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Nachdem die Helden dem Ruf der Bahalyr gefolgt sind, lauschen sie nun dem Klang des Feyraasal. Das zweite Abenteuer der Sternenträger-Kampagne führt die Gruppe auf eine wahrhaft fantastische Reise in den hohen Norden. Die Teilzeithelden haben sich unter das Reisegefährt geklammert und sind mit dabei.

Der Klang des Feyraasal ist das zweite Abenteuer der Sternenträger-Kampagne. Diese beschäftigt sich mit länger nicht mehr beachteten Elementen des Metaplots rund um die Hinterlassenschaften der aventurischen Hochelfen, deren Reiche vor Jahrtausenden untergingen. Langjährige Spieler von Das Schwarze Auge denken in diesem Zusammenhang nicht ohne Grund an die Phileasson-Kampagne, die in diesen Tagen von Bernhard Hennen und Robert Corvus prosaisch aufgearbeitet wird.

Die Sternenträger-Kampagne geht weiter

Direkt im Anschluss an Der Ruf der Bahalyr beginnt Der Klang des Feyraasal. Im Abenteuer wird leider auf eine grobe Zusammenfassung der Ereignisse des ersten Teils verzichtet. Ebenso wird bei der Einordnung des einzelnen Abenteuers in die Gesamthandlung der Kampagne auf den ersten Teil verwiesen. Das ist völlig legitim und nachvollziehbar, erschwert aber ein Stück weit den Zugang. Da im ersten Teil die zentralen Elemente der Kampagne vorgestellt wurden, hätte zumindest ein Absatz nicht geschadet, inwiefern und mit welcher Gewichtung diese Punkte für das aktuelle Abenteuer relevant sind.

An dieser Stelle sei kurz zusammengefasst, dass die Helden im ersten Abenteuer einem magischen Ruf folgten, der sie zum hochelfischen Zauberschiff Bahalyr brachte. Es ist vermutlich kein Spoiler mehr, dass es sich dabei um das auf dem Umschlag des Abenteuers abgebildete fliegende Schiff handelt. Dieses Schiff wird für den Rest der Kampagne das Zuhause der Helden sein, denn ihre Reise führt sie unter anderem in entlegene Winkel Aventuriens. Welchem alten Geheimnis sie hinterherjagen, wird allerdings im Spoilerkasten versteckt bleiben.

Zunächst aber zum ersten Kapitel des Abenteuers: Es beinhaltet eine ausführliche Beschreibung der Bahalyr sowie Ideen, wie sich das Schiff im Laufe der Kampagne zur fliegenden Heimstatt der Helden entwickeln kann. Dabei sind vor allem die Hinweise zu den Meisterpersonen, welche die Expedition begleiten, hilfreich. Durch sie steigt nicht nur das Gefühl, Teil einer lebendigen Geschichte zu sein, sondern um sie herum lassen sich auch kleine oder große Abenteuer stricken.

Finstere Gegenspieler am Rande der Welt

In der Sternenträger-Kampagne entscheidet sich das Schicksal der alten Hochelfe Amalaia Windbändigerin. Ihr Seelenlied ruhte seit Jahrtausenden zwischen den Sternen. Jüngste Ereignisse, in denen Himmelskörper zur Erde stürzten, lösten Teile aus diesem Lied, die nun in Aventurien darauf warten, wieder zusammengefügt zu werden. Eines dieser Teile ruht im Zauberschiff Bahalyr, das die Helden im ersten Abenteuer fanden. Nun brechen sie mit diesem fliegenden Schiff auf, um im hohen Norden das nächste Bruchstück zu finden. Dort harrt es in einem von Amalaia gefertigten Instrument der Entdeckung.

