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Imbolc und Mariä Lichtmess werden gerne verwechselt. Doch welchen Hintergrund haben diese beiden Feiertage wirklich, und was haben sie miteinander zu tun? Welche Traditionen gibt es, und welche Bedeutung haben die Feiertage heute? Wir möchten in dieser Serie den historischen Hintergrund der vier Jahreskreisfeste und der vier Zwischenfeste beleuchten.

Egal, ob als Anregung fürs Pen&Paper und LARP, als Referenz oder Hintergrund in Romanen und Comics, oder auch als Grund für ausladende Feierlichkeiten – die Jahreskreisfeste begegnen uns heute immer öfter. Diese Artikelreihe beschreibt, wo sie herkommen und welche Traditionen mit ihnen verbunden sind. Sie stellt Hintergrundwissen bereit, mit dem Darstellungen in Filmen oder Romanen verständlicher werden, oder mit welchem der Aufbau spannender Abenteuer oder sogar von Gruppenspiel im Pen&Paper und LARP unterstützt werden kann.

In den ersten Tagen des Februars feiern die Menschen seit je her die Rückkehr des Lichts. Der Frühling hat zwar noch nicht begonnen, aber die schwere Zeit des Winters neigt sich dem Ende zu, und die ersten Pflanzen bahnen sich bereits ihren Weg zur Oberfläche. Die ersten Tiere werfen ihre Jungen, und das Leben kehrt auf den Planeten zurück. Dies war schon immer ein Zeichen der Hoffnung, dass es schon bald wieder heller und wärmer wird.

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Interessanterweise gibt es gleich zwei Feiertage, die sich auf den ersten Blick sehr ähnlich sehen, aber eigentlich nur wenig miteinander zu tun haben.

Dieser Artikel ist Teil einer (zu Teilen kommenden) Serie über keltische und neuheidnische Jahreskreisfeste und deren Hintergrund. Die anderen Artikel der Serie findet Ihr im Laufe des Jahres hier:

Die historischen Hauptfeste des keltischen Jahreskreises:

  • Samhain
  • Imbolc
  • Beltane
  • Lughnasadh

 

Die vier Jahreszeitenfeste:

  • Ostara, Frühjahrestagundnachtgleiche
  • Litha, Sommersonnenwende
  • Mabon, Herbsttagundnachtgleiche
  • Jul, Wintersonnenwende

Das Erscheinen der Artikel orientiert sich am Jahr 2020, nicht am keltischen Jahresablauf – dann hätte sie auf Samhain anfangen müssen.

Zwei Feiertage – oder einer?

Der ältere Feiertag „Imbolc“ und der neuere christliche Feiertag Mariä Lichtmess weisen beachtliche Parallelen in der Bedeutung und den Bräuchen auf. Während Imbolc irgendwann auf den ersten Februar terminiert wurde, liegt Lichtmess am zweiten Februar. Im christlichen Heiligenkalender gehört der erste Februar St. Brigitta, der zweiten Patronin Irlands, was wiederum stark auf die ursprünglich auf Imbolc stattfindende Verehrung der Göttin Brigid deutet.

Verwirrt? War ich auch. Klamüsern wir das einmal auseinander:

Imbolc

Imbolc (gesprochen: zwischen „Imbolk“ und „Immock“ ist vieles möglich) bedeutet in etwa „Das Anlegen der Lämmer“ und wird manchmal auch übersetzt als „Die erste Milch“. Gemeint ist damit die Zeit, in der die Schafe ihre Lämmer gebären.

Diese Zeit liegt zwischen der Wintersonnenwende und der Tagundnachtgleiche im Frühling. Der Festtag markiert auch grob den Punkt, an dem die Menschen noch die Hälfte ihrer Wintervorräte in den Lagern haben sollten, denn die harte Jahreszeit ist noch nicht vorbei, aber ihr Ende kündigt sich an.

Die Ankündigung des Endes der dunklen Jahreszeit ist genau das, was an Imbolc gefeiert wurde. Genauer: Das Wiedererwachen des Frühlingslichtes und das Versprechen, dass es ab jetzt wieder heller und wärmer werden wird.

Wann genau ist Imbolc?

Es gibt zwei Varianten, das Datum von Imbolc zu bestimmen. Beide kommen auf annähernd das gleiche Ergebnis.

Die erste ist die bereits erwähnte Terminierung auf den ersten Februar. Dieses Datum liegt auf der Hälfte zwischen Wintersonnenwende und Frühjahresequinox, ist also rein rechnerisch bestimmt.

Die zweite Variante stammt aus Mondkalendern. Demnach ist Imbolc der zweite Vollmond nach der Wintersonnenwende. Diese Variante wird im Wicca und anderen neuerstandenen heidnischen Religionen des Öfteren verwendet.

