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2017 wurde Figment veröffentlicht, ein Action-Adventure, in dem wir uns fiesen Albträumen stellen, die während der Bosskämpfe ein Ständchen singen. Nun steht das Release des Sequels Figment 2: Creed Valley bevor. Wir durften uns vorab mit Hans Haave, Communications Manager von Bedtime Digital Games unterhalten.

Die Spieleschmiede Bedtime Digital Games macht visuell sowie akustisch interessante, surreale Puzzle-Games, die stets etwas mit Träumen oder Musik zu tun haben. So mussten wir in Back to Bed beispielsweise einem Schlafwandler dabei helfen, in die richtige Richtung zu gehen. In Figment tauchten wir derweil in die Tiefen des menschlichen Verstandes und spielten dort Dusty, den Mut, der sich den Albträumen stellt, die unsere innersten Ängste verkörpern. Darüber hinaus macht Figment ernst, wenn es um Videospielmusik geht und integriert das musikalische Element komplett ins Spielgeschehen, statt sie lediglich im Hintergrund abzuspielen.

Nun, gut fünf Jahre nach Release des ersten Teils, erscheint am 9. März 2023 Figment 2: Creed Valley für PC, Nintendo Switch, PlayStation und XBOX. Eine Demo ist bereits verfügbar und deutet einige neue Features an. Weil gemeinsam spielen am meisten Spaß macht, freuen wir uns beispielsweise sehr über den neuen Koop-Modus. Wir wollten mehr über das Spiel herausfinden und haben uns mit Hans Haave unterhalten, der Communications Manager von Bedtime Digital Games ist.

Teilzeithelden: Wenn wir uns das verfügbare Bild- und Videomaterial von Figment 2: Creed Valley so anschauen, können wir es kaum erwarten, das Spiel in die Hände zu kriegen. Wie würdest du das Spiel in deinen eigenen Worten beschreiben?

Hans: Figment 2 ist ein surrealer und skurriler Blick auf die menschliche Psyche. Darin spielst du Dusty, den Mut, begleitet vom Optimismus in Form eines Vogels namens Piper. Ziel ist es, mit den in der Psyche auftauchenden Problemen umzugehen – die Konfrontation dieser Probleme wird in Form von musikalischen Bosskämpfen ausgetragen.

„Es war unsere initiale Vision, eine Art begehbares Gemälde zu erschaffen.“

Teilzeithelden: Ein Musical-Spiel über die Verarbeitung der eigenen Ängste, das sich im menschlichen Verstand abspielt – wie seid ihr auf diese Idee gekommen?

Hans: Nach unserem ersten Spiel Back to Bed wollten wir die Idee der Traumlandschaft weiterentwickeln. Dabei kam uns die Idee, den Verstand zu erkunden, als wäre er ein begehbares Gemälde. Daraus entwickelte sich das Konzept von Alpträumen, die den Verstand infiltrieren.

Der musikalische Aspekt kam später, während wir den ersten Boss, the Plague – die Angst vor Krankheiten – entwickelten. Wir hatten die Idee, ihn während des Kampfes ein Lied singen zu lassen, daraufhin nahm ich einen Song für ihn auf und wir probierten aus, diesen ins Spiel zu integrieren. Uns gefiel, wie es zusammenwirkte und daraufhin wurde Musik ein immer größerer Bestandteil des Spiels und seiner Mechaniken. Der ursprüngliche Testsong schaffte es sogar am Ende ins Spiel.

Teilzeithelden: Wenn man sich eure Spiele so anschaut, merkt man schnell, dass euch eine Faszination des Schlafens und der Träume sowie Musik bei der Spielentwicklung antreibt. Wie entwickelt ihr eure Spielideen und was sind eure Inspirationen?

Hans: Unsere ursprüngliche Inspiration kommt von surrealen Künstlern. Von ihren Kunstwerken ausgehend haben wir die Welten entwickelt – zumindest war das bei Back to Bed der Fall. Was soll ich sagen – uns fasziniert die konzeptionelle Betrachtung des menschlichen Erlebens!

