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Du entscheidest, wie es weitergeht – Soloabenteuer eignen sich als Probemöglichkeit für das Pen-and-Paper-Hobby oder netter Zeitvertreib für erfahrene Spielende. Dies beweisen beispielsweise Dschungel der Ungeheuer und Berge des Wahnsinns, die beide im Mantikore Verlag erschienen sind. Wie viel Spannung zwischen den Buchseiten steckt, erfahrt ihr hier.

An der Kreuzung lieber links in den Wald, rechts in die Berge oder geradeaus in die Schlucht? Solche Auswahlmöglichkeiten sind Kernbestandteil von Solo-Abenteuern. Wenn der Termin mit der Gruppe mal wieder nicht funktioniert hat, oder ihr allein ein Abenteuer erleben wollt, bieten sie eine passable Alternative. Sie eignen sich außerdem für Neulinge, um erste Erfahrungen im Rollenspielbereich zu sammeln. Dabei gibt es eine große Bandbreite, die von klassischen Erkundungsgeschichten bis zu kosmischem Horror reicht. Zwei Vertreter des Genres aus dem Mantikore Verlag werden wir als Beispiele dafür näher beleuchten.

Dschungel der Ungeheuer: Die Handlung

Die Geschichte in Dschungel der Abenteuer aus der Reihe Welt der 1000 Abenteuer wird genretypisch immer wieder von euch mitgestaltet. Nach einem eher geradlinigen Anfang, der eure Anwesenheit im tropischen Urwaldreich Mesh erklärt, geht es raus aus der Taverne und rein in den Dschungel.

Im Buch finden sich mehrere Zeichnungen, etwa zum Beginn in der Taverne.

Insgesamt stehen drei Auftraggeber*innen zur Verfügung, die euch mit unterschiedlichen Missionen auf die Reise schicken. Die Aufgaben sind unterschiedlich gestaltet und reichen von einem Bot*innengang über die Erforschung des Urwalds bis hin zum klassischen Kampf gegen ein Ungeheuer.

Das motiviert nach einem erfolgreichen Durchlauf auch die anderen beiden Wege auszuprobieren.

Die Umgebung wird in den einzelnen Abschnitten stimmig beschrieben und sorgt so für eine gute Immersion. Mit 250 Textblöcken gibt es allerhand kurze und lange Texte zum Lesen. Fragwürdig bleiben allerdings bisweilen die Moral und Sinnhaftigkeit für euren Auftrag.

Spoiler

Beispielsweise ist bei der Übermittlung der Nachricht für den Bürgermeister Schnelligkeit gefordert. Damit ihr nicht zu lange trödelt, wird euch ein magisches Halsband umgelegt. Dieses zieht sich zum Morgen des nächsten Tages zu und lässt euch qualvoll ersticken. Ob diese Bedrohung im Stile von Suicide Squad in einem überaus tödlichen Dschungel wirklich nötig gewesen wäre, müsst ihr selbst entscheiden. Ich persönlich habe mich im nächsten Durchlauf direkt für einen anderen Auftrag entschieden.

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Regeln

Zum Spielen werden neben dem Buch noch Stift und Papier benötigt, um Ausrüstung, gefundene Schätze und erlittenen Schaden zu notieren. Zudem wird geraten, eine Karte des Dschungels mit den Wegen festzuhalten, um bei einem wiederholten Spiel nicht immer die gleichen Wege abzulaufen. Manchmal hängt der Verlauf einer Situation vom Zufall ab. Dafür werden aber keine Würfel benötigt. Stattdessen gibt es im Buch eine eigene Seite mit sieben unterschiedlichen Runen, die zufällig verteilt sind und verdeckt angetippt werden. Wurde die richtige Rune erwischt, gilt die Probe als bestanden. Andernfalls ist es ein Misserfolg, der womöglich schlimme Konsequenzen nach sich zieht.

Gekämpft wird mithilfe von Zufallsreihen, die jeweils über Kombinationen der Buchstaben A bis E und der Zahlen 1 bis 8 verfügen. Pro Kampfrunde gibt es die Auswahl aus fünf Kombinationen. In einer Tabelle finden sich beim Nachschlagen dann Schwertersymbole: Ein weißes Schwert bedeutet Erfolg und ein schwarzes Schaden. Bei gekreuzten Schwertern wurde ein Unentschieden erreicht und der Kampf geht weiter, höchstens aber bis zur vierten Runde. Dann werden nur noch Kombinationen angeboten, die zum Sieg oder zur Niederlage führen – wobei letztere definitiv tödlich endet.

Gekämpft wird mithilfe von Kampftabellen.

