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Die Akademie der schwarzen Rose ist führungslos. Verschiedene Magi aus unterschiedlichen Schulen sehen sich selbst in dieser Position. Ein Wettstreit um Macht, Stärke und die Herrschaft entbrennt. Dabei mag man sein Leben aufs Spiel setzen und sogar verlieren, auch mehrfach, doch zu gewinnen gibt es die Macht der Black Rose.

Wie begehrt die Macht der Black Rose ist, wird einem klar, wenn man selbst in das Kräftemessen einsteigt. Der Kampf um den Führungsposten der Akademie verwandelt das Akademiegebäude nicht nur in ein Schlachtfeld. Es wird gar zu einem Trümmerfeld, wenn man sich nicht im Zaum hält. Denn bei dem Kampf können die Räume der Akademie schwer beschädigt und damit unbrauchbar werden. Gerade die Räume – die Geheimnisse, welche im Kampf um den Sieg in diesem Wettstreit von Bedeutung sein könnten, werden oft zuerst zerstört.

Mit seinem Erstlingswerk präsentiert Marco Montanaro direkt ein Schwergewicht.
Mit seinem Erstlingswerk präsentiert Marco Montanaro direkt ein Schwergewicht.

Ob durch Zerstörung, Nekromantie, Prophezeiung, eine der anderen magischen Ausrichtungen oder gar eine Kombination von vielen, der Weg an die Spitze ist vielseitig und will gegen die anderen Streiter*innen behauptet werden. Letztlich jedoch stellt man sich auch dem Artefakt der Black Rose und ihren Prüfungen.

Wem es auch immer gelingt, sich während der Prüfung am besten zu platzieren und die meisten Punkte durch das eigene Handeln zu sammeln, der*die erhält das Privileg die Führung der Akademie zu erringen. Und manchmal werden das jene sein, die zunächst niemand auf dem Zettel hatte.

In dieses Szenario wirft uns Marco Montanaro, der junge Spieledesigner aus Italien, der die Spielenden in eine viktorianische Fantasy-Welt voller Dämonen und Zauberei entführt. Es handelt sich um ein kompetitives Erlebnis, welches das Potential hat, sogar jene zu fesseln, die sich sonst lieber in kooperativen Spielen wiederfinden.

Wie das Spiel im Detail abläuft, betrachten wir im Folgenden etwas genauer.

Spielablauf

Zunächst wird der Spielplan aufgebaut. Das erfolgt zufällig. Die einzigen Konstanten sind der Rosensaal, welcher immer das Zentrum des Spiels darstellt, und der Thronsaal, welcher sich an diesen anschließen muss.

Alle anderen Räume, die als Hexfelder legbar sind, werden in zwei Ringen um den Rosensaal herum angeordnet. Ist der Spielplan aufgebaut, erhalten die Räume noch ihr Aktivierungsplättchen, welches für Raumaktionen benötigt wird. Am Ende werden die Kammern der Magi, entsprechend der Anleitung und Spielendenzahl, am äußeren Ring angelegt.

Schon die Räume der Akademie erfordern viel Platz auf dem Spieltisch.
Schon die Räume der Akademie erfordern viel Platz auf dem Spieltisch.

Dann wird, beginnend mit der Person, die das Kronenplättchen hat, ausgewählt, welcher Charakter gespielt wird und welche Zauberschule als Startschule fungiert.

Anschließend beginnt das eigentliche Spiel. Dieses gliedert sich in sechs Phasen, die die Spielenden nacheinander durchlaufen werden, bevor die nächste Phase beginnt. Diese Phasen sind die Black Rose Phase, gefolgt von der Studier-, und Vorbereitungsphase, in denen die kommende Aktionsphase geplant wird. An diese schließt sich die optionale Beschwörungsphase an. Am Ende der Runde steht die Aufräumphase, in der das Brett für die nächste Runde vorbereitet wird.

Betrachtet man nun die Phasen einmal gesondert, so zeigt sich die Komplexität des Spiels, denn keine Phase ist mit nur einem Handgriff erledigt.

In der ersten Black Rose Phase etwa ziehen die Spielenden zunächst ihre privaten Aufgaben, welche erfüllt werden können, um Vorteile oder Rosenpunkte zu erhalten. Ab der zweiten Runde allerdings können hier auch unbeliebte Aufgaben abgetreten werden. Für abgegebene und somit unerfüllte Aufgaben erhält die Schwarze Rose allerdings Siegpunkte abhängig von der Phase, aus der die Aufgabe ursprünglich stammt.

