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Mit My Time at Sandrock liefert Panthea Games den heiß erwarteten Nachfolger zu My Time in Portia. Dieses Mal sammeln, bauen, pflanzen und kämpfen wir uns durch ein kleines, entlegenes Prärienest. Doch wie wild wird es für uns im Westen?

My Time in Portia zählt zu den schönsten und frustrierendsten Erfahrungen meines digitalen Gamer-Lebens. Ich habe es günstig für die Switch gekauft, als es gar nicht so neu war, und viel Zeit darin verbracht. Wie das in Life-Sims so ist: aufstehen, Aufträge abholen, Gemüse gießen, Ressourcen sammeln, bauen, mit allen sprechen und am Ende des Tages … abstürzen. Ein gutes Dutzend Crashes habe ich durchgehalten, an denen ich teils einen ganzen Tag Spielfortschritt verloren habe (denn nur durchs Schlafengehen konnte gespeichert werden), bevor ich endgültig aufgab. Zu weit gekommen, um es auf einem anderen System neu zu beginnen, war ich also entzückt, als My Time at Sandrock angekündigt wurde, um endlich das zu heilen, was ein schlechter Port eines guten Spiels an Wunden hinterlassen hat.

Triggerwarnungen

Cartoongewalt gegen Monster und Tiere, psychische Krankheiten

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Willkommen in Sandrock

Howdy, Greenhorn. Hier direkt neben den Gleisen ist dein neuer Workshop – auf der anderen Seite findest du die über 40 NPCs mit denen du sprechen, handeln und für die du Aufträge erfüllen kannst – und mit einigen von ihnen vielleicht auch mehr. Der Typ dahinten, Mason, geht in Rente und du sollst jetzt unserer kleinen Gemeinde zu neuem Aufschwung verhelfen. Aber du bist nicht allein, Mi-an fängt parallel mit dir in freundlicher Konkurrenz an und sie dient dir als begleitendes Tutorial für deine kommenden Aufgaben.

Bei Ankunft am Bahnsteig erstellen wir uns einen männlichen oder weiblichen Avatar.

Nicht nur, wer bereits Zeit in Portia verbracht hat, sondern auch alle, die Life-Sims wie Animal Crossing und Farming-Sims wie das niedlich-pixelige Littlewood oder das sehr inklusive Wylde Flowers gespielt haben, fühlen sich sofort abgeholt mit diesem genretypischen Einstieg. Die Aufgabe ist also klar: Wir bauen die Stadt und damit die Spielwelt (und nebenbei unser Eigenheim) weiter aus. Hierzu benötigen wir natürlich Rohstoffe: vor allem Holz, Steine, Erze, Pflanzen, tierische Produkte. Um diese effizienter abbauen zu können, verbessern wir unsere Werkzeuge sowie unsere Werkbank und Verarbeitungsmaschinen, wozu wir wiederum Rohstoffe brauchen. Klassisches Spielprinzip, was im Laufe der Tage und Jahre unserer Spielzeit immer weiter ausgebaut wird.

Mit genug Gold und Ressourcen können wir unser Eigenheim erweitern.

Dieses Kernelement der „My time“-Reihe ist besonders hübsch in Szene gesetzt, da wir beim Bauen auf einer Bühne eine dreidimensionale Blaupause sehen. Wenn wir ein benötigtes Material hinzufügen, wird dieses dann direkt ausgefüllt, bis das Gesamtgebilde vollständig und die Maschine einsatzbereit ist. Bequem, dass wir – anders als beim Vorgänger – die benötigten Materialien nicht mehr einzeln raussuchen und in der Hand halten müssen. Neben diesen Bauprojekten für den Spielfortschritt können wir uns jeden Tag kleinere Aufträge der Dorf-NPCs abholen, um Geld und Ruhm zu generieren. Denn wir stehen in einem Konkurrenzkampf, den besten Workshop des Dorfs zu besitzen, um dadurch am Monats- und Jahresende groß abzukassieren.

Aller Anfang ist stressig

Anfänglich können wir manche dieser Aufträge noch gar nicht erfüllen und wer gern optimiert, kann hier das erste Mal in Stress geraten, wenn die Uhr des Tages sekündlich weitertickt und die Zeit ins Bett zu gehen viel zu schnell zu kommen scheint. Denn es gibt viel zu tun. Ein zweites, übliches Element ist das Befreunden mit den lieben menschlichen und tierischen Dorf-Bewohner*innen. Hier können wir nicht nur täglich mit allen, die uns über den Weg laufen, reden und ihnen Geschenke machen, sondern auch wie im Vorgänger freundschaftliche Sparring-Kämpfe austragen und jetzt auch ein kleines Stein-Schere-Papier-artiges Mini-Kartenspiel wagen. Erfüllte Aufträge für die Person bringen uns hier aber natürlich am meisten voran und wir sehen von Anfang an, mit wem von den vielen Optionen wir mehr als nur befreundet sein können. Bei diversen Freundschaftsstufen winken jetzt auch Spielboni, um auch sozial-müden Leuten diesen Bestandteil des Spiels schmackhafter zu machen.

