Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Es heißt, man solle ein Buch nicht nach seinem Einband bewerten. Trotzdem tun wir das. Wenn uns das Cover nicht anspricht, nehmen wir das Buch in vielen Fällen gar nicht erst in die Hand. Allerdings passen Cover und Inhalt oft nicht gut zusammen. Wir haben uns auf die Spurensuche begeben.

Einmal generisches Raumschiff, bitte!

Eine Frauensilhouette im Gegenlicht. Ein Wappenschild. Flammende Schrift auf nachtblauem Hintergrund. Ein Raumschiff. Eine einsame Gestalt in einem Wald oder auf einem Berg. Mehrere rötliche Planeten. Ein Amulett vor einem grünen Hintergrund. Männer mit Waffen. Die Cover von phantastischen Romanen tendieren zu einigen Standardmotiven. Das bietet eine gewisse Sicherheit, denn wir wissen sofort, womit wir es bei der Lektüre zu tun haben werden. Oder nicht?

Es ist möglich, ein schlechtes Cover zu ignorieren, wenn uns das Buch gefällt. Aber bei einem uns unbekannten Buch ist das Cover das Erste, was wir sehen. Wenn es uns interessiert, greifen wir danach und schauen uns das Buch genauer an. Wenn nicht, dann nicht. Das Cover hat somit entscheidenden Einfluss auf unsere Kaufentscheidung.

Warum ist das Cover so wichtig?

Entsprechend wichtig ist das Cover. Es muss uns neugierig machen. Es sollte so viel über das Buch verraten, dass wir wissen, ob es uns interessiert. Angefangen natürlich beim Genre: Harte Military-Science-Fiction mit dem Cover eines phantastischen Liebesromans bleibt im Regal liegen oder sorgt beim Lesen für Enttäuschung.

Wappenschild auf Pergament – mittlerweile ein echter Klassiker unter den Covermotiven.

Ein zum Genre passendes Cover reicht aber nicht aus. Daneben wünschen wir uns weitere Dinge vom Cover. Es soll die passende Stimmung vermitteln und auch zum Inhalt des Buches passen. Am besten ist sogar etwas auf dem Einband, das direkt mit dem Inhalt zu tun hat, beispielsweise eine der Hauptfiguren oder der Handlungsort.

Außerdem sollte es nicht zu gleichförmig aussehen. Schließlich soll das Cover zwischen all den anderen seines Genres auffallen, damit wir das Buch wahrnehmen und haben wollen.

Für verschiedene Genres haben sich mit der Zeit Standardmotive ausgebildet, die auch dem aktuellen Zeitgeschmack unterliegen. Über die Laserwaffen oder fast nackten Barbaren der Cover aus den 1980ern schmunzeln wir heute eher.

Dieses Buch ist wirklich von Patrick Rothfuss. Das Coverdesign war mal neu.

Wir bevorzugen statt einem Conan-Verschnitt auf einem Fantasyroman zurzeit einen Wappenschild auf einem mehr oder weniger pergamentartigen Hintergrund oder eine Frau in einem wallenden Kleid mit Schwert in der Hand.

Es wird eifrig nachgeahmt und kopiert, sodass sich die verschiedenen Motive oft derart gleichen, dass wir beim Kauf auch mal danebengreifen. So nahm ich beispielsweise auf einer Buchmesse mal anhand des Covers an, auf einem Büchertisch läge ein neues Buch von Patrick Rothfuss. Erst als ich das Buch in der Hand hatte, bemerkte ich, dass es von einem anderen Autor stammte. Außerdem war es nicht einmal aus dem Verlag, bei dem die Rothfuss-Übersetzungen erscheinen. Ich hatte mich also von dem Cover in die Irre führen lassen.

Covererstellung

Cover sind also für die Kaufentscheidung und den Wiedererkennungswert enorm wichtig. Entsprechend liegt die Annahme nahe, dass auch die Covererstellung entsprechend bedeutend wäre. Leider sind Cover bei der Buchherstellung auch ein Kostenpunkt. Zwar nicht der höchste, aber es kostet eben auch Geld. Entsprechend sind liebevoll handgemalte Cover nicht die günstigste Option, besonders, wenn sie mit den Autor*innen abgesprochen werden sollen.

Hier passen die Stimmung auf dem Cover und der Inhalt zusammen.

Cover werden, ähnlich wie Klappentexte, oft zu einem relativ frühen Zeitpunkt erstellt, nämlich wenn die Vorschau fertiggemacht werden muss. Das kann bis zu einem Jahr vor dem Erscheinen des Buches sein! Das Cover wird also auf Basis dessen erstellt, was zu dem Zeitpunkt über den Inhalt bekannt ist. Das muss nicht immer viel sein, teilweise ist das Buch dann noch nicht einmal fertig geschrieben. Entsprechend muss also manchmal unter Zeitdruck ein Titelbild (und gelegentlich auch ein Titel) für ein Buch ausgesucht werden, von dem nur Teile bekannt sind.

