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Vampire Live kann ein hartes und anspruchsvolles LARP-Genre sein, in dem es ordentlich zur Sache geht. Damit es außerhalb des Spiels keinen Streit gibt, ist gute Kommunikation das A und O. Das gelingt nur, wenn Spieler und Spielleiter lernen, richtig miteinander zu reden.

Während des Spiels im Vampire Live werden Gerüchte und Unwahrheiten als wirkungsvolle Werkzeuge genutzt, um gegen andere Charaktere vorzugehen. Außerhalb des Spiels ist dies aber das reinste Gift. Das ist logisch: Wenn ich eine Rolle spiele, die immer wieder das Ziel von Intrigen und emotionalem Druck ist, muss ich den anderen Darstellern vertrauen.

Sobald sich das Gefühl einschleicht, dass nicht ein anderer Charakter gegen meinen Charakter vorgeht, sondern ein anderer Darsteller gegen mich als Person, liegt eindeutig etwas im Argen. Im Idealfall kommt man zusammen und findet eine Lösung, ehe etwas unrettbar in die Brüche geht. Im schlimmsten Fall gehen Spielgruppen und Freundschaften kaputt, weil man nicht mehr zueinander findet.

Ganz vermeiden kann man Probleme nie, aber jeder kann seinen Teil dazu beitragen, Konflikte schnellstmöglich zu klären. Der erste Schritt: Jeder sollte wissen, was ihn erwartet und was er eigentlich will.

Was willst du eigentlich?

Längst nicht jeder sucht im Vampire Live nach den gleichen Dingen. Der eine will sich in die politischen Intrigen stürzen, einer möchte feindliche Vampire bekämpfen, der nächste emotionale Berg- und Talfahrten erleben, und der vierte will das letzte Aufbäumen seines Charakters vor dem unausweichlichen Ende durchleiden. Keiner dieser Wünsche ist per se besser oder schlechter als andere. Weichen sie weit voneinander ab, wird es nur mitunter schwierig, sie zu vereinen.

Schon an diesem Punkt setzt gute Kommunikation an: Spieler sollten wissen, nach welchen Elementen sie im Spiel suchen. Oder, wenn sie noch keine Erfahrung haben, im Laufe der Zeit mitteilen, was ihnen mehr oder eben weniger liegt.

Die Spielleitungen sind in der Position, nicht nur neuen Spielern einen Eindruck dessen zu vermitteln, was sie erwartet. Gleichzeitig muss das gemeinsame Ziel des Spiels immer wieder allen Teilnehmern ins Bewusstsein gerufen werden. Ohne regelmäßiges aufeinander Einstimmen kann man in allen Spielgruppen beobachten, dass die Vorstellungen auseinander driften. Dies ist der ideale Nährboden für Konflikte.

Das einfachste Mittel dagegen ist zugleich am schwierigsten umzusetzen: Redet miteinander. Offen, ehrlich, zeitnah.

Weshalb ist Kommunikation so schwierig?

Wir kommunizieren den lieben langen Tag: Mündlich, schriftlich, mit Körpersprache. Manchmal auch nur mit Emoticons. Eigentlich sollten wir alle Kommunikationsexperten sein. Schließlich macht Übung ja den Meister, nicht wahr?

In der Praxis weiß aber jeder: Kommunikation ist niemals einfach. Auch, wenn man sich Mühe gibt, steht man immer wieder vor Problemen. Die anderen können oftmals nicht zuhören. Oder sie wollen gar nicht verstehen, was man ihnen sagen will. Außerdem provozieren einige von ihnen absichtlich. Das fängt bei den Kollegen an, zieht sich durch Vereine und Freundeskreise und hört in der Familie auf.

