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Du entscheidest, wie es weitergeht – Soloabenteuer eignen sich als Probemöglichkeit für das Pen-and-Paper-Hobby oder netter Zeitvertreib für erfahrene Spielende. Dies beweisen beispielsweise die Fantasy-Spielbücher Elfenwald oder Die Schlucht des Schicksals der Einsamer Wolf-Reihe, die beide im Mantikore Verlag erschienen sind. Wie viel Spannung zwischen den Buchseiten steckt, erfahrt ihr hier.

An der Kreuzung lieber links in den Wald, rechts in die Berge oder geradeaus in die Schlucht? Solche Auswahlmöglichkeiten sind Kernbestandteil von Solo-Abenteuern. Wenn der Termin mit der Gruppe mal wieder nicht funktioniert hat, oder ihr allein ein Abenteuer erleben wollt, bieten sie eine passable Alternative. Sie eignen sich außerdem für Neulinge, um erste Erfahrungen im Rollenspielbereich zu sammeln. Dabei gibt es eine große Bandbreite, die von klassischen Erkundungsgeschichten bis zu kosmischem Horror reicht. Zwei Vertreter des Genres aus dem Mantikore Verlag werden wir als Beispiele dafür näher beleuchten. Weitere Kurzchecks zu anderen Büchern gibt es hier.

Elfenwald: Schatten über Cas’Ashar – Die Handlung

Das Fantasy-Spielbuch Elfenwald wählt einen ziemlich dramatischen Einstieg. Als Elf in magischer Ausbildung bewacht der*die Spielende zu Beginn seelenruhig den Turm des magischen Lehrmeisters Syldak. Doch dann findet der Charakter einen schwer verwundeten Elfenkrieger vor. Dieser berichtet vom Tode des großen Magiers durch die dunklen Fürst*innen, die ihm ebenfalls schwere Wunden zugefügt haben. Mit letzten Kräften vor seinem Tod fordert er dazu auf, den König vor dieser Gefahr zu warnen, bevor es zu spät ist. Noch ehe der Charakter aufbrechen kann, zeigt sich am Horizont der Umriss eines gefährlich aussehenden Drachen, der in Richtung des Turmes fliegt …

Das Abenteuer startet direkt mit einem gefährlichen Drachenangriff.

Wie die Geschichte weitergeht, hängt vom gewählten Pfad ab. In 350 Abschnitten gilt es, fiese Monster und finstere Wesen zu besiegen oder zahlreichen Fallen zu entgehen. Als Erweiterung für die Handlung kann an gewissen Stellen auf eine Zufallstabelle gewürfelt werden, die weitere positive oder negative Ereignisse auslöst. Diese reichen von weiteren Feind*innen bis hin zu magischer Ausrüstung, die euch bei der Mission helfen soll. Da die Abschnitte oftmals sehr knappgehalten sind, wird schnell von einer spannenden Begegnung zur nächsten geblättert.

Das Soloabenteuer, das in der ursprünglichen Fassung laut dem Autor 1984 geschrieben wurde, versprüht in Gestaltung und Beschreibung eindeutig einen altmodischen Charme. Die Herausforderungen erinnern häufig an klassische Text-RPGs oder frühe Pen-and-Paper. Das gilt auch für die Gegner*innen, die allesamt bitterböse sind und dem Hauptcharakter nach dem Leben trachten. Das ständige Kämpfen kann nostalgische Gefühle wecken, für manche auf Dauer aber wiederholend und eintönig wirken.

Regeln

Zum Spielen werden ein oder mehrere sechsseitige Würfel benötigt. Der Charakter verfügt über drei wichtige Attribute für das Abenteuer: Stärke, Ausdauer und Schicksal. Stärke steht für die kämpferischen Fähigkeiten und kann im Verlauf der Handlung durch mächtigere Ausrüstung und Waffen zusätzlich erhöht werden. Ausdauer beschreibt die Vitalität des Charakters, welche im Kampf oder durch Fallen sinken kann. Bei 0 Ausdauer kommt es zum Tod und das Abenteuer endet.