Auch die Studierphase ist nicht nur ein einfaches Auswählen von Karten.

Hier müssen zunächst vom eigenen Zauberbuch zwei Karten und vom allgemeinen Stapel vier gezogen werden.

Die Auswahl an Zauberkarten der verschiedenen Schulen ist enorm.
Die Auswahl an Zauberkarten der verschiedenen Schulen ist enorm.

In dieser Phase ist zum einen schon die Planung der nächsten Aktionsphase in vollem Gange, da man mit den hier gezogenen Karten eine Strategie entwickeln muss, zum anderen sollte man mit seinen Karten auch haushalten, da man sie zu einem späteren Zeitpunkt im Spiel gegen mächtige Zauber tauschen kann.

Mit den soeben gezogenen Karten geht es direkt in die Vorbereitungsphase.

In dieser geht es darum, die gezogenen Karten für die nächste Phase auf seinem Charaktertableau zu platzieren. Das mag erst einmal recht einfach klingen, ist jedoch mit einigen Tücken versehen, da jeweils zwei Zauberaktionen auf einer Karte vermerkt sind, allerdings nur eine gespielt werden darf. Dabei kommt es darauf an, in welcher Ausrichtung die Karte auf dem Tableau platziert und schließlich aufgedeckt wurde. Zudem sind nicht alle Aktionen uneingeschränkt kombinierbar, was eine genaue Planung der nächsten Phase unerlässlich macht.

In der Aktionsphase sind die Spielenden nacheinander mehrfach in einer Phase am Zug, denn jeder Charakter darf pro Zug nur maximal zwei Aktionen durchführen. Dazu zählen die zuvor bereit gelegten vier Zauber, aber auch zwei physische Aktionen. Diese können aus einem Angriff und einer damit verbundenen Raumaktion oder einer Bewegung und einer Raumaktion bestehen. In dieser Phase bewegen sich die Magi mit den Aktionen über das Feld, nutzen Zauber, um Aktionen durchzuführen, Dinge zu beschwören, den Anderen Schaden zuzufügen, oder sich sich selbst zu heilen. Sie legen Fallen aus oder nutzen Schutzzauber, um sich selbst vor Schaden zu bewahren. Die Zahl der Aktionen und Kombinationen ist gewaltig und würde in Gänze ausgeführt den Rahmen der Rezension sprengen.

Erwähnt werden sollte aber an dieser Stelle, dass verursachter Schaden, sei es in einem Raum oder an einem anderen Magi, zumeist in dieser Phase entsteht. Dieser wiederum wird mit entsprechenden Markern in der Farbe des Charakters gezählt, der den Schaden verursacht hat. So kann es durchaus vorkommen, dass ein Charakter fünf verschiedene Schadensmarkerfarben auf seinem Tableau ansammelt: drei Farben der Mitspielenden, die eigene, wenn selbst Schaden verursacht wurde, und auch die Farbe der Schwarze Rose, da auch sie von Zeit zu Zeit erbarmungslos zuschlägt. Das ist deshalb von Bedeutung, da es nach dem Tod eines Charakters zu einer Wertung kommt und Rosenpunkte in Abhängigkeit vom verursachten Schaden vergeben werden.

Bei zerstörten Räumen erhält jener Charakter den Raum und damit die zugehörigen Siegpunkte, der den meisten Schaden an diesem verursacht hat.

Ebenfalls in der Aktionsphase kann man versuchen die Aufgaben zu erledigen, welche man in der ersten Phase gezogen hat. Auch hierfür erhält man Rosenpunkte, welche einen auf dem Machttableau voranschreiten lassen.

Als letzte aktive Spielphase schließt sich die Beschwörungsphase an. In dieser sind die Spielenden nochmals nacheinander am Zug und dürfen ihre eigenen beschworenen Kreaturen, zumeist als Miniaturen vorhanden, bewegen.

Verschiedene Beschwörungen stehen den Spielenden zu Diensten.
Verschiedene Beschwörungen stehen den Spielenden zu Diensten.

Diese haben, je nach Art, unterschiedliche Fähigkeiten und können die Züge der Spielenden taktisch ergänzen, in dem sie nochmals Räume aktivieren oder Schaden verursachen. Jedoch, nur wer eine Beschwörung besitzt, ist in dieser Phase am Zug und erhält die Möglichkeit zu Aktionen. Sollte niemand über eine Beschwörung verfügen, fällt diese Phase aus.

