Geschätzte Lesezeit: 9 Minuten

Spannende Abenteuer mit Schwert und Schnurrhaaren – im putzig-düsteren Rollenspiel Mausritter von System Matters schlüpfen die Spielenden in das Fell von tapferen Mäusen. Diese übernehmen gefährliche Missionen, immer auf der Suche nach Schätzen und leckeren Kernen. Ob das System mit mehr als dem charmanten Comicstil überzeugen kann, erfahrt ihr hier.

Knallharte Regeln kombiniert mit hübschen Bildern und ganz vielen Nagetieren: Diese interessante Mischung wird in Mausritter Wirklichkeit. In einer Welt, die häufig viel zu riesig für die kleinen Mäuse erscheint, trauen sich nur die tapfersten unter ihnen heraus aus dem Schutz des Baus. Für die Spielenden bekommt der Ausspruch „Bist du ein Mann oder eine Maus?“ damit eine völlig neue Bedeutung. Das Regelwerk bietet einige Ideen für den kurzweiligen Oneshot bis zur längeren Kampagne. Aber was steckt nun alles in der Box neben dem eigentlichen Regelwerk?

Die Spielwelt

Die Welt in Mausritter ist alt, sagenumwoben und voller Geheimnisse. Das wird bereits in der Einleitung des Regelwerks deutlich, welches von mehreren glorreich untergegangenen Mäusekönigreichen spricht. Jedoch mag das auch mit der Altersspanne von Mäusen zusammenhängen, die in freier Wildbahn meist nur ein Menschenjahr alt werden.

Ihren Alltag bestreiten die Mäuse in einem Bau. Als Beispiel im Buch wird „Eichenhain“ beschrieben, eine Stadt mit rund 350 Mäusen zwischen drei alten Eichen erbaut. Für die Ausgestaltung des eigenen Baus helfen verschiedene Zufallstabellen, mit denen etwa die Wirtschaft, das politische System oder bekannte Tavernen ausgewürfelt werden können.

Beispiel für einen Bau einer benachbarten Mäusestadt, die Ort eines Abenteuers werden könnte.
Beispiel für einen Bau einer benachbarten Mäusestadt, die Ort eines Abenteuers werden könnte.

Der Rest der Umgebung rund um den Bau bleibt weitgehend der Spielleitung beziehungsweise den Spielenden überlassen. Da die Mäuse nur am Rande etwas mit den Menschen zu tun haben, lässt sich die Zeitepoche frei wählen. Theoretisch ist von der Antike bis zur Endzeit alles möglich, einige beschriebene Gegenstände wie Lollis und Fingerhüte deuten jedoch auf eine moderne Welt hin. So oder so beginnt die Handlung meist an einem sicheren Ort in der Mitte einer Hexagon-Karte. Diese wird im Laufe der Abenteuer passend erweitert und deckt neue mögliche Schätze und Herausforderungen auf.

Die Regeln

Zum Spielen werden hauptsächlich W6 und W20 benötigt, in wenigen Fällen werden außerdem W4, W8, W10 und W12 verwendet. Jede Maus verfügt über drei Attribute: Stärke beschreibt die Kraft und Zähigkeit, Geschicklichkeit die Schnelligkeit und Beweglichkeit sowie Willenskraft die Geisteskraft und das Charisma. Auf die Attribute wird mit einem W20 gewürfelt. Für einen Erfolg muss eine Zahl kleiner oder gleich dem eigenen Wert erreicht werden, folglich ist eine Eins das beste Ergebnis. Mit einer Spanne von Zwei bis Zwölf für die Attribute liegt die Chance auf Erfolg selbst im Idealfall bei gerade 60 Prozent. Daher ist mit dem ein oder anderen Patzer im Laufe eines Abenteuers zu rechnen.

Kämpfe sind üblicherweise sehr gefährlich für die Mäuse, denn ein Angriff trifft automatisch. Je nach Waffe wird anschließend der Schaden gewürfelt. Zuerst im Gefecht etwas tun zu dürfen, ist ein entscheidender Vorteil. Schaden wird zuerst von den Trefferpunkten abgezogen und danach von dem Stärke-Wert. Sinkt dieser auf null, ist die Maus tot. In den Regeln wird vorgeschlagen, im Anschluss eine neue Maus auszuwürfeln. Diese Härte lässt andere Systeme oder Videospielreihen wie Dark Souls leichter und freundlicher aussehen. Wer ein langes Mauseleben führen möchte, sollte womöglich unnötigen Kämpfen aus dem Weg gehen.

