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Northgard verbindet Echtzeitstrategie mit nordischer Mythologie und geschichtlichen Ereignissen. Kämpft euch an der Seite von Rig durch zwei spannende Kampagnen, erobert mit 16 verschiedenen Clans den Kontinent oder messt euch mit anderen im Multiplayer. Seit dem Release 2018 versorgt Shiro Games Northgard mit regelmäßigen Updates, DLCs, Reworks und kostenlosen Inhalten.

Aller Anfang ist schwer…aber schön gestaltet.

Mit Northgard ist den Entwickler*innen von Shiro Games ein Werk gelungen, das so manchen Echtzeitstrategie-Enthusiast*innen das Herz höherschlagen lassen sollte. Als einer von bisher 16 Clans im hohen Norden müssen wir uns mit Untoten, Wildtieren, mythischen Fraktionen und natürlich anderen Clans herumschlagen, um letztendlich König*in von Northgard zu werden. Dank einer ansprechenden Grafik, spannenden Echtzeitschlachten und viel Atmosphäre ist Northgard ein würdiger Herausforderer für die Giganten der Szene wie Spellforce, Age of Empires oder Stronghold. Eine riesige Welt wie in Warhammer III oder eine globale Wirtschaft wie bei Victoria findet man nicht bei Northgard, dafür aber einiges an Humor und viel Liebe zum Detail.

Triggerwarnungen

Krieg, Verrat, Mord, Plünderungen, Menschenopfer, Hungertod, Erfrierungstod

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Genaueres Setting/Geschichte

Es begann im hohen Norden …

In Northgard dreht sich alles um den namensgebenden Kontinent. Die Singleplayer-Kampagne erzählt dabei die Geschichte von Rig, Anführer und rechtmäßiger König Northgards. Sein Versuch, die Krone zurückzuerobern und den Kontinent vor Ragnarök zu retten, ist dabei die treibende Motivation. Im DLC Kreuz von Vidar wird seine Geschichte im Frankenland fortgesetzt, wo es neuen Widrigkeiten zu trotzen und neue Verbündete zu finden gilt. Dabei lernen wir die Grundlagen der sechs Gründungsclans der Wikinger (Hirsch, Bär, Rabe, Wolf, Ziege, Eber) und des neuen fränkischen Clans. Rig schlägt sich dabei mit vielen Bekannten aus der nordischen Mythologie herum. Wir bekämpfen den Riesenwolf Fenrir, freunden uns mit den Jötunn (Riesen) an, neutralisieren Plagen von Draugr (untoten Kriegern) und verschließen Tore in das feurige Muspelheim oder das Totenreich Helheim. Letztendlich gelingt es uns leider nicht, Rigs Rivalen daran zu hindern, den Herrscher des feurigen Muspelheim Surtr, über die Regenbogenbrücke nach Northgard zu holen. In Kreuz von Vidar sammeln wir mit Rig und Hildegard (der Anführerin des Löwen-Clans der Franken) die drei Stücke des namensgebenden Kreuzes zusammen und verhindern so schlussendlich doch noch Ragnarök. Obwohl uns unterwegs Intrigen und Verrat erwarten, glänzt die neue Kampagne mit Abwechslungsreichtum und einem zufriedenstellenden Ende.

Features

Wirtschaft

Holzfäller, check. Farm, check. Häuser, check. Einige Eckpunkte kommen eingefleischten Veteran*innen bekannt vor. Relativ neu im Vergleich zu anderen Echtzeit-Strategiespielen ist, dass die Spielkarte in einzelne Felder aufgeteilt wird. Diese Felder müssen zuerst durch Spähen erkundet und danach erobert werden. Jede Eroberung kostet uns einen wachsenden Betrag an Nahrung und nagt so an unserem zu Beginn knappen Budget an Essbarem. Allerdings werden genau dadurch auch neue Nahrungsquellen freigeschaltet.

Der Drachenclan opfert Einwohner*innen und Sklav*innen, um Boni zu erhalten.

Denn in Northgard sind die meisten Ressourcen nicht frei zugänglich. Während wir in jedes beliebige Feld eine Holzfällerhütte stellen können, um Holz für Gebäude und Wärme zu produzieren, benötigt es für eine Farm oder eine Jagdhütte die entsprechende Ressource. Die drei Hauptnahrungsquellen produzieren unterschiedlich gut. Zusammen mit dem Jahreszeitenwechsel zwischen Sommer und Winter müssen wir eine Balance finden, bevor unsere Bevölkerung verhungert.