Im Kampf wird für beide Seiten jeweils das Ergebnis von 2W6 auf den eigenen Stärkewert dazugerechnet. Wer das höhere Ergebnis erzielt, fügt 1W6 an Schaden zu. Wird ein Pasch gewürfelt, verdoppelt sich der Schaden. Bei einem Sechserpasch sind die feindlichen Kräfte sogar auf der Stelle tot. Werden dagegen zwei Einsen gewürfelt, ist es ein kritischer Misserfolg. In diesem Fall verliert der Charakter die Kampfrunde und nimmt zusätzlich nochmal 1W6 Schaden. Flüchten ist für die Hauptfigur dabei keine Option, jeder Kampf endet mit dem Sieg oder einem möglichen Neustart nach dem Tod.

Dem Charakter stehen zu Beginn außerdem sechs Zaubersprüche zur Verfügung: Zauberlicht, Zauberischer Blick, Illusionszauber, Heilzauber für andere Wesen, magischer Schlaf und mystischer Flug. Diese können an bestimmten Stellen im Abenteuer sowie im Kampf genutzt werden. Allerdings verbraucht jede Magie einen gewissen Wert an Ausdauer, weshalb diese Kräfte nur mit Bedacht eingesetzt werden sollten.

Schicksal bestimmt den Glücksfaktor in einigen Situationen, die Schicksalstests genannt werden. In diesen Fällen werden zwei sechsseitige Würfel gewürfelt. Ist die Zahl kleiner als der eigene Wert, ist die Gefahr überstanden. Ein höheres oder gleiches Ergebnis zieht dagegen meist üble Konsequenzen nach sich.

Im Spiel sind die Regeln gut umsetzbar, insgesamt aber sehr auf Glück mit den Würfeln ausgelegt. Schlechte Werte können den Spielcharakter schnell in Gefahr bringen, was dann zum Scheitern führt. Wer das tatsächliche Ende erreichen und das Königreich retten möchte, sollte daher vorsichtig agieren und auf gute Ergebnisse hoffen.

Schreibstil

Die Illustrationen im Buch erinnern an klassische Rollenspiele der 1980er Jahre.

Das Soloabenteuer bedient sich gerne bekannter High-Fantasy-Klischees, etwa in der Namensgebung: Syldak, Aldam oder Murduk klingen wie aus einem Zufallsgenerator. Ebenso wirken manche Passagen in der Handlung wie dreiste Kopien aus Der Herr der Ringe und anderen Klassikern des Genres. Mit Blick auf die Entstehung ist dies aber nicht verwunderlich und trägt sogar mit zum Charme bei. Die einzelnen Passagen sind dramatisch beschrieben und lassen bisweilen richtig Atmosphäre aufkommen.

Erscheinungsbild

Aufmachung und Design sind charmant im Stil älterer Fantasy-Literatur der 1980er Jahre gestaltet. Das lässt sich bereits am Cover erkennen, welches den Turm und Drachen zu Beginn der Handlung zeigt. Auf 240 Seiten gibt es mehrere hübsche Schwarz-Weiß Illustrationen von Gefahren und Monstern, die einen hohen Detailgrad aufweisen. Das unterstützt das klassische Dungeon-Crawler-Gefühl beim Lesen. Ansehnlich sind ebenfalls die zahlreichen Trennbilder, welche abwechselnd dunkle Fürst*innen oder magische Wesen wie Einhörner mit dazu passender Umrandung zeigen. Die jeweiligen Abschnitte sind gut lesbar und durch Fettdruck der wichtigen Passagen sehr übersichtlich.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Mantikore Verlag
  • Autor*in(nen): Karl-Heinz Zapf
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Softcover
  • Seitenanzahl: 240
  • ISBN: 978-3-96188-160-4
  • Preis: 12,95 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Auf dem Weg muss der Charakter einigen Gefahren trotzen…

