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Die Welt ist gerettet, doch unser Kampf gegen den dunklen Magier hat eine Menge Zerstörung angerichtet. Nun ist es an uns, aus den Trümmern eine neue Heimat zu errichten. Warum Littlewood, der Stadtbau-Life-Sim von SmashGames mehr Aufmerksamkeit verdient, erfahrt ihr hier.

Unsere Arbeit ist getan – der dunkle Magier ist besiegt, die Welt ist gerettet. Nun bleibt uns – den Held*innen, die dafür verantwortlich sind – nur noch, unser restliches Leben zu genießen. Doch hat unser Kampf gegen den dunklen Magier Teile der Welt in Trümmern hinterlassen. Jetzt gilt es, uns aus diesen Trümmern eine neue Heimat zu schaffen.

Littlewood ist ein Life-Sim von Entwickler Sean Young, der mit seinem Ein-Personen-Studio SmashGames bereits mehrere Spiele eigenhändig entwickelt und veröffentlicht hat, darunter Magicite und Roguelands. Während es sich bei diesen um actionreiche Plattformer handelt, ist Littlewood ein gemütlicher Life-Sim mit Anleihen aus Mitvertretern des Genres wie Animal Crossing und Farming-Sims wie Stardew Valley. Dabei scheut das Spiel sich nicht, sich von Altlasten des Genres zu verabschieden, und neue Wege einzuschlagen.

Willkommen in Littlewood

Nach dem Kampf gegen den dunklen Magier erwachen wir in einem kleinen Dorf. Allerdings ist durch die dunklen Machenschaften des dunklen Magiers nicht mehr viel davon übrig. Es gibt zwei Häuser, ein Sägewerk und eine Schmelzerei. Der Rest liegt in unserer Hand: Angeleitet von unserer guten Freundin Willow lernen wir, das Dorf wieder aufzubauen.

Zu Beginn ist unser Dorf noch sehr überschaubar.
Zu Beginn ist unser Dorf noch sehr überschaubar.

Doch dazu braucht es natürlich Ressourcen. Unser Freund Dalton steuert Werkzeuge bei, mit denen wir die klassischen Life-Sim-Tätigkeiten zur Beschaffung besagter Ressourcen durchführen können: Bäume fällen, Steine abbauen, Fische und Käfer fangen, Obst und Gemüse sammeln.

Dabei wird gleich deutlich, dass in dem Spiel gegenüber vergleichbaren Life-Sims einige Quality-of-Life-Verbesserungen umgesetzt wurden. Um mit Gegenständen zu interagieren, reicht ein Tastendruck. Wir müssen nicht zuerst das richtige Werkzeug ausrüsten – das macht unser Charakter automatisch.

Freunde können uns bei unseren täglichen Aufgaben begleiten.
Freunde können uns bei unseren täglichen Aufgaben begleiten.

Darüber hinaus ist das gesamte Inventar jederzeit von jedem Ort aus verfügbar, wir müssen also nicht umständlich mit Taschenplätzen haushalten. Außerdem gibt es im Menü von jedem Ort aus die Möglichkeit, sofort nach Hause zurückzukehren.

Nie genügend Zeit

Life-Sims haben im allgemeinen sehr unterschiedliche Ansätze, wie Zeit vergeht. In Animal Crossing spielen wir in Echtzeit und müssen uns nicht beeilen, um unsere täglichen To-Dos abzuhaken. Spiritfarer verfügt über einen internen Tageszyklus, der deutlich schneller vergeht – allerdings gibt es keine direkte Notwendigkeit zu schlafen, da unser Charakter nie müde wird. Das ist in Stardew Valley anders: Hier müssen wir spätestens um 2:00 morgens im Bett sein, sonst fallen wir in Ohnmacht. Außerdem müssen wir auf unsere Energie achten, die zusätzlich unsere Aktionen am Tag limitiert. Littlewood hat die Energie- und Zeitmechaniken auf elegante Weise kombiniert.