Ein großes Problem in der Kommunikation ist, dass jeder Mensch für sich eine eigene Welt auf zwei Beinen ist. Er hat eine ganz eigene Sichtweise auf die Welt um sich herum und bewertet alles auf Basis seiner eigenen Erfahrungen. Ein anderer Maßstab steht ihm gar nicht zur Verfügung. In gewisser Weise kann dich also niemand genau so verstehen, wie du etwas meinst. Aber wenn wir wollen und uns auf den anderen einlassen, kommen wir zumindest sehr dicht ans richtige Verstehen heran.

Auf den anderen einlassen

Regelmäßiges aufeinander Einstimmen kann entstehenden Konflikten den Nährboden entziehen.

Da sind wir auch bei einem sehr wichtigen Punkt: Sich auf den anderen einlassen. Das geht in meinen Augen mit der Fähigkeit einher, sich selbst zu hinterfragen.

Mir sind in den letzten Jahren immer wieder Menschen begegnet, die überzeugt waren, eine sehr gute Menschenkenntnis zu besitzen und ihr Gegenüber genau zu verstehen. Leider war das nicht immer der Fall, was dann zu Schwierigkeiten führte. Die Fähigkeit, sich immer dann auch selbst zu hinterfragen, wenn Kommunikation nicht funktioniert, ist wichtig. Dabei geht es weniger um die Inhalte, die man vermitteln will, sondern auch die Art und Weise, wie man sie erklärt.

Oder anders gesagt: Wenn für mich der politische Aspekt des Vampire Live besonders attraktiv ist, aber mein Gegenüber die emotionale Berg- und Talfahrt erleben will, müssen wir beide uns dies bewusst machen, wenn wir miteinander reden. Ähnlich, wie zwei Zeugen eines Überfalls vollkommen unterschiedliche Zeugenaussagen abliefern werden, werden ich und mein Gesprächspartner dieselbe Situation ganz unterschiedlich wahrnehmen und bewerten.

Für die gelungene Kommunikation ist es wichtig zu erkennen, dass sich auf den anderen einlassen nicht bedeutet, dass man die eigene Meinung aufgibt. Oder um es mit Aristoteles zu sagen: „Es ist ein Zeichen eines gebildeten Geistes an einem Gedanken zu spinnen ohne ihn zu akzeptieren.“

Sind Vampire Live-Spieler besonders schwierig?

Es ist vielleicht ein kleiner Trost, dass Vampire Live-Spieler bei Weitem nicht die schlimmsten oder intrigantesten Menschen sind. Probleme aufgrund schlechter Kommunikation finden sich überall, wo mehrere Menschen zusammen kommen und sich arrangieren müssen. Kleingärtnervereine sind beispielsweise kein Stück friedlicher als Vampire Live-Gruppen.

Allerdings entstehen Konflikte insbesondere da, wo mehrere Menschen zusammen kommen und Herzblut investieren. Geht dir ein Kollege auf die Nerven, kannst du das meist irgendwie ignorieren. Insbesondere, wenn du den Job nicht aus Leidenschaft machst, sondern weil du eben Geld verdienen musst. Geht es aber um ein Hobby, in das man freiwillig Zeit und Energie investiert, ist man sehr viel dünnhäutiger. Es stellt sich das Gefühl ein, nach so viel freiwilligem Aufwand auch etwas verdient zu haben.

Schwierigkeiten für Spieler und Spielleiter

Die meisten Vampire Live-Gruppen haben eine Spielleitung und mehrere Spieler. Auch, wenn man sich außerhalb des Spiels gut versteht, entsteht dadurch ein Machtgefälle. Dieses kann dann wiederum zu Spannungen in der Kommunikation führen. Einerseits müssen die Spieler ihrer Spielleitung vertrauen, andererseits darf diese das Vertrauen nicht missbrauchen.

Besonders herausfordernd wird dies, wenn Spielgruppen darauf achten, spielrelevante Informationen nicht außerhalb des Spiels weiterzugeben. Das hat den Vorteil, dass niemand gespoilert wird und dann dieses Wissen wieder ignorieren muss. Der Nachteil ist, dass es für Spielleiter so sehr schwierig ist, etwas zu erklären, ohne zu viel zu verraten.