Elfenwald: Schatten über Cas’Ashar wird vor allem diejenigen begeistern, die auf klassische Dungeon-Crawler und Fantasy der 1980er Jahre stehen. Als Elf in magischer Ausbildung beginnt der*die Spielende eine Reise, um den König vor der schrecklichen Gefahr der dunklen Fürst*innen zu warnen, bevor es zu spät ist. Dabei steht der Charakter in der Geschichte immer wieder vor gefährlichen Fallen und tödlichen Monstern. Nur mit etwas Glück sowie dem klugen Einsatz von Magie und Schwert lässt sich das Abenteuer erfolgreich absolvieren. Das Buch punktet vor allem mit hübschen Bebilderungen, die für viel Atmosphäre sorgen. Ein großes Abweichen der Handlung von gängigen Klischees sollte aber nicht erwartet werden.

  • Aufgebaut wie Dungeon-Crawler

  • Hübsche Bilder und Zeichnungen

 

  • Viele Klischees, klares Gut-Böse-Schema

  • Sehr auf Kampf fokussiert

 

 

 

Einsamer Wolf: Die Schlucht des Schicksals – Die Handlung

Die Abenteuerreihe Einsamer Wolf erzählt in mehreren Büchern eine aufeinander aufbauende Held*innen-Saga. Darin verkörpert der*die Spielende den gleichnamigen Charakter, welcher die letzte überlebende Person des mächtigen Kai-Ordens ist. Zu Beginn von Die Schlucht des Schicksals wird die bisherige Handlung übersichtlich zusammengefasst, dass auch ohne Vorkenntnisse gespielt werden kann. Wer jedoch bereits andere Abenteuer erfolgreich gemeistert hat, darf zusätzliche Fähigkeiten erlernen und nutzen.

Auf dem Weg nach Ruanon lauern einige Gefahren, etwa meterhohe Riesenwürmer.

Im vierten Band gilt es, die Minenstadt Ruanon zu erreichen, zu welcher der Kontakt seit über einem Monat abgebrochen ist. Ein Trupp an tapferen Reiter*innen ist auf der Suche nach Gold- und Edelsteinlieferungen bereits verschwunden. Deshalb wird der Spielcharakter zusammen mit 50 Waldläufer*innen losgeschickt wird, um etwas über den Verbleib herauszufinden. Im Verlauf der Handlung wird klar, dass finstere Antagonist*innen mit diesen Vorfällen zu tun haben und eine weitere Bedrohung für das Königreich darstellen.

Die selbstgewählte Erzählung lässt innerhalb der Auswahlmöglichkeiten genügend Platz, um frei Entscheidungen zu treffen. Die ein oder andere Abzweigung etwa kann sehr hilfreich sein, um im späteren Verlauf Herausforderungen besser lösen zu können. Trotzdem bleibt die Aufgabe sehr geschlossen: Gefahren beseitigen auf dem Weg nach Ruanon.

Regeln

Würfel braucht es in der Einsamer Wolf-Reihe nicht. Bei der Charaktererstellung sowie bei Ereignissen mit unklarem Ausgang wird auf eine Zufallszahlen-Tabelle am Ende des Buches zurückgegriffen, in dem Zahlen von Eins bis Neun aufgeführt sind. Daneben befindet sich außerdem eine übersichtliche Zusammenfassung der Kampfregeln. Für das Spiel werden zwei Werte benötigt: Kampfstärke und Ausdauer. Ersteres bestimmt, wie mächtig ein Mensch oder ein Wesen ist. Zweiteres steht für die Gesamtzahl an Leben, die jemand hat oder durch Fähigkeiten maximal regenerieren kann.

Als Kai-Lord beherrscht der Charakter eine Reihe an übernatürlichen Fähigkeiten, die Kai-Disziplinen genannt werden. Von diesen können zum Start fünf Fähigkeiten ausgewählt werden, etwa „Spurensuche“, „Heilung“, „Gedankensperre“, oder „Tierverständnis“. Diese haben eigene Regelungen und können in der Geschichte eingesetzt werden. Hat die spielende Person bereits andere Bände gemeistert, darf pro Abenteuer eine weitere Fähigkeit ausgesucht werden.