Im Überblick sind die Regeln oftmals effektiv und übersichtlich gehalten. Erkundungen und Reisen erfolgen über Hexagone, die im Stil eines Dungeon-Crawlers erkundet werden. Lediglich die Regeln für die Abmessung der Zeit im Abenteuer benötigen etwas Eingewöhnungszeit. Runden beschreiben rund eine Minute in einem Kampf und Züge zehn Minuten für die Erforschung eines Ortes oder ein bis zwei Aktionen. Beispiele für Aktionen sind die Entschärfung oder der Bau einer Falle, ein Kampf oder etwas anderes, was einige Zeit in Anspruch nimmt. Eine Wache, welche gleichgesetzt etwa einer Meile und einem Hexagon entspricht, dauert 36 Züge beziehungsweise sechs Stunden.

Über Steintafeln können einige Mäuse magische Fähigkeiten erlangen.
Über Steintafeln können einige Mäuse magische Fähigkeiten erlangen.

Manche Mäuse verfügen über magische Fähigkeiten, die sie mithilfe von Steintafeln wirken können. Insgesamt stehen 15 Zauber zur Verfügung, wie beispielsweise Feuerball, Genesung, Licht und Unsichtbarkeit. Diese magischen Fähigkeiten können nur begrenzt eingesetzt werden und lassen sich über jeweils eigene Anforderungen wieder aufladen. Eine verbrauchte Tafel mit Feuerball etwa muss drei Nächte im Herzen eines lodernden Feuers liegen, um wieder einsetzbar zu sein.

Für längere Kampagnen gibt es außerdem Regeln für Erfahrungspunkte und Mietlinge zum Anheuern. Mit ausreichend Kernen kann eine Gruppe sogar einen Kriegsbund aus Mäusen bilden und damit Kämpfe mit gefährlichen Wesen wie Katzen in Angriff nehmen. In einem Abschnitt für die Spielleitung finden sich Vorschläge für Abenteuerschauplätze, Gefahren, weitere Tier-NSC oder ganze Fraktionen, auf welche die Spielenden treffen können. Das hilft sehr dabei, die Geschichte immersiv und spannend zu gestalten.

Charaktererschaffung

Mit gerade einmal zwei Seiten ist die Charaktererschaffung sehr schnell abgehandelt und benötigt nur W6. Die Spielenden würfeln zu Beginn ihre jeweiligen Attribute aus, bei denen sie von drei Würfeln die besten zwei Werte zusammenzählen. Anhand der Trefferpunkte und Startzahl an Kernen, die mit je einem Würfel ermittelt werden, wird der Hintergrund der Maus bestimmt. Damit ist die Arbeit gemeint, welche die Nager vor ihrem Abenteuer ausgeübt haben, beispielsweise Spatzenreiter*in, Bierbrauer*in oder Harzsammler*in. Sie bekommen dadurch zwei praktische Gegenstände zusätzlich zu allgemeiner Ausrüstung.

Die putzigen Mäuse werten das Erscheinungsbild sehr auf.
Die putzigen Mäuse werten das Erscheinungsbild sehr auf.

Sollte eine Maus wenig Glück mit den gewürfelten Werten der Attribute haben, gibt es weitere Gegenstände als Ausgleich. Abschließend werden noch persönliche Merkmale für Charakter und Fellfarben ausgewürfelt. Das Ganze kann selbst mit Erklärung in zehn Minuten sehr leicht vorbereitet werden. Damit sind die kleinen Mäuschen fertig, um hinaus in die Welt zu ziehen.

Spielbarkeit aus Spielleitungssicht

Mausritter knüpft mit vielen Regeln an klassische Systeme für einen Dungeoncrawl an. Die Herausforderung und das Abenteuer stehen mit Fallen, Hindernissen und gefährlichen Kreaturen im Fokus. Die Spielleitung erhält für die Ausgestaltung ein solides Grundgerüst geliefert, welches erzählerisch jedoch erweitert werden kann. Daraus ergeben sich einige Freiheiten, um die Welt individuell auszugestalten.

Wichtig ist dabei immer, den Blickwinkel der Mäuse zu wählen, der eher von unten auf etwas größeres gerichtet ist. Statt einfache Dinge beim Namen zu nennen, kann es viel Spaß bereiten, Beschreibungen vage zu halten und so eine ganz eigene fantastische Wahrnehmung zu ermöglichen.

Erscheinungsbild

Geliefert wird Mausritter in einer hübschen Box aus Pappmaterial. Auf dem Titelbild ist eine Maus auf dem Weg ins Abenteuer zu sehen. Der Stil der Illustrationen, der sich durch alle Materialien zieht, erinnert an eine modernisierte Fassung der Comicvorlage Mouseguard von David Peterson. Kernstück der Box ist das handliche Regelwerk im A5-Format, das mit 44 Seiten sehr knapp und kurz gehalten ist. Neben übersichtlichen Tabellen und lesefreundlich gestalteten Texten mit Markierungen erfreuen vor allem die erwähnten Zeichnungen der Mäuse und anderer Tiere. Diese sorgen allein beim Durchblättern für eine stimmungsvolle Welt aus Mäusesicht. Ein Index ist nicht vorhanden, allerdings ist bei der Größe das Inhaltsverzeichnis zum Nachschlagen ausreichend. Schön ist ebenfalls die inklusive Sprache, die bei allen Bezeichnungen für die Mäuse verwendet wird.

