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Die Waldlande ist ein kooperativer Wald-Crawler für abenteuerlustige Entdecker*innen, bei dem hinter jeder Ecke und jedem Gebüsch ein Monster lauern kann. Doch auch weitere Entdeckungen lassen in diesem mystischen Wald, der jedes Mal neu aussehen kann, nicht lange auf sich warten.

Bei diesem Spiel sticht zunächst das auffällige Comicdesign der Verpackung ins Auge. Dass gutes Design nicht gleich großem Wiederspielspaß entspricht, das zeigt das Brettspiel Die Waldlande leider deutlich. Doch zunächst kommt jenes durch die bunten und niedlichen Charaktere und dem Waldthema sehr ansprechend daher. Auf in den Dungeon!

Triggerwarnungen

keine typischen Trigger

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Spielablauf

Das Spielprinzip ist, im Gegensatz zur beiliegenden Anleitung, recht einfach erklärt. Eine Gruppe niedlicher, fantastischer Kreaturen macht sich auf in einen verwunschenen Wald, der sich Runde um Runde aufbaut, indem Plättchen an die Startkarte angelegt werden. Dieses Prinzip kennt man beispielsweise von Carcassonne oder Dorfromantik. Die angenehm stabilen und großen Plättchen zeigen verschiedene Symbole, die einen oftmals für die Helden negativen Effekt auslösen.

Zu Beginn jeder Runde, in der Erkundungsphase, kann so zum Beispiel durch das neu angelegte Plättchen ein Monster ins Spiel kommen, oder es droht eine andere Gefahr oder Erschwernis. Es gibt aber auch positive Effekte auf den Plättchen, zum Beispiel durch Portale, dem Energiekristall, Schätze oder einem Gasthaus. Die Plättchen müssen nach bestimmten Regeln angelegt werden, wichtig ist jedoch vor allem, dass so viele neue Wege wie möglich dabei entstehen.

Alle suchen zunächst einen Charakter aus, wählbar aus vier verschiedenen tierartigen Figuren mit unterschiedlichen Sonderfähigkeiten. Diese sind auf dem Charaktertableau angezeigt, zusätzlich enthält dieses Felder für Würfel. Jede*r bekommt reihum ein Set an Würfeln in die Hand, die in der zweiten Phase, der Abenteuerphase, zum Einsatz kommen, indem man einmal würfelt.

Der Wald entfaltet sich vor den Augen der tierisch-mystischen Charaktere.

Die Tableaus zeigen genau an, welche Würfel aus dem Wurf für welche Aktion eingesetzt werden können. Die Aktionen umfassen Bewegung, Energie nutzen, Spezialaktionen oder auch Beschwörung, welche dazu führt, dass man in einem eventuellen Kampf einen weiteren Würfel zur Verfügung hat.

Variation erhält das Spiel durch unter anderem die Ereigniskarten, die zum Beispiel Energievorräte verschaffen … oder auch noch mehr Monster ins Spiel bringen. Die Dornenrankenkarten sorgen für eine Anpassungsmöglichkeit der Schwierigkeit des Spiels, auch ein schönes Element. Auch bei den Beutekarten (die Ausrüstung verschaffen), gibt es Abwechslung durch einmal einsetzbare oder dauerhafte Gegenstände, wie zum Beispiel Heiltränke oder Waffen.

Ausrüstung, Ereigniskarten oder auch spezielle Orte kommen im Spiel dazu.

Überall nur Monster in Sicht

Das heißt einfach gesagt, dass die Charaktere sich im Wald fortbewegen und dabei auf sehr zufällige Ereignisse und Situationen treffen, die durch neue Plättchen ausgelöst werden. Meistens bedeutet dies aber, dass es zu einem Kampf kommt, denn die Monster sind überall versteckt!

In der zweiten Phase besteht die Möglichkeit, die Energieleiste aus dem Tableau zu verwenden und die gesammelten Beutekarten einzusetzen, was auch dringend ratsam ist, da die Monster wirklich ganz schön stark sein können. Gerade am Anfang ist es sinnvoll, sich erst mal etwas Ausrüstung zusammenzusammeln und wenn möglich Gegenstände beim Händler zu kaufen.

Jeder Charakter hat andere Fähigkeiten.