Fest zu Ehren Brigids

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Die Göttin Brigid wurde weit über den keltischen Kulturraum hinaus in weiten Teilen Westeuropas verehrt. Sie gilt als Göttin des Lichtes, deshalb waren die Imbolc-Feierlichkeiten meist ihr gewidmet.

Die Göttin ist dreifaltig und wird oft dargestellt als die Junge, die Mutter und die Alte. Die drei teilen sich das Jahr über die Regentschaft. Im Winter schläft das Land unter der Regentschaft der Alten. An Imbolc wird die Junge geboren, verfügt aber noch nicht über die Kraft, um die Regentschaft zu übernehmen. Sie muss erst heranreifen, ehe sie an Beltane in ihr Amt tritt. Der Wandel von der Alten zur Jungen hat gerade erst begonnen.

Der Göttin Brigid wurden die Schneeglöckchen zugeordnet, weil diese mit zu den ersten Pflanzen gehören, die nach einem langen Winter blühen und damit das Wiederaufleben der Vegetation anzeigen.

Wie weit zurück gehen die Ursprünge?

Imbolc feiert auch die Zeit, in der der Bär seinen Winterschlaf beendet und sich wieder aus seiner Höhle traut. Das ist insofern wichtig, da der Bär eines der Lieblingstiere der verehrten Gottheit Brigid war. Der Ursprung dieser Tradition könnte jedoch noch weiter zurückreichen, und zwar bis auf steinzeitliche Bärenkulte. Die Zeit ohne Bären war jetzt vorbei.

Das christliche Mariä Lichtmess

Das christliche Mariä Lichtmess liegt 40 Tage nach Weihnachten auf dem zweiten Februar. Den Namen hat das Fest von der starken Marienverehrung im Volk, der eigentliche Name des Festes ist „Darstellung des Herrn“. Dabei wird die damals übliche Vorstellung im Tempel („Darstellung“) und die nachfolgende Auslösung gegen Geldopfer gefeiert.

Das Fest liegt erst seit dem 6. Jahrhundert auf dem zweiten Februar – vorher lag es auf dem 14. Februar, 40 Tage nach der „Erscheinung des Herrn“ am 6. Januar.

Die Liturgie für das Darstellungsfest umfasst eine Kerzenweihe, sowie eine Lichterprozession. Hier finden sich wieder einige Parallelen zu den Imbolc-Riten, auch wenn diese wahrscheinlich nur zufällig sind.

Wöchnerinnen galten in frühchristlicher Tradition nach der Geburt als unrein und mussten, um wieder rein zu werden, nach der Geburt ein Reinigungsopfer an die Priesterschaft übergeben. Dies musste bei Jungen nach 40 Tagen geschehen. An Lichtmess wurden deshalb 40 Tage nach der Geburt Jesu meist symbolische Reinigungsopfer dargebracht, sowie generell Zeichen der Reinigung und der Sühne gezeigt. Daher heißt dieser Tag auch manchmal „Mariä Reinigung“.

Es wird angenommen, dass aus dieser Zeit der Reinigung im Laufe der Jahrhunderte der Frühjahrsputz entstanden ist.

Im neueren Irisch heißt der 2. Februar „Lá Fhéile na gCoinneal“, was in etwa „Festtag der Maria mit den Kerzen“ bedeutet. Dieser irische Feiertag geht also deutlich auf das christliche Lichtmess zurück.

Die Bezeichnung Imbolc ist, wie oben bereits erwähnt, aus dem Sprachgebrauch verschwunden.

Bedeutung im Mittelalter

Der Lichtmess-Tag markierte das Ende der Zeit, in der man drinnen und mit künstlichem Licht wie Kerzen etc. arbeiten musste. Auch hier spielt der Gedanke des wiedererwachenden natürlichen Lichtes eine große Rolle.

Lichtmess war einer der wichtigsten Tage im Leben mittelalterlicher Mägde und Knechte. Manchmal wurde es auch das „Bauernfest“ genannt. Denn mit dem Lichtmesstag war die Arbeit in den Häusern beendet und die Bauern konnten wieder auf den Feldern arbeiten.

Außerdem war Lichtmess traditionell der Zahltag: Die Dienstboten bekamen ihren Lohn in Form von Münzen oder vereinbarten Naturalien ausbezahlt. Danach durften sie sich, wenn sie oder die Dienstherren das wollten, eine neue Arbeitsstelle suchen. Das Arbeitsverhältnis mit den bestehenden Dienstherren konnte aber auch mittels einfachem Handschlag für ein weiteres Jahr verlängert werden.

Der christliche Feiertag „St. Brigitta“

Der 1. Februar heißt auf Irisch „Lá na Fhéile Brighde“ (In etwa: „Tag des Brigittenfestes“).