Machtgefälle kann zu Spannungen in der Kommunikation führen.

Alle Beteiligten müssen den Spagat schaffen, ihre eigenen Wünsche mit denen der anderen in Einklang zu bringen: Die Spielleiter dürfen nicht von oben herab belehren, die Spieler sollen dafür ihrem Urteil vertrauen. Gleichzeitig müssen die Fans des politischen Spiels akzeptieren, dass andere sich eben primär in emotionale Konflikte stürzen und für Politik nur wenig zu begeistern sind. Kurzum: Solange man miteinander spielt, muss man sich auf Kompromisse einlassen.

So klappt’s mit der Kommunikation

Gute Kommunikation ist eine Einstellungs- und Übungssache. Bestimmte Verhaltensweisen brauchen einen Moment, um in Fleisch und Blut überzugehen oder aber abgelegt zu werden. Die wenigsten von uns sind bereits Vollprofis was gute Gespräche angeht, wenn sie mit diesem Hobby beginnen.

Ein grundlegend höfliches Verhalten sollte trotzdem jeder von uns beherrschen: Den anderen ausreden lassen, offen für einen Austausch auf Augenhöhe sein oder aktiv zuhören. Das kommt einem nicht nur im Hobby zugute, sondern in jedem Bereich des Lebens.

Gleichzeitig gibt es genug Dinge, die regelmäßig zum Scheitern der Kommunikation führen.

Du bist kein Psychologe

Wir neigen alle sehr schnell dazu, Erklärungen für das eigenartige Verhalten anderer Menschen zu suchen. Dann stellen wir fest, dass das Gegenüber halt einen Autoritätskonflikt hat, sich eben schon immer egozentrisch verhalten hat oder zu bildungsfern ist, um unser tiefgreifendes Spielverständnis erfassen zu können.

Du siehst bereits das Problem: Diese Erklärungen vereinfachen und stecken den anderen in eine Schublade. Außerdem liegen wir fast immer falsch mit unseren Einschätzungen. Es gibt einen guten Grund, weshalb ausgebildete Psychologen keine Ferndiagnosen durchführen, sondern sich erst intensiv mit einem Patienten beschäftigen, ehe sie ihn beurteilen.

Auch, wenn es schwierig ist, solltest du darauf verzichten, andere mit einem Etikett zu versehen. Oder sei zumindest bereit, deine Meinung immer wieder zu hinterfragen und zu ändern.

Ironie

Ironie und Sarkasmus sind so eine Sache. Sie sind amüsant; aber nur, wenn der Empfänger sie richtig versteht. Je hitziger eine Debatte wird, desto eher werden ironische Kommentare falsch verstanden.

Wenn du nicht wirklich sicher bist, dass der andere eine ironische Bemerkung richtig versteht, verkneife sie dir lieber. Wenn man von seinem Gesprächspartner nicht erwartet, dass er sich Mühe gibt, um die Ironie zu verstehen und sich auch nicht darüber zu ärgern, zeugt das letztlich von Respekt.

Hier macht generell der Ton die Musik: Die Einstellung „Ich rede halt so, das muss man akzeptieren“ ist nicht die beste beziehungsweise konstruktivste Einstellung, wenn man kritische Themen bespricht. Denn wahrgenommen wird es oft als „Ich habe es nicht nötig, dir entgegen zu kommen.“

Mit den falschen Leuten reden

Du hast ein Problem mit einem anderen Spieler. Doch statt mit ihm darüber zu reden, beklagst du dich lieber bei anderen.

Wenn das eine Gewohnheit wird, entsteht ein Problem. Denn der betroffene Spieler wird nie erfahren, dass es ein Problem mit ihm gibt. Gleichzeitig wird hinter seinem Rücken über ihn geredet, ohne dass er sich verteidigen kann.

Klar, niemand geht gerne auf eine andere Person zu, um sie zu kritisieren. Dabei wäre genau das der richtige Weg, ein Problem zu lösen, ehe es richtig groß wird.

