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Termark und die Blutgrasweite stehen in der Rollenspielwelt Splittermond für den ewigen Konflikt zwischen den Orks und den freien Völkern. Vor diesem Hintergrund spielt der neuste Splittermond-Roman Trümmerland. Doch der Roman ist kein Kriegsroman, wie es im Klappentext angedeutet wird. Die Handlung geht in eine gänzlich unerwartete Richtung.

Das deutsche Rollenspiel Splittermond wurde 2014 aus der Taufe gehoben. Die vielfältige Welt Lorakis fand sehr schnell viele begeisterte Spielende. Neben vielen Quellen- und Abenteuerbüchern wurden auch bisher sieben Romane dazu geschrieben. Trümmerland ist der achte Roman in dieser Welt.

Glossar:

Portalgilde – Organisation zur Erkundung, Sicherung und Bewirtschaftung der Feenpfade

Feenpfade – der Weg durch die Feenwelt zwischen zwei Mondportalen

Mondportal – auch Mondtor genannt, stabile Tore in die Feenwelt, durch die Sterbliche auf Feenpfaden reisen können

Orks – ehemals aus der Feenwelt stammendes Volk, das nach Zerstörung und Vernichtung dürstet

Lorakis – die Welt des Splittermond-Rollenspiels, hat drei Monde und erdähnliche Eigenschaften

Termark – Markgrafschaft, die fast vollständig von Orks überrannt wurde

Bergard – Stadt in Termark und Standort der Festung und des Mondportals Aldentrutz

Wilde Jagd – legendäre Jagdgesellschaft von Feenwesen

Story

Die Protagonistin Nhevva verdingt sich als Söldnerin für die Portalgilde. Sie begleitet Kaufleute und Reisende auf dem Feenpfad zwischen den jeweiligen Mondportalen in Catley und Aldentruz. Nachdem sie von einer dieser beschwerlichen Reise in ihrer Heimatstadt Bergard zurückgekehrt ist, will sie Zeit mit ihrer Familie und Freunden verbringen. Bei einem Ausflug entdeckt Nhevva eine gigantischen Orkarmee, die danach trachtet, Bergard und das Mondportal zu erobern. Doch in einem Scharmützel mit einem Spähtrupp der Orks wird sie schwer verletzt und kommt daher zu spät, um für ihre Stadt und Familie zu kämpfen. Von Überlebenden der Schlacht erfährt sie, dass ihre Familie umgekommen ist. Nur ihr Bruder hat das Gemetzel überlebt und ist von den Orks durch das Mondportal in die Feenwelt entführt worden. Auf eigene Faust bricht sie auf, um ihren Bruder zu retten, nur um in der Feenwelt von der Wilden Jagd zwangsverpflichtet zu werden. Nach einiger Zeit im Gefolge der Wilden Jagd, kann sich Nhevva befreien und nach Lorakis entkommen.

Jedoch deuten Spuren und Hinweise daraufhin, dass ihr Bruder in der Feenwelt, wo die Zeit anders vergeht, die Gefangenschaft durch die Orks überlebt hat. Wieder bricht sie mit ihren Gefährten auf, ihn zu retten.

Nhevva versucht ihre Gefährten zurückzugewinnen
Nhevva versucht ihre Gefährten zurückzugewinnen

Im ersten Drittel des Buches offenbart sich einer der Kritikpunkte. Trümmerland ist mitnichten eine Geschichte, wie man sie angesichts des Klappentextes und des Covers erwartet hätte. Stattdessen entwickelte sich eine Handlung um die finsteren Machenschaften verschiedener Feenwesen. Doch genau diese Handlungsfäden machen die Geschichte auch spannend und nicht vorhersehbar. Immer wieder treten überraschende Richtungsänderungen der Handlung auf, die gespannt weiterlesen lassen. Im Verlauf der gesamten Handlung schafft es der Autor, eine, von kurzen Ruhepausen abgesehen, konstante Spannung aufrecht zu erhalten. Leider werden viele Spannungsmomente durch innere Monologe der Protagonistin in die Länge gezogen.

Weiterhin sind die Handlungen der Protagonistin oft durch eine besitzergreifende Liebe zu ihrem Bruder motiviert, die mit vielen harten Entscheidungen einhergehen. Dadurch verprellt sie mehr als einmal auch Freunde und Gefährten. Das lässt Nhevva wenig sympathisch erscheinen.

Die Antagonist*innen der Handlung verdienen eine gesonderte Erwähnung. Die Feenwesen des Splittermond-Universums sind ganz anders, als diejenigen aus der irdischen Mythologie. Dem Autor gelingt es im Verlauf der Handlung, die unterschiedlichen Feen mit gänzlich anderen Wesenszügen und Beweggründen darzustellen. Ihre unberechenbare, vielschichtige und geheimnisvolle Natur wird bei jeder Szene im Buch deutlich. Dieser Punkt macht die Handlung spannend und lesenswert.

