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Nicht nur antike Städte, sondern ganze Kontinente sind im prähistorischen Dunkel der Zeit versunken. Terra Cthuliana – Bis ans Ende der Welt berichtet von ihnen und von den unaussprechlichen Geheimnissen, die mit ihnen verbunden sind. In diesem Artikel erfahrt ihr, ob sich die Lektüre für die nächste Cthulhu-Runde lohnt.

Seit Äonen von Staub und Eis begraben, liegen an den Rändern der bekannten Welt die prähistorischen Hinterlassenschaften jener Wesen, die vor den heutigen Menschen die Erde bevölkerten. Seien es Spuren der Stadt Pnakothus, des sagenumwobenen Hyperboreas, des versunkenen Kontinents Mu oder gar der verlorenen Stadt R’lyeh, in der Cthulhu ruht – wer weiß, wo er suchen muss, wird diese finden können. Terra Cthulhiana – Bis ans Ende der Welt fasst diese Informationen zusammen, damit diese am Spieltisch eingesetzt werden können.

Dieser Band ist die leicht überarbeitete Neuauflage einer Hälfte des Bandes Terra Cthulhiana, der bereits 2008 erschien. Die Unterschiede sind laut Vorwort überschaubar, lediglich Abschnitte zu Assassinen und Kreuzrittern wurden angepasst, damit sie nicht dem neueren Quellenband Kreuzzüge – Ritter im heiligen Land widersprechen. Während sich die andere Hälfte namens Alte und Neue Welt cthulhoiden Orten in Eurasien und Amerika widmet, führt dieser Band die Leser entsprechend des Titels Bis ans Ende der Welt. Ozeanien, Australien, Arktis und Antarktis stehen auf dem Reiseplan, abgerundet mit Kampagnenskizzen aus aller Welt.

Die Enden der Welt

Gut zwei Drittel des Bands widmen sich cthulhoiden Orten in Australien, der Arktis und Antarktis, sowie den Geheimnissen der Ozeane. Den Anfang machen die Pinnacle Desert in Australien sowie die untergegangene Stadt Pnakothus, die ebenfalls auf dem Kontinent liegt. Diese beiden Unterkapitel beschrieben detailliert die historischen Hintergründe dieser beiden Orte. Der eine ist durch einen fehlgeschlagenen Plan der Großen Rasse entstanden und pulsiert immer noch vor ihrer fremdartigen Macht, während der andere ihre verwaiste Hauptstadt darstellt. Neben Abenteuervorschlägen wird auch in Grundzügen das Australien der 1920er beschrieben, sodass sich bei Bedarf eine kleine Kampagne auf dem Kontinent gestalten lässt.

Die Unterkapitel zu Hyberborea und der verborgenen Stadt Lomar sind gut gelungen und beschreiben zwar eine Welt, die es wahrscheinlich niemals gab, setzen diese aber sehr stimmig in Szene. Da Hyperborea und Lomar maßgeblich von Clark Ashton Smith und nur in Teilen von H.P. Lovecraft beschrieben wurden, hebt sich dieser Teil ein wenig vom Rest des Cthulhu-Mythos ab. Das heutige Grönland wandelt sich zu einem Kontinent mit einer reichhaltigen, aber längst vergessenen Geschichte und das Geheimnis von Lomar kann die Spieler bis in die Traumlande führen.

In der Antarktis steht hingegen wieder der klassische Mythos im Vordergrund. Angelehnt an die Expedition aus Berge des Wahnsinns werden Wunder und Gefahren des südlichen Pols beschrieben. Im Mittelpunkt steht die Beschreibung der Suche nach dem geheimnisvollen Kadath, einem sagenumwobenen Ort, der inmitten einer „kalten Wüste“ liegen soll. Da das auf die Antarktis im Wesentlichen zutrifft, wird Kadath, eine verborgene Stadt, an dieser Stelle ausführlich beschrieben, könnte aber auch an anderen Enden der Welt gefunden werden.

Die Beschreibung der Orte unter Wasser kommt nicht zu kurz.

Einen großen Teil nimmt die Beschreibung der cthulhoiden Geheimnisse des Ozeans ein. Y’ha-nthlei, die Stadt der Tiefen Wesen vor der neuenglischen Küste wird beschrieben, ebenso wie Yonaguni südwestlich von Japan. Da Japan sonst eher selten in Cthulhu-Spielhilfen erwähnt wird, nutzen die Autoren die Gelegenheit für eine knappe, aber hilfreiche Beschreibung des Lands der aufgehenden Sonne. Auch der versunkene Kontinent Mu im Pazifik wird ausreichend beschrieben, ebenso wie andere Geheimnisse des Stillen Ozeans. Die Geheimnisse der Osterinsel werden durchleuchtet und auch das versunkene R’lyeh, wo der Große Alte Cthulhu selbst träumend wartet, bekommt eine fast schon zu detaillierte Beschreibung spendiert.

Kampagnensteinbrüche

Auf den ersten Blick etwas deplatziert wirken die sogenannten Kampagnensteinbrüche, die sich ebenfalls in Bis ans Ende der Welt befinden. Das liegt daran, dass sie nicht an den beschriebenen Orten spielen, sondern größtenteils in Europa, Nordafrika und dem Nahen Osten. Schlecht sind sie deswegen aber keineswegs. Nur sind sie eben – wie ja auch treffend bezeichnet – Steinbrüche, also Skizzenhaufen, in die der Spielleiter noch einiges an Arbeit reinstecken muss, bevor es losgehen kann.