Was ich sage, was ich meine

Auch und vor allem inhaltliches Intrigenspiel erfordert eine klare und verständliche Kommunikation.

Ein häufiges Problem in der Kommunikation ist, dass wir das eine sagen, aber das andere meinen. Nicht immer ist uns selbst klar, was wir eigentlich genau wollen. Oder aber wir haben unbewusst Formulierungen übernommen, die in unserer Spielgruppe verwendet werden, und nutzen sie, um unsere Zugehörigkeit zu zeigen.

Stellt sich das Gefühl ein, dass niemand versteht, was man sagen will, lohnt sich deshalb ein Blick auf die eigene Wortwahl. Drückt sie wirklich aus, was du eigentlich sagen willst? Mein Lieblingsbeispiel ist der Unterschied zwischen „angreifbar“ und „besiegbar“.

„Dieser Charakter muss angreifbar sein!“

Dieser Wunsch wird vielfach geäußert, wenn es um NSC, also Nichtspielercharaktere, geht. Und dann insbesondere, wenn es sehr alte und mächtige Charaktere sind, die für „normale“ Spielercharaktere scheinbar unbesiegbar sind.

Mit dieser Aussage verbindet mich inzwischen eine Art Hassliebe. Denn die daraus folgende Diskussion hat mich (und andere) schon viel Zeit und Nerven gekostet, ohne dass wir das eigentliche Problem wirklich lösen konnten. Gleichzeitig ist dieser Satz ein großartiges Beispiel dafür, dass wir oft nicht sagen, was wir meinen.

Bei ihm geht es nämlich eigentlich gar nicht darum, ob ein Charakter angreifbar ist oder nicht. Denn jeder, wirklich jeder Charakter ist angreifbar. Egal ob physisch, politisch oder gesellschaftlich. Es gibt immer einen Weg. Hinter dieser Aussage steht ein anderer Wunsch: Dass der besagte Charakter besiegbar sein soll, und zwar meist von demjenigen, der diesen Wunsch äußert. Das eigentliche Bedürfnis ist nicht, gegen einen Charakter vorgehen zu können, sondern damit auch Erfolg zu haben.

Der Wunsch, einen Konflikt zu gewinnen, ist grundsätzlich nicht verwerflich. Wenn im Vampire Live aber der Anspruch kommuniziert wird, dass man das Spiel nicht gewinnen kann, sondern es um das Erleben des Niedergangs des Charakters geht, wird es schwierig. Denn dann outet man sich mit dem Wunsch zu gewinnen als jemand, der das Spiel nicht verstanden hat. Das möchte niemand.

Fazit: Kann Kommunikation überhaupt klappen?

Ja, auf jeden Fall. Es gibt viele gute Beispiele, in denen dies funktioniert. Und dann kann Vampire Live ein großartiges Hobby sein.

Das klappt aber nur, wenn gute Kommunikation nicht als Selbstverständlichkeit betrachtet wird, sondern als etwas, an dem alle Beteiligten kontinuierlich arbeiten müssen. Sie ist niemals „fertig“, denn auch Spielgruppen sind niemals „fertig“. Deshalb muss man sie immer im Blick behalten. Und da Menschen Individuen mit ganz persönlichen Wünschen und Ansprüchen sind, wird es immer Reibungspunkte geben.

Damit das Miteinander nicht leidet, gibt es drei einfache Regeln:

  1. Wisse, was du eigentlich willst und was du nicht willst.
  2. Rede darüber – offen, ehrlich, zeitnah.
  3. Lass dich auf den anderen ein und versuche, seine Position wirklich zu verstehen.

Je mehr sich daran halten, desto mehr Spaß wird das Spiel machen.

