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Das Erntedankfest im Jahreskreis heißt Mabon. Es ist eines der vier nicht ursprünglich keltischen Feste des Kreises und liegt auf der Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche. Der Name Mabon hat jedoch nichts mit der Ernte zu tun, sondern stammt von Figuren der keltischen Mythologie. Dieser Artikel beleuchtet den Hintergrund von Mabon.

Bei den meisten Feiertagen gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen den Feierlichkeiten und dem Namen des Feiertages. Mabon fällt aus der Reihe, denn die Herleitung des Namens für das Erntedankfest erfolgte erst in den 1970er-Jahren und ist auf den ersten Blick sehr weit hergeholt. Dies liegt daran, dass an Mabon zusätzlich zum Erntedank auch der Auftakt zum Neubeginn des Jahreskreises gefeiert wird. Doch gehen wir der Reihe nach vor.

Dieser Artikel ist Teil einer (zu Teilen kommenden) Serie über keltische und neuheidnische Jahreskreisfeste und deren Hintergrund. Die anderen Artikel der Serie findet Ihr im Laufe des Jahres hier:

Die historischen Hauptfeste des keltischen Jahreskreises:

 

Die vier Jahreszeitenfeste:

  • Ostara, Frühjahrestagundnachtgleiche
  • Litha, Sommersonnenwende
  • Mabon, Herbsttagundnachtgleiche
  • Jul, Wintersonnenwende

Was wird an Mabon gefeiert?

Die Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche

Mabon ist die zweite Tag-und-Nacht-Gleiche im Jahr. Sie markiert den Punkt, zu dem man sich von den Sommermonaten verabschieden und auf den Winter vorbereiten muss.

Der Feiertag Mabon wird, je nach Tradition, entweder mit der Tag-und-Nacht-Gleiche oder am Sonntag nach der Tag-und-Nacht-Gleiche begangen.

Mabon als Erntedankfest

Die wichtigste Bedeutung von Mabon ist die eines Erntedankfestes. Mabon markiert die Mitte der Erntezeit, es ist das zweite von drei Erntefesten im Jahreskreis. Die Ernte beginnt auf Lughnasadh und endet mit Samhain.

Als Dank für die reiche Ernte, aber auch für alle positiven Dinge, die während des Jahres geschehen sind, wird den Göttern ihr Teil der Ernte abgegeben. Danach feiert die Gemeinschaft die Ernte mit einem großen Festmahl, welches aus der Ernte bereitet wurde.

Traditionelle Bestandteile dieses Festmahles sind Brot, oft Wild, rote Weine, Kuchen sowie alle möglichen Apfelgerichte.

Erntedank ist nur eine Bedeutung des Festes © miflippo
Erntedank ist nur eine Bedeutung des Festes © miflippo

Vorbereitung auf die Wiedergeburt des Lichts

Die dritte Bedeutung von Mabon ist weniger sichtbar. Diese Aspekte des Festes werden meist nur von Eingeweihten gefeiert. In vielen neuheidnischen Glaubensrichtungen, vor allem im Wicca, wird gefeiert, dass die Muttergöttin bereits wieder schwanger ist. Dadurch kann der Der Gott des Lichts, der zum Ende des Sommers vergehen muss, für einen weiteren Jahreskreis wiedergeboren werden.

Die Hoffnung, dass diese Wiedergeburt stattfindet, ist eine der Hauptmotivationen für den Namen des Feiertages.

Die Herleitung der Namensgebung ist etwas komplizierter. Ich möchte versuchen, sie so einfach wie möglich darzulegen.

Woher kommt die Bezeichnung Mabon?

Die Bezeichnung Mabon hat nichts mit der Ernte zu tun. Der Name des Feiertags wurde erst in den 1970er-Jahren vom amerikanischen Autor Aidan A. Kelly geprägt. Kelly spielte damit auf die walisische Sagengestalt Mabon ap Modron an. Diese wird teilweise synonym gesehen zum Gott Maponos, weshalb ich beide kurz vorstellen werde.