Gekämpft wird ebenfalls über eine Kampfresultat-Tabelle. Dazu wird die eigene Kampfstärke mit allen Boni von der Stärke der anderen Partei abgezogen. Anschließend wird eine Zufallszahl ermittelt und die entsprechende Spalte mit dem Quotienten überprüft. Diese zeigt an, wie viel Schaden der Spielcharakter und die Gegner*innen jeweils erhalten. Sinkt die Ausdauer einer Seite auf null, ist der Kampf beendet.

Schreibstil

Der Stil der Illustrationen ist möglichst realistisch und düster gehalten.

Die Texte sind in sich prägnant und halten die Handlung möglichst spannend. So entsteht eine eher dichte Atmosphäre, die zum Weiterlesen animiert. Hilfreich neben dem klaren Stil sind ebenfalls die mit vielen Adjektiven versehenen Beschreibungen. Das hilft neben den Abbildungen dabei, um leicht eigene Bilder in der Fantasie zu erzeugen. Bezüglich der Namensgebung bleibt das Abenteuer ebenfalls im Fantasy-Bereich, etwa mit Charakternamen wie Barraka, Remir D’Val oder Städten wie Holmgard.

Erscheinungsbild

Vorne im Buch befindet sich eine Übersichtskarte für den südlichen Teil des Königreichs Sommerlund. Diese ist bunt und aufwendig gestaltet, was sehr bei der Orientierung im Verlauf des Abenteuers hilft. Der Stil der weiteren Illustrationen lässt sich als realistisch und dreckig umschreiben. Mit einem hohen Detailgrad werden oftmals Männer in Rüstung, spritzendes Blut und andere bösartige Kreaturen eindrucksvoll präsentiert. Kleine Zeichnungen von Waffen und Szenenbildern zwischen den Passagen runden den altmodischen Fantasy-Stil ab.

Eine tolle Karte erleichtert die Orientierung beim Abenteuer.

Neben den 350 möglichen Pfaden für die*den einsame*n Wolf gibt es im zweiten Teil noch einmal 150 Abschnitte als zusätzliches Abenteuer von Hauptmann Remir D’Val, ebenfalls mit einigen realistischen Bebilderungen. Bei 368 Seiten gibt es entsprechend einige Pfade zu erkunden. Das Layout ist allgemein sehr übersichtlich gehalten und gut lesbar.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Mantikore Verlag
  • Autor*in(nen): Joe Dever
  • Erscheinungsjahr: 2010
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Softcover
  • Seitenanzahl: 368
  • ISBN: 978-3-9812812-3-1
  • Preis: 14,95 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Darstellungen von Gewalt und Blut finden sich immer wieder im Buch.

Im bereits vierten Band Die Schlucht des Schicksals der Einsamer Wolf-Reihe wird der namensgebende Charakter auf königliche Mission geschickt. Es gilt, in die Stadt Ruanon zu gelangen und herauszufinden, was mit dem ausgesendeten Trupp geschah, der nicht zurückkam. Mit diesem Auftrag entspinnt sich ein klassisches Abenteuer in einer eigenen Fantasy-Welt, bei dem Banditen besiegt und das Böse gestoppt werden müssen. Die Handlung lässt sich ohne Vorwissen der Buchreihe gut erleben. Wer allerdings vorherige Bücher erfolgreich abschließen konnte, darf sich auf zusätzliche Boni freuen. Der realistische und harte Stil wird durch hübsche Illustrationen und dramatische Beschreibungen unterstützt. Als Soloabenteuer kann die eigene Reise in gewissen Bahnen selbst bestimmt werden. Unerwartete Wendungen gibt es aber kaum.

  • Teil einer Saga mit Boni

  • Hübsche Bilder und guter Stil

  • Zusätzliches Abenteuer

 

  • Viele Genre-Klischees

 

Artikelbilder: © Mantikore Verlag, © artcasta |depositphotos.com
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Katrin Holst
Fotografien: Andreas Schellenberg
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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