Ziel dieser Reise ist der Himmelsturm, der als einer der Schauplätze der Phileasson-Saga bekannt wurde. Ihn erreichen die Helden in Der Klang des Feyraasal jedoch nicht. Das Abenteuer beschreibt in Kapitel Zwei die Reise in den verschneiten Norden, vorbei an markanten Wegpunkten, an denen bereits Amalaia rastete. Charmant ist die Idee, die Hochelfe in kleinen Traumwelt-Episoden den Helden näher zu bringen. Dabei ist es entscheidend, ob Amalaia den Ort optimistisch auf ihrer Hinreise, oder pessimistisch während ihrer Rückreise aufsuchte. So zeichnet sich nach und nach ein besseres Bild dieser Figur, die in der Kampagne noch eine große Rolle spielen wird.

Finstere Gegenspieler am Rande der Welt

Das dritte Kapitel stellt schließlich die Gegenspieler in diesem Abenteuer vor. Oryzaars Nachtklingen gehören zu den Shakagra, die vom Namenlosen verdorbenen Elfen, die in den unterseeischen Städten der Nordmeere leben. Einige von ihnen haben im Rahmen der Ereignisse, die im Abenteuer Klingen der Nacht dargestellt werden, ihre Heimat verlassen, um die Oberwelt heimzusuchen. Zu dieser Gruppe gehört auch die Rotte von Oryzaar. Leider wird der Hintergrund der Shakagra in der Spieltwelt nur grob angerissen. Wer bereits Klingen der Nacht gespielt oder geleitet hat, ist hier deswegen im Vorteil, da allgemeine Quellen zu diesem Volk ansonsten spärlich sind. Die Einmischung der Shakagra verursacht im Übrigen den „Feyraasal“, denn damit wird im Elfischen ein Missklang im Lied bezeichnet. Während die Helden also unterwegs sind, um den Klang von Amalaias Seelenlied wiederherzustellen, fühlen sich die Shakagra herausgefordert, Misstöne zu säen.

Das Abenteuer schafft es, diesen Hintergrund gut in die letztlich kämpferische Auseinandersetzung einfließen zu lassen. Die Herausforderung für die Spielleitung besteht allerdings darin, diese Motive auch gut zu vermitteln, zumal Oryzaar keine Verbindung zu den Gegenspielern des ersten Teils besitzt. Die Shakagra stoßen eher zufällig auf die Bahalyr, als sie eine Abtrünnige ihres Volkes jagen, die zu einer unverhofften Verbündeten der Helden werden kann.

Der große Angriff der Shakagra ist das Finale von Der Klang des Feyraasal. Gemeinsam mit einem Gletscherwurm, also einem Drachen, fallen sie über die Bahalyr und ihre Besatzung her. Die Helden werden also bereits früh in der Kampagne gefordert und müssen mithilfe des Zauberschiffes einem übermächtigen Gegner standhalten.

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Der Klang des Feyraasal ertönt im hohen Norden

Der Klang des Feyraasal ist im Wesentlichen ein Reiseabenteuer, das im Wesentlichen auf den weiteren Verlauf der Kampagne vorbereitet. Die Helden machen sich mit der Bahalyr vertraut und erfahren kleine Bruchstücke des Hintergrunds, die dabei helfen, einen besseren Blick auf das Gesamtbild zu bekommen. Dass die Reise dabei nicht zum beschaulichen Rundgang durch Augenblicke der hochelfischen Geschichte wird, stellt eine zentrale Herausforderung an die Spielleitung dar.

Als meditative, fast schon erholsame Fahrt durch Träume und Wolken funktioniert das Abenteuer hingegen sehr gut. Dass man am Ende durch einen fast schon fulminanten Kampf gegen einen übermächtig scheinenden Gegner aus dieser mystischen Atmosphäre gerissen wird, passt deswegen sehr gut in die Handlung. Auch innerhalb der Kampagne wird Der Klang des Feyraasal dadurch seiner Funktion gerecht. Nach dem epischen Auftakt folgt eine wohldosierte Menge an Hintergrundwissen, an die sich eine mahnende Warnung vor den immer noch existenten Gefahren anschließt.

