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Was machen Helden, wenn sie schwer geschunden aus dem Dungeon stolpern und alles an Ausrüstung und Gold verloren haben? Ganz klar – sie stürmen in das nächste Kaufhaus und klauen sich ihre Ausrüstung für das nächste Abenteuer zusammen. Zeit zu reden bleibt kaum, denn sollten sie zu lange brauchen, haben sie schnell das Wachpersonal an der Backe.

Ein sehr kleiner Zwerg, ein hellsehender Magier, ein elfischer Bogenschütze und ein muskelbepackter Krieger benötigen dringend neue Ausrüstung. Da es massiv an Gold fehlt, helfen wir ihnen, im nächstgelegenen Kaufhaus die passenden Gegenstände zu klauen. Glücklicherweise wird dieses Spiel kooperativ gespielt, während ihr versucht, die Helden durch das Einkaufslabyrinth zu manövrieren. Allerdings dürft ihr dabei nicht sprechen, aber immerhin böse anstarren.

Spielablauf

Der Spielaufbau ist recht schnell erklärt und auch genauso schnell vorbereitet. Es gibt vier hölzerne Spielfiguren in verschiedenen Farben, welche jeweils einen Magier, einen Bogenschützen, einen Krieger und einen Zwerg repräsentieren sollen. Diese werden über ausliegende Kartenteile bewegt, erkunden neue Räume und suchen die für sie bestimmten Gegenstände, um im Anschluss schnellstmöglich zum Ausgang zu gelangen.

Allerdings wird das Ganze durch eine Sanduhr erschwert, die dafür sorgt, dass wir keinen ruhigen Einkaufsbummel erleben, sondern eine wilde Hatz gegen die Zeit. Zudem wird jedem Spieler vor dem Spielstart eine Richtungskarte ausgeteilt, welche angibt, in welche Richtung er die Figuren bewegen darf. Somit kann bei vier Spielern Spieler A die Figuren nur nach rechts, Spieler B die Figuren nur nach links und die anderen nur jeweils nach oben oder unten bewegen.

Klingt noch zu einfach? Um das Chaos perfekt zu machen, dürfen die Spieler kein Wort miteinander wechseln und mit den Fingern keine Anweisungen auf dem Spielbrett geben. Das einzige Hilfsmittel, welches zur Verfügung steht, ist ein großer roter Holzpöppel, der von jedem Spieler vor einen anderen „geknallt“ werden kann, um zu signalisieren, dass er nun etwas tun sollte.

Was ist hier los?

Der Spielaufbau
Der Spielaufbau

Okay, für alle, die es etwas genauer brauchen: Das Startplättchen wird ausgelegt und die Figuren werden darauf platziert. Seite A für einen leichten Start und Seite B für – naja – das Gegenteil.

Nun entscheiden sich die Spieler für ein Startszenario und bestimmen damit auch die Schwierigkeit. Jedes neu hinzukommende Sonderfeld oder jede Fähigkeit wird pro Szenario eingeführt, sodass die Schwierigkeit und Komplexität in kleinen Schritten zunehmen. Diese Art der Skalierung finde ich wirklich sehr löblich, und man kann Neueinsteigern das Spiel dadurch sehr gut verständlich machen.

Der Stapel neuer Räume wird vorbereitet, gemischt und verdeckt als Nachziehstapel bereitgelegt.

Dann sollte sich noch jeder mit eventuellen Spezialfähigkeiten auf seiner Bewegungskarte vertraut machen.

Das Strudelsymbol verleiht hierbei die Möglichkeit, jede Figur auf das passende Feld ihrer Farbe zu teleportieren (zum Beispiel die gelbe Figur auf eines der gelben Teleportfelder auf dem Spielfeld). Mit dem Rolltreppensymbol darf jede Figur diagonal eine Rolltreppe rauf und runter bewegt werden, und dank des Lupensymbols dürfen neue Räume aufgedeckt werden.