Dies korreliert mit dem christlichen Feiertag „St. Brigitta“, bei dem Brigitta von Kildare geehrt wird. Der Feiertag wird hauptsächlich in Irland gefeiert.

Brigitta von Kildare ist die zweite Patronin von Irland. Sie wurde im Jahre 453 geboren und von St. Patrick selbst getauft. Sie lebte in einer Zelle unter einer Eiche, aus der sich das frühchristliche Kloster Kildare als erstes Frauenkloster Irlands entwickelt haben soll. Brigitta war die erste Äbtissin und wurde als Wundertäterin angesehen. Sie wurde bekannt durch ihre Wohltätigkeit, auch und besonders gegenüber Kindern und Tieren. Dies machte sie zur Schutzpatronin der Kinder, der Wöchnerinnen, der (Haus)tiere und gegen Unglück und Verfolgung.  Sie starb am ersten Februar 523, wodurch der erste Februar zu ihrem Feiertag wurde.

Nicht nur die Wunder, die St. Brigitta vollbracht haben soll, schon der Name erinnern stark an die Verehrung der Göttin Brigid. Es wird angenommen, dass die frühzeitliche Göttin zu einer christlichen Heiligen umdeklariert wurde, um die Verehrung nutzen zu können, statt sie zu bekämpfen.

Das Brigittenfest hat Imbolc überlagert, während die Imbolc-Traditionen auf Mariä Lichtmess übergegangen sind.

Bedeutung heute

Der Winter ist nicht mehr so bedrohlich. Heizungen und elektrisches Licht helfen uns gut über die kalte und dunkle Jahreszeit, und da die wenigsten von uns noch Feldarbeit betreiben, ist dieser Feiertag fast komplett in Vergessenheit geraten. Als letztes Bundesland hat Bayern Mariä Lichtmess schon 1912 als Feiertag abgeschafft. In Irland und anderen stärker keltisch geprägten Ländern haben sich deutlich mehr Imbolc-/Lichtmesstraditionen gehalten.

Im Neuheidentum erlebt Imbolc jedoch eine Renaissance, da hier meistens die vier keltischen Jahreskreisfeste mit den Jahreszeitenfesten auf eine Stufe gestellt werden. Dadurch ergibt sich ein Jahreskreis mit 8 Festen, von denen Imbolc eines ist.

Noch heute praktiziertes Brauchtum

Gerade in Irland haben sich einige Bräuche seit alter Zeit gehalten, wobei bei einigen nicht klar ist, ob diese nun auf Imbolc oder Lichtmess zurückgehen.

Feuer und Flamme

Das Wiedererwachen des Lichtes wird mit viel Licht gefeiert. Seien es nun große Feuer, die meist eher bei Imbolc-Feierlichkeiten zu finden sind, oder viele Kerzen, wie meist bei Lichtmess-Feierlichkeiten.

Das Brigid-Kreuz

Das Brigid-Kreuz hört sich zunächst nach einer christlichen Tradition an, allerdings sind Brigid-Kreuze deutlich älter als die Christianisierung. Die vier Strahlen des meist geflochtenen Kreuzes stellen die vier Jahreszeiten da, die einzeln stehen, aber unweigerlich miteinander verflochten sind, und sich insgesamt wie ein Rad drehen.

Nach der Tradition wird jedes Jahr ein einfaches Kreuz geflochten, meist aus stabilen Gräsern, die bereits wieder vom Schnee befreit stehen. Dabei wird darauf geachtet, dass alle vier Jahreszeiten ausgeglichen sind, das heißt die Strahlen gleich lang und gleich dick sind. Das Kreuz wird über den Eingang gehängt, um das Haus zu behüten. Manchmal wird das Kreuz aus dem Vorjahr in den Imbolc-Feuern verbrannt.

Das Aufwecken der Bäume

Eine interessante Tradition ist das Aufwecken der Bäume, meist der eigenen Obstbäume. Die Besitzer gehen in den Garten und umarmen und schütteln jeden einzelnen Baum, um ihn zu wecken. Dabei wünschen sie ihm auch gleich ein Jahr ohne Krankheit und mit hohem Ertrag.


Damit schließt die Betrachtung von Imbolc und Lichtmess – und ja, auch von St. Brigitta. Die Konstellation der drei Feiertage allein kann schon für interessante Erzähl- oder Spielsituationen sorgen, wenn man die unterschiedlichen Riten zweier Religionen quasi parallel Seite an Seite  darstellt. Auch kann der Grund der Feier interessant sein, der einem heutigen Menschen nicht annähernd so wichtig ist, wie er damals war. Manchmal schreibt der reale Hintergrund doch die besten Aufhänger.

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