Es gibt nur wenige Wermutstropfen bei der Lektüre des Abenteuers. Dazu gehört zum Beispiel der Umstand, dass die im Finale angreifenden Gegner zunächst keinen direkten Bezug zum Hintergrund der Kampagne haben. Es bleibt zu vermuten, dass sich dies in weiteren Abenteuern ändert, doch zunächst bleiben ihre Motive – zumindest aus SpielerInnensicht – undurchsichtig. Über eine Meisterperson, die gemeinsam mit den Gegenspielern eingeführt wird, kann die Spielleitung jedoch Licht ins Dunkel bringen.

Da das Abenteuer trotz einer relativ fest vorgeschriebenen Handlung größtenteils als Baukasten präsentiert wird, muss die Spielleitung sowohl an der oben genannten als auch an anderen Stellen unverhältnismäßig viel Vorbereitung investieren. Dies bietet aber natürlich auch viel Potenzial, um die erste große Reise auf der Bahalyr unvergesslich werden zu lassen. Dass sich diese Vorbereitung nicht immer direkt in Der Klang des Feyraasal auszahlen wird, bleibt ein Manko des Abenteuers, ist aber im Gesamtkontext einer epischen Kampagne verständlich.

Dafür können die einzelnen Episoden des Abenteuers durchaus überzeugen. Obwohl der Reiseaspekt im Vordergrund steht, dürften auch kämpferische oder sozial begabte Charaktere auf ihre Kosten kommen. Wer vor wunderschöner Naturkulisse mystische Erfahrungen und packende Kämpfe erleben möchte, wird von Der Klang des Feyraasal nur schwerlich enttäuscht werden. Kurz gesagt: Mit Blick auf die Kampagne stimmt die Qualität, in sich wirkt das Abenteuer aber nicht ganz rund und benötigt durch seinen stückchenhaften Aufbau viel Vorbereitung.

Viele Kästen vor wunderschöner Kulisse – Das Erscheinungsbild

Was die Illustrationen betrifft, hat Das Schwarze Auge mit seiner fünften Edition bereits einen sehr guten Standard erreicht. Der Klang des Feyraasal setzt aber mit stimmigen Darstellungen mystischer Traumwelten und entrückt wirkender Landstriche noch einmal neue Akzente. Was das Layout betrifft, ist das Abenteuer gut und übersichtlich gegliedert. Nur vereinzelt wirken die Seiten unter mehreren Sonderkästen und -absätzen etwas überfrachtet und unübersichtlich.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Ulisses Spiele
  • Autoren: Dominic Hladek, Rafael Knop, Julian Härtl
  • Erscheinungsjahr: 2019
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Softcover / PDF
  • Seitenanzahl: 68
  • ISBN: 978-3963312694
  • Preis: 14,95 Euro (Softcover) / 7,99 Euro (PDF)
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, DriveThruRPG. Sphärenmeister, idealo

 

Fazit

Der Klang des Feyraasal ist das kurze Luftholen nach dem stürmischen Auftakt einer Kampagne, die noch lange nicht am Ende ist. Von Umfang und Spielzeit her mag der zweite Teil etwas kürzer ausfallen. Dies liegt aber zum einen daran, dass das erste Kapitel, in dem allgemein die Bahalyr und die weiteren Handlungen der mitreisenden Meisterpersonen beschrieben werden, für den weiteren Verlauf der Kampagne genutzt werden kann. Zum anderen kann die Reise in den hohen Norden durch die Spielleitung ausgebaut werden. Sich dessen bewusst zu werden, dass man immer noch am Anfang einer langen Reise steht, kann allein viel Raum einnehmen, den man den SpielerInnen auch geben sollte.

Auch wenn Der Klang des Feyraasal kein überragendes, aber dennoch gutes Abenteuer ist, macht es sich mit seinen Motiven und seiner Dramaturgie sehr gut im bisherigen Verlauf der Sternenträger-Kampagne. Wer diesen Teil der Reise noch vor sich hat, kann sich auf weitere fantastische Erlebnisse freuen.

 

Artikelbild: © Ulisses Spiele, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur
Dieses Produkt wurde kostenlos als PDF zur Verfügung gestellt.

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