An dieser Stelle kommen auch viele Stärken und Schwächen der Clans zu Tage. So kann der Bären-Clan den Winter deutlich besser bestehen und der Eichhörnchen-Clan sammelt fleißig in den zwei Monaten vor dem Winter, weil er mehr verbraucht als andere.

Um die Wirtschaft weiter anzukurbeln, können Stein und Eisen gesammelt werden. Damit verbessern wir Gebäude, werten Werkzeuge auf, die die Produktivität steigern, und erhöhen die Zufriedenheit unserer Bevölkerung. Letztere ist die dritte wichtige Ressource im Spiel. Je zufriedener unsere Wikinger*innen sind, desto schneller kommen neue. Sind sie dagegen unzufrieden, produzieren die bereits vorhandenen Leute deutlich schlechter und es kommen keine neuen nach. Hungern oder frieren sie, werden sie zunächst unzufrieden und im Verlauf der Krise krank und können sterben. Wenn wir nicht aufpassen, führt das schnell in eine Abwärtsspirale, die zwar nicht in einer Niederlage endet, aber mit einer sehr geringen Bevölkerung und einer höheren Chance zu scheitern.

Bei einigen Clans ist die Balance zwischen Nahrung, Holz und Zufriedenheit je nach Schwierigkeitsgrad ein echter Drahtseilakt. Weitere wichtige Ressourcen sind Kröwns und Wissen. Erstere benötigen wir, um den Unterhalt unserer Gebäude zu bezahlen. Diese können wir mit Hilfe von Handelsposten und Langschiffdocks erwirtschaften. Wissen können wir derweil mit Gelehrten anhäufen, um neue Technologien freizuschalten, mit denen wir unsere Bevölkerung glücklicher machen, die Kämpfer*innen stärken oder unsere Wirtschaft aufpolieren.

Die meisten Felder bieten Ressourcen wie Stein, Nahrung oder Wissen.

Felder

Balance ist ein Stichwort, dem man sich in Northgard immer wieder gegenübersieht. So enthalten die Felder nicht nur Ressourcen, sondern sind auch auf eine gewisse Gebäudezahl begrenzt. Manche enthalten auch besondere Bedingungen wie zum Beispiel das legendäre Schwert der Götter, den Weltenbaum Yggdrasil, die Tore von Muspelheim oder einfach einen Sumpf, der die Anzahl der Bauplätze drastisch senkt. Das bedeutet, dass wir uns bei jeder Partie überlegen müssen, wo wir das dritte Haus hinbauen, das Axtwerferlager platzieren und den Marktplatz hinsetzen, um später Rohstoffe zu kaufen.

Wurfaxt, Schild und Zweihandaxt stehen bereit, Northgard zu erobern.

Zum Glück besitzen wir die Möglichkeit, für eine gute Summe an Kröwns die Felder aufzuwerten und so ein Gebäude mehr zu platzieren. Eine weitere Schwierigkeit ist, dass diese Felder selten unbewacht sind. Während uns zu Beginn noch Wölfe in aller Regelmäßigkeit aus den Nachbarfeldern angreifen, treffen wir im Verlauf der Partie auf eher passive Bären, die gefürchteten Draugr und schlussendlich auch gefallene Valkyren, die die wichtigsten Orte bewachen. Expansion sollte in jeder Partie wohlüberlegt sein. Erfahrungsgemäß sind Nahrungsfelder und besondere Felder wie der Urdarbrunnen oder der Mimirsbrunnen die lohnendsten Ziele. Ersterer hilft unseren Heiler*innen bei der Arbeit, der Mimirsbrunnen schenkt uns eine Forschung eines anderen Clans.

Militär

Jeder Clan hat seine eigene Führungsfigur mit teils individuellen Eigenschaften. Während der Anführer des Hirsch-Clans, Brand, mit steigendem Ruhm seines Clans mächtiger wird, erhält die Anführerin des Raben-Clans, Liv, die Fähigkeit, für eine bestimmte Zeit durch den Nebel des Krieges zu schauen. Unterstützt werden die Führungsfiguren indem wir unserer Bevölkerung Zweihandäxte, Wurfäxte und Schilde in die Hand drücken. Die Strategie der einzelnen Clans basiert dabei auf einer Mischung der verfügbaren Forschung, der Fähigkeiten der Führungsfigur und der möglichen Verbesserungen durch Waffen und militärische Erfahrung. Letztere sammelt ein Clan beim Töten von feindlichen Einheiten und erhält dabei die Möglichkeit, einem von drei Pfaden zu folgen: einem Defensiven, einem Offensiven und dem Pfad der Legionen. Da wir uns in jeder Partie neu entscheiden können, kommt auch bei dieser Auswahl keine Langeweile auf.

