Geschätzte Lesezeit: 9 Minuten

Vor 7000 Jahren wurden die Eternals auf die Erde geschickt, um die Menschheit vor den Deviants zu beschützen. Dabei war ihre Aufgabe klar: Beschützt die Menschen vor den Deviants und vor nichts anderem. Doch nun, da die Deviants besiegt sind, welche Aufgabe bleibt ihnen?

Marvel Studios hat in den letzten Jahren angefangen das Portfolio in Bezug auf die Regisseur*innen zu erweitern. Statt sich vorrangig an weißen, männlichen Regisseuren zu bedienen, die vor allem aus dem Fernsehbereich kommen, wurden mehr und mehr Regisseur*innen dazu geholt, die teilweise mit ihren oft kleinen Filmen kritische Anerkennung bekommen haben. Ihr wohl größter Treffer war Chloé Zhao, die letzte Oscargewinnerin für „Beste Regie“. Sie führte die Regie in Marvels nächstem Ensemble-Film

Dieser neue Film des Marvel Cinematic Universe bringt wieder einige neue Konzepte in das Universum ein und muss gleichzeitig einige Grundsatzfragen diskutieren, alles in allem keine leichte Aufgabe. Vielleicht ein Grund mehr, so ein großes Regie-Talent mit an Bord zu nehmen. Ob diese Rechnung aufgegangen ist?

Story

Seit langer, langer Zeit sind die Lebensformen verschiedener Planeten von einer invasiven Alienspezies bedroht: den Deviants. Um die intelligenten Lebensformen vor diesen zu schützen, sandte der Celestial Arishem die unsterblichen Eternals des Planeten Olympia aus. So wurde auch die Gruppe bestehend aus Ajax, Ikaris, Sersi, Sprite, Kingo, Phastos, Makkari, Thena und Gilgamesh geschickt. Ihre Aufgabe dabei war klar: die Menschheit vor den Deviants schützen, dabei nicht in ihre Entwicklung und den Konflikten zwischen ihnen eingreifen. Vor 500 Jahren besiegten sie die vermeintlich letzten Deviants, doch wurden sie nie nach Olympia zurückgerufen. Nun haben sich die Wege der Eternals getrennt. Sersi lebt in London und hat sich dort ein normales Leben aufgebaut. Da taucht auf einmal ein Deviant auf, der stärker ist als alle, die sie zuvor bekämpft hat.

Nachdem es ein weltweites Erdbeben gibt, ist die Frage, ob all das miteinander oder mit dem Blip zusammenhängt. So müssen sich die Eternals wieder zusammenfinden, um der Sache auf den Grund zu gehen und schlimmeres für die Menschheit zu verhindern.

Es ist sehr schwer über die Handlung von Eternals zu sprechen, ohne zu viel zu verraten. Nicht nur, dass der Trailer sehr wenig über die eigentliche Handlung des Films verrät – der Film ist auch als Mystery aufgebaut, der davon handelt herauszufinden, was eigentlich vor sich geht. Daher ist jede Information über die Dinge, die eigentlich passieren eine Information zu viel.

Deshalb ist dieser Teil der Rezension allgemein gehalten: Die Handlung teilt sich in einen Haupthandlungsstrang und eine B-Handlung. Dabei ist der Haupthandlungsstrang eine Mystery, während die B-Handlung eher generisch ist, allerdings ein paar interessante Ansätze haben könnte, die leider nie komplett ausgenutzt werden. Das lässt die B-Handlung im Großen und Ganzen des Films sehr überflüssig und mehr wie eine Möglichkeit, ein paar Action-Szenen während des Mystery-Plots einzubringen wirken – immerhin ist es ja ein Marvel-Film und man darf davon ausgehen, dass eine gewisse Anzahl Action-Szenen vom Studio vorgeschrieben sind.

Die Handlung rund um das zentrale Mysterium funktioniert derweil sehr gut. Es ist diese Handlung, in der die Konflikte zwischen den verschiedenen Figuren verankert sind. Dabei ist es bemerkenswert, dass der Film es schafft, die verschiedenen Figuren miteinander zu balancieren und ihnen allesamt ausreichend Aufmerksamkeit zu geben, selbst wenn kein Zweifel daran besteht, dass Sersi die eigentliche Hauptfigur des Films ist.

