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Paranormal Detectives, ein kommunikatives Partyspiel, bei dem die Spielenden die Ermittlungen um das Opfer eines schrecklichen Verbrechens aufnehmen und die Tat aufklären sollen. Doch auch das Opfer ist anwesend und versucht, für sich selbst, Gerechtigkeit einzufordern. Damit das gelingt, ist es wichtig, dass man sich richtig versteht.

Mord! Jedes verdammte Mal ist es Mord. Nie eine weggelaufene Katze. Immer sind es Menschen, die ein grausames Ende gefunden haben und nun geht es an die Aufklärung. Natürlich ist die Polizei ratlos. Wer wäre das nicht bei diesem Anblick. Wenn man mich wenigstens zum Tatort lassen würde, anstatt mir den Leichnam hier in der Pathologie zu präsentieren. Aber natürlich brauchen die Polizisten eine Bestätigung meiner Künste. Fangen wir also an. Was ist das da? Das sieht aus wie eine Eintrittswunde, von einem Geschoss oder vielleicht einem Messer? Ein Medizinstudium hätte jetzt geholfen. Dann würde mir ein Blick auf die Wunde sicherlich genügen, um zu wissen, wie die arme Seele aus dem Leben scheiden musste. Damals wurden, aufgrund meiner Gabe, meine Weichen jedoch anders gestellt. Es gibt auch andere Wege, um für Gerechtigkeit zu sorgen. Bereiten wir ein bisschen was vor und schon, ja, da ist etwas. Eine Präsenz ist in diesem Raum und sie versucht Kontakt aufzubauen. Ich glaube das Opfer ist hier und versucht uns etwas mitzuteilen. Haben wir die Ausrüstung dabei? Wer auch immer hier im Raum ist, wir können dich nicht hören. Verdammt noch mal, ich kann mit diesem Schieberegler nichts anfangen. Zum Glück ist der Professor dabei. Soll er sich mit der Deutung auseinandersetzen. Versuchen wir es lieber mit dem Ouija-Brett. „Geist, teile uns doch bitte mit …“

Spielablauf

Sowohl der Einstieg als auch das Spielen von Paranormal Detectives aus dem Hause Lucky Duck Games gestaltet sich angenehm einfach, da das Spielprinzip nahezu selbsterklärend ist.

Die Spielenden wählen einen Geist, der in der Runde als Opfer eines Verbrechens fungiert. Die Aufgabe der übrigen Spielenden ist es, durch das geschickte Stellen von Fragen, die Tatumstände zu klären.

Der Grundaufbau mag hier Erinnerungen an ein Spiel mit ähnlichem Thema hervorrufen. Denn grundsätzlich hat Mysterium schon die gleiche Grundidee, Paranormal Detectives geht jedoch einen gänzlich anderen Weg. Es ist viel aktiver und vor allem gibt es nur eine Tat, die aufgeklärt werden will.

Der Geist bekommt eine Fallkarte mit Angaben über seinen Tod: wie es dazu kam, wo Wunden am Körper zu finden sind und einige weitere Informationen. Diese müssen teilweise schon zu Spielbeginn an die Ermittelnden weitergegeben werden.

Alles, was es über den Tod zu wissen gibt.

Wer hat das Opfer getötet? Warum wurde das Opfer es getötet? Wo ist die Tat begangen worden? Wie ist es passiert? Was war das Tatmittel?

Um diese Fragen dreht sich nun die Spielrunde und die Ermittler*innen versuchen sie zu klären.

Dazu wird der Geist mit Fragen konfrontiert, die beantwortet werden wollen.

Doch der Geist darf während des Spiels nicht reden und gestellte Fragen nicht mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten.

Stattdessen hat jede ermittelnde Person eine Anzahl an Karten, die Interaktionskarten, die dem Geist vorschreiben auf welche Weise die Antwort zu erfolgen hat.

Nur auf diese Arten kann durch den Geist kommuniziert werden.

Das kann etwa durch Pantomime, das Zeigen auf Gegenstände im Raum oder ein Ouija-Brett sein. Wenn die Ermittler*innen der Meinung sind, den Fall gelöst zu haben, können sie dem Geist das Ergebnis vorstellen. Ist die Antwort richtig, endet die Spielrunde. Wenn man möchte, kann es anschließend mit dem nächsten Fall weitergehen. Bei einer falschen Antwort darf der Geist einen Tipp geben und das Spiel wird fortgesetzt.