 

Artikelbilder: © alphaspirit, © ArturVerkhovetskiy, © Elisanth, © DmitryPoch, © william87 | Depositphotos.com, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur

 

24 Kommentare

    • Das ist mir beim Schreiben auch wieder sehr deutlich geworden. Eine funktionierende Kommunikation braucht es überall, wo Menschen zusammen etwas erreichen wollten. Im Vampire Live gibt es in meinen Augen ein paar kleine Besonderheiten wie z.B. das Schwierigkeit der SL dem Spieler zu sagen, dass alles mit Rechten Dingen zugeht, ohne ihm gleichzeitig erklären zu können, weshalb das so ist, da man ihn nicht mit Infos spoilern will. Aber damit da die Vertrauensbasis stimmt, braucht es auch gute Kommunikation.

    • Naja auch dieses Beispiel gilt ebenso für 90% aller p&p runden, solange er sich nicht auf das „pvp intrigenspiel“ fokussiert, was vampire live zumindest ein wenig abhebt. So allgemein formuliert trifft das auf wesentlich mehr Beispiele zu. Was gut ist, btw.

    • Das stimmt. Ich hatte bisher im Fantasy Larp nur die Erfahrung gemacht, dass man außerhalb des Spiels sehr freizügig über alle möglichen relevanten Infos redet. Wobei ich nicht allzu viele Larps besucht habe, weshalb mir da der Einblick in viele Gruppen fehlt.

  1. Der Text greift mMn viel zu kurz. Die Frage, was der Spieler will, ist eine wichtige. Davor muss aber stehen, was das Spiel bieten kann und soll. „Der eine will sich in die politischen Intrigen stürzen“, würde für Hofhaltung mit Simulationsansatz sprechen, „feindliche Vampire bekämpfen“ impliziert PvP, „das letzte Aufbäumen seines Charakters vor dem unausweichlichen Ende durchleiden“ verlangt einen Ansatz für Tragödie. Die drei Ansätze vertragen sich nicht, wer tragisches Spiel an einem statischen Hof sucht, wird schnell unglücklich und vom Rest als Störenfried wahrgenommen, da hilft auch keine umfängliche Diskussion.
    Daraus ergibt sich dann auch das Missverständnis um die Unangreifbarkeit:
    Es wirkt befremdlich, dass der Text erst sehr detailliert darlegt, dass klare Kommunikation über das Spiel und die richtige Deutung einzelner Spieleraussagen schwierig bis unmöglich ist, dann aber eine konkrete Aussage herausgreift und die verallgemeinernd und absolut deutet.
    Im typisch höfischen Vampire-Larp fällt ein Großteil der physischen Bedrohung. Wenn sich Figuren dann auch emotional unberührbar zeigen, sind sie zwar meist (sehr erfolgreich) strukturbildend, ein spielerisch dramatischer Dialog ist mit ihnen aber nicht möglich.
    Wahrscheinlich müsste man bei Gelegenheit mal eine Systematik für Spielwelten und Spielansprüche entwickeln, in diesem Falle mit den Polen „Simulation/Konservatismus“ und „Entropie/Tragödie“, um klarer kommunizieren zu können.

    • Die drei Ansätze schließen sich für mich nicht so endgültig aus und sind, mit etwas Aufwand, durchaus vereinbar. Allerdings nicht, wenn jeder ins Extrem getrieben und erlebt werden soll.
      Ich kann zumindest in der Theorie ein Spiel erdenken, in dem der Sabbath angreift (ermöglicht Kämpfe gegen feindliche Vampire). Auf politischer Ebene wird darum gerungen, wer sich in dieser Situation am besten profilieren kann (politische Ebene), und die Opfer dieser Intrigen haben emotionales Drama. Aber das funktioniert in der Praxis leider nie sehr gut.

      Ein Gleichgewicht der verschiedenen Wünsche an das Spiel ist in meinen Augen nicht dauerhaft möglich, zumindest nicht im freien Spiel. Man kann sicherlich Anknüpfpunkte für verschiedene Ansätze bieten, aber es wird sich ein Schwerpunkt bilden. Ich bin da bei Dir, dass sich das nicht vereinen lässt. Wenn die Wünsche zu weit auseinanderdriften, wird man in derselben Gruppe wahrscheinlich niemals glücklich und geht besser getrennte Wege, damit im Spieljeder das findet, was er wirklich will.