Wie beim Vorgänger gibt es Bereiche der Karte, die wir noch gar nicht betreten können. Erfreulicherweise müssen wir dieses Mal nicht erst Bushaltestellen aufstellen, damit uns der Yakmel-Express gegen ein paar Münzen durch die Gegend fährt (teleportiert), wenn wir nicht lieber auf unserem erst gemieteten und später eigenen Reittier durch die Canyons und über die Dächer galoppieren. Auch ganze Spielaspekte werden erst im Laufe der Story durch unser Zutun freigeschaltet. Vor allem zentrale Elemente wie der Gartenanbau und Kochen oder ebenso die Mine und Dungeons. In diesen beiden finden wir jeweils viele Ressourcen, Discs für das Entwickeln neuer Maschinen, sowie auch Teile von Relikten, die zusammengesetzt nicht nur an das Museum gespendet werden können, sondern auch (wie andere Möbel) zu Hause aufgestellt und dafür, ähnlich wie Freundschaftslevel, Spielboni bieten.

Im Dorf gibt es viel zu tun.

Der Kampf ist weiterhin zentral, allerdings nicht sehr herausfordernd. Wir haben Waffenspezialisierungen mit besonderen Vorteilen im Kampf-Skilltree und ein neues Kombo-Punkte-System, mit dem wir bei den Gegner*innen kurzzeitig besonders viel Schaden anrichten und sie betäuben können. Dieses Mal dürfen aufgrund des Settings natürlich auch Schusswaffen nicht fehlen. Im späteren Verlauf dringen wir immer tiefer in Dungeons ein, in denen wir für eine Endwertung gegen die Zeit ordentlich Monster verdreschen können, für wertvolle Ressourcen-Belohnungen. Zudem finden wir dort auch Schatzkisten und teilweise abbaubare Bereiche, die besonders ertragreich sind.

Der Kampf ist wichtig, aber wie im Vorgänger ziemlich leicht.

Wie woke ist der Westen?

Zu Beginn jedoch legen wir uns mit den meist erst mal nicht aggressiven und ebenso niedlichen Oberflächenbewohnern an für ihre wertvollen Grundressourcen. Leder zählt dabei zu den wichtigsten, also machen wir uns immer mal wieder auf, die örtliche Yakmel-Population zu dezimieren, schließlich sind sie am nächsten Tag ja wieder da. Angesichts des ganz anderen Umgangs mit dem Thema bei Spielen wie Wylde Flowers, wirkt das so unkommentiert fast etwas unzeitgemäß. Umso erfreulicher, dass Bäume (inklusive Kakteen) geschützt werden sollen und man sich daher beim Fällen Ärger mit der Kirche des Lichts einfängt. Stattdessen sind wir auf Totholz und Gebüsche angewiesen, um den Holzhunger unserer Errungenschaften zu stillen. Auch der Müll, der leider in der Stadt ab und zu rumliegt, kann von uns aufgehoben werden und dient dann als Energiequelle für unsere Maschinen.

Für eine saubere Stadt!

Ebenfalls dem Nachhaltigkeitsgedanken geschuldet steht eine neue zentrale Ressource im Mittelpunkt unseres Schaffens: Wasser. Unsere Maschinen brauchen nicht nur Energie, sondern auch das kühlende Nass, um zu funktionieren. Wasser sammeln wir mühsam als Tau (später auch mit einer entsprechenden Maschine) oder kaufen es in Portionen bei der Kirche, die den Wasserverbrauch in der Wüste streng limitiert. Wir werden auch beständig daran erinnert, kein Wasser zu verschwenden oder zu verunreinigen. Eine stimmige Ergänzung fürs Setting und gleichsam eine kleine Erinnerung an dieses weltweit knappe Gut. Anders als bei vielen modernen Spielen entscheiden wir uns aber auch ganz klar zwischen einem weiblichen und einem männlichen Charakter. Einen Einfluss hat dies aber nicht auf die beziehungswilligen Charaktere, die sich jeweils unserer eigenen sexuellen Orientierung unterordnen.

Wasser ist ein knappes Gut.

Storymäßig kommen wir vor allem durch die Bauvorhaben der Hauptquestlinie voran, was wir dann durch Cutscenes erzählt bekommen. Eine Horde Echsenmenschen mit Westernhut und Bandana treibt plündernd ihr Unwesen in der Gegend und macht gern etwas kaputt, was wir dann reparieren dürfen. Und dann gibt es da noch überall die Wanted-Poster mit dem Konterfei von Logan, dem berüchtigten und mysteriösen Outlaw, auf den ein ordentliches Kopfgeld ausgesetzt ist – was es mit dem wohl auf sich hat? Wo es so heiße Geschichten zu erleben gilt, darf natürlich auch die Presse nicht fehlen, um darüber zu berichten. Die örtliche Zeitung können wir am Dorfplatz einsehen, sie gleich abonnieren, und auch eine Annonce schalten, damit unser Bauvorhaben uns mehr Geld, Erfahrung oder Ruhm einbringt.

Zeitungsinserate bringen uns Vorteile.

Jede Menge zu entdecken

Neben der Zeitung flattern aber auch Briefe in unseren Postkasten, von neuen Bekanntschaften, offiziellen Stellen aber auch von Zuhause. Unsere Lieben berichten uns von ihrem Leben und schicken ab und zu kleine Care-Pakete. Aus vorgegebenen Antwortoptionen können wir dann Repliken schicken, auf die sie dann wieder reagieren. Eins von vielen weiteren, netten Gimmicks mit denen das Spiel aufwartet. Denn von diesen gibt es eine Menge zu entdecken. Da sind natürlich weitere Sammelgegenstände, wie versteckte Schatztruhen, aus denen wir Bekleidung erhalten – die wir uns auch kaufen oder später selbst erstellen können, für den Look und Eigenschaftsboni. Nebenquests, wie Auslieferungsservices für den Gemischtwarenladen und das Aufsammeln von Yakmel-Häufchen für den Farmer, bringen Zuneigung und gerade zu Beginn ein wenig zusätzliches Einkommen.

Mama passt auf, dass wir auch warm angezogen sind.

Aber vor allem gibt es überall kleine Minispiele. Neben dem obligatorischen Angeln (wenn auch diesmal im Sand), gibt es die örtliche Spielhalle, aber auch das bekannte Fehlerfinden bei identischen Gegenständen, freiwillige Arzneimittelversuche und immer wieder neue Möglichkeiten in die Tasten zu hauen bei Events (Dance-Off!!!). Auf der (natürlich von uns erbauten) Bühne tritt die Band aber auch einfach mal unangekündigt abends auf oder wir gehen in den Saloon, um einen Happen zu essen, und Owen, der Betreiber, erzählt einer gespannten Meute eine Geschichte aus der Historie des Dorfs. Ebenso wie der wöchentliche Kirchgang bieten diese Ansammlungen Möglichkeiten, in kurzer Zeit mit vielen der uns ans Herz wachsenden NPCs zu interagieren. Während wir in Portia das Diner allerdings fast täglich betreten haben, um einen günstigen Energieboost für weiteres Erzkloppen zu erhalten, haben wir hier so viel zu tun, das oft doch die Zeit zur knappsten Ressource wird. Daher empfehle ich eine frühe Investition in die drei Skillpunkte, mit denen unser Charakter bis drei Uhr aufbleiben kann, ohne mit Augenringen aufzuwachen, sondern stattdessen sogar die Ausgeschlafen-Boni zu erhalten. Falls der Zeitdruck aber mal zu groß wird, können in den Einstellungen jederzeit die Spielgeschwindigkeit anpassen und diese dabei um bis zu 40 % verlangsamen.

Elefant schlägt Fuchs und Katze, Fuchs die Katze, Katze die Maus und Maus den Elefanten.

