Rezension: Minen der Macht. Der Unheiler (Fünf Federn) – Einstieg in eine phantastische Krimireihe

Unter dem Namen Fünf Federn haben sich fünf bekannte deutsche Autor*innen zusammengeschlossen und veröffentlichten einen phantastischen Krimi, der in der ringförmigen Minenstadt Grubenstedt spielt. Fünf Protagonist*innen werden immer tiefer in den Sumpf an Intrigen, Magie und Politik der Stadt gesogen.

Fünf bekannte deutsche Autor*innen schlossen sich für ein außergewöhnliches Buchprojekt zusammen. Mit mindestens drei Teilen rund um die Minenstadt Grubenstedt präsentieren sie Lesenden eine Mischung aus Fantasy und Krimi im Buchgewand. Sie warten mit gleich fünf  Protagonist*innen auf, die alle ihre Rolle in der Handlung finden sollen. Ob sie den hohen Ansprüchen, die sie durch das Projekt selbst schürten, auch gerecht werden, betrachtet dieser Artikel nun ausführlich.

Story

Ganz im Sinne eines typischen Krimis beginnt die Geschichte mit dem Fund einer Leiche. Diese befindet sich in der Grube, dem tiefsten Ort der in Ringen angeordneten Minenstadt. Die Leiche weist eine Besonderheit auf, die Gunter, den Hauptmann der Schlammringwache, und seine Begleiter*innen, aufmerken lässt. Denn der Leiche wachsen Pflanzen aus Mund und Augen. Doch dieser Handlungsstrang soll nicht der einzige bleiben.

Auch der Gastwirt Woulf, eigentlich ganz zufrieden mit seinem bescheidenen Leben in seiner eigenen Gaststätte im Kupferring, erlebt Besonderes. Von Schmerzen geplagt sucht er einen Unmagier auf, um ihn zu heilen. Dass das nicht ganz nach Plan gehen würde, hatte er zwar befürchtet, das Ausmaß der Veränderungen jedoch nicht im Entferntesten absehen können.

Im Viertel der Aschlinge, fernab der Menschen, lebt Rami. Dieser ist ein Aschling, der in seinem Volk immer wieder als Außenseiter auffällt, beugt er doch nicht demütig sein Haupt in der Öffentlichkeit, sondern experimentiert in seinen eigenen vier Wänden verbotenerweise mit Feuer. Als ob das noch nicht genug wäre, hantiert Rami auch noch mit Unmagie herum. Illegalerweise entzieht er bei magischen Handlungen der Schutzhülle der Stadt Energie, um Magie zu wirken.

Auf der falschen Seite des Gesetzes steht auch Kröte, eine junge Diebin aus einfachsten Verhältnissen. Mit Gelegenheitsdiebstählen kann sie sich gerade genug ernähren, um am Leben zu bleiben. Die Möglichkeit, einer Diebesbande beizutreten, könnte ihr ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Dazu müsste sie nur einen unmöglichen Diebeszug vollführen.

Zuletzt wäre da noch Nasiima, eine Adlige, die in einem der oberen Ringe der Stadt residiert. Als Teil der mächtigsten Riege kümmert sie sich mit ihrer Magie um die Erforschung magischer Artefakte, die aus den Tiefen der Stadt gefördert werden. Nachdem sie aufgrund gegen sie gerichteter politischer Ränke den Königshof verlassen musste, versucht sie nun, Macht und Einfluss ihrer Familie und ihrer selbst wieder herzustellen. Ein geheimnisvolles Artefakt, das ihrer Obhut anvertraut worden war, soll ihr dabei helfen.

Geschickt werden die fünf verschiedenen Erzählstränge genutzt, um die Protagonist*innen vorzustellen und den Lesenden mehr über die Welt der Minenstadt zu erzählen. Nach und nach kommen die Erzählstränge zusammen und werden zu einem großen, gemeinsamen Abenteuer, in dem Morde aufgeklärt und Intrigen, die sich gegen die Stadt richten, gestoppt werden wollen. Die Autor*innen erschaffen durch die Vermischung von Phantastik und Krimi etwas Neues, ebenso wie es zum Beispiel Kafka Asagiri und Sango Harukawa mit ihrer Manga-Reihe Bungo Stray Dogs, die japanische Literaturfiguren und Krimielemente vermischt, vormachten.

Vielleicht aufgrund der Natur der Sache der Zusammenarbeit fünf verschiedener Autor*innen, vielleicht aber auch bewusst gewählt, lässt die Geschichte etwas an Tiefe missen. Die an einen Krimi angelehnte Handlung ist zwar spannend und wartet mit Überraschungen auf, kann an komplexere Fantasy- oder Krimiwerke jedoch nicht heranreichen. So verbleibt das Leseerlebnis angenehm, aber mitunter oberflächlich.

