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Lughnasadh ist ein keltisches Fest, fällt aber im Jahreskreis aus dem Rahmen. Im Gegensatz zu den anderen Hochfesten geht es auf eine weltliche Feier zurück, die der Überlieferung nach von einem Gott gestiftet wurde. Danach oblag es den Menschen, die Feier jährlich zu wiederholen, um ihren Wohlstand zu sichern.

Lugnasadh ist eines der Mondfeste und gehört damit zu den vier ursprünglichen keltischen Jahreskreisfesten. Der Festtag markiert den Beginn der Erntesaison und wird traditionell am 1. August begangen.

Dieser Artikel ist Teil einer (zu Teilen kommenden) Serie über keltische und neuheidnische Jahreskreisfeste und deren Hintergrund. Die anderen Artikel der Serie findet Ihr im Laufe des Jahres hier:

Die historischen Hauptfeste des keltischen Jahreskreises:

 

Die vier Jahreszeitenfeste:

  • Ostara, Frühjahrestagundnachtgleiche
  • Litha, Sommersonnenwende
  • Mabon, Herbsttagundnachtgleiche
  • Jul, Wintersonnenwende

Bedeutung des Namens

Lughnasadh bedeutet „Die Versammlung (-nasad) des Gottes Lugh“.

Der Name wurde ursprünglich nur Lugnasad geschrieben. Daraus entwickelten sich viele unterschiedliche Schreibweisen. Im heutigen irischen Sprachgebrauch hat sich der Name des Festes zu Lúnasa verändert. Das ist auch gleichzeitig der irische Name für den Monat August. In der modernen schottischen Sprache heißen Monat und Festtag Lùnastal.

Das Fest Der Könige

Die historische Bedeutung von Lughnasadh ist nicht vollständig geklärt. Es gibt nicht viele Dokumente, die den Festtag erwähnen, geschweige denn beschreiben. Das bedeutet: Lughnasadh hat seinen Ursprung aller Erkenntnis nach nicht in den Mythen. Wie wurde es trotzdem zum Hochfest?

Es wird erwähnt, dass an diesem Tag der „Tag der Reife aller Früchte“ gefeiert wurde, was zu einem Erntefest im August passt.

In einem Text wird „Die Versammlung von Tailtiu“ beschrieben. Tailtiu war Lughs Mutter oder Ziehmutter (hier sind die Überlieferungen nicht eindeutig). Sie verausgabte sich völlig, als sie das Land rodete und für die Landwirtschaft nutzbar machte. Kurz vor ihrem Tod veranlasste sie, dass der Wald von Cuan gerodet wurde, um eine Versammlung an ihrem Grab zu ermöglichen. Als sie dann im August starb, wurden an diesem Ort Totenklage und Trauerspiele durch Lugh abgehalten, auf den deshalb das Wort Lughnasadh zurückgehen soll. Zeitlich eingeordnet wird dieses Ereignis auf ca. 1500 v. Chr., doch die Versammlung wurde bis zur Ankunft des Missionars Patrick von jedem König Irlands abgehalten. Nach Patricks Ankunft fanden noch weitere Versammlungen statt, aber die Regelmäßigkeit lies nach.

Interessant sind drei Regeln der Veranstaltung, die überliefert sind: Gelange sicher, aber ohne Eile, dorthin, komme nicht nach Sonnenuntergang an und schaue beim Verlassen des Ortes nicht über deine linke Schulter. Die letzte Regel gibt es auch in einer zweiten Auslegung als zwei getrennte Regeln: Man darf weder über die linke Schulter sehen noch das Fest verlassen.

Frisches Brot aus dem ersten Getreide wird geopfert und verzehrt © paulgrecaud
Frisches Brot aus dem ersten Getreide wird geopfert und verzehrt © paulgrecaud

Aus diesem jährlichen Gedenken an Lughs Ziehmutter Tailtiu wurden mit der Zeit die „Spiele zu Ehren Tailtius“, die in den jeweils 15 Tagen vor und nach der Gedenkfeier stattfanden. Man könnte diese Spiele als eine Art „keltische Olympiade“ ansehen.