Hier entspricht die Dauer eines Tages genau unserem verfügbaren Energievorrat. Mit bestimmten Aktionen verbrauchen wir Energie und der Tag schreitet voran. Führen wir keine Aktionen durch, vergeht auch keine Zeit. Dadurch umgeht das Spiel geschickt das Problem des Zeitdrucks, wie er etwa in Stardew Valley oder STORY OF SEASONS: Friends of Mineral Town aufkommen kann. Wir haben stets genügend Zeit, mit allen Charakteren zu sprechen, außerdem können wir uns unsere Handlungen gut überlegen und verlieren keine Zeit, auch wenn wir uns mal ineffizient durch die Welt von Littlewood bewegen. Gleichzeitig fühlt sich kein Tag verschwendet an, da er erst endet, wenn wir ins Bett gehen.

Das Spiel gibt uns eine Warnung, wenn unsere Energiereserven aufgebraucht sind.
Das Spiel gibt uns eine Warnung, wenn unsere Energiereserven aufgebraucht sind.

Aktionen verbrauchen aber nicht nur Zeit, sondern bringen uns auch Erfahrungspunkte ein. So werden wir von Tag zu Tag ein bisschen besser. Erst wenn wir bestimmte Meilensteine erreichen, erhalten wir Zugang zu bestimmten Bereichen und Funktionen, die uns wiederum weiteren Fortschritt ermöglichen.

Am Ende des Tages können wir unsere Fortschritte einsehen.
Am Ende des Tages können wir unsere Fortschritte einsehen.

Littlewood wächst

Während Aktionen wie Holzhacken und Steinabbau Energie kosten, können wir andere Dinge ganz in Ruhe erledigen. So können wir unser Dorf frei nach unserem Geschmack gestalten. Dazu gibt es das Baumenü, in dem wir nicht nur Gebäude bauen können: Alles kann frei verschoben werden, wie es uns gefällt, Bäume können gepflanzt, Hügel aufgeschüttet und Gewässer gegraben werden. Neben einfachen Dekorationen gibt es auch besondere goldene Statuen, die besondere Boni geben.

Es gibt zwei Arten von Gebäuden: Wohnhäuser und funktionale Gebäude. Gleich zu Beginn erhalten wir von unserem Freund Dalton einen Bauplan für ein Geschäft, das allerlei nützliche und dekorative Gegenstände anbietet. Anschließend stellen wir einen Marktplatz auf, der uns Waren verkaufen lässt, die wir nicht mehr brauchen. Dies geschieht über Nacht, sodass wir uns das Geld am nächsten Morgen abholen können.

Der Marktplatz funktioniert ähnlich wie die Versandkiste bei Stardew Valley.
Der Marktplatz funktioniert ähnlich wie die Versandkiste bei Stardew Valley.

Das Geld können wir wiederum in Gegenstände des Geschäfts investieren oder damit Upgrades für die funktionalen Gebäude kaufen. Manche dieser Upgrades bringen einmalige Boni, andere verbessern dauerhaft die Funktion des Gebäudes. Im Sägewerk können wir beispielsweise gesammeltes Holz zu Planken zersägen. Nach einem bestimmten Upgrade erfolgt dies effizienter, und wir erhalten mehr Planken für dieselbe Menge Holz.

Stufe zwei des Sägewerks bringt uns seltene Gegenstände ein.
Stufe zwei des Sägewerks bringt uns seltene Gegenstände ein.

Nach und nach kehren weitere Charaktere in unserem Dorf ein. Für diese braucht es natürlich Wohnhäuser. Darüber hinaus können wir später noch einen Heißluftballon-Landeplatz errichten, das uns die Reise zu anderen Orten ermöglicht. Zu Beginn können wir beispielsweise den Wald aufsuchen, in dem wir besonderes Holz erhalten, das wir für spätere Spielinhalte benötigen. Hier müssen wir uns jedoch in Acht vor den böswilligen Bäumen nehmen, deren Rankenattacke uns für diesen Tag aus dem Wald wirft. In der Mine können wir wertvolle Erze erhalten, doch auch hier gibt es Monster, die uns an den Kragen wollen. Kampf ist jedoch kein Teil von Littlewood – wir müssen den Monstern ausweichen, um nicht aus der Mine geworfen zu werden.

