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Im zweiten Teil des Themenbereichs Makros in der Reihe Roll20 Extended geht es um etwas komplexere Befehlsketten. Vor allem der Inline Roll und die Vielzahl an Variablen, die eingebaut werden können, sollen beleuchtet werden. Aber keine Sorge: nichts, das nicht zu bewältigen wäre!

Im ersten Teil von Roll20 Extended – Makros an die Macht haben wir uns damit beschäftigt, was Makros eigentlich sind, wofür wir sie gebrauchen können und wie der grundlegende Aufbau aussieht. Wir haben verschiedene Spezialwürfel und -fälle behandelt und Emotes und Nachrichten versteckt und sichtbar eingebaut. Zuletzt haben wir alles kombiniert. Aufbauend auf diesem Wissen sollen nun weitere Möglichkeiten dazukommen, sich den Online-Spieltisch dienlich zu machen.

Der Inline Roll

Der Inline Roll kann alles, was der normale Würfelbefehl auch kann, und mehr. Der Clou ist: Er kann innerhalb von Nachrichten, Emotes und anderen Befehlen genutzt werden. Davon stammt auch sein Name: Der Wurfbefehl findet sich in der geschriebenen Zeile, „in line“. Ausgelöst wird diese Variante mit der doppelten eckigen Klammer:

Inline Roll
Einige Inline Rolls zur Veranschaulichung.

/me schwingt sein Schwert und verursacht [[2d8]] Schaden!

Es wird immer das Ergebnis des Wurfes in einer Box angezeigt, nicht aber die Rechnung. Diese kann man einsehen, wenn man die Maus über das Ergebnis bewegt. Kritische Erfolge werden grün umrandet, Patzer rot.

Die richtige Reihenfolge

Im ersten Teil haben wir die grundlegende Struktur erfasst, wie Makros in Roll20 abgearbeitet werden: von links nach rechts und von oben nach unten. Inline Rolls bringen das ein wenig durcheinander, denn Roll20 errechnet immer zuerst Inline Rolls und dann das /roll-Kommando.

Unter Nutzung dieser Voraussetzung kann man einerseits einen gewissen Grad an Variabilität einbringen und andererseits verschiedene Inline Rolls kombinieren bzw. verschachteln. Ineinander verschachtelte Inline Rolls werden von innen nach außen aufgelöst. Beim folgenden Wurf werden zuerst die W6 gewürfelt, und das Ergebnis bestimmt dann die Anzahl der zu würfelnden W4.

/me öffnet die Truhe und findet [[[[5d6]]d4]] Silbermünzen.

Wie viele Münzen wohl in der Truhe sind?
Wie viele Münzen wohl in der Truhe sind?

Die Anwendungsmöglichkeiten der Verschachtelung von Inline Rolls sind begrenzt, doch spielt diese auch für komplexere Aufgaben eine Rolle und sollte nicht unterschätzt werden.

Makros mit Variablen

Bisher haben alle besprochenen Befehle, die in Makros getippt werden konnten, feste Werte, die vorher eingetragen wurden. Auch das Beispiel der Variabilität durch den Inline Roll ist nur begrenzt einsetzbar und greift auf anfänglich gesetzte Parameter zurück. Möchte man diese ändern, muss man das Makro ändern.

In vielen Systemen gibt es Situationen, die bestehende Werte ändern, Boni oder Mali geben. Dann kann es sinnvoll sein, Variablen in ein Makro einzubauen, die sich entweder auf Werte an anderer Stelle beziehen oder eine Eingabe abfragen, ohne immer innerhalb des Makros Änderungen vornehmen zu müssen. Diese Variablen bilden unsere nächste Herausforderung.

Variablen aus dem Charakterbogen

Die im Charakterbogen eingetragenen Werte finden sich unter „Attributes & Abilities“ einzeln aufgelistet wieder.
Die im Charakterbogen eingetragenen Werte finden sich unter „Attributes & Abilities“ einzeln aufgelistet wieder.