Sanduhr und Spielsteine
Sanduhr und Spielsteine

Das Spiel startet mit Umdrehen der Sanduhr, und ab diesem Moment ist Reden absolut tabu. Jeder darf zu jeder Zeit jede der Figuren bewegen, solange es die eigene Bewegungskarte oder Sonderfähigkeit zulässt. Zu Anfang ist es wichtig, neue Kartenteile zu entdecken. Nachdem zum Beispiel die gelbe Figur (der Krieger) auf ein gelbes Feld mit einer Lupe bewegt wurde, muss der Spieler mit der Sonderfähigkeit „Räume entdecken“ das oberste Kartenteil auf dem Stapel umdrehen und anlegen. Die Spieler durchsuchen so die Räume nach den passenden Gegenständen der jeweiligen Figuren, welche farblich und mit passendem Symbol deutlich markiert sind.

Sobald alle Figuren zur gleichen Zeit auf den richtigen Symbolen stehen, werden die Gegenstände „geklaut“ und der Alarm wird aktiviert, was auch die Fähigkeit der Teleportation deaktiviert. Jetzt heißt es nochmal die Beine in die Hand nehmen und den richtigen Ausgang finden. Auch hier hat jede Figur einen eigenen Ausgang mit der zu ihr passenden Farbe.

Was auf jeden Fall knapp wird, ist die Zeit! Während ihr die Figuren durch das Einkaufslabyrinth quält, verrinnt diese unaufhörlich. Um zu verhindern, dass euch die Zeit ausgeht, gibt es hierzu spezielle Sanduhrenfelder. Sobald eine Spielfigur darauf bewegt wird, wird die Sanduhr umgedreht – egal wie viel Sand noch übrig ist.

Zudem – sofern ihr dieses Szenario bereits abgeschlossen habt – dürft ihr nach dem Umdrehen miteinander reden und gebt eure Bewegungskarte an den linken Nachbarn weiter. Die Zeit rinnt allerdings unaufhörlich weiter. Also nicht zu lange reden!

Ihr gewinnt, sobald es alle Helden vor Ablauf der Zeit aus dem Einkaufscenter rausgeschafft haben.

Mit jedem weiteren Szenario, welches ihr schafft, kommen neue Kartenteile hinzu, wodurch der Spielplan weiterwächst und die Wege immer weiter werden. Auch die Zeit wird damit ein immer knapperes Gut.

Deshalb ist es gut, dass auch jede Figur eine spezielle Fähigkeit hat. Steht beispielsweise der Magier (lila Figur) auf einem Feld mit einer Kristallkugel, darf der Spieler mit der Sonderaktion Erkunden bis zu zwei Kartenteile aufdecken und an einer passenden Stelle anlegen. Der Krieger (gelbe Figur) hingegen kann Sicherheitskameras deaktivieren. Sollten zwei oder mehr Kameras zu sehen sein, darf in dieser Zeit kein Sanduhrenfeld betreten werden. Der Zwerg (orange Figur) wiederum kann durch kleine Öffnungen hindurchschlüpfen und so Abkürzungen nehmen. Und zuletzt gibt es noch den elfischen Waldläufer (grüne Figur). Sobald dieser an der passenden Stelle einen neuen Raum erkundet, dürfen die Spieler sich solange unterhalten, bis eine weitere Figur bewegt wird.

Es gibt noch viele weitere Szenarien, welche neue Schwierigkeiten einbauen. Für Herausforderungen ist somit gesorgt. Ihr solltet nur auf euren Tisch aufpassen. Im Eifer des Gefechts wird der große rote Pöppel gerne sehr energisch auf selbigen geklopft. Wenn ihr keine Dellen wollt, sollte eine Unterlage her.

Ausstattung

Da ich selbst nur die Erstausgabe von Sit Down! besitze, kann ich zur rein deutschen Ausgabe von Pegasus und der Langlebigkeit des Materials nur bedingt etwas sagen. Ich habe mir aber sagen lassen, dass es einen ordentlichen Eindruck macht und der Sit-Down!-Version in nichts nachsteht.

Als Spielmaterial gibt es 24 Raumkarten und neun Bewegungskarten für bis zu acht Spieler. Für das Solospiel stehen sieben Bewegungskarten zur Verfügung. Die Dicke des Spielmaterials geht in Ordnung, aber nach einiger Benutzung löst sich bereits die Farbe von den Bewegungskarten. Zudem liegen noch eine Sanduhr sowie vier Spielfiguren bei, welche mit einem Aufkleber versehen werden können, um die Figuren auch anhand der Symbolik zu erkennen. Dies kommt besonders Farbenblinden zugute. Allerdings halten die Aufkleber nicht allzu gut und lösen sich schnell wieder ab.