Teilzeithelden: Wo wir gerade bei Surrealismus sind: Die Welt von Figment und dem Sequel ist randvoll mit skurrilen Elementen wie Tausendfüßler-Brücken, Bäumen mit Ohren und Kaffee-Flüssen. Wie habt ihr die Welt von Figment entwickelt?

Hans: Wie bereits erwähnt, war es unsere initiale Vision, eine Art begehbares Gemälde zu erschaffen. Also haben wir versucht, uns zu überlegen, wie abstrakte Konzepte aussehen würden, wenn sie sichtbare Objekte wären, wie der Moralische Kompass und Meinungen in Figment 2. Viele Elemente der Welt sind durch derartige visuelle Metaphern für Dinge entstanden, für die es zwar Begriffe gibt, die wir jedoch nicht sehen können.

Gleichzeitig wollten wir der Welt eine andersartige und abstrakte Ästhetik verleihen. Dabei haben wir uns an surrealen Künstlern wie Dali, Magritte, MC Escher und dem dänischen Künstler Wilhelm Freddie orientiert, die mit ihren Bildern versuchen, die Traumwelt und das Unbewusste einzufangen.

„Ich denke nicht, dass wir vor schwierigen Themen zurückschrecken sollten – so oder so sie sind ein essenzieller Bestandteil unserer Realität.“

Zwischen Teil eins und zwei ist etwas Zeit vergangen – nun kommen die Hauptcharaktere wieder zusammen.
Zwischen Teil eins und zwei ist etwas Zeit vergangen – nun kommen die Hauptcharaktere wieder zusammen.

Teilzeithelden: Mit Figment zuvor und nun Figment 2: Creed Valley habt ihr ganze Spiele entwickelt, die sich um das Konfrontieren der Ängste drehen, die uns im Alltag begegnen. Was denkst du, welchen Einfluss haben Angst und Mut auf unser alltägliches Leben?

Hans: Ich denke, sie haben einen großen Einfluss auf unser Leben seit Anbeginn der Menschheit. Angst und Mut sind wichtige Bestandteile unseres Erlebens, ohne die wir gänzlich andere Wesen wären.

Teilzeithelden: In der Welt von Figment stellt ihr kindliche Charaktere, farbenfrohe Welten, albtraumhafte Monster und erwachsene Ängste direkt nebeneinander. Was war eure Absicht in der Kombination dieser scheinbar gegensätzlichen Elemente in einem Spiel?

Hans: Es geht immer darum, ein Gleichgewicht zwischen der zugrundeliegenden Erzählung und ihrer Repräsentation zu finden. Ich denke nicht, dass wir vor schwierigen Themen zurückschrecken sollten – so oder so sind sie ein essenzieller Bestandteil unserer Realität. Dennoch wollten wir ein unterhaltsames und lebensfrohes Erlebnis schaffen, daher das Figment-Universum und die Dialoge zwischen den Charakteren.

In der Demo können wir es mit dem ersten Boss aufnehmen.
In der Demo können wir es mit dem ersten Boss aufnehmen.

Teilzeithelden: In der aktuell verfügbaren Demo für Figment 2: Creed Valley konfrontieren wir The Black Hog als einen der Albträume. Gibt es eine tiefere Bedeutung hinter den Albtraum-Designs? Warum etwa ein Wildschwein als die Angst vor der Dunkelheit?

Hans: Teils, teils – beim Design der Albträume müssen wir mehrere Gesichtspunkte berücksichtigen: vom Aussehen des Albtraums über den musikalischen Stil der Welt um sie herum bis hin zu Texten und Dialogen, potentiellen Witzen und wirkungsvollen Songtexten.

Teilzeithelden: Figment 1 begann mit einer heftigen Szene, auch wenn wir sie nur durch den Dialog erleben – dürfen wir eine ähnliche Hintergrundgeschichte vom Sequel erwarten?

Hans: Ihr werdet es wohl spielen müssen, um das herauszufinden!