Bekämpfen oder Befreunden? Auf jeder Karte finden wir mindestens eine neutrale Fraktion.

Neutrale Fraktionen

Northgard wird wie bereits erwähnt nicht nur von Wikinger*innen bewohnt. Jötunn, Zwerge, Kobolde und Myrkalfar haben ebenfalls ihre Lager aufgeschlagen. Mit jeder dieser Fraktionen können wir Freundschaft schließen, um besondere Boni zu erhalten. Handeln wir mit den Zwergen, erhalten wir Steine beziehungsweise Eisen aus ihrem Vorrat und zwei zwergische Handwerker, die für uns Schmieden oder Abbauen können. Die Jötunn schenken uns einen ihrer Krieger, die Myrkalfar greifen für uns unsere Feinde an und die Kobolde geben uns eine lukrative Handelsroute in das Koboldkönigreich frei. Die diplomatischen Optionen wurden bereits überarbeitet und auch in diesem Jahr steht wieder ein Update für die Diplomatie an. Da die Entwickler*innen von Shiro Games hier bisher immer gute Arbeit geleistet haben, können wir uns darauf freuen, neue Optionen in der Diplomatie zu bekommen.

Die neue Fraktion der Franken hat ganz eigene Gebäude und ein neues Wirtschaftssystem.

Eine neue Fraktion erscheint

Mit dem DLC Kreuz von Vidar wurde das bisherige Wirtschaftssystem für den neuen Clan des Löwen umgekrempelt, sodass ein völlig neues Spielgefühl entsteht. Bei den Wikinger*innen kann jedem Gebäude nur eine gewisse Anzahl an Arbeiter*innen zugeordnet werden. Die Franken haben diese Beschränkung nicht. Stattdessen sind sie von der Lebensqualität des Feldes selbst abhängig, also dessen Kapazität für arbeitende Bevölkerung. Das ermöglicht einen schnellen Wechsel von einem Rohstoff auf den anderen, begrenzt aber die maximal Zahl der Arbeiter*innen auf einem Feld. Durch verschiedene Forschungen, Gebäude und die Feldentwicklung können immer mehr Arbeiter*innen in einem Feld derselben Tätigkeit nachgehen. Die Franken können alle Arbeiter*innen in einem Gebäude unterbringen, solange das Feld genug Lebensqualität besitzt. Auch der Ausbau wurde bei den Franken geändert. Zwar gibt es weniger Optionen, allerdings hat jedes Gebäude unterschiedliche Aufwertungsmöglichkeiten, die zusätzliche Boni liefern. Darüber hinaus hat diese Fraktion einen völlig anderen Forschungsbaum, sammelt Glaube statt Wissen und wird von drei neuen Einheiten begleitet: Bogenschütz*innen, Champions und Infanterie. Northgard bleibt dabei dem vorherigen System treu: Fernkampfschaden, starker Nahkampf aber wenig Verteidigung und viel Rüstung mit wenig Schaden.

Für jeden Clan gibt es eine individuelle Eroberung mit jeweils elf herausfordernden Missionen.

DLCs, Zusatzinhalte, kostenlose Updates

In der Einzelspielerkampagne des DLCs wird die Geschichte von Rig fortgesetzt. Die Entwickler*innen haben sich dabei diesmal sehr viel Mühe gegeben, neue Impulse und Szenarien zu entwickeln, die nicht einer typischen Partie entsprechen. So starten wir in einer Mission auf drei verschiedenen Inseln mit drei Hauptquartieren und müssen drei Basen gleichzeitig verwalten. In einer anderen Mission müssen wir den mächtigen Tarrasque bekämpfen, der einen Teil des Kreuzes im Steinvorkommen auf seinem Rücken trägt. In jeder Mission steht uns neuerdings einer von zwei beratenden Clans zur Verfügung, die sich abhängig von der aktuellen Geschichte unterscheiden können. Dadurch erhalten wir die entsprechende Führungsfigur und einige Fähigkeiten des Clans. So ergibt sich für jede Mission die Möglichkeit, sie mindestens zwei Mal zu spielen und unterschiedliche Schwierigkeiten zu erfahren.

