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Die beiden Bestsellerautoren Joanne K. Rowling (Harry Potter) und Dan Brown (Illuminati) haben sich für eine neue Buchreihe zusammengetan. Der erste Band der Reihe um die Aurorin Percy Jones liegt jetzt vor. Wir durften Percy Jones: Das Zeichen der Älteren schon vorab für euch lesen.

Die Zaubererwelt, die Rowling in ihren Romanen rund um den Jungen Harry Potter aufgebaut und mit der Filmreihe Phantastische Tierwesen vertieft hat, erfreut sich immer noch wachsender Beliebtheit. Die Filmreihen verzeichneten Umsatzrekorde, und erst letztes Jahr ist mit Harry Potter: Wizards Unite ein AR-Spiel im Harry-Potter-Universum erschienen.

Das Grundprinzip ist schnell erklärt: Die Zauberer und Hexen leben in unserer Welt, halten sich aber versteckt. Das Ministerium für Zauberei und Hexerei achtet akribisch darauf, dass die normalen Menschen, genannt „Muggel“, nichts von der Existenz der Zaubererwelt mitbekommen.

Natürlich sind Überschneidungen nicht zu vermeiden. Beispielsweise wenn jedes Jahr neue Schüler an die großen Zauberei-Institute gerufen werden und den Weg dorthin von fast normalen Bahnhöfen antreten. Das Gleis 9 ¾ ist zwar verdeckt, liegt aber dennoch mitten im Londoner Bahnhof King’s Cross. Damit an diesen Berührpunkten keine Probleme auftreten, wenn beispielsweise mal magische Haustiere entlaufen oder andere Desaster die Welt plagen, gibt es Eingreiftruppen des Ministeriums, die in diesem Fall in die Muggelwelt ausrücken und dort versuchen, das Unheil einzudämmen und den Vorfall möglichst zu vertuschen.

Die Zusammenarbeit

Dan Brown ist für spannende Thriller rund um geheime Strukturen innerhalb unserer Welt bekannt. Eigentlich als Scherz hat er diese in einem Interview einmal mit der Zaubererwelt von Harry Potter verglichen: „Sehen Sie, ich habe mich schon immer für Dinge interessiert, die unerkannt offen vor uns liegen [‚hidden in plain sight‘, Anm. des Autors]. Dinge, die jeder sehen könnte, aber doch niemand wahrnimmt. Der Vasarikorridor in Florenz ist das beste Beispiel dafür. Nach meinen Büchern kennt den jeder. Aber die meisten Leute, die schon in Florenz waren, haben den wahrscheinlich nicht gesehen. Und auch meine Leser lieben derartige offene Geheimnisse. Das fängt bei Geheimgesellschaften an und hört bei kompletten Parallelwelten, wie beispielsweise der Zaubererwelt bei Harry Potter, auf.“

Dieses Interview hat Joanne K. Rowling gelesen, und einige interessante Gespräche später konkretisierte sich dann tatsächlich eine Zusammenarbeit.

Story

Eine Muggel-Archäologin, Mindy Carter, hat auf ihren Expeditionen Hinweise auf den Verbleib eines uralten Artefaktes gefunden. Diese „Blume der Vergeltung“, mit der mehrere Kriege im Handstreich gewonnen worden sein sollen, gilt schon seit Jahrhunderten als zerstört. Die Texte, die Carter gefunden hat, deuten jedoch an, dass diese Zerstörung nicht stattgefunden hat und das Artefakt stattdessen an einen „sicheren Ort“ gebracht wurde.

Das Ministerium für Zauberei und Hexerei bekommt Wind davon und ist sofort in heller Aufregung. Dieses Artefakt, scheinbar verborgen in der Muggelwelt, darf auf keinen Fall in die falschen Hände fallen. Man geht davon aus, dass sich jetzt einige sinistre oder machtgierige Zauberer auf die Suche nach dem Artefakt machen könnten, die es natürlich auf keinen Fall in ihre Finger bekommen dürfen. Deshalb wird das Ministerium selbst aktiv, zum einen, um das Geheimhaltungsstatut zu wahren, zum anderen, um selbst die Kontrolle über das Artefakt zu erlangen.

Für solche Fälle stehen dem Zaubereiministerium spezielle Eingreiftruppen zur Verfügung, meistens geleitet von Auroren. Eine dieser Auroren ist Percy Jones, eine erfahrene Hexe aus Kent. Sie wird auf die Spur des Artefaktes angesetzt und soll es bergen, ehe es den Muggeln oder, schlimmer, zwielichtigen Zauberern in die Hände fällt. Ihr steht ein Team von drei jungen Zauberern zur Verfügung: Magnus, ein angehender Auror, Summer, eine historisch interessierte Hexe und Neil, ein Kampfzauberspezialist und damit „Zauberer fürs Grobe“.

So weit das Setup, den Rest der Beschreibung verstecke ich sicherheitshalber in einem Spoiler-Block:

Über die Handlung

Percy nimmt unfreiwillig Kontakt mit Mindy auf, und die beiden Frauen verstehen sich auf Anhieb – was bei Percy zu Gewissensbissen führt, denn sie darf Mindy ja nichts von der Zaubererwelt erzählen und missbraucht damit ihr Vertrauen von Anfang an.