Teilzeithelden: Denkst du, Videospiele als Kunstform können uns dabei helfen, schwierige Themen zu verarbeiten?

Hans: In erster Instanz sind Videospiele ein Medium, ob sie zum Storytelling, zur Unterhaltung oder anderen Zwecken genutzt werden. Daher, selbstverständlich: Spiele sind perfekt geeignet, schwierige Themen zu behandeln, da sie den Spielenden eine interaktive Erinnerung hinterlassen.

Teilzeithelden: Neben der Konfrontation unserer Ängste spielt Musik eine große Rolle in den Figment-Spielen. Welche Rolle spielt deiner Meinung nach Musik in unserem unbewussten Verstand und wie interagiert sie mit unseren Ängsten?

Hans: Musik ist ein besonderes Alleinstellungsmerkmal des menschlichen Verstandes. Sie kann unsere Psyche beeinflussen, uns glücklich oder traurig machen. In dem Sinne ist sie wie eine Geschichte, aber abstrakter. Und manchmal finden wir einen scheinbar irrationalen Zugang zu ihr, wenn man sich zum Beispiel Menschen anschaut, die Extreme Metal als entspannend empfinden.

Ich bin mir nicht sicher, ob Musik und Angst grundsätzlich verbunden sind, aber Musik kann uns definitiv in ein Mindset versetzen, in dem wir leichter von unseren Ängsten beeinflusst werden. Auf der anderen Seite kann Musik uns auch ein Gefühl des Antriebs und der Kraft oder die notwendige Ruhe geben, um unsere Ängste zu konfrontieren.

Teilzeithelden: Was war euer Prozess um sicherzustellen, dass die Musik so eng mit dem Gameplay zusammenwirkt, wie das in den Figment-Spielen der Fall ist?

Hans: Das ist ein äußerst iterativer Prozess. Für gewöhnlich fangen wir beim Albtraum an und überlegen uns Ideen zu Spielmechanik, der visuellen Darstellung und der Musik. Dann entwickeln wir Concept Art und Prototypen für die Mechanik, um ein Gefühl dafür zu kriegen, wie am Ende alles aussehen wird.

Von da ausgehend nehmen wir Demos der Songs auf, um Tempo und Stimmung festzulegen. Die nutzen wir dann, um alles mit den Ereignissen im Spiel zu synchronisieren. Wir versuchen, alles parallel zu entwickeln, damit in jeder Iteration alle Elemente den Bosskampf in die gleiche Richtung bewegen.

Teilzeithelden: Wo wir gerade bei Musik sind, der Discarded Opinion Song aus dem Gameplay-Trailer ist nicht nur witzig, sondern auch eingängig. Wird auch der Soundtrack von Figment 2: Creed Valley zum Verkauf angeboten werden?

Hans: Ja!

„Wir wollten dem ersten Spiel treu bleiben, ohne einfach das gleiche Spiel nochmal zu bauen.“

Um weiter zu kommen, heißt es knobeln, knobeln, knobeln.

Teilzeithelden: Ein Großteil des Gameplays und sogar die Bosskämpfe waren in Figment als Rätsel designt. Die Trailer und die Demo von Figment 2: Creed Valley versprechen ein ähnliches Erlebnis. Wie entwickelt ihr die Rätsel in euren Spielen?

Hans: Was das Gameplay angeht, wollten wir dem ersten Spiel treu bleiben, ohne einfach das gleiche Spiel nochmal zu bauen. Daher haben wir versucht, so viele Aspekte des Spiels zu verbessern wie möglich (besonders das Kampfsystem haben wir vollständig überholt). Während es Rätsel gibt, die denen in Figment ähneln, haben wir uns eine Menge Mühe gegeben, das Erlebnis zu erweitern – beispielsweise gibt es ein ganzes Level, in dem es einen Kriminalfall zu lösen gibt, indem man Hinweise sammelt und mit Zeugen spricht. Kurzum, wir haben das genommen, was uns bereits zur Verfügung stand, und damit experimentiert, um es zu verbessern oder auf ganz neue Arten umzusetzen.