Shiro Games hat bisher nicht mit zusätzlichem Content gegeizt. Das Kreuz von Vidar ist mit 15 Euro recht günstig im Vergleich zum Inhalt. Die Clans kosten 5 Euro im Vollpreis, sind aber regelmäßig reduziert. Gratis gab es die Einführung der Eroberungen: Kampagnen aus mehreren Partien, in der jede Mission einen Bonus bringt. Drei große Boni abhängig vom Clan und acht kleinere, die nicht minder stark und deshalb sehr spaßig sein können. Das Spiel hält auch anhand eines kleinen Symbols am Auswahlbildschirm fest, mit welchem Clan man bereits eine Eroberung bestanden hat und auf welchem Schwierigkeitsgrad. Doch auch an Reworks spart Shiro Games nicht. Der Clan des Kraken wurde erst kürzlich umgebaut, der Clan der Schlange schon mehrfach neu entwickelt, immer mit Communityfeedback im Hinterkopf. Als eingesessener Veteran seit Early Access gibt es für mich nichts Schöneres als ein größeres Update von Northgard. Der letzte große Contentpatch Trials of Odin hat zum Beispiel neue Missionen für die Eroberungszüge und den lang erwarteten Spectator Mode für Multiplayer-Partien mitgebracht.

Begleitet werden wir auf unseren Reisen von einem liebevollen Soundtrack, stimmungsvoller Geräuschkulisse und einer Optik die vor allem alte Siedler-Fans begeistern wird. Denn trotz aller Härte, des Winters und des Krieges sehen die kleinen Wikinger*innen wirklich schön gestaltet aus und verbreiten ein Gefühl von Persönlichkeit. An schlechten Tagen hat Northgard ein paar langsamere Reaktionen oder nimmt einen Klick nicht richtig auf. Gerade in Kämpfen kann das unglaublich nervig werden. Shiro Games ist allerdings immer schnell hinterher solche Fehler zu beheben, sodass die nächste Partie schnell starten kann.

Die harten Fakten:

  • Entwicklerstudio: Shiro Games
  • Publisher: Shiro Umlimited
  • Plattform: Android, Nintendo Switch, PlayStation 4, Microsoft Windows, Xbox One, Linux, Mac OS
  • Sprache: Englisch
  • Text: Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch, Chinesisch, Brasilianisches Portugiesisch, Polnisch, Spanisch, Türkisch, Italienisch, Koreanisch
  • Mindestanforderungen: Windows Vista oder besser, Intel 2.0Ghz Core Duo, 1GB RAM, Nvidia 450 GTS / Radeon HD 5750 oder besser, DirextX10, 1GB Speicherplatz, Mindestauflösung 1366×768
  • Genre: Echtzeit-Strategiespiel, Indie Game, Simulationscomputerspiel
  • Releasedatum: 07.03.2018
  • Spielstunden: 40+
  • Spieler*innen-Anzahl: Kampagne 1, Eroberung 1-2, Mehrspieler bis zu 8
  • Altersfreigabe: 12
  • Preis: 27,99 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, MMOGA

 

Fazit

Northgard ist ein Underdog der Echtzeitstrategie. Wir bauen unsere Wirtschaft auf, erobern Länderein und begegnen legendären Figuren nordischer Mythologie. Spannende Kämpfe, eine herausfordernde Wirtschaft, ohne zu sehr ins Detail zu gehen, und eine atmosphärische Umgebung lassen uns immer wieder in diese Welt eintauchen. Die Liebe der Entwickler*innen zum Spiel ist immer wieder spürbar und die Eroberungen bieten mit 16 verschiedenen Clans einen Wiederspielwert, der sich sehen lassen kann. Eine Partie dauert im Schnitt 60–90 Minuten, sodass man lange genug gefesselt ist, aber auch gut wieder loslassen kann. Preislich ist Northgard vorbildlich, bedenkt man die vielen Gratisinhalte und die eher günstigen Clans, die noch dazu häufig im Angebot sind. Für jeden Echtzeitstrategiefan eine Empfehlung.

  • Stimmungsvolle Atmosphäre
  • Hoher Wiederspielwert
  • Abwechslung

 

  • Vereinzelte Bugs/Lags
  • Kleine Mehrspielercommunity

 

Artikelbilder: © Shiro Games
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Maximilian Düngen
Dieses Produkt wurde privat finanziert.

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Cedric Demme

Cedric ist leidenschaftlicher Gamer seit dem allerersten Prince of Persia und feierte mit seinem 486er PC den ersten Erfolg der Siedler-Reihe. Vor allem begeistern ihn die Bereiche Strategie- & Rollenspiele. Mit 18 verfiel er dann auch den Pen&Paper Rollenspielen und ist seit 8 Jahren aktiver Spielleiter. Zum Journalismus fand er über das UniMagazin der Universität Mannheim.

 

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