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Druidendämmerung zeigt uns Ungewohntes: Bei den sagenhaften Wesen dieses Buches handelt es sich nicht um die üblichen Wesen der Phantastik mit Drachen, Elfen oder Zwergen, sondern um Banshees, Selkies und Redcaps. Die Geschichte spielt in der keltischen Sagenwelt auf den schottischen Orkneys.

Lesende der Phantastik sind es gewohnt, dass Werke mitteleuropäische Sagen und Legenden aufgreifen. Auch die sagenhafte Tierwelt mit Drachen und Gnomen scheint sich stets zu wiederholen. Und das, obwohl unsere Nachbarinsel Großbritannien spannende Mythen parat hätte, die nur aufgegriffen werden müssten. Mira Valentin hat genau das erkannt und in ihrem Roman Druidendämmerung die keltische Sagenwelt, schottische Geschichten und Teile der Artus Saga aufleben lassen und zu einem Gesamtkunstwerk geformt.

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Story

Der Titel Druidendämmerung deutet bereits an, dass die Druiden des Buches eine Hauptrolle innehaben. Tatsächlich begleitet die Geschichte den Druidenanwärter Mylo ab der ersten Seite. So beginnt die Handlung damit, dass sich Mylo seinen Aufgaben als Anwärter widmet und sich um Wesen wie Vampire, Banshees oder Redcaps, Gestalten der keltischen Mythologie, kümmert. Hierbei passiert ihm ein Missgeschick. Indem er einem Wesen die falsche Milch bringt, kommt der Stein der Handlung ins Rollen. Sein Leben hängt plötzlich am seidenen Faden und er muss dem Rat eines älteren Druiden folgen und ein Artefakt finden.

Im Laufe dieser Suche trifft Mylo auf Fiona, eine Fischerstochter. Auch aus ihrer Sicht soll ein weiterer Teil der Handlung erzählt werden. Das Dreiergespann an Protagonist*innen komplettiert die Selkie Torvis. Bei Selkies handelt es sich um Wesen, die im Wasser in der Gestalt von Robben leben und an Land diese Haut ablegen und in Form von Menschen wandeln können.

Während die Aufzählung und Beschreibung mythischer Wesen einen großen Anteil des Buches zu dessen Beginn ausmacht, wirken die handelnden Personen hingegen noch sehr eindimensional. Die Handlung kommt nur langsam in Gang und der Text liest sich sehr zäh. Erst ab der zweiten Hälfte, als sich die Selkie Torvis der Handlung hinzugesellt, nimmt diese an Fahrt auf. Die drei Protagonist*innen sollen jedoch erst im letzten Drittel des Buches aufeinandertreffen, sodass alles davor Erzählte fast schon blass wirkt. Die Wahl einer Selkie als Protagonistin verleiht dem Buch Tiefe, da ihre Beschreibungen im Gegensatz zu denen der beiden anderen Handelnden tiefgründig und nachdenklich wirken. Auch die Lebenswelt fernab der Menschen wirkt interessant.

Das letzte Drittel des Buches weiß hinsichtlich Spannung, Handlung und Charakteren zu überzeugen, sodass es die Gesamtwertung nochmals deutlich hebt.

Schreibstil

Mira Valentin weiß mit einem ruhigen und angenehmen Schreibstil zu glänzen. Werden interessante Charaktere und Handlungen beschrieben, können diese in Kombination mit dem Schreibstil lebensecht transportiert werden. Das sprichwörtliche „in das Buch gesogen werden“ schafft Mira Valentin also durchaus – wenn auch bei diesem Buch leider erst im letzten Drittel.

Die erzählte Geschichte spielt auf den schottischen Orkneys. Die Autorin beschreibt das Leben ihrer Charaktere in einer Form, die an typisch mittelalterlich angehauchte Beschreibungen der Phantastik erinnern. Da die Christianisierung Schottlands Bestandteil der Handlung ist, wäre diese irgendwann zwischen dem 4. und 10. Jahrhundert anzusiedeln. Die Autorin siedelt das Buch im Jahre 580 an. Die Druiden sowie die meisten mythischen Wesen, beispielhaft seien hier insbesondere die Kelpies genannt, leben zurückgezogen und sind teils nur noch auf den Orkneys zu finden. Die mythologische Bedeutung fließender Gewässer oder die Erwähnung keltischer Meeresgöttinnen wie Sea Mither und ihrer Sage um ihren ewigen Kampf gegen Teran webt die Geschichte zwischen Phantastik und keltischer Mythologie ein. Eine solche Kombination ist im Bereich der derzeitigen Veröffentlichungen selten. Das Werk kann in dieser Hinsicht als gelungen bezeichnet werden.