Zusätzlich gibt es verschiedene besondere Fähigkeiten wie etwa Klettern, Verbergen oder Vorahnung, von denen sich Spielende zu jedem Start eines Durchlaufs eines aussuchen dürfen. Diese helfen dabei, in gewissen Situationen Abkürzungen zu nehmen, können aber nur sparsam eingesetzt werden. Das ist auch gut so, denn eine regelmäßige Anwendbarkeit würde die Handlung zu sehr aufreißen.

Schreibstil

Was die Qualität der möglichen Handlungsstränge im Abenteuer angeht, gibt es Licht und Schatten. Oftmals werden Klischees für Figuren bedient, was jedoch verkraftbar ist. Anstoß für das Abenteuer ist nicht der eigene Charakter, sondern dessen Vetter: ein als faul und unfähig skizzierter Unsympath, dessen Überleben gesichert werden muss. Das wirkte zunächst wenig motivierend, um dafür durch einen tödlichen Dschungel zu gehen. Tatsächlich spielt der Vetter aber nur eine untergeordnete Rolle, schließlich geht es hier um eure Entscheidungen.

Wie der Titel schon erahnen lässt, wimmelt es im Dschungel der Ungeheuer von Gefahren. Diese werden in den jeweiligen Abschnitten sehr schön und dramatisch beschrieben, was die Geschichte lebendig wirken lässt. Bei der Namensgebung wurden bewusst sehr fremdartige Begriffe und Wesen gewählt, um die Exotik des Gebietes hervorzuheben. Beispielsweise startet ihr in der Stadt Yuduluduru und könnt im Dschungel auf Brüllkatzen und Flederwölfe treffen. Der Stil ist gerade für ein jüngeres Publikum leicht zu verstehen, welches bei Soloabenteuern in der Regel angesprochen werden soll.

Erscheinungsbild

Das Softcover des Abenteuerbandes ziert eine hübsche Dschungellandschaft sowie ein dreiköpfiges Drachenungeheuer, welches im Abenteuer bekämpft werden kann. Großartig sind auch die zahlreichen Illustrationen anderer Monster und mysteriöser Orte, welche sich im Buch finden. Mit ihrem klaren Schwarz-Weiß-Stil regen sie die Fantasie an und helfen, sich besser in die Welt hineinzufühlen. Zwischen den Abschnitten finden sich außerdem kleine Zeichnungen von Pflanzen, Kreaturen und Objekten, welche die Leseerfahrung auflockern. Der Textsatz ist gut lesbar und dank der fett gedruckten Zahlen zu Beginn fällt die Orientierung beim schnellen Umherblättern leicht.

Im Dschungel leben einige fremdartige Kreaturen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Mantikore-Verlag
  • Autor*in(nen): Jens Schuhmacher
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Format: Softcover
  • Seitenanzahl: 320
  • ISBN: 978-3-96188-157-4
  • Preis: 11,95 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Traust du dich in die Tiefen des Dschungels?

Dschungel der Abenteuer erfüllt solide alle Vorgaben des Genres. In einer abwechslungsreichen Geschichte mit insgesamt drei möglichen Missionen kämpfen und schleichen sich ein Charakter sowie dessen unfähiger Vetter durch das Unterholz des Dschungels in Mesh. Durch verschiedene Spielregeln mit Runen und Kampftabellen werden keine Würfel benötigt. Das Inventar kann sich jedoch mit Waffen und Schätzen anfüllen lassen.

Die Herausforderungen sind mitunter knackig, mit der richtigen Kombination endet die Reise aber erfolgreich. In der Handlung gibt es hier und da einige merkwürdige Entscheidungen. Bei einer Altersempfehlung von neun Jahren mag das den jüngeren Leser*innen aber vermutlich weniger auffallen. Pluspunkt sind die hübschen Illustrationen und Szenenbilder, die über das Buch verteilt sind. Es gibt noch weitere Abenteuer aus der Reihe Welt der 1000 Abenteuer, auf welche wir schon anderen Artikeln eingegangen sind.

  • Drei Aufträge ermöglichen mehrfaches Spielen
  • Genügend Auswahl und spannende Orte
  • Hübsche Illustrationen
 

  • Vereinzelte Charaktere fragwürdig
  • Vetter als Mitläufer anstrengend

 

Berge des Wahnsinns: Die Handlung

Beim Soloabenteuer Berge des Wahnsinns aus der Reihe Choose Cthulhu können Spielende die Erlebnisse des bekannten Romans von H.P. Lovecraft selbst mitbestimmen. Dafür schlüpfen sie in die Rolle von William Dyer, Professor für Geologie an der berühmten Miskatonic University. Die Handlung orientiert sich sehr stark an der Geschichte des Ursprungswerkes. Man bekommt den Auftrag, als Leitung der Pabodie-Expedition in der Antarktis den Erfolg der Mission zu sichern. Keine leichte Aufgabe angesichts der lebensfeindlichen Welt im ewigen Eis sowie dem kosmischen Horror, der dort schlummert.