Vor dem Spielen muss man hier noch etwas Zeit investieren.

Einer dieser Steinbrüche verlegt die Suche nach dem Heiligen Gral in einen cthulhoiden Kontext. Durchaus gelungen wird eine Gralssuche in Westeuropa skizziert, in der die Investigatoren von Prüfung zu Prüfung eilen, um sich als würdig zu erweisen. Ob es ihr Geist jedoch übersteht, wenn sie erkennen, um was es sich bei dem Gral handelt, ist äußerst fraglich.

Der nächste Skizzenberg schickt die Investigatoren auf die Spuren prähistorischer Astronauten. In diesen Szenarien werden alle Orte und Gegenstände verwendet, die in unserer Zeit vor allem durch Erich von Däniken populär gemacht wurden. Ein charmanter Ausflug in die Welt der Präastronautik, der die Hobby-Ufologen unter den Spielern anspricht.

Eingangs hatte ich ja bereits erwähnt, dass es in diesem Band auch etwas über Tempelritter und Assassinen gibt. Spätestens seit Computerspielen wie Baphomets Fluch und Assassin‘s Creed sind diese Organisationen in der Popkultur zu uralten Gegenspielern verwoben worden. Dieser Kampagnensteinbruch führt die Investigatoren auf die Suche nach einem mächtigen Artefakt und genau zwischen die Fronten der beiden Gruppen.

Passend zum Thema des Bandes geht es dann doch noch an ein besonderes Ende der Welt – und zwar ins Innere der Erde. Wer an dieser Stelle jedoch eine pulpig angehauchte Kampagne erwartet, welche die Investigatoren mit Dinosauriern und Echsenmenschen konfrontiert, wird enttäuscht sein. Tiefer als bis in unerforschte Katakomben und verborgene Städte geht es nicht. Diese Orte bieten aber schon genügend Schrecken, um viele Spielrunden zu beschäftigen.

Der letzte Kampagnensteinbruch widmet sich schließlich den bekannten und eher unbekannten Pyramiden unserer Welt. In den Kontext des Cthulhu-Mythos verfrachtet, lauern natürlich auch in ihrem Umfeld uralte Schrecken – seien es die berühmten Exemplare in Ägypten oder die zwei Pyramiden im Fürst-Pückler-Park in Branitz.

Erscheinungsbild

Das Layout ist angenehm schlicht gehalten. Im Gegensatz zu anderen aktuellen Cthulhu-Publikationen, die oftmals mehrere Illustrationen beinhalten, ist Bis ans Ende der Welt anzumerken, dass der Band eigentlich aus dem Jahr 2008 stammt. Damals versuchte man, die Stimmung mit bearbeiteten schwarzweißen Fotografien oder anderen erfundenen Bildquellen zu transportieren. In diesem Fall gelingt dies besonders gut, weil es den Charme der Vorbereitung einer Expedition ins Unbekannte besser vermittelt als detaillierte Zeichnungen von Mythos-Wesen oder -Orten. Abgerundet wird das Erscheinungsbild von schlichten Karten der beschriebenen Orte, die allerdings dem Spielleiter vorbehalten bleiben sollten.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Autoren: Heiko Gill, Julia Erdmann et al.
  • Erscheinungsjahr: 2017
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Hardcover
  • Seitenanzahl: 188
  • ISBN: 978-3-95789-127-3
  • Preis: 19,95 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon, DriveThruRPG. Sphärenmeister

 

Fazit

Bis ans Ende der Welt ist ein Band, der Cthulhu-Spieler an exotische Schauplätze führt. In der Regel werden Investigatoren damit geplagt, dass cthulhoide Schrecken in ihre geordnete Umgebung eindringen. Doch in diesem Fall sind sie selbst die Fremdkörper und stoßen auf verborgene Orte, von denen sie besser nie erfahren hätten. Die Beschreibungen der Schauplätze sind sehr gut gelungen und machen Lust, direkt draufloszuspielen. Anregungen für eigene Abenteuer am Ende der Welt sind auch genügend vorhanden, allerdings keine konkreten Szenarienideen.

Diese finden sich dafür in den Kampagnensteinbrüchen, die ihrerseits auch zu gefallen wissen, aber leider keinen Bezug zu den vorgestellten Orten haben. Vermutlich haben sie im ursprünglichen Band von 2008, der auch noch den aktuellen Band Alte und Neue Welt umfasste, besser hineingepasst.

Daran anschließend an dieser Stelle auch noch einmal der abschließende Hinweis, dass Besitzer des alten Terra Cthulhiana nichts verpassen, wenn sie diesen Band auslassen. Bis ans Ende der Welt beinhaltet nichts Neues und ergibt nur für Cthulhu-Spieler Sinn, welche die Spielhilfe von 2008 noch nicht haben oder ihre Sammlung optisch auf dem neuesten Stand halten wollen.

Wer sie aber noch nicht hat, sollte unbedingt zugreifen, wenn er für seine Mitspieler eine Expedition nach Pnakothus oder ähnliches planen will. Mit einem Preis von knapp 20 Euro ist der Band auch für kleinere Geldbeutel durchaus erschwinglich, funktioniert auch ohne sein Schwesterstück Alte und Neue Welt und beinhaltet viel brauchbares Spielmaterial, in das der Spielleiter aber noch einiges an Arbeit reinstecken muss.

Artikelbild: © Pegasus Press, Bearbeitet von Verena Bach
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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