Life-Sim, neu gedacht

Nicht nur in Sachen Zeit- und Energie- und Taschenplatzmanagement macht Littlewood eine Menge richtig. Auch in anderen Punkten wächst das Spiel über Einschränkungen des Genres hinaus.

Wiki? Wer braucht schon ein Wiki?

Ein besonders angenehmer Aspekt von Littlewood ist, dass nahezu alle spielrelevanten Informationen innerhalb des Spiels eingeholt werden können. Im sogenannten Journal haben wir nicht nur Einblick in die freigespielten Charaktere, sondern können auch in Erfahrung bringen, wo wir die übrigen finden, oder welche Bedingungen wir erfüllen müssen, damit sie ins Dorf kommen.

Einen Charakter können wir im unendlichen Wald finden, für andere müssen wir bestimmte Bedingungen erfüllen.
Einen Charakter können wir im unendlichen Wald finden, für andere müssen wir bestimmte Bedingungen erfüllen.

Weiterhin gibt es eine Aufstellung aller „Special Moments“, also der Szenen, die sich zwischen den Charakteren ereignen. Somit können wir sicher sein, keine Inhalte des Spiels zu verpassen. Darüber hinaus kommen unter bestimmten Bedingungen Reisende ins Dorf und bringen Geschenke mit. Auch hier können wir herausfinden, welche Gegenstände wir zuvor verkauft haben müssen, damit eine bestimmte Person zu Besuch kommt. Einzig die Information, wie wir welche Blumengattungen züchten, mussten wir im Internet recherchieren. Allerdings gibt es hier lediglich drei Grundgattungen, aus denen die übrigen gekreuzt werden, und je vier Grundfarben, aus denen die besonderen Farben erzeugt werden können, sodass ein gut geplanter Trial-und-Error-Ansatz recht schnell zum Erfolg führt (Blumen gießen kostet übrigens keine Energie).

Kein Selbstzweck

Ein weiterer Punkt, in dem Littlewood anderen Life-Sims einen Schritt voraus ist, sind Spielmechaniken wie Dekoration: Ähnlich wie in Animal Crossing haben wir die Möglichkeit, dekorative Gegenstände zu bauen. Doch während diese Gegenstände bei Animal Crossing recht früh an spielmechanischer Bedeutung verlieren, sind wir in Littlewood dauerhaft angehalten, sie zu bauen. Jeder Charakter kommt hier mit eigenen Anforderungen, die wir an dem Schreibtisch in seinem Haus überprüfen können. Diese beziehen sich teilweise auf das Mobiliar, manche Charaktere wollen allerdings auch in der Nähe eines bestimmten Gebäudes wohnen oder bestimmte Outdoor-Dekorationen an ihrem Haus haben. Erfüllen wir diese Anforderungen, erhalten wir Belohnungen. Dadurch sind Dekorationen mehr als hübscher Krimskrams und fügen sich bedeutsam in das Spiel ein.

Haben wir je fünf Anforderungen erfüllt, können wir Geschenke abstauben.
Haben wir je fünf Anforderungen erfüllt, können wir Geschenke abstauben.

Auch ein Museum gibt es in Littlewood. Dort ist Platz für alle Gegenstände, die im Spiel gefunden werden können. Doch auch hierbei handelt es sich nicht um einen Selbstzweck. Zwar ist das Museum nicht ganz so eindrucksvoll wie jenes in Animal Crossing: New Horizons, spielmechanisch aber durch die Belohnungen für vollständige Sammlungen lohnender. Darüber hinaus hat das Züchten von Blumen hier einen Sinn, da diese ebenfalls im Museum ausgestellt werden können.

Die Charaktere – ein bunter Haufen

Littlewood kommt mit einer breiten Palette an Hauptcharakteren, die nach und nach in das Dorf ziehen. Mit jedem von ihnen können wir sprechen und damit Zuneigung generieren. Die Dialoge sind vielfältig und beginnen erst nach einiger Zeit sich zu wiederholen, sodass die Unterhaltungen keine langweilige tägliche Aufgabe darstellen. Darüber hinaus kann man einmal täglich einem Charakter ein Kompliment machen, um einen besonderen Zuneigungs-Boost zu erhalten. Außerdem können wir einen Charakter mitnehmen, wenn wir unseren täglichen Aufgaben nachgehen, und sorgen damit für noch mehr Bindung. Haben wir einen bestimmten Grad an Zuneigung erreicht, können wir ein Date mit einem Charakter verabreden, um die Beziehung weiter zu festigen. Wir können zwar mit mehreren Charakteren Dates haben, allerdings nur einen von ihnen heiraten.

