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Schon wieder eine Zombie-Geschichte? Kaum ein Gegenspieler war in den letzten Jahren so präsent wie der schlurfende, wahlweise rennende Untote. Dabei wird schnell vergessen, dass die wahre Bedrohung oftmals nicht von den beißwütigen Fleischhaufen ausgeht, sondern von den Menschen. Die heute vorgestellte Graphic Novel ist keine Ausnahme.

Zombie-Apokalypsen sind in den letzten Jahren aus der Pop-Kultur nicht wegzudenken. Sei es in Form von Comics, Brettspielen oder Videospielen: Die Bedrohung durch eine Masse hirnloser Monster übt eine makabre Faszination auf uns aus. Der Erfolg von Serien wie The Walking Dead und Filmen wie World War Z (inspiriert vom gleichnamigen Buch von Max Brooks) ist der beste Beweis dafür.

Doch was ist der Grund für diese Begeisterung für die Untoten? Eine Vermutung ist, dass Zombies eine Verkörperung unserer größten Furcht sind: der Furcht vor dem Tod. Doch es gibt auch andere Stimmen. Diese sind der Meinung, dass wir im Angesicht einer Katastrophe wie einer Zombie-Apokalypse endlich aus unserer konsumgierigen Lethargie aufwachen und wieder beginnen, die wichtigen Dinge im Leben zu schätzen.

Letztgenanntes trifft definitiv auf die Protagonisten aus dem Einstiegsband von Green Class zu. Eine Gruppe von Teenagern sieht sich plötzlich mit einer außergewöhnlichen Situation konfrontiert, die sie aus ihrem alten Leben reißt.

Handlung & Charaktere

Ein Schulausflug ist öde. Dieser Meinung ist eine Gruppe junger Kanadier, die für zwei Wochen aufgrund einer botanischen Expedition aus der Zivilisation verschwunden ist. Als sie in die nächste Ortschaft gelangen, finden sie jedoch eine seltsame Situation vor. Die Gegend ist wie ausgestorben, und ein allgemeiner Aufruf zu einer Zwangsimpfung hängt aus.

Die Ursache dafür ist schnell klar. In Quarantänezonen hat die Regierung behelfsmäßige Lager errichtet, die die Eindämmung einer Seuche unterstützen sollen. Ein seltsames Virus verwandelt die Betroffenen in aggressive Wesen, missgestaltet als Kombination zwischen Pflanze und Mensch. Doch das Menschliche kommt den Infizierten bald abhanden, sodass sie zu aggressiven und gewalttätigen Monstern werden. Zu allem Übel ist die Erkrankung außerdem hochgradig ansteckend.

Die Rückkehr in die Heimat wird nicht einfach für die jungen Erwachsenen, denn bald wird klar, dass ein Mitglied der Gruppe infiziert ist. Eine Entscheidung muss gefällt werden: Sucht man gemeinsam nach einem Ausweg aus der Quarantänezone? Und falls ja, welche Gefahr könnte von dem infizierten Freund ausgehen?

Die Ausgangslage von Green Class Bd. 1: Pandemie ist keineswegs originell, auch wenn man nicht auf die Standard-Zombies zurückgreift. Vielmehr erinnern die Monster hier an The Last of Us, in dem ein mutierter Pilz die Menschen zu willenlosen Wesen werden ließ. Auch die Charaktere selbst sind kein Beweis für Einfallsreichtum, sondern fallen in klassische Stereotype. Gerade im Hinblick auf logische Entscheidungen scheinen Teenager niemals mit sonderlich viel Voraussicht gesegnet zu sein.

Warum weiß der Einstiegsband von Green Class dann trotzdem zu gefallen? Das liegt zum Großteil an der glaubwürdigen Darstellung der Auswirkungen einer solchen Katastrophe auf die Beteiligten. Wie eingangs bereits erwähnt, verändert eine solche Notlage die Ausgangssituation aller Betroffenen. Das daraus entstehende Chaos und diverse moralische Dilemmas werden in Pandemie außerordentlich gut dargestellt. Erpressung, Gewalt, brutales Vorgehen gegen vermutlich Infizierte: schleichend, aber stetig nimmt man als Leser den Verfall unseres zivilisierten Verhaltens war. Die Glaubwürdigkeit dieser Darstellung schafft die Faszination dieser Graphic Novel.

Gleichzeitig gibt es auch eine gewisse makabre Neugier hinsichtlich der Entwicklung des befallenen Noah. Als Leser begleitet man seine Transformation und stellt sich jedes Mal die Frage, wie viel Menschliches in ihm noch zu finden ist. Wann wird er zu einer Gefahr für seine Umgebung? Die Antwort hierzu war für mich durchaus überraschend.

Zeichnungen & Kolorierung

Die visuelle Gestaltung kann die Atmosphäre sehr gut transportieren und das entstehende Chaos authentisch darstellen. Gewalt und Anarchie werden mehrfach inszeniert und erhöhen die Glaubwürdigkeit der dramatischen Ausgangslage. Die Hauptcharaktere weisen einen hohen Wiedererkennungswert auf, was gerade bei Geschichten um eine Gruppe nicht immer selbstverständlich ist. Ein besonderer Hingucker ist das Design der Baumwesen. Die Kombination aus pflanzlichen und menschlichen Elementen schafft bizarre Kreaturen, deren Bedrohlichkeit glaubwürdig vermittelt wird.

Die Kolorierung ist eindringlich, dabei aber nicht zu grell. Letztgenanntes würde zur allgemeinen Atmosphäre und bedrückenden Gesamtsituation auch nicht passen. Künstler Tako gelingt besonders der Einsatz von Licht sehr gut, um die Grundstimmung der entsprechenden Szenen zu vermitteln.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Splitter
  • Autor: Jérôme Hamon
  • Zeichner: David Tako
  • Sprache: Deutsch
  • Seitenanzahl: 72
  • Preis: 17,00 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Fazit

Green Class Bd. 1: Pandemie hat definitiv seine Schwächen. Die Handlung ist nicht sonderlich originell und die Charaktere fallen in übliche Klischees unzähliger Geschichten über Teenager. Dennoch kann der Zombie-Geschichte ein gewisser Charme nicht abgesprochen werden. Besonders die glaubwürdige Darstellung des Verfalls unseres zivilisierten Verhaltens, gerade bei der kurzen Länge von 72 Seiten, weiß zu gefallen. Die Baumzombies bringen zudem etwas frischen Wind in dieses in den letzten Jahren mehrfach genutzte Szenario. Dabei profitieren sie in ihrer Darstellung von einer hochwertigen visuellen Adaption.

Der Pilotband von Green Class ist damit zwar keine Graphic Novel, auf die ich sehnsüchtig gewartet habe, aber definitiv eine, deren Lektüre mir Spaß bereitet hat. Mal sehen, wie es im nächsten Band mit den jungen Wilden weitergeht!

Tendenz nach oben

 

Artikelbilder: © Splitter, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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