Neben der kompetitiven Variante, in der alle für sich versuchen den Fall als erstes zu lösen, gibt es auch die Möglichkeit, als Gruppe die Lösung zu suchen. Vom Spielablauf ändert sich hierbei wenig. Das Spiel wird jedoch bedeutend kommunikativer, da man sich über Theorien und Interpretationen des Gesehenen austauscht.

Paranormal Detectives versteht sich selbst als Partyspiel und soll vor allem Spaß machen.

Beim Spielen oft vorhanden: direkter Kontakt.

Daher ist kein kriminologischer Spannungsbogen vorhanden, wie man ihn sonst aus Spielen rund um Mord und Totschlag kennt. Doch der Spielspaß entsteht durch die Aufregung, ob die eigenen Antworten korrekt sind oder nicht. Denn sonst bleibt nur noch ein weiterer Versuch.

Das Spiel lädt nicht nur zu Interaktionen ein, es fordert diese sogar. Durch die Interaktionskarten wird der Geist förmlich gedrängt mit den Ermittler*innen auf Tuchfühlung zu gehen.

Dabei ist vor allem die Person gefragt, die den Geist spielt, da sie sich überlegen muss, wie eine Frage am effektivsten auf die geforderte Art zu beantworten ist.

Das ist auch der Moment, in dem Auffassungsgabe und Glück benötigt werden. Denn nicht immer ist es klar, was durch den Geist versucht wird zu vermitteln.

Was mit dieser Zeichnung wohl gemeint ist?

Grundsätzlich ist es bei Paranormal Detectives egal, ob man zu zweit spielt oder sich zu sechst an die Aufklärung der Fälle wagt. Denn durch die Anzahl der Spielenden bestimmt sich auch, wie viele Interaktionskarten zu Spielbeginn ausgehändigt werden und somit wie viele Fragen gestellt werden dürfen. Um der Intention des Spiels gerecht zu werden, sollte man es mit möglichst vielen Personen gemeinsam spielen.

Ein weiterer Punkt, den es zu beachten gibt, ist, dass es im Spiel lediglich 28 Fallkarten gibt. Also ist es maximal möglich 28 Runden des Spiels (mit dem gleichen Personenkreis) zu spielen, ohne die Fälle bereits zu kennen. Spielt man in zu kleinem Kreis verliert man schnell die Möglichkeit, das Spiel auch in großer Runde auszupacken.

Achtung!

Die Anleitung weist darauf hin, dass es sich um ein Partyspiel handelt, manche der Fallkarten jedoch etwas expliziter sind als andere. So kann es bei diesen besonders blutig zugehen, das Thema Drogen wird behandelt oder aber Sexualität.

Diese Fallkarten sind durch den Aufdruck „Achtung“ markiert, damit sie in einem Spiel mit Minderjährigen schnell und einfach aussortiert oder entsprechend reflektiert bespielt werden können.

Ausstattung

Auf dem Cover sind die Charaktere und ein Geist zu sehen, welcher die Betrachtenden von oben anzuschauen scheint. So wird das Gefühl vermittelt, man läge am Boden. Jeder der abgebildeten Charaktere vermittelt bereits, durch das Auftreten, auf welche Weise an den Fall herangegangen würde. Das Artwork der Schachtel setzte sich im Spielmaterial fort, sodass ein stimmiges Allgemeinbild des Spiels entsteht.

Beim ersten Öffnen der Box zeigte sich direkt, dass man bei dieser auf unnötig dickes Material verzichtet und sich auf das reine Spielmaterial konzentrierte hatte. Dieses umfasst, neben einem Spielplan aus dickem Karton, mehreren Interaktionskarten für die Spielenden, Fallkarten, Sichtschirme, Tarotkarten, Seilen (mit einem Draht im Inneren für die Wahrung der Form) und einigen Markern, auch Notizbögen für Geist und Detektiv*innen sowie Stifte. Die Bögen und Stifte sind dabei besonders hervorzuheben, da das Geschriebene nach einer Partie abgewischt werden kann und somit kein Müll anfällt. Besondere Mühe hat man sich auch beim Design der Tarotkarten gemacht, da diese ansprechend, nicht jedoch überladen, wirken und an ihre echten Pendants angelehnt sind.