Hoffentlich bemerken die Mäuse frühzeitig die nahende Bedrohung des Katers…
Hoffentlich bemerken die Mäuse frühzeitig die nahende Bedrohung des Katers…

Zu den weiteren Materialien gehört ein Spielleitungsschirm, der verschiedene Regeln zum Kampf, Reisen, oder Mietlingen präsentiert. Außerdem finden sich Zufallstabellen für Siedlungsnamen, Schätze, zufällige Gegenstände, Nebenfiguren und vieles mehr. Das erleichtert es der Spielleitung ungemein, schnell etwas nachzuschauen ohne längere Pausenzeiten im Spiel. Die Spielenden hingegen dürfen sich über ein wunderschönes gezeichnetes Panorama freuen. Zu sehen sind rastende Mäuse an Baumwurzeln im Herbst, welche die Gefahr der nahenden Katze noch nicht bemerkt haben. Beigefügt zur Hilfe für die Spielenden in der Box ist eine kleine Regelzusammenfassung, in der Infos zu Kämpfen, Proben und Magie stehen. Die Spielleitung kann über einen Spielrundenbogen notieren, welche Werte die Gruppenmitglieder haben und wie viel Zeit seit dem Abenteuerstart verstrichen ist.

Abgerundet wird das Gesamtpaket durch verschiedene Marker, etwa für negative Zustände wie Erschöpft oder für Waffen und weitere Ausrüstung. Diese können direkt auf dem Charakterbogen abgelegt werden und erleichtern gerade jüngeren Spielenden die Übersicht. Mit einigen leeren Markern lassen sich außerdem eigene Gegenstände oder Informationen festhalten. Enthalten in der Box ist das Abenteuer Honig im Gebälk, welches im Spieltest weiter vorgestellt wird.

Für das Spiel am Tisch gibt es hübsch gestaltete Marker für die Spielenden.
Für das Spiel am Tisch gibt es hübsch gestaltete Marker für die Spielenden.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Loosing Games/ System Matters
  • Autor*in(nen): Isaac Williams
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Druck/PDF
  • Seitenanzahl: 44
  • ISBN: 978-3-96378-098-1
  • Preis: 49,95 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Sphärenmeister

 

Bonus/Downloadcontent

Wie üblich bei System Matters lassen sich Spielmaterialien als PDF kostenlos herunterladen. Im Fall von Mausritter sind das Charakterbögen für Mäuse und Mietlinge sowie die Regelübersicht zum mehrfachen Ausdrucken. Ein Grafschaftsbogen ermöglicht das Ausmalen und Festhalten der eigenen Startumgebung und über einen Spielrundenbogen kann die Spielleitung neben den Werten der Gruppe festhalten, wie viel Zeit verstrichen ist.

Fazit

Nach Ablegern wie Cats of Cthulhu bekommen nun die Nagetiere bei Mausritter ihren großen Auftritt. Das charmante Regelwerk bietet ein effektives und knappes Set an Regeln, die schnell erlernt werden können. Zusammen mit einer einfachen Charaktererschaffung steht einem zügigen Spielstart nichts im Wege. Die Welt selbst wird in Hexagonfeldern nach und nach erkundet und lässt sich weitgehend frei gestalten.

In der Box finden sich neben einem Einstiegsabenteuer auch einige hübsch gestaltete Marker sowie Charakterbögen und ein Spielleitungsschirm. Gerade die hübschen Bilder zwischen den übersichtlich gestalteten Texten werten das Leseerlebnis auf. Das System eignet sich nach Angaben von System Matters auch für ein junges Publikum ab acht Jahren. Bei all den niedlichen Faktoren sind einige Regeln teilweise sehr kompromisslos. Wer den eigenen Charakter am Leben halten will, sollte als Maus daher stets auf der Hut vor der nächsten Katze sein …

Verschiedene Fraktionen können Freund oder Feind für die Mäuse werden.
Verschiedene Fraktionen können Freund oder Feind für die Mäuse werden.

Dieser Ersteindruck basiert auf dem Lesen des Grundregelwerkes und dem Erschaffen eines Charakters. In unserem Spieltest könnt ihr mehr über Mausritter erfahren.

  • Gutes Design, hübsche Bebilderung
  • Charaktere sind schnell erstellt
  • Kreative Ideen für Abenteuer in Hexfeldern
 

  • Regeln teilweise sehr kompromisslos

 

 

Artikelbilder: © System Matters
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Katrin Holst
Fotografien: Andreas Schellenberg
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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