Die Charakterbögen in Roll20 sind mannigfaltig und teils von unschätzbarem Wert. Aus ihnen können Daten gezogen werden, die man in Makros verarbeiten möchte. Ändert man dann die Daten im Charakterbogen, ändern sich die Makros gleich mit – praktisch!

Um einen Wert aus dem Charakterbogen zu erhalten, füllt man zunächst das entsprechende Feld und sieht dann unter dem Reiter „Attributes & Abilities“ nach, wie er heißt. Sobald man das gemacht hat, kann dieser Wert gezielt angesteuert werden. Dafür benötigt man das At-Zeichen, geschweifte Klammern und den Namen des Charakters. Um also die Reaktion und Intuition von Pearl im Makro zu benutzen, tragen wir an die entsprechende Stelle ein:

@{Pearl|Reaction}+@{Pearl|Intuition}

Initiative mit Werten aus dem Charakterbogen berechnen ist ganz einfach.
Initiative mit Werten aus dem Charakterbogen berechnen ist ganz einfach.

 

Dazu kann ich einen Würfelwurf machen, in welchem ich beispielsweise die Reaktion und die Intuition addiere und dann noch drei sechsseitige Würfel würfeln lasse. Das Ergebnis wird ebenfalls addiert:

/r @{Pearl|Reaction}+@{Pearl|Intuition}+3d6

Ein Makro mit vielen Variablen für den Jagdbogen aus dem Conan-2d20-System könnte so aussehen.
Ein Makro mit vielen Variablen für den Jagdbogen aus dem Conan-2d20-System könnte so aussehen.

Wichtig ist, dass die Begriffe mit den im Charakterbogen stehenden übereinstimmen. Makros verzeihen keine Schreibfehler. Möchte man sich nicht auf einen Charakter festlegen, was beim SL sehr sinnvoll sein kann, kann man den Namen auch durch den kleinen Begriff „selected“ ersetzen. Damit steuert man jedes angewählte Token an, insofern ein ausgefüllter Charakterbogen dahintersteckt.

/r @{selected|Reaction}+@{selected|Intuition}+1d6

In einem weiteren Schritt können auch Würfelwürfe aus bestehenden Charakterbögen genutzt werden, um eigene Makros damit zu schreiben. Dafür einfach den Wurf aus dem Bogen ausführen, das Chatfenster anklicken und die Pfeiltaste nach oben drücken. Jetzt wird der zuletzt ausgeführte Wurf als Text im Chatfenster angezeigt und kann in Makros eingeflochten werden.

Variablen aus Tabellen

Die sogenannten und in der deutschen Maske falsch geschriebenen „Wurfereignis Tabellen“ („Rollable Tables“) können für alle möglichen Tabellenereignisse genutzt werden. Man erstellt einfach die gewünschte Anzahl von Ereignissen und versieht sie mit einer Wahrscheinlichkeit sowie, wenn gewünscht, einer Grafik. Darüber können beispielsweise zufällige Gegner erstellt oder Gegenstände variiert werden. Dies erlaubt es der SL, im Vorfeld Schatzlisten anzulegen und zu verschiedenen Anlässen auszuwürfeln.

So könnte eine Trefferzonentabelle mit unterschiedlicher Gewichtung aussehen.
So könnte eine Trefferzonentabelle mit unterschiedlicher Gewichtung aussehen.

Interessant können auch Tabellen für kritische Treffer oder Patzer sein, da viele Gruppen Apps oder eben auch Tabellen am Tisch dafür benutzen. Ich selbst habe die Tabellen zuerst für Trefferzonen genutzt. Der Makrobefehl für angelegte Tabellen lautet:

1t[Tabellenname]

Vor dem „t“ für „Tabelle“ steht die Zahl „1“. Diese ist scheinbar frei änderbar, ohne dass es Auswirkungen hätte. Ein Beispielwurf auf die Trefferzonentabelle könnte dann so aussehen:

/r 1t[Trefferzonen]