Mabon, die Sagengestalt

Mabon ap Modron („Mabon, Sohn von Modron“, manchmal auch als „Mabon fab Modron“ geschrieben) ist eine Figur aus der walisischen Mythologie. Er wurde auch als „Das Göttliche Kind“ bekannt, denn Modron („Mutter“) war niemand anderes als die Muttergöttin.

Mabon wurde der Sage nach seiner Mutter drei Tage nach der Geburt geraubt und verschleppt.  König Artus und der Held Culhwch bekommen die Aufgabe, ihn zu finden. Dazu befreien sie zunächst seinen Vater, Eidoel, der dann wiederum auf die Suche nach Mabon geschickt wird.

Um den Ort des Gefängnisses herauszubekommen, wird Gwrhyr mitgeschickt, der mit Tieren sprechen kann. Dieser befragt die ältesten Tiere der Welt, eine Amsel, einen Hirsch, eine Eule, einen Adler und einen Lachs, und findet so heraus, dass Mabon in Gloucester gefangengehalten wird.

Die Eroberung der Burg Gloucester gelingt und Mabon kann befreit werden. Auf der Flucht hilft er den Gefährten im Kampf gegen den Eber Twrch Trwyth, indem er einen Hund der Anderswelt befehligt.

 

Die Gefangenschaft in Gloucester wird in einigen Interpretationen als eine Lehrzeit bei dort ansässigen Hexen gesehen. Der Zusammenhang wird hergestellt durch die Ansicht, dass Gloucester ein Tor in die Anderswelt gewesen sein könnte.

Die Gottheit Maponos

Maponos ist ein keltischer Gott für Jagd, Jugend, Licht und Fruchtbarkeit. Er wurde im Norden Britanniens (der Gegend um den Hadrianswall) verehrt. Auch er enthält im Namen eine Referenz auf einen Sohn: Das keltische Wort „Mapos“ bedeutet Sohn oder Kind. „Onos“ wiederum ist eine bei Götternamen häufig auftretende Endsilbe.

Maponos wurde wahrscheinlich von den kontinentalen Kelten übernommen. Dafür finden sich sich auf dem Gebiet des ursprünglichen Galliens Belege in Form von Schrifttafeln.

Von Maponos zum Fest Mabon

Darstellung von Maponos an einem römischen Brunnen aus dem dritten Jahrhundert (gemeinfrei)
Darstellung von Maponos an einem römischen Brunnen aus dem dritten Jahrhundert (gemeinfrei)

Der Name Maponos kann auch gelesen werden als „Göttliches Kind“. Hier wird die Verbindung zur Gestalt Mabon gesehen. Im Neuheidentum, vor allem im Wicca, wird die Gestalt Mabon teilweise als Reinkarnation von Maponos gesehen, teilweise auch als die gleiche Gestalt mit anderem Namen.

Dadurch erhält der Feiertag Mabon seine Bedeutung als Tag der Vorfreude auf einen neuen Jahreskreis. Neben dem reinen Erntedankfest wird auch gefeiert, dass die Muttergöttin erneut mit dem Lichtgott schwanger ist, so dass dessen Wiedergeburt unausweichlich bevorsteht.

Aspekte heutiger Mabon-Traditionen

Als eine der Tag-und-Nacht-Gleichen ist Mabon eine Zeit der Ausgeglichenheit. Die Aktivitäten des Sommers neigen sich dem Ende zu und die Ruhe, aber auch die Kälte des Winters, steht vor der Tür.

Dank für die Ernte

Natürlich spielt der Erntedank eine große Rolle, deshalb wird ein kleiner Teil der eingefahrenen Ernte als Opfer dargebracht. Besonderes Augenmerk fällt dabei auf Äpfel, da diese in vielen Religionen als ein göttliches Symbol verehrt werden. Durch die Opferungen dankt man für empfangene Großzügigkeit in der vergangenen Jahreszeit und genießt gleichzeitig noch einmal die Schönheit der Natur, ehe der Winter diese für sich einnimmt.

