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Oft haben Videospiele den Versuch unternommen, in die albtraumhaften Welten des Howard Phillips Lovecraft vorzudringen. Conarium von Zoetrope Interactive ist eines davon. Dabei führt die Geschichte des Spiels in die Weiten der Polarregion und den Spieler an die Grenzen des Verstandes und orientiert sich an der Meistererzählung Berge des Wahnsinns.

P. Lovecraft ist für viele Leser und Rollenspieler der unumschränkte Meister des kosmischen Grauens. Seine Erzählungen inspirieren Filme, Comics und Spiele. Da wundert es nicht, dass gerade der Bereich der Computer- und Videospiele mit einer ganzen Fülle von Lovecraft-Titeln aufwarten kann. Besonders in den vergangenen Monaten scheinen Spiele, die sich mit dem literarischen Idol beschäftigen, die Regale zu dominieren.

Conarium ist ein Spiel, das sich ganz explizit von der Geschichte Berge des Wahnsinns inspirieren ließ. Obwohl die Macher ausdrücklich auf diese Inspirationsquelle verweisen, ist die erzählte Geschichte keineswegs eine Umsetzung des Lovecraft-Titels, sondern eine völlig eigene, atmosphärische Erzählung voller subtilen Grauens und düsterer Atmosphäre. Doch ist die PS4 die richtige Plattform für ein solches Spiel?

Genaueres Setting/Geschichte

Zu Beginn des Spiels findet sich der Spielercharakter Frank Gilman in einer arktischen Forschungseinrichtung wieder. Er ist allein, verwirrt und sehr verstört. Während draußen die Polarwinde Eis und Schnee über die karge Landschaft treiben, versucht der Spieler, sich in dieser lebensfeindlichen Einsamkeit einen Reim auf seine Umstände zu machen. Nach und nach ergibt sich ein Bild, das von rätselhaften Experimenten am Rande des Wahnsinns und des menschlichen Verstandes erzählt. Düstere Visionen und Spuren kosmischer Kulte lassen die Lovecraft-Atmosphäre lebendig werden.

Features

Rätsel in der Finsternis

Conarium ist ein sehr ruhiges Spiel, das überwiegend von seiner düsteren Atmosphäre lebt. Der Spieler bewegt sich durch die Forschungseinrichtung und versucht, Spuren zu suchen und Rätsel zu lösen. Die Rätsel sind allerdings nicht besonders anspruchsvoll. In erster Linie gilt es, Schalter umzulegen und Kurbeln zu finden. Deshalb darf man als Spieler nicht damit rechnen, auf lange Sicht herausgefordert zu werden, sondern sollte es eher als eine Art Roman mit interaktiven Elementen verstehen. Action erwartet man hier völlig vergebens.

Verschollene Schriften

Denn Lesen wird zu einer der Haupttätigkeiten des Spielers. Natürlich ist es möglich, Conarium zügig ohne das Verschlingen langer Textpassagen durchzuspielen, jedoch verliert das Spiel dann sofort seinen Reiz. Es ist gerade das Recherchieren über das Experiment und die Kulte, die das Spiel bereichern. Die Macher haben es leider vermieden, den Spieler mit Videosequenzen und Rückblenden zu verwöhnen. Stattdessen ist fast jeder Gegenstand, den man im Spiel entdeckt, mit ellenlangen Beschreibungen und Hintergründen versehen. Diese sind zwar gut geschrieben, jedoch teilweise aufgrund der gewählten Farben und des Fernsehbildschirms nicht einfach zu entziffern. Man fühlt sich tatsächlich ein wenig wie ein Lovecraft-Protagonist, der sich durch unleserliche Aufzeichnungen und verschollene Fragmente arbeiten muss.

Die Monotonie des Eises

Grafisch gehört Conarium, das auf der Unreal Engine aufgebaut wurde, nicht gerade zu den Highlights der PS4-Spiele. Sicher, die Grafiken sind sauber und flüssig, aber die Szenerie der Forschungseinrichtung ist ausgesprochen dröge und gleichförmig, jeder Gang ähnelt stark dem nächsten und teilweise ist es schwierig, die Orientierung zu behalten. Das ermüdet zwar auf der einen Seite, auf der anderen Seite ergibt sich aber ein erstaunlicher, vielleicht ungewollter Effekt: Durch die sehr eindringliche Musik und die subtilen Sounds verstärkt gerade diese Eintönigkeit das Gefühl, sich an einem verlassenen, wahrhaft menschenfeindlichen und zermürbenden Ort zu befinden. Die Atmosphäre profitiert also deutlich von den vermeintlichen Schwächen der Grafik.

Die harten Fakten:

  • Entwicklerstudio: Zoetrope Interactive
  • Publisher: Iceberg Interactive
  • Plattform: PS4
  • Genre: Adventure
  • Releasedatum: 12.02.2019
  • Spielstunden: 25
  • Spieleranzahl: 1
  • Altersfreigabe: 16
  • Preis: 19,99 EUR
  • Bezugsquelle: PlayStation Store

 

Fazit

Conarium ist eine Art digitaler Psychotrip für Lovecraft-Enthusiasten. Wer Spaß am Eintauchen in die Atmosphäre und am Knacken von (leichteren) Rätseln hat, kann sich auf das Spiel einlassen. Allerdings muss er mit deutlichen Abstrichen leben. Das Spiel ist sehr textlastig, man sollte also Freude am Lesen und an netten Formulierungen mitbringen, denn mit optischen Reizen wird gegeizt. Die Grafik ist für ein nicht ganz aktuelles PC-Spiel angemessen, wird aber den Möglichkeiten der PS4 leider nicht gerecht. Jedoch lässt gerade die Kargheit der Umgebung, gepaart mit dem eindringlichen Sound des Spiels, die Atmosphäre dichter und die Verzweiflung spürbarer werden. Leider fordern die Rätsel einen erfahrenen Spieler nicht sonderlich heraus und Action sucht man in diesem Spiel völlig vergebens. Man sollte sich also beim Kauf von Conarium bewusst sein, dass man nicht unbedingt ein gutes Spiel erhält. Vielmehr erwartet den Spieler eine atmosphärisch dichte Erzählung mit interaktiven Elementen, der es gelingt, den Geist von Lovecrafts Berge des Wahnsinns zu berühren, nicht jedoch, dem Original gerecht zu werden. Mehr als die 19,99 EUR, die das Spiel derzeit im Playstation Store kostet, sollte man nicht dafür ausgeben.

 

Artikelbilder: © Iceberg Interactive, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

6 Kommentare

  1. Ich habe die Atmosphäre des Spiels sehr genossen, leider geht der Wiederspielwert gegen 0.

    Ich möchte hier auch noch empfehlen „Call of Cthulhu“ erschienen 2018 und „Eternal Darkness“ für den GameCube. Ich leihe euch meinen Cube mit Spiel gerne aus.

  2. Das Fazit klingt perfekt. Kaum Action, dichte Stimmung, textlastig mit guten Formulierungen. Bedeutet: Gute Lovecraft Umsetzung :)

    Hab es vor einem Jahr gekauft und muss es endlich mal spielen.

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