Schreibstil

Die Sorge, ein Buch mit fünf verschiedenen Autor*innen würde auch fünf vollkommen verschiedene Schreibstile beinhalten, bestätigt sich nicht. Die einzelnen Abschnitte des Werkes teilen sich zwar auf die fünf Protagonist*innen auf, die jeweils durch eine andere Person gesteuert werden, weisen nebst den beschrieben Personen jedoch keinerlei auffällige Unterschiede auf. Schreib- und Erzählstile wurden derart angepasst, dass nur geneigte Fans der jeweiligen Autor*innen erahnen könnten, wer welchen Textabschnitt geschrieben hat. Was aus wessen Feder stammt, bleibt letztlich jedoch ein Geheimnis.

Auch wenn die Stile angepasst wurden, sind unterschiedliche Schwerpunkte festzustellen. So zeichnet sich manch ein Abschnitt durch besondere Beschreibungen der Umgebung aus, andere durch innere Monologe oder gar spannende Kampfszenen. In dieser Hinsicht wartet das Buch mit allem auf, was das phantastische Leser*innenherz begehren mag.

Die Welt, in der sich Grubenstedt befindet, ist durchdacht und lässt allerlei Möglichkeiten offen für weitere Geschichten. So befindet sich die Minenstadt in einem durch verschiedenste Fraktionen bedrohten Landstrich. Die Stadt selbst, aufgeteilt in immer tiefer gelegene Ringe, vom Palastring ganz oben bis zum Schlammring zuunterst trägt sich durch eine starke Stadtwache, Ränkespiele der Adligen und Magie. Insbesondere eine riesige magische Kuppel um die Stadt herum sichert ihren Schutz. Die Versorgung der Bevölkerung erfolgt durch umliegende Gehöfte und Handelswaren, Entsorgung des Minenschutts durch das händische Tragen die Bresche hinauf. Mechanische Elemente finden sich nur in Form riesiger Bohrer, die von Menschen in großen Laufrädern betrieben werden. Modernere Elemente, die auf Prinzipien von Druckluft, Dampf oder mittels Schwarzpulver realisiert werden könnten, gibt es bislang nicht.

Die Autor*innen

Hinter dem Namen Fünf Federn stecken die fünf deutschen Autor*innen Bernhard Hennen, Sam Feuerbach, Mira Valentin, Greg Walters und Torsten Weitze. Als Die Weltenbauer3 veröffentlichten Sam Feuerbach, Mira Valentin und Greg Walters bereits mit Erfolg die Schattenstaub-Saga, die es auf Platz 1 der Amazon- und Audible-Charts schaffte. Für Die Minen der Macht stießen die beiden Autoren Bernhard Hennen und Torsten Weitze hinzu.

Bernhard Hennen veröffentlicht bereits seit 1996 und machte sich insbesondere im Fantasygenre und als Autor für Das Schwarze Auge deutschlandweit einen Namen.

Sam Feuerbach ist seit 2017 hauptberuflich als Autor im Bereich Fantasy und Science-Fiction tätig. Als bekannte Werke zählen die Krosann-Saga sowie Reihe Der Totengräbersohn. Sam Feuerbach veröffentlicht selbst sowie als Teil des Autor*innen-Trios Die Weltenbauer3 im Eigenverlag bene Bücher.

Mira Valentin machte zuletzt mit ihrem im Tor Verlag erschienen Roman Druidendämmerung auf sich aufmerksam. Die Autorin verbuchte bereits diverse Preise für sich, darunter der Seraph 2020 in der Kategorie Bester Independent Titel mit Windherz. Die meisten ihrer Werke wurden im Selfpublishing veröffentlicht.

Greg Walters ist das Pseudonym des Fantasy- und Jugendbuchautoren Gregor Timme. Dieser veröffentlicht seit 2015 im Selfpublishing und seit 2018 im bene Bücher Verlag. Seine bekanntesten Werke sind die Farbseher-Saga rund um die Âlaburg und die Feldscher-Chroniken.

Torsten Weitze veröffentlicht seit Jahren sehr erfolgreich im Selfpublishing. Seine Reihe Der 13. Paladin wurde derart oft als E-Book verkauft, dass sie das Label Bild Bestseller tragen darf.

Erscheinungsbild

Die Veröffentlichung um die Minen der Macht wartet mit einem von vorne bis hinten durchdachten graphischen Konzept auf. Das Cover aus der Hand von Shen Fei zeigt eine Darstellung der Minenstadt, in der die gesamte Handlung spielt. Selbst einzelne Ebenen und bedeutende Gebäude sind erkennbar. Leuchtende Effekte wie auch der Farbton des Covers passen zur Geschichte.

