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Auf dem winzigen Planeten Solenia gibt es schon seit Jahrtausenden keinen Tag-Nacht-Zyklus mehr. Eine Hälfte liegt komplett in Dunkelheit und die andere im Licht. Dadurch fehlen jeder Seite wichtige Rohstoffe, wohingegen andere im Überfluss vorhanden sind. Als wackere Luftschiffpiloten stellen wir den Handel zwischen den beiden Hemisphären sicher.

Im Kern handelt es sich hier um ein kompetitives Ressourcen-Sammel und -Management-Spiel mit variablem Spielbrett für bis zu vier Spielern. Das klingt zunächst etwas trocken, aber hier wurde ein wirklich schönes Thema für das Spiel gefunden, welches stimmungsvoll mit den Spielmechanismen verknüpft wurde.

Man bekommt wirklich das Gefühl einen kleinen Planeten zu umfliegen, während das Spielbrett seinen Wandel von Tag zu Nacht und zurück vollführt. Zudem müssen die eigenen begrenzten Lagerplätze im Auge behalten werden, damit stets genug Waren zur Verfügung stehen.

Jetzt aber Leinen los und volle Kraft voraus.

Der Spielablauf von Solenia

Vorbereitungen

Die fünf Spielplanteile stellen den Planeten Solenia dar. Alle fünf Teile sind beidseitig bedruckt; vier haben jeweils eine Tag- und Nachtseite, und das fünfte Teil stellt die Abenddämmerung und das Morgengrauen dar. Zum Start werden die Spielplanteile folgendermaßen aneinandergelegt: Nacht – Nacht – Morgengrauen – Tag – Tag ODER Tag – Tag – Dämmerung – Nacht – Nacht.

Das Luftschiff wird auf das mittlere Feld des mittleren Spielplanteils gestellt. Dann wählt jeder Spieler eine Farbe, nimmt sich das zugehörige Spieltableau und die 16 Luftschiffkarten. Die Spieler sollten sich zudem am Anfang darauf einigen, ob sie mit der Sommer- oder der Winterseite spielen. Letztere ist etwas komplexer, aber für die grundsätzlichen Regelerklärungen bleiben wir zunächst bei der Sommerseite.

Nun werden noch die Auftragsplättchen zu zwei verdeckten Stapeln vorbereitet. Einen Tag-Stapel und einen Nacht-Stapel. Bei einem Spiel mit zwei oder drei Personen werden nur jeweils drei Aufträge aufgedeckt und mit vier Spielern jeweils vier Aufträge.

Vom Startspieler aus bekommt der dritte Spieler ein Holz und der Vierte ein Stein. So soll der Startvorteil ausgeglichen werden. Die restlichen Waren (Stein, Holz, Getreide, Wasser) werden am Spielrand bereitgelegt.

Jeder Spieler mischt seine 16 Luftschiffkarten, zieht drei von seinem Stapel und der Startspieler beginnt die Runde.

Die Darstellung Solenias, über dessen Oberfläche wir das große Luftschiff bewegen

Zug für Zug

Solenia verläuft über 16 Runden (Anzahl der Karten). In jeder Runde muss der aktive Spieler eine seiner drei Handkarten ausspielen. In den letzten beiden Runden haben die Spieler natürlich weniger Karten auf der Hand.

Folgende Regeln müssen beachtet werden: Die gewählte Karte muss auf ein leeres Feld gelegt werden und sie muss benachbart zum großen Luftschiff ODER zu einer eigenen zuvor gespielten Karte sein. Auch das Feld, auf dem das große Luftschiff steht, ist möglich.

Eine Karte, die nicht benachbart gespielt werden kann, ermöglicht beim Ablegen auf den Abwurfstapel das Vorrücken des großen Luftschiffs.

Alternativ kann auch die Reichweite erhöht werden. Dabei muss eine Ware pro Feld zwischen dem Startfeld (großes Luftschiff oder eigene ausgespielte Karte) und dem Zielfeld abgegeben werden.

Beim Ablegen einer Karte erhält der Spieler so viele Waren der Sorte, die der Produktionsinsel entspricht (durch das Loch der Karte zu erkennen) und dessen Zahl auf der ausgespielten Karte oben angegeben ist. Die Waren werden auf freie Lagerplätze des Tableaus gelegt.

Wichtig ist, dass man nie mehr als acht Waren besitzen darf. Sollten zu irgendeinem Zeitpunkt mehr Waren vorhanden sein, müssen sofort beliebige Waren bis zur Maximalgrenze abgeworfen werden.

Überlegungen zum nächsten Zug

Alternativ kann eine Karte auch auf eine schwebende Stadt gelegt werden. In diesem Fall erhält der Spieler so viele Goldsterne (zählt am Ende zu den Siegpunkten), wie die ausgespielte Karte angibt.