Dann gibt es noch kleine Kreuzmarker aus Pappe, welche zum Abdecken von benutzten Feldern dienen. Diese wirken nicht sehr robust, aber haben bislang jeden Einsatz überlebt.

Alles in allem geht die Qualität in Ordnung. Was aber wirklich stört, ist, dass nach dem Ausstanzen der ganzen Teile eine Menge Luft in der Schachtel übrig bleibt und auch kein Inlay zur Verfügung steht. So fliegen die Sachen haltlos durch die Schachtel und drohen beim Transport kaputtzugehen. Pegasus scheint hier ein Papp-Inlay zur Verfügung zu stellen, was deutlich zu begrüßen ist.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Sit down!, Pegasus
  • Autor(en): Kasper Lapp
  • Erscheinungsjahr: 2017
  • Sprache: Deutsch
  • Format: 25.0 x 25.0 x 5.0 cm
  • ISBN/EAN: 4250231714283
  • Preis: 19,99 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus / Downloadcontent

Mittlerweile ist eine Erweiterung zu Magic Maze namens Magic Maze: Alarmstufe Rot bei Pegasus

Diese bietet zahlreiche Anpassungsmöglichkeiten, um das Spiel schwerer oder aber leichter zu machen. Neue Spielelemente, etwa sich bewegende Wachen oder Bewegungssensoren, werden ebenfalls eingeführt und bieten für gut eingespielte Gruppen neue Herausforderungen.

Fazit

Ich spiele sehr gerne kooperative Spiele. Es steht nicht der Sieg des Einzelnen im Vordergrund, wodurch es meist etwas harmonischer am Tisch zugeht. Nicht so bei Magic Maze. Es ist zwar immer noch so, dass wir gemeinsam gewinnen oder verlieren, aber einer der wichtigsten Grundpfeiler des kooperativen Spielens wird uns hier genommen – das miteinander Absprechen.

Das einzige Hilfsmittel ist die große rote Spielfigur. Und damit lässt sich wirklich sehr viel Druck aufbauen. Besonders, wenn die Zeit knapper wird oder ein Spieler unkonzentriert scheint, kann aus dem „ich stell die Figur mal zu dir, damit du genauer hinschaust“ ein „verdammte #!@?!&$!, ich hau dir gleich was an den Kopf, wenn du nicht gleich eine Figur bewegst!“ werden.

Was zunächst sehr rabiat klingt, macht aber einfach einen Riesenspaß. Die angespannte Stille, während jeder versucht, die Figuren im Blick zu halten, um ja nicht seinen Einsatz zu verpassen. Das irre Anstarren der Mitspieler, in der Hoffnung ihnen auf telepathischem Weg etwas zurufen zu können. Und nicht zuletzt der verzweifelte Griff zum großen Roten, um ihn mit angemessener Wucht vor den Mitspieler zu knallen, nur um ihn gleich wieder zurückzubekommen.

Man sollte zuvor einfach wissen, auf was man sich einlässt. Wer es gerne ruhig und beschaulich möchte, wird bei anderen kooperativen Spielen eher fündig. Für alle anderen dürfte es sehr unterhaltsam werden.

Noch eine kurze Anmerkung zu der angegebenen Spieleranzahl: Magic Maze kann auch alleine gespielt werden, was ich bei einem solchen Spiel aber eher unverständlich finde. Auch für größere Gruppen von sechs bis acht Personen sind Karten vorhanden. Allerdings gibt es dann Bewegungskarten doppelt, was eher den Spielfluss stört. Zudem käme es zu großem Gedränge, wenn jeder an die Figuren muss. Die beste Spieleranzahl liegt bei vier Personen. Damit sind die Bewegungskarten perfekt aufgeteilt und jeder hat einen guten Blick auf die Spielfläche.

Mit der richtigen Besetzung eines der besten kooperativen Echtzeitspiele.

Arttikelbild: ©Pegasus Spiele, Bearbeitet von Verena Bach
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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