Interessant dabei ist, das Tailtiu der Name des Austragungsortes ist. Man geht davon aus, dass der Name des Ortes die Legende beflügelt hat, nicht die Legende den Namen des Ortes. Durch diese Legende wurde ebenfalls der Pflichtcharakter des Festes verankert: Tailtiu gab einst ein Versprechen des materiellen Reichtums für Irland – solange ihr Gedenken bewahrt und ihr Fest abgehalten wird. Ein Aussetzen des Festtages war also keine Option. In Vertretung Lughs wird das Fest deshalb vom jeweils herrschenden Fürsten abgehalten.

Während der Festspiele zu Lughnasadh wurde der Festfrieden ausgerufen: Kämpfe und Kriege fanden nicht statt. Es wurde keine Gesetzesversammlung abgehalten. Orgien und andere Formen der Unreinheit waren ebenfalls verboten. Zu dieser Feier des Wohlstandes sollte jeder ohne Furcht anreisen können. Zum Fest waren nicht nur die Priester und die Krieger eingeladen, sondern auch die Bauern, da es deren Aufgabe war, den Wohlstand zu sichern.

Eine ähnliche Überlieferung gibt es zu den Festspielen in Carman in Leinster. Auch hier wurde ein Fest mit Spielen abgehalten. Es fand zwischen den Grabhügeln früherer Herrscher statt. Die Teilnahme war auch hier obligatorisch, und sowohl Kämpfe als auch Rechtsprechung waren zu dieser Zeit ausgesetzt. Allerdings wurde das Fest in Carman nur alle drei Jahre abgehalten, nicht jährlich wie in Tailtiu. Außerdem wurden in Carman nicht nur körperliche Wettbewerbe ausgetragen, auch die Dichter, Geschichtenerzähler und Musiker maßen sich untereinander.

Diese Spiele dauerten bis etwa ins 9. Jahrhundert, danach wurden sie seltener und spätestens ab der Normannischen Invasion in Irland wurden sie gar nicht mehr abgehalten. Im 20. Jahrhundert wurden sie noch einmal als Tailteann Games wiederbelebt, aber diese Alternativ-Olympiade wurde von 1924 bis 1932 nur dreimal abgehalten.

Die erste Ernte und was St. Patrick damit zu tun hat

Das erste geerntete Getreide wird geopfert. Dazu wird es in einer feierlichen Prozession ein Teil der Ernte auf einen nahen Hügel oder Berg gebracht und dort vergraben. Ein anderer Teil wird zu einer Mahlzeit verarbeitet und während des Festes konsumiert (in den meisten Fällen Brot).

Das „Begraben“ des Getreides ist sowohl ein Symbol für den Tod als auch eines für den Neuanfang, denn eingegrabenes Getreide kann neu wachsen. Frühere Riten haben diesen Aspekt noch stärker betont, beispielsweise indem ein Bulle geopfert und gegessen wurde, gleichzeitig aber ein junger Bulle in den Stall eingeführt wurde.

Einige Legenden erzählen, dass diese Metapher auch für Lugh selbst steht. Lugh versucht, das Getreide für die Menschen zu gewinnen, um deren Wohlstand zu erhalten. Dazu muss er es aber einem anderen Gott, Crom Dubh genannt, entreißen. In noch metaphorischen Darstellungen wurde das Getreide wiederum dargestellt durch eine junge Frau, über die sich die beiden Götter streiten.

Viele dieser unterschiedlichen Geschichten haben sich auf ungewöhnliche Weise in der Folklore gehalten. Meist wurden im Laufe der Zeit die Namen ausgetauscht, und Lugh wurde zu St. Patrick. Crom Dubh wiederum wurde zu unterschiedlichen heidnischen Anführern, die wahlweise Getreide oder einen Bullen besaßen. St. Patrick besiegte sie, zum Wohle des Volkes, und brachte ihm dadurch Nahrung und Wohlergehen. 

Das Schnitterfest markiert die Zeit der Ernte © s_razvodovskij
Das Schnitterfest markiert die Zeit der Ernte © s_razvodovskij

Zeit der Vereinigung und der Trennung

Lughnasadh (und auch Beltane) war und ist in der keltischen Tradition eine beliebte Zeit, um eine Ehe auf Jahr und Tag zu schließen. Bei dieser Eheform dürfen sich die Eheleute nach Ablauf von exakt einem Jahr und einem weiteren Tag entscheiden, ob sie die Verbindung dauerhaft eingehen oder aber auflösen möchten. Die entsprechende Auflösung fand dadurch in der Regel ebenfalls im Rahmen von Lughnasadh statt.