Die Energieleiste ist unter anderem dafür da, dass die Sonderfähigkeiten der Charaktere freigeschaltet werden können, auch dies sollte man so schnell wie möglich tun. Denn: Es gibt eine begrenzte Anzahl an Waldplättchen, sodass das Spiel nicht ewig dauern kann – der Endboss rückt also schnell näher.

Der Waldboss erwartet uns

Das ist dann auch das Ziel des Spiels: den großen Boss des Waldes fertig zu machen! Sein Auftauchen wird durch eine bestimmte Karte ausgelöst. Und Achtung: Der Boss wird über die Spielrunden stärker. Doch es dauert seine Zeit, bis die Charaktere stark genug sind, sich dem Wesen stellen zu können.

Die Waldlande besteht zu einem großen Teil aus Kämpfen. Sobald sich einer der Charaktere auf ein Feld mit Monster bewegt, wird sofort ein Kampf ausgelöst, es sei denn, man kann sich noch unbeschadet zurückziehen. Für einen Kampf wird standardmäßig ein Würfel geworfen, wenn der Spielcharakter zuvor durch seine Beschwörungsaktion einen Machtwürfel hinzugewonnen hat, sind es sogar zwei Würfel. Nun muss er gegen die auf dem Monsterplättchen angezeigten Werte ankommen, entweder indem er denselben Wert oder darüber würfelt. Wird das Monster nicht besiegt, schadet es dem tapferen Charakter.

Der Endgegner, also der Boss des Waldes, wird Runde um Runde stärker.

Gewonnene Kämpfe machen stärker und bringen bei Sieg Belohnungen. Dabei kann und sollte man sich gegenseitig unterstützen, da man grade zu Beginn des Spieles noch sehr angreifbar ist. Die Monster (zum Beispiel Skelette, Pilze oder Geister) haben eigene Werte, was ihre Verteidigung, ihre Lebenspunkte und ihren Angriffswert angeht. Schnell wird zum Beispiel klar, dass ein Monster mit beispielsweise zwei Lebenspunkten, welches zweimal erfolgreich angegriffen werden muss, anfangs gar nicht so schnell besiegt werden kann. Daher kann es auch mal zu Frust kommen, wenn man manche Monster eben nicht schafft und damit negative Effekte einheimst.

Ausstattung

Insgesamt ist Die Waldlande und damit auch die Box wirklich gut aufgemacht, das Inlay ist praktisch, die Materialien hochwertig. Die schön designten Haupt-Charaktere sind als bunte Bildchen auf den Holzfiguren abgebildet. Gerade die Waldplättchen sind sehr stabil, die Illustrationen stimmig. Die verschiedenen Monster sind abwechslungsreich gestaltet, auch die anderen Kärtchen und die vier Charaktertableaus sind dick genug und wertig. Es wurde recht viel Material in einer vergleichsweise sparsamen Verpackung untergebracht – schön! Doch wie bereits angesprochen, die Spielanleitung leidet unter wenig präzisen Erklärungen, ist wenig stimmig aufgebaut, und man braucht dadurch leider deutlich länger, bis die Spielregeln verinnerlicht sind.

In der kompakten Box ist viel enthalten.

Dem Spiel liegen zwei Mini-Erweiterungen bei: Gasthaus und Höhlen, zudem birgt die Anleitung Regeln für Fortgeschrittene. Beim Test des Spiels kamen diese Regeln noch nicht zum Einsatz, jedoch wurde mit den Erweiterungen gespielt.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Mirakulus, From the Woods Games
  • Autor*in(nen): Geoffrey Wood
  • Illustrator*in(nen): Jiahui Eva Gao
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 60-70 min
  • Spieler*innen-Anzahl: 1 2 3 4
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Preis: ca. 45 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel

 

Bonus/Downloadcontent

Auf der Instagram-Seite des englischen Verlags From the Wood Games wurde kürzlich eine Erweiterung namens Wildscale Swamps angekündigt.

Fazit

Der kooperative Wald-Crawler bringt Spannung durch immer wieder neu angelegte Waldgegenden und durch das glücksbasierte Spielprinzip (würfeln und verdeckte Karten ziehen) ins Spielgeschehen. Strategie und Taktik lassen sich hier und da etwas einbauen, doch ist der Endboss erst im Spiel, wird die Planung wichtiger als zuvor. Der Einsatz der Würfel bringt Abwechslung und Elan ins Spiel. Wer noch etwas mehr Struktur, Story und Fluff möchte, kann auch den Kampagnenmodus spielen, der sich über bis zu fünf Kapitel erstreckt.