Der aus unserer Sicht einzige relevante Kritikpunkt an Littlewood ist die vergleichsweise flache Story mit entsprechenden Charakteren. Zwar haben die Charaktere alle ihre eigenen Eigenschaften, Probleme und Beweggründe, die sie mit uns besprechen, allerdings fühlen sich die Charaktere statisch an, da kaum Entwicklung stattfindet. Außerdem fehlt Littlewood die Tiefgründigkeit eines Stardew Valley, das es schafft, die gemütliche Kleinstadtharmonie mit Gesellschaftskritik zu verbinden. Allerdings tut das dem sonstigen Spielspaß keinen Abbruch.

Die harten Fakten:

  • Entwicklerstudio: SmashGames
  • Publisher: SmashGames
  • Plattform: Windows, Linux, Mac OS, Nintendo Switch
  • Sprache: Englisch
  • Mindestanforderungen: 0 GHz Prozessor, 1 GB RAM, 256MB Grafikkarte mit OpenGL 2.0-Unterstützung, 1 GB verfügbarer Speicherplatz
  • Genre: Life-Sim
  • Releasedatum: 18.06.2019
  • Spielstunden: 40 Stunden, je nach Spielstil
  • Spieler*innen-Anzahl: 1
  • Altersfreigabe: USK 0
  • Preis: 12,32 EUR
  • Bezugsquelle: Steam, Nintendo eShop

 

Sonstiges

Das Spiel läuft auf der Nintendo Switch äußerst flüssig. Ladezeiten sind unfassbar kurz, egal ob man an einen anderen Ort reist oder das Spiel startet. Optisch ist Littlewood in einem niedlichen Pixelstil gehalten, der an die dritte Pokémon-Generation erinnert. Aufgrund des minimalistischen Designs lässt sich das Spiel ausgezeichnet im Handheld-Modus auf der Switch spielen.

Ein hübsches Detail am Rande: In Littlewood geben wir nicht das Geschlecht unseres Charakters an, sondern gestalten lediglich das Erscheinungsbild.
Ein hübsches Detail am Rande: In Littlewood geben wir nicht das Geschlecht unseres Charakters an, sondern gestalten lediglich das Erscheinungsbild.

Der Soundtrack von Littlewood ist einfach, aber eingängig – wir hatten regelmäßig Ohrwürmer davon. Das Sounddesign ist zweckdienlich und von putzigen „plopp“- und „klick“-Sounds durchsetzt.

Fazit

Littlewood ist ein niedlicher kleiner Life-Sim mit großem Suchtpotenzial. Es sind deutliche Inspirationen aus bekannten Genre-Geschwistern wie Animal Crossing zu spüren, allerdings traut sich das Spiel, eigene Wege zu gehen und Altlasten des Genres loszulassen. Umgesetzte Elemente wie Ressourcensammeln, Gebäude bauen und Freundschaften pflegen fühlen sich aufgrund der vereinfachten Mechaniken angenehm frisch an.

Charaktere und Story bleiben etwas hinter ihren Möglichkeiten, wenn man sie mit denen des tiefgründigeren Stardew Valley vergleicht. Dennoch fügen sich alle Elemente zu einem Gesamtpaket zusammen, das eine Menge Spaß bringt und gerade anders genug ist, um neues Leben in ein reifes Genre zu bringen. Für einen kleinen Preis erhält man eine ordentliche Spieldauer und außerordentlichen Spielspaß. Littlewood erhält von uns eine uneingeschränkte Empfehlung für alle, die Life-Sims lieben.

  • Einfaches Gameplay
  • Hohes Suchtpotenzial
  • Weitergedachte Spielmechaniken
 

  • Flache Story und Charaktere

 

Artikelbilder: © Sean Young
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Rick Davids
Dieses Produkt wurde privat finanziert.

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