Heutige Feierlichkeiten

In Kerry wird mit dem Puck Fair heute noch ein Festival gefeiert, bei dem davon ausgegangen wird, dass dies ursprünglich mal ein Lughnasadh-Fest gewesen ist. Das dreitägige Fest umfasst Musik und Tanz, Kunsthandwerk, Markt und Viehmarkt.

Diese Idee hat sich in den letzten Jahren über Irland verbreitet, und es sind einige ähnliche Festivals entstanden.

Lammas

Heute wird gerne der „volle“ Jahreskreis mit allen 8 Festen benutzt. Lughnasadh, hier oft auch Lammas genannt, markiert den Punkt zwischen Sommersonnenwende und Sommer-Tag-Und-Nachtgleiche.

Lammas Day ist ein christlicher Feiertag, welcher in vielen englischsprachigen Ländern zum 1. August begangen wird. Der Name geht auf das angelsächsische Loaf Mass Day zurück, was in etwa „Brot-Messe“ bedeutet. 

Vielerorts ist es Tradition, aus dem ersten eingefahrenen Getreide Brot zu backen. Dieses wird dann gemeinsam mit der Familie, Freunden und allen Erntehelfern gegessen. Lokale Bräuche umfassten auch eine Weihe des Brotes in der Kirche im Rahmen der normalen Liturgie oder Prozessionen zu Bäckereien und eine Segnung des Personals.

Die Feiern finden auch heute noch oft auf Hügeln statt © ysbrand
Die Feiern finden auch heute noch oft auf Hügeln statt © ysbrand

Neuheidnische Religionen und Wicca

Viele keltisch geprägte neuheidnische Religionen kennen Lughnasadh als Feiertag. Die Traditionen des Tages basieren in vielen Fällen auf dem christlichen Erntefest, seltener auf den keltischen Gedenkspielen.

Lughnasadh ist ein „beweglicher“ Feiertag, der zum Erntestart begangen wird. Er tauscht seinen Platz dann jeweils mit Imbolc: Auf der nördlichen Hemisphäre ist dies zum 1. August, auf der südlichen Hemisphäre zum 1. Februar.

Es wird auch hier von keltischen Tagen ausgegangen, die am Vorabend begannen und mit Sonnenuntergang endeten. Begangen wird also die Nacht auf den ersten August, nicht die Nacht vom 1. auf den 2. August.

In weniger keltisch geprägten Religionen wird Lughnasadh einfach als der Mittelpunkt zwischen Sommersonnenwende und Herbst-Tag-Und-Nachtgleiche gefeiert. In diesem Fall wird auch oft auf den nächsten Vollmond ausgewichen.

Im Wicca wird das Fest sowohl Lughnasadh als auch Lammas genannt. Oft wird das Fest begangen, indem ein Brot oder eine Brotfigur gebacken und dann durch Verzehr geopfert wird. Im Wicca gilt Lughnasadh zusammen mit Beltane als die beste Zeit für Hochzeiten und Handfastings (Die keltische Version der Hochzeitszeremonie).

Die Feierlichkeiten drehen sich um das Ende des Sommers. Die Zeit der Leichtigkeit ist vorbei, die Arbeit beginnt wieder.

Oft wird eine Kornpuppe geopfert, welche vorher aus der ersten Ernte oder anderem Stroh gebunden wird. Die Größe dieser Puppe ist nicht festgelegt, teilweise stehen lebensgroße Puppen auf den Feldern.

Das sogenannte „Schnitterfest“ wird auch als ein guter Zeitpunkt benannt, um „alte Zöpfe abzuschneiden“, loszulassen und sich neu zu orientieren.


 

Lughnasadh bietet als eher weltlicher Feiertag viele Möglichkeiten einer Integration in phantastische Fiktion oder Spiele. Vom einfachen Erntefest, welches das ganze Dorf mitreißt, bis hin zu den traditionellen Spielen in Gedenken an legendäre Personen, bei denen die Charaktere vielleicht teilnehmen, ist vieles möglich. Spiele wie diese sind generell eine gute Möglichkeit, eine Exposition von Teilen des Hintergrundes einzubringen. Auch aus der Idee, eine Tradition zu haben, die die Machthaber befolgen müssen, um Unheil vom Volk abzuwenden, kann zu vielen Komplikationen und Abenteuern führen.

Artikelbilder: © Wie gekennzeichnet
Titelbild: © Forgem | depositphotos.com
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Nina Horbelt

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