Zudem lassen Verlage jeder Größe, vom Konzern bis zum Ein-Personen-Betrieb, ihre Cover in vielen Fällen von Externen erstellen. Was dabei teilweise bestellt wurde, will ich nicht wissen. Ich verstehe wirklich, dass gemeinfreie Bilder und Stockfotos benutzt werden, dass mit Schrift gearbeitet wird und auch, dass Trends aufgegriffen und nachgeahmt werden.

Viele Verlage geben sich aber auch Mühe und haben stimmungsvolle Cover, die sofort Lust auf das Buch machen. Besonders auf ein Genre spezialisierte kleine Verlage und auch Selfpublisher*innen können hier oft punkten, weil sie sich in der Optik ihres Genres besonders gut auskennen und entsprechende Cover erstellen lassen.

Sehr spezifisch oder total daneben

Trotzdem passieren bei Covern mitunter Fehler, die zwischen harmlos und richtig peinlich schwanken. Besonders schwierig scheint es mitunter zu sein, zumindest einen theoretischen Bezug zum Inhalt herzustellen.

Hier kann es sich nicht um den Protagonisten des Buches handeln.

Da wäre natürlich das wallende Ballkleid einer Frau auf dem Cover, die eine tapfere Kriegerin ist und in diesem Kleid bestimmt weder mit dem Schwert kämpfen noch durch den Wald laufen kann, ohne dass ihre Garderobe leidet. Darüber lässt sich ebenso hinwegsehen wie über die perfekte Schminke der Wanderhuren auf den historischen Romanen.

Doch ob der schlanke Mann mit Speer auf Saladin Ahmeds Das Schwert der Dämmerung eine gute Wahl war, mag bezweifelt werden. Schließlich handelt das Buch von einem dicken alten Araber, der Dämonen jagt.

Ein wirklicher Fehlgriff waren jedoch die Cover der deutschen Version der Inheritance-Trilogie von N.K. Jemisin. Die Protagonistin ist schwarz. Es ist für die Geschichte sehr wichtig, dass die Hauptfigur schwarz ist. Die Frau auf dem Cover von allen drei Bänden ist weiß! Als Fans daran berechtigte Kritik übten, wurden die Cover für die broschierte Version angepasst. Aber irgendwie ist die Person darauf immer noch weiß.

Ich unterstelle hier kein bewusstes Whitewashing, sondern halte es einfach für Schlamperei bei der Coverbestellung. Natürlich sind das zwei besonders misslungene Beispiele! Aber sie sind bei weitem nicht die einzigen. Vielleicht sollten phantastische Romane doch lieber wie Regionalkrimis mit einem halbwegs stimmigen Landschaftsbild versehen werden statt mit generischen Menschenabbildungen?

Leider scheinen nämlich letztlich zu inhaltsspezifische Cover auch nicht die ideale Lösung zu sein. Dies zeigt sich bei Romanen, die zu Rollenspielen wie Shadowrun oder anderen Franchises wie dem Warhammer-Universum gehören. Bei diesen ist die Wahrscheinlichkeit vergleichsweise hoch, dass das Cover zum Inhalt passt. Üblicherweise werden hier die Cover nämlich passend für dieses Buch und auf Basis sehr ausführlicher Inhaltskenntnisse angefertigt.

Diese Cover kommen sogar im Buch vor.

Für uns als Leser*innen ist das toll. Wir können auf das Cover schauen und wissen dann, wie die Hauptfigur oder ein spezifischer Gegenstand aussieht. Bei den Büchern der Ciaphas-Caine-Reihe wird sogar hin und wieder augenzwinkernd Bezug auf die „Propagandabilder“ der Cover genommen.

Abseits der entsprechenden Fans ist der Markt für diese Bücher jedoch sehr überschaubar. Mit diesen überaus spezifischen Covern, die zwar zum Rollenspiel, aber nicht unbedingt zum Genre passen, lassen sich diese Bücher dann leider teilweise nicht gut verkaufen. Sie zeigen eben nicht die vertrauten Standardmotive, die uns gleich das Genre signalisieren. Seltsam und teilweise bedauerlich.

Zusammenfassung

Cover sind das erste, was wir von einem Buch wahrnehmen, und haben dadurch großen Einfluss auf unsere Kaufentscheidung. Zum Buchinhalt passen sie nicht immer.

Selbstverständlich kann bei Auswahl und Erstellung eines Covers mal etwas schiefgehen. Oder das Cover trifft einfach nicht den eigenen Geschmack. Ich persönlich konnte Barbaren noch nie sonderlich viel abgewinnen, auch nicht den halbnackten. Dafür bin ich bereit, darüber hinwegzusehen, dass die meisten Damen in ihren Ballkleidern bestimmt nicht kämpfen können. Es spricht auch nichts gegen die Nutzung gemeinfreier Bilder oder die Auftragsvergabe an Externe.

Auf der anderen Seite sollten sich einige Verlage wirklich mehr Mühe geben. Ein Fehler wie bei der Inheritance-Trilogie ist einfach nur peinlich. Da ist noch Luft nach oben!

 

 

Artikelbilder: © Blanvalet, Black Library, Klett Cotta, Heyne, Knaur, Piper 
Layout und Satz: Verena Bach
Lektorat: Simon Burandt

 

1 Kommentar

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein