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Menschen und Elfen sind seit jeher die Held*innen in phantastischen Romanen. A.K. Larkwood gibt nun den Orks, oder Oshaaru, wie sie in ihrer Welt heißen, den Platz im Scheinwerferlicht. Ob Die Dunklen Pfade der Magie darüber hinaus etwas zu bieten hat, lest ihr hier.

Spitzohrige Bogenschützen, menschliche Schwertkämpfer*innen: Wir alle kennen und lieben sie. Aber wie alles, was man zu gut kennt, sind auch die Protagonist*innen ein Aspekt der Romanwelt, der sich über Neuerungen freuen darf. Orks oder orkähnliche Wesen als Hauptfiguren sind rar gesät und es hat mich wirklich gefreut, dass Larkwood diesen Sprung wagt. Doch wie steht es um den Rest des Romans?

Story

Die Geschichte beginnt damit, dass die Orkin Csorwe als Braut des Unaussprechlichen, einem Gott des Todes, geopfert werden soll, bis Belthandros Sethennai auftaucht und sie davon überzeugt, mit ihm zu kommen und ihrem bisherigen Leben den Rücken zu kehren. Csorwe hat endlich die Möglichkeit, herauszufinden, wer sie wirklich ist und wie ihr Platz in der Welt aussieht, nun, da sie ihren vierzehnten Geburtstag überleben wird. Dass sie dem Gott, dem sie geopfert werden sollte, nicht so einfach entkommen kann, sollte klar sein. Aber dann ist da auch noch ein mächtiges Artefakt, das alle Erfindungen des brillantesten Menschen der Welten beinhaltet und es ist nicht nur Sethennai, der dahinter her ist.

Die Dunklen Pfade der Magie ist definitiv spannend aufgebaut. Jedes Mal, wenn sich eine Verschnaufpause anzukündigen scheint, bricht die nächste Katastrophe herein. Diese beschränken sich nicht nur auf Csorwe.
Die Erzählperspektive bleibt nicht bei Csorwe, sondern wechselt teilweise innerhalb eines Kapitels zwischen bis zu vier Charakteren hin und her. Dadurch erhält man zwar einerseits einen tieferen Einblick in die Gedanken, Motivationen und Beweggründe der unterschiedlichen Charaktere, andererseits werden nicht alle interessanten Figuren mit demselben Tiefgang beleuchtet. Dies ist insbesondere im Hinblick auf Sethennai ein wenig enttäuschend. So lässt Larkwood die Leser*innen gerade bei ihm von Beginn an rätseln, ob seine Absichten so edel sind, wie sie scheinen, bietet aber keinen genauen Einblick in seine Gedankenwelt. Andere Figuren wie beispielsweise Oranna, die ebenso ambivalent sind wie er, bleiben weniger geheimnisvoll. Dies erhöht zwar zum einen die Spannung, zum anderen bildet sich aber auch ein Ungleichgewicht, dass die Leser*innen schnell frustrieren kann.

Schreibstil

Der Klappentext.

Der Geschichte lässt sich problemlos folgen und Larkwoods Ausdrucksweise ist der Handlung insoweit angemessen, als dass sie weder zu hochtrabend noch zu umgangssprachlich ist. Auch die Übersetzung ist gut gelungen und wirkt weder gestelzt noch holprig. Allerdings scheint Larkwood ein merkwürdiges Verhältnis dazu zu haben, was sie beschreibt und was nicht. Teilweise werden Szenen bis ins kleinste, unnötige Detail beschrieben. Dann wiederum scheint Larkwood mit einer Szene schnell abschließen zu wollen: Anstelle von Dialogen nutzt sie knappe Zusammenfassungen der Gespräche und gerade wegen der Fremdartigkeit der Welten hätte ich mir Beschreibungen gewünscht, die mir den Atem stocken lassen.

Welten-Hopping, Götter und Magie

Das Setting, das Larkwood für Die Dunklen Pfade der Magie kreiert, ist faszinierend: Welten, teilweise sterbend, die durch ein Labyrinth und flammende Tore verbunden sind. Allein die kreative Freiheit, die dieses Setting eröffnet, lässt mich neugierig werden, welche Welten es gibt, die die Leser*innen nicht besuchen. Auch das Magiesystem ist sehr interessant. Nicht jede*r ist magiebegabt und diejenigen, die es sind, beziehen ihre Magie von Göttern, in deren Gunst sie stehen. Magie zu nutzen, kostet allerdings einen Preis, zehrt an den Lebenskräften der Zauberer*innen und höhlt sie langsam, aber stetig aus. Die Magie wird sie umbringen, aber auch der plötzliche Entzug der Magie würde sie töten oder einem noch schlimmeren Schicksal überlassen. Interessant ist Larkwoods Darstellung von Prophezeiungen aus Sicht der Prophetin (beziehungsweise aus Sicht des Gefäßes, das der Unaussprechliche sich zu eigen macht). Diese Sichtweise hatte ich so bisher noch nicht gelesen; es ist eine der wirklich fesselnden Szenen des Romans.