Im Anschluss muss einer der ausliegenden Aufträge erfüllt und die geforderten Waren abgeben werden. Kann kein Auftrag erfüllt werden, darf auch keine Karte auf eine Stadt gelegt werden.

Zudem ist zu beachten, dass in einer Tag-Stadt nur Tag-Aufträge und in einer Nacht-Stadt nur Nacht-Aufträge erfüllt werden dürfen.

Meiner Erfahrung nach sollte man die Ladestände und die ausgespielten Karten der anderen Mitspieler gut im Auge behalten. Sollten diese zu lange Waren horten, kann ihnen eine gezielte Luftschiffbewegung Verluste bringen (Warenabwurf aufgrund von Übermenge).

Oder aber man schnappt einem Mitspieler die benötigte Stadt vor der Nase weg, sodass dieser eine weitere Runde auf seinen Waren sitzen bleiben muss.

Bei der Dämmerung und dem Morgengrauen lässt einen die Spielregel etwas im Regen stehen, aber bei näherer Betrachtung des Spielplanteils wird ersichtlich, dass es jeweils eine Tag- und eine Nacht-Stadt gibt. Auch zu erkennen an der hellen und dunklen Umrahmung.

Die Auftragsplättchen: Wichtig ist immer, vorauszuplanen und die Bewegung des Luftschiffes im Blick zu halten.

Das erfüllte Auftragsplättchen wird an den ersten freien Platz des Tableaus gelegt. Tag-Plättchen oben, Nacht-Plättchen unten. An den Anlageplätzen auf dem Tableau werden verschiedene Bonusse angezeigt, welche der Spieler sofort erhält, sobald ein Auftrag angelegt wird.

Es gibt aber auch einige 0er-Karten im Spiel, welche beim Ausspielen zunächst keine Waren generieren. Sobald eine solche Karte ausgespielt wird, muss das Luftschiff sofort um ein Feld in gerader Linie vorgerückt werden. Am Ende des Zuges werden dann die Bonusse aller Karten gewertet, welche auf dem ersten Spielplanteil liegen.

Die Bonusse stehen auf dem unteren Teil der Karte und können entweder eine oder zwei abgebildete Waren einbringen oder man erhält eine oder zwei Waren der Sorte auf dessen Produktionsinsel die Karte liegt. Auch ist ein Goldstern möglich, falls das Kartensymbol mit dem der Produktionsinsel übereinstimmt.

Die gewerteten Karten werden im Anschluss auf die Ablagestapel der jeweiligen Spieler abgeworfen und das erste Spielplanteil wird umgedreht, um ans Ende des Spielplans angelegt zu werden. Zudem wird der Spielplan wieder in die Tischmitte verschoben.

Das Spiel endet, nachdem jeder Spieler seine 16 Karten ausgespielt hat.

Jeder erhält Goldsterne für seine ersten vier Auftragspärchen (je ein Tag- und Nacht-Auftrag zusammen). Je zwei eigene Waren sind einen Goldstern wert. Als letztes werden die Goldsterne der erfüllten Aufträge sowie die im Spielverlauf gesammelten Sterne hinzugezählt.

Der Spieler mit den meisten Goldsternen hat gewonnen. Bei Gleichstand teilen sich die Beteiligten die Platzierung.

Varianten

Sobald man mit diesen Regeln vertraut ist und etwas mehr taktische Tiefe möchte, stellt Solenia einem noch zwei Varianten zur Verfügung, welche ich im Folgenden noch erläutern werde.

Hier gibt es zunächst die Möglichkeit, die Spielertableaus auf die Winterseite zu drehen. Dieser Seite stehen anfänglich nur sechs Lagerplätze zur Verfügung und die Plätze für Aufträge gehen nicht von 1 – 6 sondern zeigen je zwei Plätze von 1 – 3.

Spielertableaus der Sommerseite und Winterseite
Spielertableaus der Sommerseite und Winterseite

Hier muss nach Erfüllung eines Auftrages das Plättchen nicht auf das erste freie Feld gelegt werden. Stattdessen darf der Spieler den Platz wählen: Plätze der Stufe Eins sind immer möglich. Der Platz einer höheren Stufe ist erst wählbar, wenn ein Platz der vorherigen Stufe belegt wurde. Für den zweiten Platz einer Stufe müssen somit beide Plätze der vorherigen Stufe belegt sein.

Dadurch kommt etwas mehr Taktik ins Spiel, da zusätzlich entschieden werden kann, welcher Bonus einem den größeren Nutzen bringt, nachdem ein Auftrag dort platziert wurde.

Die Siegpunkteregel mit den Auftragspärchen gilt auf der Winterseite nicht mehr.

Noch mehr Individualisierung gibt es mit der zweiten Variante. Zusätzlich zur Winterseite kommen nun auch Verbesserungsplättchen ins Spiel. Diese verdecken die beiden freischaltbaren Lagerplätze sowie die hinteren Siegpunktfelder auf dem Tableau.