Die Autorin

Für deutsche Autor*innen ist eine Veröffentlichung in einem der großen deutschen Buchverlage nicht leicht, viele Übersetzungen aus dem internationalen Buchmarkt stehen zu ihnen in Konkurrenz. Da ist die Veröffentlichung einer deutschen Autorin wie Mira Valentin im Fischer Tor Verlag ein Lichtblick.

Die Autorin konnte bereits diverse Preise für sich verbuchen, darunter insbesondere auch der Seraph 2020 in der Kategorie Bester Independent Titel mit Windherz. Sie veröffentlicht sowohl in Verlagen als auch im Selfpublishing und ist Mitglied der dreiköpfigen Autor*innenvereinigung Weltenbauer3 mit Sam Feuerbach und Greg Walters.

Unter dem Namen Fünf Federn schloss sich Mira Valentin mit den Autor*innen Bernhard Hennen, Sam Feuerbach, Greg Walters und Torsten Weitze zusammen und veröffentlicht im April 2023 den Roman Minen der Macht im Fischer Tor Verlag.

Erscheinungsbild

Das Cover des Romans springt mit seiner Farbkombination aus Blau, Weiß und Gold sofort ins Auge. Das über Meereswellen schwebende keltisch anmutende Symbol deutet die Inhalte des Buches bereits an. Sowohl keltische Mythologie als das Meer selbst sind Teil der Handlung. Das Cover erfüllt somit nicht nur seinen Zweck, auf das Buch aufmerksam zu machen, sondern spielt auch mit den richtigen Andeutungen bezüglich des Inhalts. Sowohl in Print- als auch digitaler Form fällt das Cover auf. Es wurde in Prägedruck mit Goldverzierung versehen.

Im Inneren des Buches findet sich das Symbol des Covers als Teil der Überschriften wieder. Freund*innen des Visuellen kommen jedoch insbesondere durch die Bilder der Hauptfiguren auf ihre Kosten, die sich im Inneren des Buches finden. Hier hat die Illustratorin Elya Adair wunderschöne Bilder geliefert.

Die harten Fakten:

  • Verlag: FISCHER Tor
  • Autor*in(nen): Mira Valentin
  • Erscheinungsdatum: 30.11.2022
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Paperback
  • Seitenanzahl: 416
  • ISBN: 978-3596706938
  • Preis: Print (17,00 EUR) + E-Book (9,99 EUR)
  • Bezugsquelle Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Mira Valentin vereint in ihrem Roman Druidendämmerung die keltische Sagenwelt, schottische Geschichten und Teile der Artus Saga. Sie erzählt ihre Geschichte aus der Sicht dreier verschiedener Menschen und Wesen, dem Druidenanwärter Mylo, der Fischerstochter Fiona und der Selkie Torvis.

Wirkt der Anfang des Buches noch etwas langatmig durch die Vorstellung der diversen Sagengestalten, nimmt es insbesondere im letzten Drittel an Fahrt auf. Hier gehen Charakterisierungen, Handlung und Schreibstil Hand in Hand und Leser*innen werden in die Geschichte „hineingesogen“.

Das Cover des Buches weiß Blicke auf sich zu ziehen. Gleichzeitig deutet es den Inhalt bezüglich keltischer Mythologie bereits an und kann daher nur als passend bezeichnet werden.

Ein Pluspunkt dieses Buches ist, dass es fernab bereits ausgetretener Pfade über Drachen, Elfen oder Zwerge für Leser*innen der Phantastik eine Geschichte über für die meisten neuartige Mythenwesen erzählt. Das Aufgreifen der keltischen Mythologie und örtlicher schottischer Sagen wirkt erfrischend. Wer über die zu Beginn des Buches etwas langatmig wirkende Einleitung hinweg liest, hat Freude mit einem Buch, das frischen Wind in die Phantastik bringt.

  • Schönes, passendes Cover

  • Neuartige Mythenwesen

  • Spannendes Ende

 

  • Langatmiger Beginn

  • Teilweise oberflächliche Charaktere

 


Artikelbilder: © FISCHER Tor, © olliemt1980 | depositphotos.com

Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Katrin Holst
Dieses Produkt wurde privat finanziert.

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