Schreibstil

Die Darstellung der verschiedenen Feenwesen ist eine Stärke des Romans
Die Darstellung der verschiedenen Feenwesen ist eine Stärke des Romans

Der Großteil der Handlung ist aus der Sicht von Nhevva geschrieben. Der Fluss der Geschichte wird allerdings oft von Erklärungen zur Welt und Überlegungen der Protagonistin unterbrochen. Während erstere noch notwendig für ein Verständnis der Welt sind, werden die häufigen innere Monologe zu einer Geduldsprobe. Einige Überlegungen der Protagonistin hätten auch der Leserschaft überlassen werden können. So werden oftmals Spannungsmomente aufgefasert.

Egal, ob man die Splittermond-Welt kennt oder nicht, der Handlung ist gut zu folgen, da weltspezifische Begriffe im Text erklärt werden und im Anhang des Buches in Form eines Glossars erklärt werden. Wer die Splittermond-Welt kennt, wird viele Aspekte des Rollenspiels wiedererkennen, aber die Geschichte ist auch ohne Kenntnis der Spielwelt verständlich.

Der Autor

Der Autor Mike Krzywik-Groß wurde 1976 im Harz geboren und ist ein Veteran der Rollenspielszene. Er hat einige Romane für Das Schwarze Auge, Shadowrun, sowie viele Beiträge zu Quellenbüchern von Splittermond und Eis&Dampf geschrieben. Eine Auflistung seiner Bücher und Texte ist auf seiner Webseite zu finden.

Erscheinungsbild

Zur Erscheinung des Buches müssen einige Extraworte geschrieben werden, denn diese ist im Hinblick auf den üblichen Standard bemerkenswert. Romane zu Rollenspielsystemen werden im deutschen Sprachraum gemeinhin als Softcover im Taschenbuchformat veröffentlicht. Der Uhrwerkverlag hat zum ersten Mal ein ganz anderes Format gewählt. Das Buch ist ein gebundenes

Hardcover mit Leineneinband, Lesebändchen und Schutzumschlag. Auf dem ersten Innendeckel ist eine Karte von Termark und der Blutgrasweite gedruckt und auf der letzten Innendeckelseite eine Karte von der gesamte Welt Lorakis.

Darüber hinaus sind im Buch, passend zur Handlung, schwarz-weiße Illustrationen von Uhrwerks-Illustrator Vincent Modler zu finden und einige Kapitelseiten werden mit einem stimmungsvollen Stillleben geschmückt. Das Cover wurde von Florian Stitz gezeichnet, der schon unzählige andere Splittermond-Bücher illustriert hat und mit seinen Bildern die Splittermond-Welt maßgeblich geprägt hat. Darüber hinaus ist die erste Auflage des Buches auf 500 Stück limitiert.

Alles zusammen eine äußerst hochwertige Aufmachung, die ganz hervorragend im Bücherregal aussieht oder sich wunderbar als Geschenk eignet. Daneben sehen die bisherigen Splittermond-Romane in ihrem Taschenbuchformat unscheinbar aus. Das gewählte Format von Trümmerland schlägt sich allerdings auch im Preis nieder.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Uhrwerk Verlag
  • Autor: Mike Krzywik-Groß
  • Illustrationen: Cover: Florian Stitz, Innenillustrationen: Vincent Modler
  • Erscheinungsdatum: 04. November 2021
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Hardcover mit Schutzumschlag
  • Seitenanzahl: 256
  • ISBN: 978-3-95867-244-4
  • Preis: 39,95 EUR
  • Bezugsquelle Fachhandel, Amazon, idealo

 

 

Fazit

Zusammengefasst wirken sich einige Punkte auf das Lesevergnügen aus. Durch innere Monologe werden Spannungsmomente unterbrochen und unnötig in die Länge gezogen.

Des Weiteren ist zu erwähnen, dass im Klappentext eine Kriegsgeschichte angedeutet wird, die Handlung sich aber als Abenteuer- und Feengeschichte herausstellt. Lesende die Letztere bevorzugen, werden wahrscheinlich nicht zu dem Buch greifen und Freund*innen von Kriegsgeschichten könnten enttäuscht sein.

Die Entscheidungen der Protagonistin sind zwar nachvollziehbar, könnten allerdings eine gewisse Irritation bei der Leserschaft hinterlassen.

Auf der anderen Seite gelingt es dem Autor überraschend gut, die vorkommenden Feenwesen als gefährliche, fast allmächtige Antagonist*innen darzustellen. Diese Feenwesen brechen im Verlauf der Handlung immer wieder mit den typischen Klischees von Feen in der Literatur.

 Anders als der Stereotyp sind die Feenwesen hier weder niedlich noch amüsant, sondern durchtrieben und unberechenbar.

Als gut geschriebene Feengeschichte ist der Roman durchaus zu empfehlen. Der Preis steht allerdings für die gebundene Ausgabe nicht im Verhältnis zum Inhalt. 

  • Spannende und kaum vorhersehbare Handlung
  • Hervorragendes Erscheinungsbild des Buches
  • Gut inszenierte Antagonist*innen
 

  • Preis ist zu hoch
  • Klappentext verspricht eine andere Handlung

 

Artikelbilder: © Uhrwerk Verlag
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Giovanna Pirillo
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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