Zusammen reisen sie nach Lindisfarne, wo sie in den Ruinen des Klosters einen weiteren Hinweis vermuten und auch finden. Während Mindy und Summer noch mit dem Entziffern einer Steintafel beschäftigt sind, zeigt sich, dass sie nicht die Einzigen sind, die nach dem Artefakt suchen. Die Neuankömmlinge verlangen mit Nachdruck die Herausgabe der Tafel, ein Anliegen, welches durch den gezielten Einsatz des mitgebrachten Neil angemessen verneint werden kann. Dabei stellt sich heraus, dass ihre Gegner Magier sind, die jedoch ihrerseits nicht mit magischer Gegenwehr gerechnet hatten.

Der weitere Verlauf der Geschichte folgt bis zum dramatischen Finale dem typischen „Brown-Muster“: Eine spannend erzählte Schnitzeljagd, in deren Verlauf die Gegner mal die Oberhand gewinnen, mal um Haaresbreite zurückgeschlagen werden. Gleichzeitig geht es aber auch um die Beziehung zwischen Mindy und Percy. Da Percy Mindy nach den Ereignissen auf Lindisfarne und später in Oxford nicht ungeschützt zurücklassen kann, muss die Muggel-Archäologin das Zauberer-Team begleiten. Dadurch freunden sich die beiden Frauen parallel zu den rasanten Abenteuern an, was immer wieder durch die Unwissenheit über die Welt der jeweils anderen zu humorigen Szenen führt – vor allem, da Percy immer noch an das Geheimhaltungsstatut gebunden ist und Mindy deshalb anfangs nicht in alle Zusammenhänge einweihen will.

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Schreibstil

Das Buch ist spannend und abwechslungsreich geschrieben. Man merkt deutlich, wer in den jeweiligen Kapiteln die Regie hatte. Spannende und rasante Action-Sequenzen, interessante Rätsel und akribisch recherchierte Schauplätze tragen die deutliche Handschrift von Dan Brown. Die fantastischen Elemente der Zaubererwelt, aber auch die Persönlichkeiten der Hauptfiguren entstammen höchstwahrscheinlich Joanne K. Rowlings Feder.

Gerade die Wechselbeziehung der Hauptpersonen trägt einen Großteil des Buches. Immer wieder wird die Frage aufgeworfen, was Vertrauen eigentlich bedeutet. Darf man Informationen zurückhalten, weil es ein Statut erfordert? Oder weil man glaubt, die andere Person dadurch zu schützen? Und wenn ja, bricht das Vertrauen erst, wenn man als Reaktion auf eine Frage aktiv lügt, oder ist es schon eine Lüge, entscheidende Informationen nicht ungefragt zur Verfügung zu stellen? Gerade der sich daraus immer wieder ergebende innere Monolog von Percy Jones gehört zu den spannenderen in einem modernen Fantasy-Roman.

Erscheinungsbild

Das Coverbild ist eine Collage. Es zeigt die Themse und Big Ben, sowie im Nachthimmel darüber eine Hand, die eine Stein-Inschrift ertastet. Schaut man genauer hin, entdeckt man in den Schatten noch mehr Details. Das Coverbild ist insgesamt stimmig und weckt das Interesse. Es fängt die Stimmung des Romans gut ein und weckt keine falschen Erwartungen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Carlsen
  • Autor: Joanne K. Rowling, Dan Brown
  • Erscheinungsdatum: 01.04.2020
  • Sprache: Deutsch (aus dem Englischen übersetzt von Wolfgang Hohlbein)
  • Format: Hardcover und Ebook
  • Seitenanzahl: 480
  • ISBN: 978-0471473237
  • Preis: 20,20 EUR als Hardcover, 13,37 EUR als Ebook
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Fazit

Die erste Kooperation von Joanne K. Rowling und Dan Brown überzeugt durch eine abwechslungsreiche und spannende Handlung sowie durch gut beschriebene Charaktere. Auf beinahe 500 Seiten beschreiben die beiden sowohl eine rasante Schnitzeljagd quer über die Britischen Inseln als auch eine interessante Wechselbeziehung zwischen den beiden Hauptfiguren, die auf vielfältige Weise die Frage aufwirft, wie weit Vertrauen gehen muss und ab wann man den Bogen überspannt.

Das Buch macht Lust auf mehr. Der zweite Band der Percy-Jones-Reihe ist zum Glück ja schon angekündigt.

Durch den stabilen Einband eignet sich das Hardcover nicht nur zum Lesen, sondern beispielsweise auch hervorragend für den Hausbau, sollten die Ziegelsteine einmal ausgehen.

 

 

Artikelbild: Coverart (Laura Birnbaum), Bearbeitet von Verena Bach
Dieses Buch wurde nicht kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

4 Kommentare

  1. Wie bedauerlich – ganz ohne Ironie, sondern wirklich ernst gemeint – das dieser nette Beitrag keine weitere Würdigung fand; zumal es dem Artikel in weiten Teilen gelingt, das vermeintlich unmögliche doch wider erwarten ein wenig glaubhaft wirken zu lassen und die Plotdarstellung sich sehr interessant liest.

    Vielen Dank für diese schöne und gut umgesetzte Idee.

  2. Ich hatte den Artikel an mehrere Potter/Brown Fans weitergeleitet und mindestens 2 haben versucht,das Buch bei Amazon zu finden 😉
    Ansonsten hab ich für den 01. April nicht viel übrig, aber das hier war Großartig 👍

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