Die dargestellte Stadt findet sich auf dem bereits veröffentlichten Cover des zweiten Teils der Reihe ebenso wieder. Einzelne Gebäudeelemente sind in den Abbildungen innerhalb der Klappumschläge des Buches, gestaltet von Guter Punkt München, ebenso zu erkennen.

Das Cover ist ein richtiger Hingucker. Durch seine Gestaltung fällt es im Bereich der Fantasybücher auf, ohne zu einem anderen Genre zugehörig zu wirken. Da es gleichzeitig auch den Inhalt transportiert und richtig wiedergibt, ist es als sehr gelungen zu bezeichnen.

Die harten Fakten:

• Verlag: FISCHER Tor (Print), bene Bücher (E-Book), Hörbuch (Argon Verlag)
• Autor*innen: Sam Feuerbach, Bernhard Hennen, Mira Valentin, Greg Walters, Torsten Weitze
• Erscheinungsdatum: 26.04.2023
• Sprache: Deutsch
• Format: Klappbroschur
• Seitenanzahl: 464 Seiten
• ISBN: 978-3596708567
• Preis: 18,00 EUR (Print) + 6,99 (E-Book) + 24,95 EUR (Hörbuch)
• Bezugsquelle Fachhandel, Amazon, idealo

Bonus/Downloadcontent

Im Innenbereich des Klappumschlags wurden eine Karte der Region, ein Querschnitt des Handlungsortes Grubenstedt sowie eine schematische Darstellung von oben abgedruckt. Insbesondere die schematische Darstellung liefert Informationen über die Reihenfolge der ineinander liegenden sechs Ringe der Stadt, auf die Lesende während der Handlung zurückgreifen können. Skizzenhafte Darstellungen der drei wichtigsten Gebäude der Handlung sind ebenso vorhanden.

Am Ende des Buches befinden sich erklärende Anhänge zur Handlung in Form einer „Dramatis Personae“ und eines Glossars.

Dass drei der fünf Autor*innen ebenso wie der erfolgreiche deutsche Autor Pascal Wokan mit seiner Reihe Die Klänge der Magie besonders im Selfpublishing aktiv sind, merkt man auch an der besonderen Form der Veröffentlichung dieses Buches. Während die Printversion im Fischer Tor Verlag ein Zuhause fand, wurde das E-Book im Selfpublishing veröffentlicht und das Hörbuch im Argon Verlag.

Fazit

Mit die Minen der Macht – Der Unheiler veröffentlichten fünf bekannte deutsche Autor*innen den ersten Teil einer phantastischen Krimi-Reihe um eine Minenstadt, die vor Intrigen und Magie nur so zu strotzen scheint.

Geschickt werden die jeweiligen Protagonist*innen vorgestellt und die Welt der Minenstadt den Lesenden näher gebracht. Trotz der spannenden Elemente eines Krimis fehlt es der Geschichte etwas an Tiefe. Die überraschenden Wendungen der Handlung und durchaus komplexen Verwebungen der jeweiligen Handlungsfäden können es nicht mit der Komplexität mancher Fantasy- oder Krimiwerke aufnehmen. Das Leseerlebnis ist insgesamt angenehm und von Spannung geprägt, verbleibt aber teilweise auch oberflächlich.

Die fünf Autor*innen bringen fünf verschiedene Herangehensweisen, Schreib- und Erzählstile mit. Diese wurden für das Buch sehr gut aneinander angepasst. Kleinste Unterschiede sind dennoch festzustellen, bereichern das Leseerlebnis jedoch. So wartet der Roman sowohl mit interessanten inneren Monologen, spannenden Kampfszenen oder besonderen Beschreibungen der Umgebung auf. Jede*r Autor*in konnte seine*ihre Stärken ausspielen.

Das Cover und der Buchumschlag wurden klug und passend zum Werk gewählt. Die Gestaltung transportiert den Inhalt und ist gleichzeitig ein Hingucker, sodass die Printversion zwischen anderen Werken der Phantastik positiv hervor stechen dürfte. Auch das Cover des Folgeromans, der am 25. Oktober 2023 erscheinen soll, macht Vorfreude auf ein erneutes tolles und spannendes Leseerlebnis.

• Handlungsfäden werden klug verwoben

• Starke Erzählstile

• Tolles Cover

 

• Lässt an Komplexität vermissen

Artikelbilder: © FISCHER Tor
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Denise Hollas
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