Teilzeithelden: Werden wir aus dem ersten Spiel bekannte Orte besuchen, oder ganz neue Bereiche des Verstandes erkunden?

Hans: Am Anfang geht es erstmal zurück nach Cerebrum City danach geht es in durchgehend neue Bereiche.

„Dusty als kindliche Version des Mutes trägt ein Holzschwert und einen roten Schal, während Indiana Jones die Inspiration für seine kleine Abenteurer-Tasche bietet.“

Teilzeithelden: Gibt es konkrete neue Mechaniken, die du mit uns teilen kannst?

Hans: Dusty und Piper haben beide ein paar Upgrades erhalten. Dusty kann nun eine gerichtete Ausweichrolle und seine Angriffe bringen ihn näher an die Gegner. Darüber hinaus ist Piper nun ein vollständig spielbarer Charakter.

Teilzeithelden: Wir haben uns sehr gefreut zu hören, dass Figment 2 über einen Koop-Modus verfügt, sodass wir das Spielerlebnis mit einem geliebten Menschen teilen können. Welche Rolle wird Piper in diesem Modus haben?

Hans: Sie ist ein Support-Charakter – sie kann helfen, Lebenspunkte wiederzuerlangen und Gegnern Schaden zufügen sowie Projektile aus der Luft schlagen. Die*der zweite Spieler*in hat dabei die Freiheit, jederzeit ein- und auszusteigen, ohne negativen Einfluss auf das Spielerlebnis.

Teilzeithelden: Die Hauptcharaktere der Spiele, Dusty und Piper, sind ebenso skurril wie ihre Umwelt. Wie sind ihre Designs entstanden?

Hans: Das war ein langer, iterativer Prozess. Dusty war anfangs noch viel surrealer und merkwürdiger und Piper war ursprünglich eine Schlange, die um seinen Arm gewickelt war. Als wir uns mehr mit ihren Rollen als Mut und Optimismus auseinandersetzten, änderten wir ihr Design zunehmend in eine Richtung, die damit mehr im Einklang steht. Dusty als kindliche Version des Mutes trägt ein Holzschwert und einen roten Schal, während Indiana Jones die Inspiration für seine kleine Abenteurer-Tasche bietet.

Teilzeithelden: Wir hoffen, du erlaubst uns einen kleinen Blick hinter den Vorhang der Videospiel-Entwicklung. Wann begann die Entwicklung von Figment 2: Creed Valley? Wie groß ist das Entwicklungsteam, das daran gearbeitet hat?

Hans: Vor fünf Jahren ging es los. Angefangen haben wir mit vier bis fünf Personen, inzwischen sind wir elf.

Teilzeithelden: Was sind deiner Meinung nach grundlegende Eigenschaften, die ein Entwicklungsteam mitbringen muss, um erfolgreich ein Videospiel zu entwickeln und zu veröffentlichen?

Hans: Es ist wichtig, früh darüber Bescheid zu wissen, was für die Veröffentlichung notwendig ist. Darüber hinaus ist es notwendig, als Team zu funktionieren – mit Mitgliedern, die in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen und sich gegenseitig in ihren Stärken ergänzen.

Spieltests sind essenziell – sie stellen sicher, dass das Spiel überhaupt Spaß macht und es auch von Leuten verstanden werden kann, die zunächst keine Ahnung davon haben, wer du bist und wovon dein Spiel handelt.

Teilzeithelden: Figment 2: Creed Valley soll am 9. März 2023 veröffentlicht werden. Habt ihr bereits spannende neue Projekte im Ärmel, nachdem das Spiel fertig ist? Können wir uns auf weitere Spiele im Figment-Universum freuen?

Hans: Nun, soviel kann ich sagen: Wir werden definitiv nicht aufhören, Spiele zu entwickeln.

Teilzeithelden: Vielen Dank für deine Zeit! Wir freuen uns, Figment 2: Creed Valley zu spielen und wünschen euch ein erfolgreiches Release!

Artikelbilder: © Bedtime Digital Games
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Alexa Kasparek

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