Man weiß nie, was die nächste Runde bringt, und fühlt sich tatsächlich wie ein*e Held*in in einem dunklen Wald-Dungeon, der*die seine Kraft darauf verwenden muss, sich und seine Begleiter*innen so stark wie möglich zu machen und auf der Erkundungstour zu rüsten. Das Zufallsprinzip ist durchaus ansprechend, auch das Setting, die Welt und die Charaktere mit ihren ganz eigenen Fähigkeiten machen Laune.

So weit so gut, doch das große Manko liegt für mich einerseits beim Einstieg ins Spiel durch die umständlich geschriebene Anleitung, andererseits beim doch recht schnell eintönig werdenden Spielablauf. Je nachdem, wie schnell die Charaktere durch Zufall Ausrüstung finden, oder wenn gleich am Anfang schwierige Monster auftauchen, kann es auch leicht zu Frust führen. Daher passt die Beschreibung familienfreundlich nur bedingt, auch weil es etwas dauert, bis die sperrigen Erklärungen zu Monstern und Kämpfen dann in ein flüssiges Spielen übergehen. Schön ist hier, dass gemeinsam gekämpft werden kann und es bereits ab Solo-Modus spielbar ist.

Durch die Zusatzinhalte bietet es durchaus Wiederspielreiz, doch unter dem Strich konnte es nicht so weit überzeugen, als dass ich es öfters spielen möchte. Dafür sind die Überraschungseffekte und Karten, die durch die Plättchen ins Spiel kommen, nicht aufregend genug und es fehlt an Fluff: Weder die Monster noch der Boss haben im regulären Spielmodus irgendeine Story oder eine Persönlichkeit. Schade, hier wäre wirklich mehr drin gewesen. Immerhin wird die Umgebung beziehungsweise das Spielsetting des Waldes in der Gasthaus- und der Höhlenerweiterung etwas mehr beschrieben. Der Spiel-Flow mag sich nicht so recht einstellen, man dümpelt im Wald so etwas vor sich hin. Es besteht die Gefahr, dass man sich kaum vom Fleck bewegt, das ist aber notwendig, um stärker zu werden.

Es blieben am Ende dann auch Regelfragen offen, zum Beispiel die Implementierung des Ablaufs der Höhlenkarten in das übrige Spiel. Es fehlt zudem ein Glossar für die Karten. Durch die wenigen Waldplättchen kann das Spiel auch unter Umständen schnell repetitiv werden. Weiterhin sind die Effekte nicht gut ausbalanciert, es passieren deutlich mehr negative Effekte und meiner Meinung nach findet man zu wenig Ausrüstung. Dafür sind die charaktereigenen Fähigkeiten und Spezialaktionen recht stark.

Für den Preis ist die Ausstattung jedoch durchaus in Ordnung. Positiv sei hier auch die Kurzweiligkeit des Spiels genannt. Alles in allem ist Die Waldlande eine frische Brise im Brettspielregal, das zwar etwas Flow und Wiederspielreiz vermissen lässt, dafür aber mit Optik und Ausstattung punktet. Für Interessierte an Dungeon-Crawler aber sicher ein Versuch wert.

  • Hochwertiges Material
  • Schöne Illustrationen
  • Aufbau eines immer neuen Waldes

 

  • Umständliche Anleitung
  • Sehr zufallsbasiert
  • Etwas monoton


Artikelbilder: © Mirakulus

Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Saskia Harendt
Fotografien: Verena Tribensky

Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

Über die Autorin

Verena Tribensky kommt aus Süddeutschland und verfasst schon immer gerne Texte – egal ob Rezension oder kreatives Schreiben. Neben Comics und Brettspielen hat sie auch ein Faible für schöne Illustration und Animationsfilme. Sie geht Bogenschießen und lauscht gerne Hörspielen.

 

1 Kommentar

  1. Ich sehe hier Parallelen zum Brettspiel Root, auch da geht es um vermenschlichte Tiere und obwohl die Anleitung auch da grottig geschrieben ist, gehört es zu meinen Lieblingsspielen.
    Ich mag spiele, bei denen man Tiere verkörpert und die Aufmachung der Waldlande ist echt hübsch, aber für mich reicht das dann.

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