      Der Artikel geht sicherlich nicht in die Tiefe, in der wir über Metaebenen diskutieren. Das ist bewusst gewählt, denn in den letzten Jahren habe ich immer wieder erlebt, dass viele Probleme an grundlegender (Fehl)Kommunikation gescheitert sind. Ehe ergebnisorientiert auf der theoretischen Ebene diskutiert werden kann, muss erst dass allgemeine Miteinander stimmen. Wenn die Gesprächspartner von vorne herein gar nicht bereit sind, sich auf den anderen einzulassen, muss man nicht über verschiedene Spielstile reden.

      Das Beispiel mit der Anangreifbarkeit ist sehr absolut formuliert, da hast Du Recht. Das hätte ich geschickter machen können. Ich glaube rückblickend, dass ich sehr geprägt davon bin, dass ich primär Gespräche mit Spielern bei mir hängengeblieben sind, die eben den im Artikel beschriebenen Eindruck hinterlassen haben.

  2. Ich finde den Artikel einfach klasse. Er ist weniger Vampire Live spezifisch, sondern kann als universeller Ratgeber eingesetzt werden, den man sich in regelmäßigen Abständen zu Gemüte führen sollte!

  3. Es geht mir weniger um die „Reinheit“ der Ansätze als vielmehr die Grundhaltungen zum Spiel, die nicht zusammenpassen.

    Mal ganz reduziert:

    PvP würde eine sportliche verlangen, bei denen der Sieg der Figur ein relevantes Ziel ist. Bei der Tragödie passieren Konflikte als dramatischer Dialog, alle Figuren sollen scheitern/zugrundegehen. In der höfischen Simulation – mMn das Konzept, das der Katharsis am Nächsten ist – sollen Figuren nicht tatsächlich scheitern, Strukturen sollen stabil sein, Konflikte passieren in fix gesetzten Rahmen.

    Das verlangt sehr unterschiedliche Herangehensweisen an das Spiel. 1 & 2 sind zu zerstörerisch für 3, 1 & 3 brauchen den dramatischen Dialog nicht, der für 2 elementar ist.

    MMn wäre tatsächlich eine gemeinsame Nomenklatur Voraussetzung für eine sinnvolle Kommunikation.

    • Ja, da stimme ich Dir zu.

      Allerdings sehe ich immer noch das Problem, dass erst eine Ebene erreicht werden muss, auf der man vernünftig miteinander reden kann, ehe man sich an eine gemeinsame Nomenklatur und Diskussion über verschiedene Ansätze macht. Solange sich jeder angefasst fühlt, weil die anderen ihn nicht verstehen wollen, macht eine Diskussion um verschiedene Spielstile keinen Sinn.

      Damit wir sinnvoll reden und zu einem Ergebnis kommen können, müssen wir erst auf Augenhöhe miteinander reden.

      Ganz grundlegend wollte ich mit dem Artikel aber auch nicht in diesen Metabereich vordringen. Mir ging es primär um die „Alltagskommunikation“. Wenn diese Basis stimmt, kann man auch deutlich besser in die Tiefe gehen.

      • Mh. Ich fürchte, dass ohne vorherige Definition verständliche Kommunikation nicht möglich ist.

        Um beim Beispiel Unangreifbarkeit zu bleiben: Der PvP-Spieler wäre nah an der Deutung aus dem ursprünglichen Text, für den Tragödienansatz würde es bedeuten, dass die Figur nicht emotional/dramatisch auf das eigene Spiel eingeht, während Simulationsspieler vermutlich meinen würde, dass die Figur zu wenig Melodrama (Stress/Streit ohne langfristige Folgen) bietet.

        Dann kann man ewig aneinander vorbeireden.