Nicht nur bei den Opferungen, auch bei traditionellen Mahlzeiten zum Festtag spielen Äpfel eine große Rolle. Von einfachem Apfelmus über Kuchen bis zu komplizierten Gerichten sind Äpfel allgegenwärtig.

Dank für alles Positive

Die Opferungen sind meist mit Dank für all das verbunden, was in der vergangenen Jahreszeit an guten Dingen passiert ist. Diese Dinge werden reflektiert und in einer Liste gesammelt. Dabei kann es sich sowohl um Erfahrungen handeln, die man machen durfte, als auch um Ziele, die man erreicht, oder Dinge, die man bekommen hat. Je länger man darüber nachdenkt, desto länger wird die Liste. Während der Feierlichkeiten werden diese Listen vorgelesen oder frei rezitiert.

Vorbereitungen auf den Winter abschließen

In Bezug auf den nahenden Winter ist die Zeit um Mabon traditionell die Zeit, in der Haus und Hof noch einmal überprüft werden. Letzte Schäden werden repariert, letzte Undichtigkeiten beseitigt. Vorräte werden eingelagert. Das ganze Haus wird winterfest gemacht. Der Abschluss dieser Arbeiten wird ebenfalls gefeiert, verbunden mit der Bitte um Schutz für den Winter.

Nicht nur für das eigene Haus, auch für die Menschen spielt die Vorbereitung auf den Winter eine wichtige Rolle. Die Ausgeglichenheit am Ende des Sommers ist eine gute Zeit für Meditationen, um das innere Gleichgewicht wiederzuerlangen und sich auf die kalte Jahreszeit einzustimmen.

Herbstvollmonde haben stets ihre ganz eigene Atmosphäre © robertsrob
Herbstvollmonde haben stets ihre ganz eigene Atmosphäre © robertsrob

Die Herbstvollmonde genießen

Vollmonde im Herbst sind etwas besonderes. Sie stehen meist klarer am Himmel als die Vollmonde der übrigen Jahreszeiten. Der Korn-Mond im August, der Erntemond im September und der Blutmond im Oktober sind verknüpft mit den drei Ernte-Festen des Jahreskreises, Lughnasadh, Mabon und Samhain.

Zu Mabon ist es nicht unüblich, die Vollmondnacht in Stille auf den abgeernteten Feldern zu verbringen und den Schein des Vollmondes zu genießen. Dies lässt sich hervorragend verbinden mit der oben angesprochenen Meditation.

Das neue Jahr in Hoffnung sehen

Auch wenn die Tage wieder kürzer werden und das Licht weniger wird: Es besteht Hoffnung, dass sich dieser Zustand wieder ändert. Das Rad des Jahres dreht sich weiter, und auch wenn das Licht gerade erst am Ende seiner Zeit angekommen ist, so ist bereits der Anfang gelegt für die Wiedergeburt. 


Ein Feiertag wie Mabon eignet sich hervorragend, um Hintergrundwissen über die Welt zu den Charakteren zu transferieren – indem sie beispielsweise herausfinden sollen, woher der Tag seinen Namen hat, oder wo eine bestimmte Tradition herkommt.

Wie in diesem Fall können der oberflächliche Anlass (Erntedank) und der Namenshintergrund (Mabon) wenig miteinander zu tun haben. Je nachdem, wie man den Hintergrund ausgestaltet, kann dies auch das Kaninchenloch sein, durch welches die Charaktere tiefer und tiefer in die Mythologie der Region gezogen werden.

Dies ist natürlich nicht für alle Spieler geeignet. Aber genauso, wie es die schwertschwingenden Abenteurer gibt, gibt es auch die Spieler, die sich für derartiges Wissen interessieren – und für die es ein befriedigendes Ende eines Abenteuers darstellen kann, wenn am Ende alle Puzzleteile zusammenpassen und die anfängliche Verwunderung der Erkenntnis weicht.

Für die Freunde des Schwertes kann natürlich auch die Befreiungsquest Mabons als Abenteuerhintergrund dienen.

Artikelbilder: © Veneratio,© miflippo, © robertsrob | depositphotos.com
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Jessica Albert

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