Interessant ist auch, dass der Film tatsächlich einen anderen Aufbau verfolgt als die meisten der anderen Marvel-Filme. Das macht ihn weniger vorhersehbar – selbst wenn fraglos viele Aspekte der Handlung für Comic-Lesende bereits bekannt sein sollten.

Es sei an dieser Stelle noch die Triggerwarnung gegeben, dass in diesem Film ein Suizid vorkommt.

Darsteller*innen

Es lässt sich eine Sache über Eternals sagen: Der Film hat einen sehr großen Cast. Es würde sich jedoch falsch anfühlen, nicht zu jeder der Hauptfiguren kurz etwas zu sagen.

Sersi, dargestellt von Gemma Chan, ist fraglos die Hauptfigur des Films. Sie hat die Fähigkeit, Materie in eine andere zu verwandeln, und hat sich, seit die Deviants besiegt sind, ein normales Leben in London aufgebaut. Chan stellt Sersi mit einer großen, emotionalen Tragweite da, die diese Rolle auch erfordert. Die Figur ist trotz des großen Casts erstaunlich rund – um nicht zu sagen, eine der am besten ausgearbeiteten weiblichen Figuren im Marvel-Universum bisher.

Richard Madden spielt Ikaris, den stärksten der Eternals, der mit Fliegen und Laserblick Superman-ähnliche Fähigkeiten hat. Diese Figur war im Vergleich zu Chan weder schauspielerisch noch geschrieben überzeugend. Dies lag nicht zuletzt daran, dass ein Twist in Bezug auf Ikaris bereits früh vorhersehbar ist – vielleicht auch, weil wir denselben Twist mittlerweile in verschiedenen Filmen und Serien mit ähnlichen Figuren gesehen haben.

Überraschend weiß die jüngste Schauspielerin im Cast – Lia McHugh – als Sprite zu überzeugen. Diese Figur gehört zu jenen sehr herausfordernden Rollen, in denen Kinder weitaus ältere Figuren darstellen. McHugh schafft dies jedoch sehr überzeugend.

Kumail Nanjiani stellt Kingo dar, einen Eternal mit der Fähigkeit Energiekugeln zu verschießen, der sich jedoch eine Schauspiel-Karriere in Bollywood aufgebaut hat. Bei Kingo handelt es sich fraglos um den Comic Relief-Charakter des Casts, was leider verhindert, dass die Figur viel Tiefe entwickelt. Dennoch spielt Kingo die Figur mit sehr viel Charisma und gutem komödiantischem Zeitgefühl.

Phastus, dargestellt von Brian Tyree Henry, ist der Mechaniker und Techniker der Eternals. Er hat außerdem die Ehre, der erste offen queere Charakter im Marvel Cinematic Universe zu sein. An dieser Stelle sei versichert: Ja, der Film macht es tatsächlich deutlich, dass Phastus schwul ist – entgegen Disney’s bisherigem Vorgehen.

Der größte Name unter den Schauspieler*innen ist fraglos Angelina Jolie, die Thena darstellt. Diese hat die Fähigkeit, Waffen zu beschwören. Dabei wird Thena jedoch schon seit mehreren hundert Jahren von Visionen heimgesucht, die sie immer wieder dazu treiben, sich gegen die anderen Eternals zu wenden. Auch diese Rolle ist aufgrund von Thenas „Krankheit“ fraglos herausfordernd, was Jolie allerdings mit gewohnter Eleganz meistert.

Zuletzt haben wir noch Lauren Ridloff als Makkari und Barry Keoghan als Druig. Ridloff ist die erste gehörlose Schauspielerin im Marvel Cinematic Universe, die auch den ersten gehörlosen Charakter des Filmfranchises darstellt.

Alles in allem ist das Cast des Films sehr divers aufgestellt und holt damit einiges von dem nach, was die Marvel Studios bisher vernachlässigt haben.

Inszenierung

Es lässt sich vor allem eine Sache über den Film sagen: Er ist verdammt hübsch anzusehen. Anders als bei vielen der Marvel-Filme ist die Farbabgleichung sehr gelungen und die Farben wirken vibrant, statt verblasst. Auch gibt es richtige Schwarztöne, anstatt das durchgehende Dunkelgrau, dass sich gerade in Phasen 1 und 2 eingestellt hatte. In der Hinsicht hat der Film mehr mit den beiden Guardians of the Galaxy-Filmen gemeinsam als mit dem Rest der Marvel-Filme.