Das Abenteuer beginnt mit einer Expedition in die Antarktis.

Durch das eng gewählte Setting bleiben in der Geschichte leider sehr wenig Auswahlmöglichkeiten mit gerade einmal 111 Abschnitten. Bereits die kleinste falsche Entscheidung bedeutet oftmals das Scheitern der Mission und damit den Tod in der Antarktis. An anderen Stellen kann eine frühzeitige Rückreise zwar bedeuten, dass der Charakter überlebt, die Geheimnisse aber weiter verborgen bleiben. Nur mit sehr viel Glück und kriminalistischer Arbeit ist es möglich, allen Gefahren zu entkommen und die Wahrheit zu erfahren.

Viele Wege führen in den sicheren Tod …

Regeln

Würfel oder andere Zufallselemente werden für dieses Soloabenteuer nicht gebraucht. Die erlebbare Geschichte ähnelt mehr einem Krimi. Dabei gibt es zwei zentrale Wegpunkte, an denen die Spielenden Hinweise sammeln können, und zu denen sie im Mittelteil der Handlung wieder zurückkehren können.

Wer alles über den vergessenen Schrecken im Eis herausfinden möchte, sollte sich daher einige Notizen über die Entdeckungen machen. Der Aufwand ist gegenüber anderen Cthulhu-Soloabenteuern aber gering.

 

Schreibstil

… oder treiben den Charakter in den Wahnsinn.

Im Buch befindet sich neben dem Soloabenteuer auch der komplette Roman Berge des Wahnsinns. Es ist daher möglich, im Anschluss an das eigene Abenteuer die Geschichte von H.P. Lovecraft zu lesen und einen Vergleich mit den eigenen Entscheidungen vorzunehmen.

Wie in der Roman-Vorlage wird im Soloabenteuer bei den Formulierungen ein kühler und detaillierter Stil gewählt. Kälte und Gefahr werden stimmungsvoll vermittelt und sorgen für eine gute Immersion. Immer wieder werden grauenhafte Entdeckungen beschrieben, welche die düstere Atmosphäre verstärken. Große Ausbrüche vom Original gibt es dabei nicht.

Erscheinungsbild

Das Soloabenteuer nimmt, wie erwähnt, nur den ersten Teil des Softcover-Buches ein. Die Seiten sind regelmäßig mit kleinen Schwarz-Weiß-Zeichnungen aufgehübscht worden, etwa kleine Flugzeuge, groteske menschliche Köpfe oder andere Schrecken. Für den besonderen Gruselschauer sorgen zudem Abbildungen kosmischer Wesen, die im Verlauf der Handlung getroffen werden können – was oftmals den Charaktertod bedeutet. Das Durchblättern klappt dank deutlich lesbarer Zahlen gut und ist sehr übersichtlich. Am Ende des Abenteuers finden sich außerdem einige Bilder und Kurzbeschreibungen wichtiger Charaktere, die relevant für die Handlung sind.

Beim Roman im zweiten Teil wird auf Bilder verzichtet. Stattdessen sind die Schrecken im ewigen Eis der Fantasie der Lesenden überlassen. Wer wissen möchte, ob die Pabodie-Expedition tatsächlich Erfolg hatte oder von unaussprechlichem Horror in den Wahnsinn getrieben wurde, muss die Geschichte selbst lesen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Mantikore-Verlag
  • Autor*in(nen): Edward T. Riker
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Softcover
  • Seitenanzahl: 316
  • ISBN: 978-3-96188-122-2
  • Preis: 13,95 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Zwischen Soloabenteuer und Roman werden die Charaktere beschrieben.

Das Soloabenteuer Berge des Wahnsinns ist mehr ein nettes Gimmick als eine ausgewachsene Geschichte. Die Auswahlmöglichkeiten sind vergleichsweise begrenzt. Statt eines klassischen Abenteuers gilt es vielmehr Informationen zu sammeln, ohne dem Wahnsinn zu verfallen oder von Kälte und / oder Monstern getötet zu werden.

Positiv zu erwähnen sind die Illustrationen, die einige Schrecken im Eis präsentieren. Als Zusatz gibt es den gesamten Roman Berge des Wahnsinns von H. P. Lovecraft im zweiten Teil des Buches. Wer diesen Klassiker noch nicht im Regal stehen hat und obendrauf noch ein kleines Extra haben möchte, wird mit dem Kauf zufrieden sein. Alle anderen könnten aber etwas enttäuscht werden.

 

  • Roman im zweiten Teil des Buches
  • Hübsche Gestaltung und Illustrationen
 

  • Kaum Auswahl an Pfaden
  • Sehr nah am Original

 

Artikelbilder: © Mantikore Verlag
Layout und Satz: Verena Bach
Lektorat: Susanne Stark
Fotografien: Andreas Schellenberg
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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