Was das Lesen allerdings erschwert, sind die kaum aussprechbaren und oft zu langen Namen der Charaktere. Diese scheinen leider in jeden zweiten phantastischen Roman zu gehören, aber auch die Aussprachehilfe zu Beginn des Buches verhinderte nicht, dass ich über die Namen stolperte und immer wieder nach vorne blättern musste, um mir vielleicht beim zwölften Mal endlich zu merken, wie der Name ausgesprochen werden soll.

Csorwes Naivität, die Larkwood immer wieder wunderbar herausarbeitet, ist dahingehend gerechtfertigt, dass sie weltfremd in einer Tempelanlage aufwächst und anschließend zwar so weit wie möglich von Sethennai und dessen Bekannten ausgebildet wird, aber doch nie genug über die Welt weiß, in der sie lebt. Ebenfalls positiv herauszustellen ist die Diversität, mit der Larkwood arbeitet. Weder sind ihre Charaktere einheitlich hellhäutig, noch beschränkt sie sich auf heteronormative Lebensweisen. Zudem wird mit queeren Charakteren und People of Colour selbstverständlich umgegangen; dies sind keine Gründe für Diskriminierung in Larkwoods Welt. Ein Aspekt, den ich sehr begrüße. Die Dunklen Pfade der Magie versucht nicht, sich im Rahmen anderer phantastischer Romane einzuordnen. Dies wäre insbesondere im Hinblick auf Larkwoods Orks, die Oshaaru, interessant gewesen. Angefangen mit Tolkien, werden die Orks als kriegerisches, dummes Volk dargestellt, als Feindbild in jeder Situation. Csorwe als Vertreterin der Oshaaru, mit der die Leser*innen am meisten Zeit verbringen, hätte sich für eine solche Einordnung definitiv angeboten. Allerdings verhält es sich mit den Oshaaru ebenso wie mit den queeren Charakteren: Sie sind Teil der Welt und niemand wundert sich großartig darüber. Feindlichkeiten basieren eher auf persönlicher Ebene als auf ethnischer.

Die Autorin

Über die Autorin.

Die Dunklen Pfade der Magie ist A.K. Larkwoods Erstlingswerk. Die Autorin studierte Englisch am St. John’s College in Cambridge und hat danach unter anderem mit Medien gearbeitet. Nun studiert sie noch einmal Jura. Derzeit lebt Larkwood mit ihrer Frau und ihrer Katze in Oxford, England.

Erscheinungsbild

Das Cover ist sehr schlicht und passt in seiner Art perfekt zu Csorwe. Der beige Hintergrund, der vielen phantastischen Romanen der letzten zehn Jahre zu eigen ist, könnte ebenso gut auf Csorwes Naivität anspielen. Der Lotus und die gekreuzten Schwerter zeigen jeweils ihre Vergangenheit im Haus der Stille und ihr Leben danach als Sethennais Schwerthand. Die verwendete Schriftart hebt sich leider nicht sonderlich von anderen Romanen des Genres ab, passt aber zum Rest des Covers.

Während des Lesens sind einige Fehler wie zum Beispiel überflüssige Anführungszeichen aufgefallen. Auch ein paar Logikfehler fallen auf. So verliert Csorwe beispielsweise ihren linken Hauer; in der Folge ist allerdings immer vom rechten Hauer die Rede. Obwohl diese Fehler sich in Grenzen halten, wäre es schön gewesen, wenn sie im letzten Korrekturgang aufgefallen wären.

Der Klappentext enthält positiverweise tatsächlich eine kurze Inhaltsbeschreibung und keinerlei Zitate anderer Autor*innen oder Zeitschriften, die den Roman loben, ohne dabei konkret zu werden.

Die harten Fakten:

  • Verlag: FISCHER Tor
  • Autorin: A.K. Larkwood
  • Erscheinungsdatum: September 2020
  • Sprache: Deutsch (Aus dem Englischen übersetzt von Sara Riffel)
  • Format: Taschenbuch
  • Seitenanzahl: 544 Seiten
  • ISBN: 978-3596000692
  • Preis: 16,99 EUR (Print) + 14,99 EUR (E-Book)
  • Bezugsquelle Fachhandel, Amazon (deutsch und englisch), idealo

 

Bonus/Downloadcontent

  • Karten
  • Auflistung der Hauptfiguren
  • Aussprachehilfe

 

Fazit

Obwohl mich die Prämisse von Die Dunklen Pfade der Magie durchaus interessierte und ich neugierig auf eine Orkin als Protagonistin war, konnte mich der Roman leider nicht vollständig überzeugen. Die Welt und das Magiesystem klingen großartig, aber leider wird ihnen zu wenig Zeit gewidmet. Dafür werden andere Szenen unnötig in die Länge gezogen. Von Namen, die die Leser*innen immer wieder stolpern lassen, habe ich inzwischen wirklich genug und besonders die immer wieder auftretenden Logikfehler (so klein sie auch sein mögen) haben dafür gesorgt, dass ich das Buch kurz zur Seite legen musste. Csorwes ehrliche Naivität ist erfrischend und macht es leicht, ihr durch die Geschichte zu folgen.

Im Großen und Ganzen konnte mich der Roman leider nicht sonderlich packen; ein weiterer Gang durchs Lektorat und einige Kürzungen an der einen wie auch erweiterte Beschreibungen an der anderen Stelle hätten dem Roman sicher gutgetan.

 

Artikelbilder: © FISCHER Tor
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Lukas Heinen
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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