Allgemein lässt sich an der visuellen Umsetzung des Films nichts aussetzen. Die Computereffekte sehen, wie in den meisten Filmen des Marvel Cinematic Universe, sehr gut aus. Die Kostüme sind ebenfalls sehr gut umgesetzt. Auch die Kulissen sind ausgezeichnet gestaltet. Visuell lässt sich wenig aussetzen.

Auch lässt es sich sehen, dass der Film mehr reale Sets, statt Greenscreen verwendet hat. Dies macht sich allerdings zugegebenermaßen an einigen Stellen bemerkbar, wenn doch Greenscreen verwendet wurde. Die Effekte sehen, wie gesagt, sehr gut aus, aber bei einem Schnitt von einer außen aufgenommenen Szene zu einer Greenscreen-Szene ist dieser doch bemerkbar.

Musikalisch lässt sich derweil dasselbe Problem feststellen, dass so viele Filme der Reihe plagt: Der Soundtrack ist nicht schlecht, aber auch nicht so eingängig, dass er einen wirklichen Eindruck hinterlässt. Dem Film fehlt es ein wenig an einer musikalischen Identität.

Erzählstil

Der Film wählt einen für einen Marvel-Film ungewöhnlichen Erzählstil. Statt die Geschichte linear zu erzählen, wechselt der Film zumindest in der ersten Hälfte zwischen der gegenwärtigen Handlung des Films und verschiedenen Rückblicken aus den 7000 Jahren, die die Eternals auf der Erde verbracht haben. Dabei dienen diese Rückblicke vor allem dazu, nach und nach das Mysterium zu enthüllen und die Zuschauenden in die Welt der Eternals einzuführen.

Dabei gibt es das Problem, dass der Film eine Menge Informationen einführen und erklären muss. Wer sind die Eternals als Gruppe? Was sind Celestials? Was sind Deviants? Warum haben die Eternals nicht eingegriffen, als Thanos die Hälfte des Universums ausgelöscht hat? All das muss erklärt werden. Zwar weiß der Film sehr geschickt der Regel „Show, don’t tell“ zu folgen, doch kann das nicht verhindern, dass einige Szenen sehr viel Exposition beinhalten. Diese ist jedoch weit genug auf den Film verteilt, als dass es nicht störend ist.

Die Perspektive bleibt dabei größtenteils bei Sersi – abgesehen von den Rückblicken – was es leicht macht, der Handlung zu folgen.

Die harten Fakten:

  • Regie: Chloé Zhao
  • Darsteller*in(nen): Gemma Chan, Richard Madden, Kumail Nanjiani, Angelina Jolie, Lia McHugh, Brian Tyree Henry, Lauren Ridloff
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Sprache: Englisch OV
  • Format: Film
  • Preis: Lokale Kinopreise
  • Bezugsquelle: Kino

 

Fazit

Man muss eine Sache über Eternals sagen: Es ist ein visuell sehr ansprechender Film. Sei es in Sachen Settings, Kostüme, Einstellungen, Effekte oder andere optische Aspekte. Der Film ist schön anzusehen und man merkt definitiv die Hand (und das Auge) der Regisseurin. Im Bereich der Präsentation weiß der Film zu überzeugen.

Bis auf Madden können auch die Darsteller*innen in ihren Rollen überzeugen, wobei das Problem bei ihm eventuell daran liegt, dass man diese Art Charakter in letzter Zeit zu häufig gesehen hat. Der Film hat viele Figuren, konzentriert sich allerdings in erster Linie auf Gemma Chan als Sersi, die als Hauptfigur sehr gut funktioniert.

Inhaltlich ist es sehr interessant, dass der Film im Zentrum in erster Linie als Mystery aufgebaut ist, statt als klassischer Action-Abenteuerfilm. Dabei ist es allerdings ein wenig störend, dass eine B-Story erfunden wurde, um zwischendrin die Mystery-Handlung durch Action aufzubrechen. Dabei fühlt sich die B-Story allerdings überflüssig und kaum ausgearbeitet an.

Alles in allem weiß der Film zu überzeugen und führt einige neuen Aspekte in das Marvel Cinematic Universe ein, die in Zukunft sicher noch interessant werden.

  • Visuell beeindruckend
  • Diverses Cast
  • Schauspielerisch ausgezeichnet
 

  • Teilweise expositionslastig
  • Unnötiger B-Plot

 

Artikelbilder: © Marvel Studios
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Sabrina Plote
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein