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Das zweite Branchentreffen des Phantastik-Autoren-Netzwerks (PAN) ist vorbei – drei Tage voller Workshops, spannender Vorträge und lebhafter Diskussionen. Redakteurin Julia war im Berliner GLS-Campus vor Ort, als es hieß: Per Anhalter durch die Phantastik – inhaltliche und mediale Grenzen überschreiten. P.S. Es gibt eine erfreuliche Neuerung für Selfpublisher und Newcomer.

PAN, hinter dieser Abkürzung verbirgt sich das Phantastik-Autoren-Netzwerk e.V., ein Verband, der die Interessen von Phantastik-Autoren vertritt. Gegründet wurde er im November 2015 und wir hatten damals schnell die Gelegenheit genutzt, um ein Gründerinnen-Interview zu führen. Heute, zwei Jahre nach der Gründung, ist das Netzwerk bereits auf 130 Mitglieder angewachsen.

Nach dem erfolgreichen ersten Branchentreffen 2016 in Köln, fand vom 20. bis 22. April 2017 das zweite Branchentreffen der Phantastik statt; das Motto „Per Anhalter durch die Phantastik – inhaltliche und mediale Grenzen überschreiten“. Unter der Schirmherrschaft von Fischer TOR diskutierten und lachten Autoren, Verleger wie Phantastik-Interessierte im Berliner GLS-Campus. Der Berliner GLS-Campus ist sowohl Sprachcampus, Restaurant, Eventlocation als auch Hotel. Teilnehmer von außerhalb hatten die Möglichkeit, direkt auf dem Veranstaltungsgelände zu übernachten.

So it begins …

Der Auftakt des Branchentreffens fand bereits am Donnerstag (20.04.2017) statt. Die Teilnehmer konnten sich in verschiedenen Workshops zu Themen wie „Gaming und Gamewriting“ oder „Zombies auf zwölf Uhr! Ein realistischer (?) Blick auf die Apokalypse der lebenden Toten“ ausprobieren und Erfahrungen sammeln. Aufgrund von Verpflichtungen abseits der Teilzeithelden, konnte ich am Workshop-Tag leider nicht teilnehmen. Die beiden darauffolgenden Tage waren zwar weniger aktiv, aber nicht minder spannend.

Das Programm war vielseitig; Vorträge und Diskussionsrunden wechselten sich ab, und in den Pausen war genug Zeit zum gemütlichen quatschen und networken. Dabei bekam man die Gelegenheit, Newcomer der Phantastikszene kennenzulernen, sich mit Verlagen und Agenten auszutauschen sowie ein Pläuschchen mit Szenegrößen wie Kai Meyer zu halten. Besonders deutlich hat sich mal wieder gezeigt: Die Leidenschaft für die Phantastik kennt keine Altersgrenzen.

Das Motto ist Programm

Der Workshop-Tag am Donnerstag war eine Art „Softer“-Einstieg, Vorträge und Diskussionsrunden begannen erst am Freitag. Eröffnet wurde das zweite PAN-Branchentreffen von der ersten Vorsitzenden Diana Menschig. Nach ihr folgten noch viele weitere begabte Redner und Rednerinnen.

Das Motto des Branchentreffens spiegelte sich in seinen Programmpunkten wider. Über Themen wie „Wie Phantastik uns helfen kann, die Welt zu verstehen“ zu Selfpublishing und dem Wert des Ebook, bis hin zur „Gamification des Alltags“, allen stand eine Frage bei: wie lassen sich mediale Grenzen überwinden?

Den ersten Anstoß zur Beantwortung dieser Frage lieferte Dr. Christine Lötscher von der Gesellschaft für Fantastikforschung mit ihrem Vortrag „Wie Phantastik uns helfen kann, die Welt zu verstehen“. Sie sieht die praktizierte „Fan-Forschung“ in der Phantastik-Forschung ganz klar nicht als Problem, sondern als Chance. Ihren Forschungen nach ist sogar Christoph Ransmayr Fantasy; die Belege dazu finden sich in seinem Wordbuilding.

Interessant für viele Nachwuchsautoren war der Vortrag von Marah Woolf zum Selfpublishing. Ebenso wie die damit einhergehende Diskussionsrunde zum Thema „Kostenlos oder umsonst – EBook und digitaler Markt“. Das Podium war sich einig, dass sie sich nicht einig sind. Während die eine Hälfte stark für die Förderung des EBooks plädierte, warnte die andere Hälfte davor, die Relevanz der EBooks zu überschätzen, machen sie doch gerade einmal 5% des Marktanteils aus.

Besonders packend war der Vortag von Thomas Zorbach zu „Immersive Welten“, verbunden mit der anschließenden Diskussionsrunde „Gamification des Alltags – Phantastische Spielwelten und ihre Abgrenzung zur Realität“. Thomas Zorbach beschrieb wie man eine Immersion erschafft und erklärte, dass man eine Geschichte am besten mit einer Geschichte bewerben kann – Stichwort Storytelling. An dieser Stelle möchte ich jedem, der sich für dieses Thema interessiert, nahelegen, sich die Marketingstory um Sebastian Fitzeks Roman „Die Blutschule“ anzusehen. Auf Fitzeks Website gibt es ein Video und das dazugehörige Pressematerial.