Vor Beginn des Spiels werden so viele Stufe eins und Stufe drei Plättchen offen ausgelegt wie Spieler teilnehmen. Beginnend beim letzten Spieler und gegen den Uhrzeigersinn wählt jeder Spieler eine der Verbesserungen. Und danach, in der gleichen Reihenfolge, ein Plättchen der anderen Stufe.

Die Plättchen werden, wie bereits erklärt, auf dem Tableau platziert und können durch die Erfüllung und passender Anlage ans Tableau freigeschaltet werden.

Bei dieser Variante kommt noch eine kleine Prise Drafting mit ins Spiel. Die Verbesserungen sorgen auch dafür, dass der Fokus zur Erfüllung der Aufträge anders gewichtet wird.

Noch eine kurze Anmerkung: Die Regeln von Solenia beinhalten auch einen Solo-Modus, welchen ich allerdings nicht getestet habe. Daher bezieht sich meine Wertung nur auf das Mehrpersonenspiel.

Ausstattung

Inhalt des Spiels
Inhalt des Spiels

Das Spielecover fängt bereits sehr gut den Charakter des Spiels ein. Mit seinem Farbverlauf von dunkel zu hell und wieder ins Dunkle beschreibt es malerisch den Tag-Nacht-Wechsel, welchen die Spieler im Spiel erleben.

Die Spielschachtel selbst beinhaltet ein Inlay, worin alle Spielkomponenten ihren Platz finden. Dadurch wirkt alles gleich viel aufgeräumter. Das Spielmaterial ist als durchweg positiv zu bezeichnen. Die Waren bestehen aus Holz und haben jeweils eine passende Form zu Wasser, Getreide, Stein und Holz.

Die Luftschiffkarten mit dem Loch in der Mitte wirken Anfangs etwas befremdlich, aber diese Idee ist wirklich klasse und sorgt für eine gute Übersicht auf den Spielplanteilen. Sobald es zur Bonusauswertung kommt, sieht man auf den ersten Blick, welche Waren ausgeschüttet werden.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Pearl Games / Asmodee
  • Autor(en): Sébastien Dujardin
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Spieldauer: 30 – 45
  • Spieleranzahl: 1 2 3 4
  • Alter: 10+
  • Preis: 39,99 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus / Downloadcontent

Wer dem Englischen mächtig ist und lieber eine Kurzzusammenfassung der Regeln bevorzugt, dem sei die Schnellübersicht auf BoardGameGeek ans Herz gelegt.

Fazit

Um das Kind gleich beim Namen zu nennen: Bei Solenia handelt es sich um ein Familienspiel, welches sich mit den beiden Varianten „Winterseite“ und „Verbesserungsplättchen“ zu einem gehobenen Familienspiel emporschwingt. Und das Schöne: In beiden Rollen weiß es zu gefallen.

Für Spieleneulinge bietet die Sommerseite einen leichten Einstieg, wohingegen Kennerspieler auf der Winterseite mehr Entscheidungen treffen können und die Verbesserungsplättchen maßgeblich den Spielstil beeinflussen.

Zudem skaliert Solenia mit jeglicher Spieleranzahl sehr gut. Ob zu zweit, zu dritt oder zu viert – es gibt kaum Downtime und in jedem Zug stehen ausreichend Optionen zur Verfügung. Mit mehr Spielern nimmt zwar die Planbarkeit des Waren-Sammelns ab, aber dafür liegen mehr Aufträge in der Auslage. Und etwas Fortuna ist auch ganz hilfreich.

Das Regelwerk leistet sich leider zwei kleine Schnitzer. Es fehlt eine kurze Erläuterung, wie mit dem besonderen Spielplanteil (Abenddämmerung/Morgengrauen) umgegangen werden soll. Hier muss man selbst draufkommen, dass die Abbildungen der Städte (hell/dunkel) entscheidend sind.

Zudem wird bei Verwendung der Verbesserungsplättchen nicht explizit erläutert, dass die dadurch abgedeckten Felder der Winterseite deaktiviert werden.

Da sich dieses Spiel eher an Familienspieler richtet, sollten solche Ergänzungen nicht fehlen.

Erwähnt sei noch das wunderschöne Artwork, welches aus der meisterhaften Feder von Vincent Dutrait stammt. Diese liebevolle Gestaltung trägt einiges zur Atmosphäre des Spiels bei.

Wie sich zudem das große Luftschiff über den Planeten fortbewegt und Tag und Nacht sich abwechseln, bildet das nötige Alleinstellungsmerkmal, um das Spiel aus der Masse hervorzuheben.

Da es in meinen Augen Potential zum Spiel des Jahres hat – bietet es doch mehr Spielspaß als der diesjährige Gewinner Azul – kann ich hier guten Gewissens vier Punkte vergeben.

Artikelbild: Asmodee
Fotografien: Christian Barazutti
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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