Wie bei den meisten rundenbasierten Spielen, ist die letzte Phase in einer Runde auch hier die Aufräumphase. In dieser werden die Zauber der Runde vom Charaktertableau entfernt und auf den Erinnerungsstapel, einen jeweils persönlich zugeordneten Ablagestapel, gelegt.

Anschließend werden die Aktionsplättchen der Räume und der Charaktere wieder aktiviert.

Nun wird auch überprüft, welche Räume in den vorherigen Phasen so weit beschädigt wurden, dass sie für den weiteren Spielverlauf nicht länger nutzbar sind. Diese werden schließlich entfernt und in Abhängigkeit des verursachten Schadens auf einem der Charaktertableaus abgelegt. Haben weder die Charaktere noch die Black Rose 30 Punkte erreicht, stürzen sich die Spielenden in die nächste Runde und der Kampf um Sieg und Ruhm beginnt erneut.

Ist am Ende der Aufräumphase das Plättchen eines Magi oder der Schwarzen Rose auf dem Machttableau bei 30 oder mehr Punkten angelangt, endet das Spiel und es folgt eine Wertung, bei der es nochmals spannend werden kann. Am Schluss werden abermals Siegpunkte für Errungenschaften während des Spiels verteilt, sodass der Charakter, der als erstes die 30 Punkte erreicht hat, nicht zwingend auch der ist, der am Ende das Rennen macht.

Die Schwarzen Rose erhält in der Endwertung zwar keine Punkte mehr, ist sie es jedoch, die am Ende der Abrechnung ganz vorn steht, hat sich keiner der Spielenden als würdig erwiesen die Führung zu übernehmen.

Ausstattung

Nach dem ersten Öffnen der großen, weißen Box mit dem Aufdruck einer schwarzen Rose und dem Titel des Spiels, wird man von mehreren Stanzbögen begrüßt. Einiges an Material ist auf Pappe gedruckt und will anschließend sortiert werden.

Ist man einmal fertig, lässt sich das Material gut in der Box verstauen.
Ist man einmal fertig, lässt sich das Material gut in der Box verstauen.

Manches von dem, was dort herausgelöst wird, ist selbsterklärend, wie etwa die 23 Raumteile. Auch die entsprechenden Aktivierungsplättchen der Räume kann man noch ohne weiteres zuordnen.

Bei anderem Material ist man sehr froh, dass die beiliegende Anleitung Licht ins Dunkel bringt, denn die Box mit ihren 3,7 Kilo hält so einiges bereit.

Natürlich kommt es nicht an die Dimensionen von Gloomhaven heran, muss sich jedoch auch nicht verstecken. Allein 456 Karten, von denen über 230 Zauber sind, machen deutlich, wie viele Möglichkeiten das Spiel bietet.

Separate Tableaus für Ereignisse und Siegpunkte erweitern die Karte und machen das Spielfeld noch größer. Platz sollte man für dieses Spiel also einplanen.

Zudem liegen für die Beschwörungen noch 30 schöne Miniaturen bei, die das Spiel durch Dreidimensionalität bereichern. Für die restlichen vier Beschwörungen sind nochmals größere Markerplättchen beigelegt.

Natürlich müssen wir uns die Charaktere beim Kampf um die Herrschaft nicht vorstellen. Die vier Magi werden mittels detailreicher Miniaturen dargestellt.

Um Beschwörungen den Charakteren zuordnen zu können, dienen 24 filigrane Rosen-Stecker, die sich in Vertiefungen auf den Miniaturen stecken lassen. Verursachter Schaden an Räumen oder anderen Magi wird mittels jeweils 25 den Charakteren sowie 30 der Schwarzen Rose farblich zugeordneten Schadensmarkern visualisiert.

Alles Material in der Box weist eine gute Qualität auf. Bei häufiger Benutzung sollte man die Zauberkarten allerdings in Hüllen packen, um sie vor Abnutzung zu schützen. Die Spielbox ist auch darauf ausgelegt, die Karten zu sleeven und bietet ausreichend Platz.

