet werden kann. In Hinblick auf zuletzt laut gewordene Kritik kommt man zu dem Ergebnis, dass Paradox Interactive scheinbar aus seinen Fehlern gelernt hat. Federations wirkt ausgereift und zeigt in der Erstbetrachtung keine nennenswerten Bugs. Zugleich beseitigt das Add-on die beiden altbekannten Schwächen von Stellaris, nämlich die mangelnde Bedeutung von Diplomatie und störende Performanceprobleme im Late-game. Besonders die für das Add-on namensgebenden komplexeren Föderationen mit ihrer inneren Gesetzgebung und verschiedenen Entwicklungsstufen machen diplomatische Interaktionen lohnender und glaubwürdiger. Gelungen ist auch die Galaktische Gemeinschaft. Sie ermöglicht nicht nur eine friedliche Auseinandersetzung mit Konkurrenten, sondern erzeugt auch für die SpielerInnen einer großen Galaxis ein Gefühl von Übersichtlichkeit durch den Senat, in dem alle Reiche zusammenkommen.

Ebenfalls spürbar verbessert hat sich die Performance im Late-game. Dies ist zwar die Folge von Änderungen an Hintergrundberechnungen, die Teil des Patchs 2.6 waren, der parallel zu Federations veröffentlicht wurde, aber da die nachlassende Performance jedoch Grund für lautstarke Kritik der Spieler war, möchte ich diesen Punkt hier trotzdem erwähnen.

Besonders gut für Rollenspiel eignen sich die Ursprünge. Durch die individuellen und das Spiel teils stark beeinflussenden Hintergrundgeschichten der Reiche wird dieses genreweite Alleinstellungsmerkmal von Stellaris weiter vertieft. Preislich liegt Federations mit akzeptablen 19,99 Euro im üblichen Bereich für Add-ons von Stellaris, bereits die vorherigen Add-ons MegaCorp, Utopia und Apocalypse waren so teuer. Daher kann ich Stellaris: Federations guten Gewissens als gelungen und daher mit gut bewerten.

 

Artikelbilder: © Paradox Interactive
Screenshots: Jan Graser
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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