        • Deswegen ist es so wichtig deutlich zu sagen, was man eigentlich will. Also nicht, „xy muss angreifbar sein“, sondern „ich möchte xy besiegen können“, „xy soll emotionaler auf mich eingehen“ oder „xy soll mehr Melodrama bieten“.

          In diesem Beispiel braucht es für mich da keine Definitionen, sondern insbesondere Gesprächsteilnehmer die wissen, was sie wirklich wollen, und das eindeutig kommunizieren. „Angreibar“ sagt ja nur aus, ob ein Charakter angegriffen werden kann. Nicht, ob und wie er darauf reagiert.

          Erst zu definieren, wie man „angreifbar“ verstehen soll, und dann zu diskutieren was die beste Lösung ist, klingt nach einem unnötig komplizierten Umweg für mich.

          Aber ich sehe, dass ich mich im Artikel sehr auf eine Auslegung fokussiert habe. Da hast Du Recht.

          • Das ist eine seltsame Aussage.

            Alles wird klar, wenn Leute klare Definitionen benutzen, aber man muss nichts vorweg definieren?

            Instinktiv werden alle Beteiligten die griffigsten Terme aufgreifen (emotionales Spiel zB ist auch so ein Fall) und damit immer aneinander vorbeireden, wenn sie nicht den gleichen Spielansatz haben.

            Genau an diesem Komplex scheiterte schon eine Menge in zig Vampire Larps

            • Ok, dann habe ich Dich falsch verstanden. Tut mir leid.

              Ich meinte, dass ich lieber nicht definiere, was genau alle mit „angreifbar“ meinen um in diesem Beispiel zu bleiben, sondern wir mehr darauf achten, dass jeder sein Bedürfnis (ich möchte gewinnen, ich möchte mehr Drama, ich möchte mehr Reaktion) klarer formuliert.

              Dasselbe sehe ich bei emotionalem Spiel: Die einen wollen den Druck, vor vielen anderen etwas tun zu müssen, die anderen wollen in persönlichen Gesprächen in die Mangel genommen werden. Beides ist für die Beteiligten hochemotional.

              Die Begriffe zu definieren ist wichtig, das stimmt. Wir sollten uns trotzdem nie ganz darauf verlassen, dass die anderen genau unser Verständnis der Definiton teilen, sondern spätestens dann, wenn es Schwierigkeiten gibt, unseren Punkt doch weiter ausführen und erklären.

  4. Ich, als Spielerin, möchte die Möglichkeit haben, dass Spiel entscheidend zu beeinflussen. Heisst, ich möchte, gern auch mit grossem Aufwand, die Möglichkeit haben, NSC, Spielleiter und Spieler Charaktere auf jedweder Ebene angreifen und zu Fall bringen zu können. Und das ohne von OT Massnahmen der Spielleitung oder Spielerschaft daran gehindert zu werden.

    Hast Du schon einmal darüber nachgedacht, Frauke, dass Du da die Bedürfnisse der Spieler nicht verstehst? Wir hatten dieses Thema ja schon diverse Male. Und egal wie klar ich es geschrieben habe, Du mich nicht verstanden bzw unlautere Motive vorgeworfen hast.

    Ich möchte ein Spiel der Möglichkeiten und keine statische Welt, in der seit 10 Jahren keine nennenswerten Veränderungen stattgefunden haben.

  5. Selbstverständlich impliziert Angreifbarkeit auch, dass der Angriff einen Effekt hat. Zudem bedeutet der Wunsch, bei einem Konflikt erfolgreich sein zu können, nicht, auch „das Spiel“ gewinnen zu wollen. Vorher über klare Kommunikation zu referieren und dann mit solchen Unschärfen und Wortklaubereien zu arbeiten, empfinde ich befremdlich – noch mehr, dann den Spielern vorzuwerfen, das Spiel nicht verstanden zu haben.
    Sorry, aber der Teil passt nicht in einen ansonsten sehr guten Artikel.

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