Die Technik hinter dem Spiel

Das Spiel bietet eine noch detailliertere, hübsche Comic-Graphik als der Vorgänger und lief im Gegensatz zu selbigem (auf der Switch) stabil, bis auf einen kleinen frühen Crash. Da wir jedoch dieses Mal jederzeit speichern können, entspannt das die Nerven doch ungemein. Auf der PS5 ergibt sich natürlich eine Mehrfach-Tastenbelegung. Daher sollten wir unser Reittier nicht mit in die Umzäunung unseres Grundstücks nehmen, da das Absteigen ebenso wie das Aufheben von Maschinen beides über R2 läuft. Eine Sache jedoch nervt: Die knapp 1.500 unterschiedlichen Items haben keine Beschriftung, außer wir rufen die kompletten Beschreibungen auf, wodurch einige andere Items verdeckt werden. Da wir Gegenstände (außer Werkzeuge und zu platzierende Möbel) aber selten aktiv heraussuchen müssen, sondern sie aus den Nutzmenüs meist direkt passiv hinzufügen können, ist das gar nicht so oft ein Problem. Weil wir zudem von überall ebenso auf alle Kisten zugreifen können, erspart uns das auch ein Sortieren und Ordnen unseres erweiterten Inventars. Wer also nicht expliziten Spaß daran hat, stundenlang Dinge hin und herzuschieben, kann getrost alles einfach irgendwo automatisch hineinpacken lassen.

Die Item-Namen sehen wir nur bei genauerer Betrachtung.

Das Spiel erscheint zudem mit einem Multiplayer-Modus. Dieser ist allerdings leider getrennt von der Story in einer früheren, besseren Zeit angesiedelt. Wir bewirtschaften mit bis zu drei anderen gemeinsam eine Stadt auf dem Host-Server und erfüllen Quests – der zusätzliche Story-Modus wurde jedoch aus Qualitätsgründen vorerst entfernt. Doch so sollen wir uns ganz aufs gemeinsame Sammeln, Bauen und Aufträge erfüllen konzentrieren können mit unseren Freund*innen oder auch potentiell Fremden. Diesen Modus haben wir jedoch nicht erprobt und er geht nicht mit in die Wertung ein.

Einzelne Spielelemente haben unterschiedliche Skilltrees.

Die harten Fakten:

  • Entwicklerstudio: Panthea Games
  • Publisher: Panthea Games, Focus Entertainment
  • Plattform: PC, PS5, Nintendo Switch, Xbox One, Xbox Series X|S
  • Sprache: Deutsch
  • Mindestanforderungen: Win 10, Intel Core i3-2100/AMD FX-6300, 8 GB RAM, Nvidia GeForce GTX760/AMD Radeon 7950, 50 GB verfügbarer Speicherplatz
  • Genre: Life-Sim
  • Releasedatum: 02.11.2023
  • Spielstunden: 80+
  • Spieler*innen-Anzahl: 1
  • Altersfreigabe: 6+
  • Preis: ca. 35 EURO
  • Bezugsquelle: Fachhandel, idealo, MMOGA

 

Fazit

Der Life-Sim My Time at Sandrock macht nicht vieles neu, aber Gutes noch ein wenig besser. Außerdem gelingt es dem Spiel, uns durch Events und den allgemeinen Fortschritt unserer Bautätigkeit hervorragend am Ball zu halten. Jeden Morgen gibt es neue Nachrichten und Ereignisse, die wir sofort entdecken wollen, dann machen wir nur schon einmal das Wichtigste für den Tag und schwups ist schon wieder Nacht. Das Rad dreht sich von vorn und vielleicht spielen wir diesmal nur noch diesen einen, weiteren Tag.

Nach getaner Arbeit kommen wir mit unserem treuen Ross nach Hause.

Die gehen nämlich viel zu schnell vorbei und hinterlassen uns mit dem Gefühl, nur einen Teil dessen erledigt zu haben, was wir eigentlich vorhatten, ganz zu schweigen von den Dingen, die wir noch vergessen haben. Doch eigentlich gibt es keinen Zeitdruck – wenn wir nicht gerade im ersten Monat bereits das Ranking der Workshops anführen oder möglichst bald heiraten wollen, dann besuchen wir den alten Mann auf dem Friedhof, dem wir ein paar Fische bringen sollen, doch einfach morgen oder die Tage.

Das Spiel hält im Vergleich zum Vorgänger My Time in Portia einige lebenserleichternde Verbesserungen bereit, die wichtigste davon ist allerdings die Möglichkeit zu speichern. So weiß ich also, dass ich noch einiges an Zeit in Sandrock verbringen werde und wenn ich dann doch einmal so ziemlich alles erreicht haben werde, vielleicht mache ich ja doch noch mal einen Abstecher nach Portia, wenn auch auf einem anderen System.

  • Unglaublich viel zu tun
  • Guter Ausbau und Verflechtung von Geschichte und Spielelementen
  • Niedliche Comic-Graphik
 

  • Keine Item-Namen im Inventar
  • Mögliche Überforderung zu Beginn

 

Artikelbilder: © Panthea Games
Layout und Satz: Andreas Hübner
Lektorat: Katrin Holst

Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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