Roll Queries

Wenn man weder Daten aus dem Charakterbogen noch aus einer vorher angelegten Tabelle als Variablen einbinden will, kann man auch eine Eingabeabfrage einarbeiten. Solche „Roll Queries“ öffnen ein zusätzliches Eingabefenster. Wie viele Würfel sollen gewürfelt werden? Wie hoch ist die Geschicklichkeit des Charakters? Gibt es Bonuswürfel auf den Schaden? All das kann (und muss) jedes Mal eingegeben werden, wenn man Roll Queries benutzt. Natürlich ist auch dieser Befehl kombinierbar. Die Grundform dieser Roll Queries sieht so aus:

?{Anzeigetext}

Das Fragezeichen leitet die Abfrage eines Wertes ein, den ihr in ein Eingabefeld eintippen müsst. Der Text, der über diesem Eingabefeld stehen soll, steht im Befehl in geschweiften Klammern. Dahinter können dann, getrennt durch einen senkrechten Trennstrich, voreingestellte Werte stehen, so dass das Eingabefeld nicht leer ist:

?{Geschicklichkeit|10}

Des Weiteren kann dahinter eine Würfelart gesetzt und damit eine variable Anzahl an Würfeln gewürfelt werden. Im Beispiel wird die Anzahl der zu würfelnden W20 abgefragt, wobei der Standardwert zwei eingestellt ist.

/r ?{Würfelanzahl|2}d20

Gleich benannte Werte werden nur einmal abgefragt und dann für das gesamte Makro verwendet. Ein Beispiel hierfür könnte sein, dass alle Beteiligten den gleichen Bonus bekommen:

#Angriff + ?{Bonus 1} vs. @{selected|body} + 12 + ?{Bonus 1}

Ohne Inline Roll wird das Makro mit Roll Queries einzeln aufgeschlüsselt.
Ohne Inline Roll wird das Makro mit Roll Queries einzeln aufgeschlüsselt.

Roll Templates

Wenn man aus den Charakterbögen würfelt, gibt es oft einheitliche und ansprechende Tabellen, in denen der Wurf im Chat ausgegeben wird. Diese Vorlagen („Templates“) kann man auch für die eigenen Würfe verwenden. Dies könnte man als die hohe Kunst der Makros in Roll20 bezeichnen und wird nur von der im Pro-Abo verfügbaren Funktion übertroffen, Skripte und Charakterbögen selbst zu erstellen.

Da das Thema in einem einzelnen Artikel nicht zur Gänze bearbeitet werden kann, wird hier die grundsätzliche Funktionsweise von Roll Templates erörtert. Wer sich für das Thema stark interessiert, sollte mit ein paar Englischkenntnissen in der Roll20-Community fündig werden.

Mit dem Template „Default“ sieht das Makro einfach und übersichtlich aus.
Mit dem Template „Default“ sieht das Makro einfach und übersichtlich aus.

Die hübsch anzusehenden Templates gibt es in vielen Formen, wir benutzen in diesem Fall das Standardaussehen mit dem Titel „default“. In einem Makro fassen wir nun eine ganze Menge Befehle zusammen, die alle nach dem gleichen Prinzip funktionieren:

  1. Das Template wird mit dem kaufmännischen Und-Zeichen festgelegt.
  2. Jeder darauffolgende Befehl bekommt seine eigenen doppelt geschweiften Klammern.
  3. Die Befehle müssen nicht in neue Zeilen geschrieben werden.
  4. Die Titelzeile der Tabelle kann benannt werden.
  5. Die Tabelle hat zwei Spalten. Auf der linken Seite steht das, was vor dem Gleichheitszeichen steht, auf der rechten Seite steht oder passiert das, was nach dem Gleichheitszeichen steht.

Ein einfaches Beispiel soll diese drei Grundregeln veranschaulichen. Der Spieler möchte einen Angriff würfeln und den Schaden direkt hinterher, ohne ein weiteres Makro bedienen zu müssen. Er legt folgendes Makro an:

&{template:default} {{name=Dolchstoß}} {{Angriff=[[1d20]]}} {{Schaden=[[1d6+1]]}}

Dieses Grundkonzept kann erweitert werden mit all den Befehlen, die das System bietet und von denen viele in diesem zweiteiligen Artikel erklärt wurden.