Die Qualität des Materials und des Spiels überzeugt sowohl im Design als auch in der Umsetzung. Wer sich über den Rundenablauf oder eine bestimmte Karte nochmal rückversichern möchte, der bekommt schnelle Hilfe in der übersichtlichen Anleitung. Diese bringt den Spielaufbau und den Rundenablauf auf den Punkt. Auch finden sich hier Hinweise darüber, welche Antworten im Rahmen der Auflösung noch als „Richtig“ zu werten sein sollten. Wer seine Leistung am Ende einer Runde einschätzen möchte, dem liefert die Anleitung ein Bewertungssystem anhand der benötigten Fragen.

Bei ausreichender Suche findet man doch zwei Kritikpunkte an der ansonsten schönen Ausstattung. Zum einen kann es vorkommen, dass sich die Seile bereits nach wenigen Partien abnutzen und der innen liegende Draht sich herausdrückt und sichtbar wird. Das tut der Funktion keinen Abbruch, ist jedoch ein vermeidbarer Schönheitsfehler. Zum anderen ärgert man sich ein bisschen über die Größe der Box. Man hätte das Material sicherlich auch kompakter packen und so die Box erheblich verkleinern können.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Lucky Duck Games / Asmodee
  • Autor*innen: Szymon Maliński, Adrian Orzechowski, Marcin Łączyński.
  • Erscheinungsjahr: 2019
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 45+ Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: (2) (3) 4 5 6
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Preis: ca. 25 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

In der Schachtel von Paranormal Detectives befinden sich, wie bereits erwähnt, lediglich 28 Fälle, mit denen sich Spielende beschäftigen können. In den bekannten App Stores jedoch befindet sich eine Begleitapp für das Spiel. In der App findet man über 30 weitere Fälle. Sie merkt sich, welche Fälle bereits gespielt wurden, um eine Dopplung zu vermeiden.

Außerdem ist die Anleitung auf der Website von Asmodee verfügbar.

Fazit

Was auf den ersten Blick erst einmal so klang, wie ein Mysterium-Klon, hat bei genauerem Hinsehen einen bestechenden, ganz eigenen Charme entwickelt. Eine Mischung aus Black Stories, Activity und dem Klassiker Cluedo mit einem Mysterium-Einschlag. Das beschreibt Paranormal Detectives wohl am besten. Und es funktioniert.

Anders als bei Black Stories dürfen kein Ja- oder Nein-Fragen gestellt werden. Als Geist ist man wie bei Activity ständig in Bewegung, um etwas zu erklären oder zu zeigen. Wie bei Cluedo versuchen die Spielenden das „Wer?“, „Wie?“, „Wo?“, „Warum?“ und „Womit?“ zu klären. Und der allgemeine Aufbau des Spiels – Ratende und Hinweisgebende – schreit förmlich nach Mysterium, beziehungsweise dessen Ableger Mysterium Park oder dem artverwandten Spiel rund um Magie und Grimoires: Obscurio.

Uns hat es großen Spaß gemacht.

Es ist diese Mischung aus Bekanntem, die das Spiel so zugänglich macht. Hier wurde nicht versucht das Rad neu zu erfinden. Man hat es einfach unter einen anderen Wagen gesetzt und lässt es rollen.

Auf diese Weise schaffen es die Autoren, uns zu fesseln und uns „nur noch eine Runde“ spielen zu lassen, bevor wir doch noch „eine letzte Runde“ anfangen.

Obwohl die Schachtel haptisch anfangs einen etwas schwachen Eindruck macht, ist sie genau auf das zugeschnitten, was sie tun soll: dieses einfache Spiel zu umschließen.

Dafür muss sie nicht dicker oder wertiger sein. Sie bringt es auf den Punkt. Betrachtet man, was das Spiel alles mitbringt, ist der Preis in einem angenehm niedrigen Bereich. Da ist es zu verkraften, dass sich bei den Seilen nach kurzem der eingesetzte Draht herausdrückt. Denn das Spiel wird dadurch nicht unspielbar. Es sieht nur an dieser einen Stelle nicht mehr so schön aus wie beim Auspacken.

Aber einen Punkt sollte man im Fazit doch allen mitgeben, die das Spiel ins Auge gefasst haben: Spielt es zusammen. Spielt es als Gruppe. Kooperativ ist es bedeutend spaßiger, denn nur so hört man die, vielleicht absolut abstrusen, Theorien der anderen am Tisch. Selbst wenn man dann verliert, gelacht hat man auf jeden Fall.

  • Kommunikativ
  • Kurzweilig
  • Bewegungsfördernd
 

  • Fälle nur einmal spielbar
  • Ein qualitativer Ausrutscher beim Seil

 

Artikelbilder: © Asmodee
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Sabrina Plote
Fotografien: Thomas Mottl
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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