Thomas Zorbach (VM People) über die Entstehung Immersiver Welten
Thomas Zorbach (VM People) über die Entstehung Immersiver Welten

 

Während Zorbach zum Schluss LARP als den Inbegriff von Immersion bezeichnet, plädiert Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, in der anschließenden Diskussion dafür, Schreiber von Computerspielen als Künstler anzuerkennen. Das Podium sowie das Publikum sind sich einig: Es ist traurig, dass Computerspiele meistens nicht als Kulturgut gesehen werden. Sie zählen entweder als Killer- oder Kinderspiele, doch auf beiden Ebenen werden sie nicht ernstgenommen.

Erstaunlich fand ich, dass in keiner der Diskussionen die Bedeutung von Phantastik in unserer heutigen Gesellschaft mehr angesprochen wurde, das Thema des ersten Branchentreffens. Augenscheinlich wurde beim letzten Mal alles gesagt. Dafür stieß der Vortrag von Eva Leipprand, Bundesvorsitzende des Verbands deutscher Schriftsteller VS, „Kulturgut Buch: Warum hat Politik den Auftrag, Kultur zu unterstützen und wie wählt sie aus?“ auf große Zustimmung. Während sie sprach, wurde sie oft durch das applaudierende Publikum unterbrochen.

 

Eva Leipprand über die Bedeutung von Autoren in der Gesellschaft
Eva Leipprand über die Bedeutung von Autoren in der Gesellschaft

„Kultur ist ein Kommunikationsraum. Sie bestimmt unsere Weltsicht und Weltwahrnehmung. … Wir [die Autoren] bringen Kulturgüter hervor. Wir leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Entwicklung unserer Gesellschaft.“ (Eva Leipprand)

Besonders lebhaft wurde noch einmal die letzte Diskussionsrunde des zweiten PAN-Branchentreffens – „Phantastische Filme – warum nicht auch in Deutschland“. Das Podium bestand aus Kai Meyer (Autor), Simon Happ (Produzent Pantaleon Films) und Huan Vu (Regisseur und Produzent genrefilm.net). Eigentlich sollte auch Tommy Krappweis (Autor) an der Diskussion teilnehmen, doch leider war er aus persönlichen Gründen verhindert. Er wurde durch Birgit Wittemann (Dramaturgin) ersetzt, so kam wenigstens auch eine weibliche Note in die Runde. Insbesondere der Einwurf aus dem Publikum, deutsche Filme sähen auch deutsch aus, sorgte für einen lebhaften Einwand von Seiten Kai Meyers.

Alles geht einmal vorbei …

So sehr alle Teilnehmer sich auch gewünscht haben, das Wochenende möge niemals vorbei sein, so endete das zweite PAN-Branchentreffen dennoch. Doch bei ihrer Verabschiedung zauberte Diana Menschig allen Anwesenden noch einmal ein Lächeln auf die Lippen, denn eines steht fest: es wird auch 2018 ein Branchentreffen geben. Wie im ersten Jahr, wird dieses wieder in Köln und nicht mehr in Berlin stattfinden. Ein genaues Datum ist leider noch nicht bekannt, aufgrund der letzten beiden Jahre vermute ich jedoch, dass es wieder um den 21. April stattfinden wird.

Bis dahin vertröste ich mir die Zeit mit dem Lesen des Sonderheftes von Mephisto (Mephisto 64) zum zweiten PAN-Branchentreffen. Auf der Webseite des PAN e.V. findet sich noch einmal das komplette Programm sowie interessante Hintergrundinformationen zu den Vortragenden.

Das PAN-Branchentreffen 2018 findet wieder in Köln statt
Das PAN-Branchentreffen 2018 findet wieder in Köln statt

Alles neu macht … die Mitgliederversammlung

Seit diesem Branchentreffen gibt es eine ganz entscheidende Neuerung im Phantastik-Autoren-Netzwerk: Als erstes Autorennetzwerk in ganz Deutschland, nimmt PAN nun auch Selfpublisher in ihre Reihen auf. Dies wurde von den anwesenden Mitgliedern einstimmig auf der ersten Vollversammlung beschlossen, die am Samstagmorgen stattfand. Ebenfalls neu ist die zeitlich befristete Kategorie Nachwuchsautoren. Dadurch haben diejenigen eine Möglichkeit dem PA-Netzwerk beizutreten, die eine Veröffentlichung anstreben. Diana Menschig (erste Vorsitzende PAN) sagte dazu: „Wir denken im Augenblick auch ein Mentoring-Programm an, mit dem junge Nachwuchsautorinnen und –autoren die Unterstützung unserer Profis erhalten“. Na, wenn das keine guten Neuigkeiten für alle kleinen Schreiberlinge sind!

Der Vorstand unterzog sich ebenfalls kleinen Änderungen. So wurde Lena Falkenhagen (ehemalige Schatzmeisterin) zur neuen PR- und Öffentlichkeits-Beauftragten gewählt, und löst damit Annika Sylvia Weber ab. Neue Schatzmeisterin ist die ehemalige Beirätin Fabienne Siegmund. Annika Weber und Laura Flöter treten aus persönlichen Gründen aus dem Vorstand aus, bleiben jedoch Beiräte.

Fotografien: Julia Weber

 

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