Der reine Luxus

Zum Schluss möchte ich noch auf zwei Dinge zu sprechen kommen, die man als Luxus einordnen könnte. Für Perfektionisten, wie den Autor dieses Artikels, sind sie aber eine wahre Wonne.

Erweiterte Token-Makros

Im ersten Teil dieses Artikels bin ich darauf eingegangen, dass Makros als Chatbefehl, in der Makro-Quickbar oder als Token-Makros zur Verfügung stehen. Letztere sind die komfortabelste Form, Makros anzusteuern. Damit man aber nicht unter „Sammlung“ hunderte Makros stehen hat, und vor allem, wenn man den Spielern nur zu den Charakteren passende Makros freischalten möchte, ist eine andere Form der Makroverwaltung ratsam. Diese ist zu Beginn einer Runde unfassbar aufwändig, aber doch sehr lohnenswert.

Ziel ist es, jedem Charakterblatt alle in der Runde jemals notwendigen Makros einzuschreiben und diese dann nach Bedarf freizuschalten. Dafür greift man auf den Trick zurück, Würfelwürfe aus dem Charakterbogen sichtbar zu machen. Man erstellt also einen Dummie-Charakter, öffnet den Charakterbogen und geht immer gleich vor: Würfeln, Chatfenster anklicken, Pfeiltaste nach oben drücken, Befehl sichern. Am besten kopiert man diesen Befehl dann in ein Textdokument. Diesen Vorgang wiederholt man mit allen Würfelwürfen aus dem Charakterbogen und hat so am Ende ein Textdokument voller Makros.

Ein Template für Charakterbögen zu erstellen ist viel Arbeit, kann sich aber lohnen.
Ein Template für Charakterbögen zu erstellen ist viel Arbeit, kann sich aber lohnen.

In diesem Dokument ändert man dann innerhalb der Makros den Namen des Dummie-Charakters in „selected“, wie oben angegeben. Mit der „Suchen-und-Ersetzen“-Funktion geht das kinderleicht. Danach geht man in den Einstellungen des Charakters auf den Reiter „Attributes & Abilities“. Dort klickt man auf „+ Add“ und fügt so ein neues Makro hinzu. Die Einstellungsmöglichkeiten sind hierbei identisch mit denen aus der Sammlungsleiste.

Nun kann man für jeden Würfelwurf ein Makro anlegen und noch all jene hinzufügen, die man irgendwann mal brauchen könnte. Hierbei müsste man dann alle Waffen des Spiels berücksichtigen, alle Rüstungen, Tränke, usw.

Ist diese ermüdende und zehrende Arbeit erledigt, hat man ein Charakter-Template, das als Kopie die Grundlage jedes neuen Charakters werden kann. So haben Spieler schon alle wichtigen Makros zur Hand. Gerade in Runden mit wechselnden Spielern zahlt sich die Mühe am Ende aus.

Initiative-Tracker

Kommt es zum Kampf, wird in vielen Systemen Initiative gewürfelt. Damit der Spielleiter nicht für jedes Token einzeln eine Initiative hinzufügen muss, empfiehlt es sich, ein Makro zu schreiben, das den Wurf automatisch hinzufügt. Dafür muss nur am Ende des Wurfes folgendes Affix hinzugefügt werden:

&{tracker}

Ein Beispiel für die Initiative bei Dungeons & Dragons:

/r 1d20+4 &{tracker}

Fazit

An dieser Stelle möchte ich meine Ausführungen zum Thema Makros abschließen. Wir haben uns mit allen möglichen Formen von Würfelwürfen und Emotes, Chatnachrichten und Befehlsketten befasst. Ich hoffe, dass dieser Artikel hilft, die Hemmschwelle abzubauen, sich mit dem Thema zu beschäftigen, und dass alle, die diesen Artikel gelesen haben, ein paar nützliche Infos und Ideen für sich und ihre Runden mitnehmen konnten.

Die Roll20 Extended-Reihe wird fortgesetzt werden. Stay tuned.

 

Artikelbild: Roll20, Bearbeitet von Verena Bach

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