Der Preis mag auf den ersten Blick womöglich abschrecken, für die Fülle an Material ist er allerdings vollkommen angemessen. Auch im Hinblick darauf, dass das Spiel nicht nur einmal auf den Tisch kommen kann.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Pegasus / Ludus Magnus Studio
  • Autor: Marco Montanaro
  • Erscheinungsjahr: 2019 (Englisch) / 2022 (Deutsch)
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 90+
  • Spieler*innen-Anzahl: 2 3 4
  • Alter: 12+
  • Preis: ca. 90 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Als Download erhält man auf der Seite von Pegasus die Möglichkeit, einen Blick in die Anleitung zu werfen. Zudem gibt es für das Spiel bereits eine Erweiterung, um es mit bis zu sechs Spielenden auf den Tisch bringen zu können. Auch kleine Gefährten in Form von Drachen, Hunden oder Greifen sind bereits als Extras erschienen. Wem das Grundspiel gefallen hat, der*die kann sich mit der Erweiterung Black Rose Wars: Inferno eindecken, denn mit dieser ist bereits eine große, zusätzliche Box erschienen, die den Kampf gegen Luzifer aufnimmt und das Spiel nochmals erheblich komplexer machen soll.

Fazit

Ein Spiel, welches mich schon im Kickstarter interessiert hatte, von dem ich jedoch zunächst Abstand genommen habe, nun doch in den Fingern gehalten zu haben, ist schon seltsam.

Damals fing es mich ein, weil es mit schönen Miniaturen und einem modularen Spielbrett, welches einen hohen Wiederspielwert verspricht, geworben hat. Und diesen hat es auch. Verloren hat es mich damals allerdings bei der Beschreibung, dass ein zentrales Element des Spiels das Deckbuilding sein würde. Dieses ist tatsächlich auch ein zentraler Punkt des Spiels. Aber es ist auch viel mehr. Deckbuilding ist normalerweise gar nicht meine Spielart. Ich konnte und wollte mich nie in Spiele wie etwa Dominion einarbeiten. Aber hier, bei diesem Spiel, geht es einem leicht von der Hand. Das mag auch daran liegen, dass man aus so unglaublich vielen Karten auswählen kann, sodass es unmöglich ist, im Voraus eine zu genaue Planung zu machen, wie das eigene Deck aussehen soll. Man kann lediglich hoffen und sich in eine Richtung bewegen, hat aber immer noch das Element des Zufalls dabei. So ist es auch für Neulinge möglich mit anderen zu spielen, die das Spiel schon Dutzend mal auf dem Tisch hatten, da nie ganz klar ist, wie eine Phase letztlich ablaufen wird.

Unsere Spielrunden haben uns viel Freude bereitet, dauerten aber oft länger als geplant.
Unsere Spielrunden haben uns viel Freude bereitet, dauerten aber oft länger als geplant.

Obwohl ich sonst einen Bogen um Deckbuilding mache, konnte das Spiel überzeugen. Auch in unseren Testrunden schnitt es sehr gut ab. Obwohl sich der Kern des Spiels darum dreht, die Mitspielenden zu besiegen und Kooperation bei Black Rose Wars nur beim Auf- und Abbau des Spiels zu Stande kommt, gelang es den verschiedenen Mechanismen sogar Personen zu überzeugen, die sich für gewöhnlich nur kooperativ an Spiele wagen.

Lediglich zwei kleine Kritikpunkte sind uns aufgefallen. Zum einen ist das Spiel komplex. Richtig komplex. Fast schon verwirrend. Das sorgt dafür, dass man nicht alle Regeln immer im Kopf hat und ein Blick in die Anleitung wiederholt notwendig ist. Zum anderen verschenkt das Spiel die Möglichkeit eine wirklich epische Figur auf den Tisch zu bringen. Denn die mächtigste Beschwörung im Spiel ist lediglich eine Pappmünze. Gut, die Beschwörung ist nur selten und dann meist nicht lange auf dem Spielfeld, aber dennoch, da wäre eine epische Figur schön gewesen.

Übrigens sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass die Anleitung von Black Rose Wars die erste ist, bei der mir aktiv die Verwendung einer genderneutralen Sprache auffiel. Obwohl diese immer mehr in unseren Sprachgebrauch einfließt und viele Medien ebenfalls mittlerweile dahingehend umstrukturieren, gibt es bislang nur vereinzelte Brettspielverlage, die auf das generische „Spieler“ verzichten und entsprechend gendern.

Wer weiß, vielleicht finde ich den Weg zurück zu den Hallen der Schwarzen Rose und werde mich dem Inferno stellen um im Anschluss davon berichten zu können.

  • Hoher Wiederspielwert
  • Kein klassisches Deckbuilding
  • Schöne Miniaturen
 

  • Komplexe Regeln
  • Bossbeschwörung lediglich Pappmarker

 

Artikelbilder: © Pegasus Spiele
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Susanne Stark
Fotografien: Thomas Mottl
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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